Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen U 294/2006
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U 294/06

Urteil vom 25. Juli 2007

I. sozialrechtliche Abteilung

Bundesrichter Ursprung, Präsident,
Bundesrichterin Widmer, Bundesrichter Frésard,
Gerichtsschreiberin Kopp Käch.

H. ________, 1944, Beschwerdeführer,
vertreten durch Rechtsanwalt Patrick Wagner, Schaffhauserstrasse 28, 4332
Stein,

gegen

Helsana Versicherungen AG, Schadenrecht, Zürichstrasse 130, 8600 Dübendorf,
Beschwerdegegnerin.

Unfallversicherung,

Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts
des Kantons Aargau
vom 12. April 2006.

Sachverhalt:

A.
Der 1944 geborene H.________ war ab 16. Oktober 1995 bis 31. Juli 1998 als
Aussendienstmitarbeiter bei der Versicherung X.________  angestellt und in
dieser Funktion bei der Helsana Versicherungen AG (nachfolgend: Helsana)
gegen die Folgen von Berufs- und Nichtberufsunfällen sowie Berufskrankheiten
versichert. Letzter Arbeitstag war der 17. Juni 1997; per 1. August 1998
wurde H.________ frühpensioniert. Am 2. September 1998 erlitt er beim
Spaziergang mit dem Hund einen Unfall, wobei er sich eine Verletzung an der
linken Schulter zuzog. Mit Verfügung vom 4. August 1999 sprach die IV-Stelle
des Kantons Aargau H.________ wegen langdauernder Krankheit in Form von
Diabetes und entsprechenden Komplikationsfolgen rückwirkend ab 1. September
1998 ausgehend von einem Invaliditätsgrad von 100 % eine ganze Invalidenrente
zu. Wegen des Unfalls vom 2. September 1998 gewährte die Helsana dem
Versicherten mit Verfügung vom 13. Oktober 2004 eine Integritätsentschädigung
basierend auf einem Integritätsschaden von 50 % in der Höhe von Fr. 48'600.-
sowie die weitere Übernahme der Heilungskosten, verneinte indessen den
Anspruch auf eine Invalidenrente. An ihrem Standpunkt hielt sie mit
Einspracheentscheid vom 15. April 2005 fest.

B.
Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Versicherungsgericht des Kantons
Aargau mit Entscheid vom 12. April 2006 ab.

C.
Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde lässt H.________ die Zusprechung einer
Invalidenrente der Unfallversicherung sowie die Rückweisung an die Helsana
zur Berechnung der Rentenhöhe, eventualiter die Rückweisung der Sache an die
Vorinstanz zur Vornahme weiterer Abklärungen, insbesondere zur Einholung
eines medizinischen Gutachtens, beantragen.
Die Helsana und das Bundesamt für Gesundheit verzichten auf eine
Vernehmlassung.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Das Bundesgesetz über das Bundesgericht vom 17. Juni 2005 (BGG; SR 173.110)
ist am 1. Januar 2007 in Kraft getreten (AS 2006 1205, 1243). Da der
angefochtene Entscheid vorher ergangen ist, richtet sich das Verfahren noch
nach OG (Art. 132 Abs. 1 BGG; BGE 132 V 393 E. 1.2 S. 395).

2.
Im Einspracheentscheid und im vorinstanzlichen Entscheid sind die
gesetzlichen Vorschriften über den Anspruch auf eine Invalidenrente der
Unfallversicherung (Art. 18 Abs. 1 UVG), über die Bemessung des
Invaliditätsgrades nach der Einkommensvergleichsmethode (Art. 16 ATSG) sowie
über die Ermittlung des Invaliditätsgrades bei Versicherten, deren
Leistungsfähigkeit wegen einer nicht versicherten Gesundheitsschädigung vor
dem Unfall dauernd herabgesetzt war (Art. 28 Abs. 3 UVV) korrekt
wiedergegeben. Darauf kann verwiesen werden.

3.
Streitig und zu prüfen ist der Rentenanspruch.

3.1 Die Helsana und das kantonale Gericht verneinen diesen mit der
Begründung, der Beschwerdeführer sei bereits vor dem hier zu beurteilenden
Unfall vom 2. September 1998 zu 100 % arbeitsunfähig gewesen, habe sich per
1. August 1998 frühpensionieren lassen und beziehe seit 1. September 1998
eine Rente der Invalidenversicherung basierend auf einem Invaliditätsgrad von
100 %.

3.2 Der Versicherte wendet dagegen im Wesentlichen ein, die nach dem
Unfallereignis erfolgte rückwirkende Zusprechung einer ganzen Invalidenrente
habe den unfallbedingten Gesundheitsschaden mitberücksichtigt. Er habe sich
vor dem Unfall auf dem Weg der Besserung befunden und es müsse als
überwiegend wahrscheinlich gelten, dass er ohne dieses Ereignis schrittweise
in die Erwerbstätigkeit zurückgekehrt wäre.

4.
4.1 War die Leistungsfähigkeit der versicherten Person aufgrund einer nicht
versicherten Gesundheitsschädigung vor dem Unfall dauernd herabgesetzt, ist
gemäss Art. 28 Abs. 3 UVV für die Bestimmung des Invaliditätsgrades der Lohn,
den sie aufgrund der vorbestehenden verminderten Leistungsfähigkeit zu
erzielen im Stande gewesen wäre, dem Einkommen gegenüberzustellen, das sie
trotz der Unfallfolgen und der vorbestehenden Beeinträchtigung erzielen
könnte. Dieser Sonderfall der Bestimmung des Invaliditätsgrades kommt dort
zur Anwendung, wo eine vorbestehende unfallfremde verminderte
Leistungsfähigkeit vorliegt, die in keinem Zusammenhang mit dem versicherten
Ereignis steht.

4.2 Aus den medizinischen Akten ersichtlich und unbestritten ist, dass beim
Beschwerdeführer 1968 erstmals ein Diabetes mellitus Typ 1 diagnostiziert
worden war und er immer wieder in Behandlung im Zusammenhang mit dieser
Krankheit stand. Am 17. Juni 1997 war sein letzter Arbeitstag bei der
Versicherung X.________, per 1. August 1998 wurde er frühpensioniert und seit
1. September 1998 bezieht er eine ganze Rente der Invalidenversicherung
basierend auf einem Invaliditätsgrad von 100 %. Wohl wurde diese Rente - wie
der Versicherte geltend macht - rückwirkend mit Verfügung vom 4. August 1999
zugesprochen, doch erfolgte deren Zusprechung entgegen der Auffassung des
Beschwerdeführers ausdrücklich aufgrund langdauernder Krankheit. Dies geht
auch aus dem Bericht des langjährig behandelnden Arztes Dr. med. I.________
vom 16. Januar 2002 hervor, der bestätigte, dass beim Versicherten eine
100%ige dauernde Erwerbsunfähigkeit aufgrund von Spätkomplikationen des
Diabetes mellitus bestand, wobei sich die Folgen des Unfalls vom 2. September
1998 lediglich erschwerend auf die bereits vorbestehende 100%ige
Erwerbsunfähigkeit ausgewirkt hätten. Dementsprechend wird im Gutachten des
Zentrums Y._______ vom 11. Dezember 2003 erwähnt, dass die IV-Berentung
aufgrund von Spätkomplikationen des Diabetes mellitus erfolgt war. Für
weitere medizinische Abklärungen besteht kein Anlass, da hievon keine neuen
Erkenntnisse zu erwarten sind (antizipierte Beweiswürdigung; BGE 130 II 425
E. 2.1 S. 428, 124 V 90 E. 4b S. 94).

4.3 Da der Versicherte bereits aus unfallfremden Gründen vollständig invalid
war, besteht - wie die Vorinstanz zutreffend dargelegt hat - kein Raum mehr
für eine (zusätzliche) unfallbedingte Beeinträchtigung der Erwerbsfähigkeit.
Selbst wenn aus dem Unfall eine Invalidität erwachsen wäre, kommt in diesen
Fällen keine Rente der Unfallversicherung zur Ausrichtung (Urteil U 357/04
vom 22. September 2005, E. 2.4 mit Hinweisen). Auf die zutreffenden
Erwägungen der Vorinstanz, namentlich auch in Bezug auf die geltend gemachte
schrittweise Wiederaufnahme einer Erwerbstätigkeit ohne Unfall, kann
verwiesen werden. Die grösstenteils bereits im kantonalen Verfahren erhobenen
Einwendungen in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde vermögen an diesem Ergebnis
nichts zu ändern.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.

2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons Aargau
und dem Bundesamt für Gesundheit zugestellt.
Luzern, 25. Juli 2007

Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin:

i.V.