Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen U 273/2006
Zurück zum Index Sozialrechtliche Abteilungen 2006
Retour à l'indice Sozialrechtliche Abteilungen 2006


Prozess {T 7}
U 273/06

Urteil vom 9. August 2006
III. Kammer

Präsident Ferrari, Bundesrichter Meyer und Seiler; Gerichtsschreiber
Krähenbühl

D.________, 1969, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Beat Rieder,
Sonnenstrasse 9, 3900 Brig,

gegen

Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA), Fluhmattstrasse 1, 6004
Luzern, Beschwerdegegnerin

Kantonales Versicherungsgericht des Wallis, Sitten

(Entscheid vom 27. April 2006)

Sachverhalt:
Mit Verfügung vom 7. März 2005 und Einspracheentscheid vom 21. Juni 2005
lehnte es die Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA) einerseits ab,
dem 1969 geborenen D.________ wegen der Folgen eines am 10. Juli 2002 als
Beifahrer eines an einer Streifkollision beteiligten Personenwagens
erlittenen Unfalles eine Invalidenrente zuzusprechen. Andererseits gewährte
sie gestützt auf einen Bericht der Neurologin Frau Dr. med. G.________ von
ihrer Abteilung 'Versicherungsmedizin' vom 14. Februar 2005 eine
Entschädigung für eine 10%ige Integritätseinbusse.
Eine hiegegen erhobene Beschwerde mit dem Begehren um Rückweisung an die SUVA
zur Aktenergänzung, insbesondere zur Anordnung einer neuropsychologischen
sowie neurologischen Untersuchung durch eines der italienischen Sprache
mächtigen Experten, und anschliessender neuer Verfügung wies das
Versicherungsgericht des Wallis mit Entscheid vom 27. April 2006 ab.
Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde lässt D.________ beantragen, die
Streitsache - unter Aufhebung der ergangenen Verfügung und der
vorinstanzlichen Entscheide - "zur Neuprüfung und Ausrichtung einer
Integritätsentschädigung nach den Art. 24 f. UVG an die Beschwerdegegnerin
zurückzuweisen".
Die SUVA schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Das
Bundesamt für Gesundheit verzichtet auf eine Vernehmlassung.

Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

1.
1.1 Abgesehen vom Begehren um Rückweisung der Sache an die SUVA beantragt der
Beschwerdeführer in materieller Hinsicht einzig, ihm sei - nach erfolgter
Abklärung - eine höhere Integritätsentschädigung zuzusprechen. Daraus muss an
sich geschlossen werden, dass er sich mit der Verweigerung einer
Invalidenrente abgefunden hat, was indessen nicht abschliessend entschieden
zu werden braucht. Seine Rechtsschrift jedenfalls bezieht sich argumentativ
nicht auf den Rentenanspruch, sodass insoweit bereits mangels Antrags und
Begründung keine rechtsgenügliche Verwaltungsgerichtsbeschwerde vorliegt
(Art. 108 Abs. 2 OG) und das Eidgenössische Versicherungsgericht darauf schon
aus diesem Grunde nicht eintreten könnte (BGE 123 V 336 Erw. 1a mit
Hinweisen; vgl. BGE 131 II 452 Erw. 1.3, 475 Erw. 1.3, 130 I 320 Erw. 1.3.1).
In diesem Punkt ist der die Verfügung und den Einspracheentscheid der SUVA
bestätigende kantonale Entscheid demzufolge rechtskräftig geworden.

1.2 Des Weitern bringt der Beschwerdeführer einzig formelle Rügen vor, indem
er geltend macht, einerseits hätten SUVA und Vorinstanz den
Untersuchtungsgrundsatz verletzt und andererseits sei ihm im kantonalen
Verfahren das rechtliche Gehör nicht gewährt worden, da er keine Möglichkeit
gehabt habe, zur neu in Aussicht gestellten Adäquanzprüfung in Kenntnis des
diesbezüglich von der Vorinstanz beabsichtigten Entscheids Stellung zu
nehmen.

2.
2.1 Gemäss Art. 29 Abs. 2 BV haben die Parteien Anspruch auf rechtliches
Gehör. Das rechtliche Gehör dient einerseits der Sachaufklärung, andererseits
stellt es ein persönlichkeitsbezogenes Mitwirkungsrecht beim Erlass eines
Entscheids dar, welcher in die Rechtsstellung einer Person eingreift. Dazu
gehört insbesondere deren Recht, sich vor Erlass des in ihre Rechtsstellung
eingreifenden Entscheids zur Sache zu äussern, erhebliche Beweise
beizubringen, Einsicht in die Akten zu nehmen, mit erheblichen Beweisanträgen
gehört zu werden und an der Erhebung wesentlicher Beweise entweder
mitzuwirken oder sich zumindest zum Beweisergebnis zu äussern, wenn dieses
geeignet ist, den Entscheid zu beeinflussen (BGE 129 II 504 Erw. 2.2,
127 I 56 Erw. 2b, 127 III 578 Erw. 2c, 126 V 131 Erw. 2b; zu Art. 4 Abs. 1
aBV ergangene, weiterhin geltende Rechtsprechung: BGE 126 I 16 Erw. 2a/aa,
124 V 181 Erw. 1a, 375 Erw. 3b, je mit Hinweisen). Der Anspruch auf
rechtliches Gehör ist auch zu gewähren, wenn eine Behörde ihren Entscheid mit
einer Rechtsnorm oder einem Rechtsgrund zu begründen beabsichtigt, die im
bisherigen Verfahren nicht herangezogen wurden, auf die sich die beteiligten
Parteien nicht berufen haben und mit deren Erheblichkeit im konkreten Fall
sie nicht rechnen konnten (BGE 128 V 278 Erw. 5b/bb mit Hinweisen).

2.2 Der Vorwurf des Beschwerdeführers, ihm das rechtliche Gehör verweigert zu
haben, trifft das kantonale Gericht und wird damit begründet, dass sich
dieses damit begnügt hat, die Parteien mit Schreiben vom 3. Februar 2006
einzuladen, auch zur adäquaten Kausalität Stellung zu nehmen. Eine solche sei
ihm aber nicht möglich gewesen, ohne zu wissen, wie das kantonale Gericht
diesbezüglich zu entscheiden gedenke, was er diesem auch umgehend mit der
Bitte, ihn darüber näher zu informieren, mitgeteilt habe. Eine Antwort habe
er jedoch nie erhalten, sodass ihm eine Stellungnahme unmöglich blieb.

2.3 Entgegen dieser Argumentation, kann im Vorgehen des kantonalen Gerichts
keineswegs eine Verletzung des rechtlichen Gehörs erblickt werden. Im
Gegenteil hat dieses alles getan, um die Mitwirkungsrechte der Parteien zu
wahren. Dass es dazu auch noch den beabsichtigten Entscheid hätte vorweg
nehmen müssen, konnte der Beschwerdeführer nicht erwarten, ist es doch jedem
Gerichtsverfahren inhärent, dass der abschliessende Entscheid von der
angerufenen Instanz erst nach Prüfung der Vorbringen der Parteien gefällt
wird, ohne dass sich diese dazu vorgängig - und nicht erst im Rahmen eines
allfälligen Rechtsmittelverfahrens - äussern können.

3.
3.1 Die rechtlichen Grundlagen für die Zusprache von Leistungen der
Unfallversicherung, insbesondere das Erfordernis der natürlichen und
adäquaten Kausalität zwischen versichertem Unfallereignis und den darauf zu
Tage getretenen leistungsrelevanten gesundheitlichen Beeinträchtigungen (BGE
129 V 181 Erw. 3.1 und 3.2, 405 f. Erw. 2.2 und 4.3.1, je mit Hinweisen),
sind im kantonalen Entscheid zutreffend wiedergegeben worden. Dasselbe gilt
hinsichtlich des auch im Unfallversicherungsbereich bestehenden
Untersuchungsgrundsatzes (BGE 125 V 195 Erw. 2, 122 V 158 Erw. 1a, je mit
Hinweisen), der Bedeutung ärztlicher Stellungnahmen und insbesondere
Arbeitsfähigkeitsschätzungen (BGE 125 V 261 Erw. 4 mit Hinweisen) sowie der
bei der Würdigung und beweismässigen Auswertung medizinischer Unterlagen zu
beachtenden Aspekte (BGE 125 V 352 ff. Erw. 3 mit Hinweisen).

3.2 Die SUVA hat zahlreiche fachärztliche Berichte von Chirurgen und auch
Neurologen in das Untersuchungsverfahren mit einbezogen, welche die
Entwicklung des Gesundheitszustandes nach dem Verkehrsunfall vom 10. Juli
2002 gut und umfassend dokumentieren. Die vom Beschwerdeführer angegebenen
Befindlichkeitsstörungen liessen sich jedoch durchwegs nicht objektivieren
und konnten insbesondere keinem organischen Substrat zugeordnet werden. In
den einzelnen medizinischen Berichten sind keine nennenswerten Widersprüche
auszumachen, sodass gestützt darauf eine zuverlässige Beurteilung allfälliger
Leistungsansprüche durchaus möglich war. Dass die SUVA den Fall bei dieser
Aktenlage ohne zusätzliche Abklärungen abschloss, stellt demnach keine
Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes - oder der Abklärungspflicht nach
Art. 43 ATSG - dar. Ebenso wenig rechtfertigt sich ein entsprechender Vorhalt
gegenüber der Vorinstanz.

3.3 Die Einwände des Beschwerdeführers im vorinstanzlichen Verfahren wie auch
in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde ändern daran nichts. Das Fehlen einer
neuropsychologischen Begutachtung steht dem nicht entgegen, nachdem die Akten
doch keine Anzeichen für eine die geklagten, aber nicht objektivierbaren
Beschwerden allenfalls erklärende hirnorganische Schädigung enthalten, welche
in den Ergebnissen einer neuropsychologischen Testung eine Stütze finden
könnte. Jedenfalls kann der Zufallsbefund der durch MRI erhobenen Läsion im
rechten Pedunculus cerebri weder mit dem Unfall noch den geklagten
Beschwerden in einen mindestens überwiegend wahrscheinlichen Zusammenhang
gebracht werden. Für sich allein sind Erkenntnisse aus neuropsychologischer
Sicht rechtsprechungsgemäss (BGE 119 V 341) aber - wie die Vorinstanz richtig
erklärte - von vornherein nicht geeignet, unfallbedingte hirnorganische
Funktionsstörungen nachzuweisen. Im Übrigen wurde die Notwendigkeit der von
Kreisarzt Dr. med. P.________ im Bericht vom 9. Juli 2003 noch
vorgeschlagenen neuropsychologischen Kurztestung am 22. August 2003 durch Dr.
med. V.________ entscheidend relativiert, indem er festhielt, falls eine
neuropsychologische Untersuchung indiziert sei, müsste eine solche in der
Muttersprache des Versicherten durchgeführt werden. Was schliesslich die
beantragten zusätzlichen neurologischen Abklärungen anbelangt, kann
vollumfänglich auf die Ausführungen im vorinstanzlichen Entscheid verwiesen
werden, welchen seitens des Eidgenössischen Versicherungsgerichts nichts
beizufügen ist.
Es muss demnach damit sein Bewenden haben, dass mit Vorinstanz und SUVA
einzig die anhaltenden Kopfbeschwerden als unfallkausal anerkannt werden
können und diese lediglich Anspruch auf die bereits zugesprochene 10%ige
Integritätsentschädigung geben.

Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten
ist.

2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Kantonalen Versicherungsgericht des
Wallis und dem Bundesamt für Gesundheit zugestellt.
Luzern, 9. August 2006

Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts

Der Präsident der III. Kammer: Der Gerichtsschreiber: