Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen U 237/2006
Zurück zum Index Sozialrechtliche Abteilungen 2006
Retour à l'indice Sozialrechtliche Abteilungen 2006


{T 7}
U 237/06

Urteil vom 26. Februar 2007

I. sozialrechtliche Abteilung

Bundesrichter Ursprung, Präsident,
Bundesrichter Lustenberger, Frésard,
Gerichtsschreiber Hochuli.

Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA), Fluhmattstrasse 1, 6004
Luzern, Beschwerdeführerin,

gegen

K.________, 1950, Beschwerdegegner, vertreten durch Rechtsanwalt Viktor
Györffy, Gartenhofstrasse 15, 8004 Zürich.

Unfallversicherung,

Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts
des Kantons St. Gallen vom 22. März 2006.

Sachverhalt:

A.
K. ________, geboren 1950, war als Industriemaler für die Firma X.________
tätig und in dieser Eigenschaft bei der Schweizerischen
Unfallversicherungsanstalt (SUVA) obligatorisch gegen Unfälle versichert, als
er am 30. Januar 2001 bei der Arbeit von einer Eisenstange am Hinterkopf
getroffen wurde. Die SUVA anerkannte ihre Leistungspflicht, reduzierte das in
der Folge des Unfalles erbrachte Taggeld ab 31. August 2001 (Verfügung vom
10. Juli 2001), stellte zum 1. Oktober 2004 sämtliche Versicherungsleistungen
ein (Verfügung vom 24. September 2004) und hielt daran mit
Einspracheentscheid vom 13. Dezember 2004 fest.

B.
Auf die hiegegen erhobene Beschwerde des K.________ hin führte das
Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen einen auf die Frage der
Einhaltung der Beschwerdefrist beschränkten Schriftenwechsel durch, wonach es
mit Entscheid vom 22. März 2006 unter Bejahung der Rechtzeitigkeit Eintreten
auf die Beschwerde des Versicherten vom 12. April 2005 beschloss.

C.
Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragt die SUVA Aufhebung des kantonalen
Gerichtsentscheids unter Feststellung, dass die vorinstanzliche Beschwerde
vom 12. April 2005 verspätet eingereicht worden sei.

Während K.________ auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde schliesst,
verzichtet das Bundesamt für Gesundheit auf eine Vernehmlassung.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Das Bundesgesetz über das Bundesgericht vom 17. Juni 2005 (BGG; SR 173.110)
ist am 1. Januar 2007 in Kraft getreten (AS 2006 1205, 1243). Da der
angefochtene Entscheid vorher ergangen ist, richtet sich das Verfahren noch
nach OG (Art. 132 Abs. 1 BGG; BGE 132 V 393 E. 1.2 S. 395).

2.
2.1 Gemäss Art. 128 OG beurteilt das Bundesgericht (bis 31. Dezember 2006:
Eidgenössisches Versicherungsgericht) letztinstanzlich
Verwaltungsgerichtsbeschwerden gegen Verfügungen im Sinne von Art. 97,
98 lit. b-h und 98a OG auf dem Gebiet der Sozialversicherung. Hinsichtlich
des Begriffs der mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde anfechtbaren Verfügungen
verweist Art. 97 OG auf Art. 5 VwVG (in der bis 31. Dezember 2006 gültig
gewesenen Fassung [nachfolgend ist stets diese Fassung gemeint]; vgl. zu der
seit 1. Januar 2007 geltenden Fassung AS 2006 2197, 2219). Nach Art. 5
Abs. 1 VwVG gelten als Verfügungen Anordnungen der Behörden im Einzelfall,
die sich auf öffentliches Recht des Bundes stützen (und im Übrigen noch
weitere, nach dem Verfügungsgegenstand näher umschriebene Voraussetzungen
erfüllen). Verfügungen im Sinne dieser Umschreibung können nach dem Wortlaut
des zweiten Absatzes von Art. 5 VwVG auch Zwischenverfügungen sein, insoweit
sie den Anforderungen des vorangehenden ersten Absatzes entsprechen. Zudem
verweist Art. 5 Abs. 2 VwVG bezüglich der Zwischenverfügungen auf Art. 45 des
gleichen Gesetzes (in der bis 31. Dezember 2006 gültig gewesenen Fassung
[nachfolgend ist stets diese Fassung gemeint]; vgl. zu der seit 1. Januar
2007 geltenden Fassung AS 2006 2197, 2223), laut dem nur solche
Zwischenverfügungen anfechtbar sind, die einen nicht wieder gutzumachenden
Nachteil bewirken können (Art. 45 Abs. 1 VwVG). Dieser grundsätzliche
Vorbehalt gilt als Voraussetzung für die Zulässigkeit eines selbstständigen,
der Endverfügung vorangehenden Beschwerdeverfahrens, insbesondere für alle in
Art. 45 Abs. 2 VwVG - nicht abschliessend - aufgezählten Zwischenverfügungen.
Für das letztinstanzliche Beschwerdeverfahren ist ferner zu beachten, dass
gemäss Art. 129 Abs. 2 OG in Verbindung mit Art. 101 lit. a OG die
Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen Zwischenverfügungen nur zulässig ist,
wenn sie auch gegen die Endverfügung offen steht (BGE 128 V 199 E. 2a S. 201,
124 V 82 E. 2 S. 85 mit Hinweisen, Urteil O. vom 7. Oktober 2005, U 181/04).

2.2 Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde richtet sich gegen die Annahme der
Rechtzeitigkeit der erstinstanzlichen Beschwerde und damit gegen das
Eintreten auf das Rechtsmittel. Beim vorinstanzlichen Entscheid handelt es
sich um eine Zwischenverfügung im Sinne des Art. 45 VwVG, welche im Hinblick
darauf, dass gegen die Endverfügung gemäss Art. 62 ATSG
Verwaltungsgerichtsbeschwerde erhoben werden kann, selbstständig anfechtbar
ist, sofern sie einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirkt.
Die SUVA hat ein Rechtsschutzinteresse an der richterlichen Überprüfung der
vom kantonalen Gericht angenommenen Rechtzeitigkeit der Beschwerde, da hievon
der Entscheid über das Eintreten in der Hauptsache abhängig ist. Zu bejahen
ist auch der für die selbstständige Anfechtbarkeit der Zwischenverfügung
vorausgesetzte irreparable Nachteil, weil ein Nichteintreten auf die
Verwaltungsgerichtsbeschwerde zur Folge hätte, dass die Beschwerdeführerin
sich einem möglicherweise längerdauernden materiellen Beschwerdeverfahren vor
dem kantonalen Versicherungsgericht zu unterziehen hätte, für das sie auch
bei einem für sie günstigen Ausgang des Verfahrens nicht entschädigt würde.
Weil das Bundesgericht die Rechtzeitigkeit der Beschwerde von Amtes wegen zu
prüfen hat und sich das kantonale Hauptverfahren bei Gutheissung der
Verspätungseinrede im letztinstanzlichen Verfahren nachträglich als hinfällig
erweisen könnte, sprechen auch die Prozessökonomie sowie der Grundsatz der
Einfachheit und Raschheit des Verfahrens (Art. 61 lit. a ATSG) für eine
selbstständige Anfechtbarkeit der Zwischenverfügung (SVR 1998 UV Nr. 10 S. 26
E. 1b mit Hinweisen). Das kantonale Gericht hat die SUVA bereits angewiesen,
sich materiell zur Sache zu äussern, was diese in der Folge auch getan hat.
Dies ändert nichts an den vorstehenden Ausführungen, da es andernfalls die
erstinstanzlichen Gerichte in der Hand hätten, durch zwingende
verfahrensleitende Verfügungen die selbstständige Anfechtbarkeit von
Zwischenentscheiden zu unterlaufen (was diese letztlich denn auch unnötig
machen würde).

Nachdem auch die weiteren Voraussetzungen erfüllt sind, ist auf die
Verwaltungsgerichtsbeschwerde einzutreten.

3.
Da es sich beim angefochtenen kantonalen Zwischenentscheid über die
Eintretensfrage nicht um die Bewilligung oder Verweigerung von
Versicherungsleistungen handelt, hat das Bundesgericht nur zu prüfen, ob das
vorinstanzliche Gericht Bundesrecht verletzt hat, einschliesslich
Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens, oder ob der rechtserhebliche
Sachverhalt offensichtlich unrichtig, unvollständig oder unter Verletzung
wesentlicher Verfahrensbestimmungen festgestellt worden ist (Art. 132 OG in
Verbindung mit Art. 104 lit. a und b OG sowie Art. 105 Abs. 2 OG).

4.
Das kantonale Gericht hat die Bestimmungen über die dreimonatige
Beschwerdefrist bei Einspracheentscheiden betreffend
Unfallversicherungsleistungen (Art. 106 UVG in der vom 1. Januar 2003 bis
31. Dezember 2006 gültig gewesenen Fassung [nachfolgend ist stets diese, hier
praxisgemäss nach BGE 132 V 215 E. 3.1.1 S. 220 in zeitlicher Hinsicht
massgebende Fassung gemeint]), den Fristenstillstand im erstinstanzlichen
Verfahren nach Art. 60 Abs. 2 ATSG in Verbindung mit Art. 38 Abs. 4 ATSG
sowie die Übergangsbestimmung des Art. 82 Abs. 2 ATSG zutreffend dargelegt.
Gleiches gilt für die Ausführungen zu Art. 91 Abs. 1 Satz 2 des
Gerichtsgesetzes des Kantons St. Gallen vom 2. April 1987 (GerG/SG; sGS
[systematische Gesetzessammlung des Kantons St. Gallen] 941.1), wonach die
kantonale Fristenstillstandsbestimmung von Art. 90 GerG/SG auf zwei und mehr
Monate betragende Fristen nicht anwendbar ist. Korrekt ist sodann die
Wiedergabe der Einleitungsbestimmung zum Geltungsbereich des kantonalen
Gerichtsgesetzes (Art. 1 GerG/SG). Darauf wird verwiesen.

5.
Streitig ist die Einhaltung der Beschwerdefrist im kantonalen Verfahren.

5.1 Die Vorinstanz ist mit dem Versicherten der Auffassung, im Kanton St.
Gallen entfalte die Fristenstillstandsbestimmung von Art. 38 ATSG in
Verbindung mit Art. 60 Abs. 2 ATSG zwar nicht direkt, jedoch kraft kantonalen
Rechts gestützt auf Art. 1 Abs. 2 GerG/SG mittelbar Wirkung, so dass sich der
Fristenstillstand hier nicht nach den kantonalen Vorschriften von Art. 90 f.
GerG/SG, sondern nach Art. 38 Abs. 4 ATSG bestimme. Deshalb sei die
Beschwerde vom 12. April 2005 unter Berücksichtigung der Gerichtsferien über
Weihnachten/ Neujahr 2004/2005 sowie über Ostern 2005 gemäss Art. 38 Abs. 4
lit. a und c ATSG rechtzeitig eingereicht worden. Zum gleichen Ergebnis führe
auch die Auslegung der Übergangsbestimmung von Art. 82 Abs. 2 ATSG nach dem
Willen des Gesetzgebers, wonach die fünfjährige Anpassungsfrist lediglich zur
Vereinheitlichung der kantonalen Gerichtsorganisationen und einzelner
Verfahrensbestimmungen, nicht aber zum Zwecke einer interkantonalen
Harmonisierung der Fristenstillstandsbestimmungen geschaffen worden sei.

Hiegegen macht die SUVA mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde geltend, Art. 82
Abs. 2 ATSG schränke intertemporalrechtlich während der fünfjährigen
Übergangsfrist auch die Anwendbarkeit der Rechtspflegebestimmungen der Art.
56 ff. ATSG zu Gunsten von davon abweichenden kantonalen Vorschriften ein.
Diese vorbestehenden, seit Inkrafttreten des ATSG (am 1. Januar 2003) mit dem
neuen Bundesrecht kollidierenden Regelungen blieben während der
Anpassungsfrist von Art. 82 Abs. 2 ATSG bis zur vorzeitigen Anpassung oder
bis zum unbenutzten Ablauf der Fünfjahresfrist anwendbar. Der
bundesrechtlichen Übergangsbestimmung des Art. 82 Abs. 2 ATSG komme gegenüber
dem kantonalrechtlichen Vorbehalt im Sinne von Art. 1 Abs. 2 GerG/SG Vorrang
zu. Bis zum 31. Dezember 2007 oder bis zur vorzeitigen Anpassung seien nach
Art. 82 Abs. 2 ATSG die kantonalen Rechtspflegebestimmungen anzuwenden. Unter
Beachtung der massgebenden kantonalen Fristenstillstandsbestimmung von
Art. 91 Abs. 1 Satz 2 GerG/SG sei die Beschwerde vom 12. April 2005 verspätet
eingereicht worden.

5.2 Das Gerichtsgesetz des Kantons St. Gallen, welches die Organisation der
Gerichte regelt und allgemeine Vorschriften über das Gerichtsverfahren
enthält (Art. 1 Abs. 1 GerG/SG), sieht in Art. 91 Abs. 1 Satz 2 GerG/SG vor,
dass Fristen, die zwei Monate und mehr betragen, während den kantonalen
Gerichtsferien im Sinne von Art. 90 GerG/SG nicht stillstehen. Mithin sieht
das kantonale Recht betreffend die hier einschlägige dreimonatige
Beschwerdefrist von Art. 106 UVG eine negative Regelung zum Fristenstillstand
vor, die gemäss BGE 131 V 314 und 325 während der Übergangszeit des Art. 82
Abs. 2 ATSG beachtlich ist. Indem das kantonale Gericht vor Ablauf der
Übergangszeit des Art. 82 Abs. 2 ATSG direkt auf den Fristenstillstand des
ATSG abstellt, wendet es deshalb fälschlicherweise Bundesrecht statt
kantonales Recht an, was eine Verletzung von Bundesrecht darstellt (BGE 131 V
314 E. 5.3 S. 324 mit Hinweis). Es ist unbestritten, dass die vorinstanzliche
Beschwerde in Anwendung der massgebenden kantonalen Vorschriften zu den
Gerichtsferien (Art. 90 ff. GerG/SG) mit Blick auf die Dreimonatsfrist von
Art. 106 UVG wegen der hier fehlenden Fristenstillstandswirkung (Art. 91 Abs.
1 Satz 2 GerG/SG) verspätet erhoben worden ist.

5.3 Entgegen der Vorinstanz hat der Bundesgesetzgeber den Fristenstillstand
nicht vom Anwendungsbereich der Übergangsfrist von Art. 82 Abs. 2 ATSG
ausgeklammert (BGE 131 V 305 E. 5.1 S. 313). Was unter "bisherigen kantonalen
Vorschriften" im Sinne von Art. 82 Abs. 2 ATSG zu verstehen ist, hat das
Eidgenössische Versicherungsgericht in BGE 131 V 314 E. 5.1 S. 323
verbindlich entschieden. Der Bundesgesetzgeber machte mit dem Erlass des ATSG
von der ihm auf dem Gebiet des Bundessozialversicherungsrechts von
Verfassungs wegen zustehenden Gesetzgebungskompetenz Gebrauch, um unter
anderem in den Art. 56 bis 61 ATSG das Rechtspflegeverfahren auf kantonaler
Ebene einheitlich zu ordnen und damit auch den Fristenstillstand
abschliessend zu regeln (BGE U 337/05 vom 16. Oktober 2006 E. 4.4.4 [= SVR
2007 UV Nr. 7 S. 24 E. 4.4.4]; BGE 131 V 314 E. 5.2 S. 323).

5.4 Mit dem Versicherten geht die Vorinstanz gestützt auf Art. 38 Abs. 4 ATSG
in Verbindung mit Art. 1 Abs. 2 GerG/SG von der Rechtzeitigkeit der
Beschwerde aus. Anders als die Kantone Zürich und Basel-Landschaft kenne der
Kanton St. Gallen in verschiedenen Erlassen die typische Regelungsform von
Vorbehalten des Bundesrechts. Nach Art. 1 GerG/SG mit dem Randtitel
"Geltungsbereich" umschreibe dieses Gesetz die Organisation der Gerichte und
enthalte allgemeine Vorschriften über das Gerichtsverfahren (Abs. 1). Absatz
2 bestimme: "Vorbehalten bleiben Vorschriften des Bundesrechts und der
Staatsverträge." Soweit das kantonale Gericht argumentiert, die publizierte
Rechtsprechung zum Fristenstillstand gemäss BGE 131 V 305, 314 und 325,
welche die Kantone Zürich und Basel-Landschaft betreffe, lasse sich nicht
ohne weiteres auf den Kanton St. Gallen übertragen, kann dieser Auffassung,
wie nachfolgend zu zeigen ist, nicht gefolgt werden.

5.4.1 Der Kanton Freiburg kennt in Art. 7 des Gesetzes vom 23. Mai 1991 über
die Verwaltungsrechtspflege des Kantons Freiburg (VRG/FR; Systematische
Gesetzessammlung des Kantons Freiburg [SGF] 150.1) eine mit Art. 1 Abs. 2
GerG/SG vergleichbare Bestimmung. Hier wie dort handelt es sich um einen
unechten Vorbehalt und nicht um eine (dynamische) Verweisung (vgl. hiezu BGE
U 337/05 vom 16. Oktober 2006 E. 4.4.5 mit Hinweisen [= SVR 2007 UV Nr. 7
S. 24 E. 4.4.5]). Dies ergibt sich auch aus den Materialien zum
Gerichtsgesetz des Kantons St. Gallen (vgl. Botschaft und Entwürfe des
Regierungsrates vom 11. März 1986 zu einem Gerichtsgesetz und zu einem
Grossratsbeschluss über die Organisation des Kantonsgerichtes und des
Handelsgerichtes [nachfolgend: Botschaft], Amtsblatt des Kantons St. Gallen
[ABl] 1986, S. 861). Soweit der Regierungsrat des Kantons St. Gallen in der
Botschaft (Separatdruck S. 21) auf "ein praktisches Bedürfnis nach
Rechtsvereinheitlichung etwa in Bezug auf die Zeitbestimmungen" hinwies,
welchem der Gesetzesentwurf Rechnung trage, ändert dies nichts am
grundsätzlichen Vorrang der bundesrechtlichen Vorschrift von Art. 82 Abs. 2
ATSG vor gegebenenfalls davon abweichendem kantonalem Recht (BGE U 337/05 vom
16. Oktober 2006 E. 4.4.5 mit Hinweisen [= SVR 2007 UV Nr. 7 S. 24 E.
4.4.5]). Der gesetzgeberische Wille, dem Bedürfnis nach Vereinheitlichung
insbesondere von Zeitbestimmungen entgegen zu kommen, fand vielmehr Ausdruck
in Art. 89 des Gesetzesentwurfs (Botschaft, Separatdruck S. 71; heute: Art.
90 GerG/SG), wo die kantonalen Gerichtsferien "aus praktischen Gründen der
für das Bundesgericht geltenden Ordnung angepasst" wurden (Botschaft,
Separatdruck S. 48). Weder die Botschaft noch August Holenstein
(Gerichtsgesetz des Kantons St. Gallen vom 2. April 1987, Flawil 1987),
welchen die Vorinstanz im angefochtenen Entscheid zitierte, vermitteln
Anhaltspunkte dafür, dass Art. 1 Abs. 2 GerG/SG die sofortige formlose
Übernahme neu erlassener oder geänderter Bundesvorschriften ins kantonale
Verfahrensrecht im Bereich der Gerichtsorganisation und der
Fristenstillstandsregelung ermöglichen soll. Abweichend vom Standpunkt des
Versicherten und der Vorinstanz kann aus Art. 1 Abs. 2 GerG/SG mit Blick auf
Art. 82 Abs. 2 ATSG nicht gefolgert werden, diese Vorschrift bezwecke, dem
GerG/SG entgegenstehendes neueres Bundesrecht ohne Anpassung des kantonalen
Rechts sofort zur Anwendung zu bringen. Vielmehr liegt es in der Natur der
von Bundesrechts wegen in Art. 82 Abs. 2 ATSG vorgesehenen
intertemporalrechtlichen Übergangsfrist, dass bis zur Anpassung der
kantonalen Rechtspflegebestimmungen während fünf Jahren ab Inkrafttreten des
ATSG die noch nicht harmonisierten kantonalen Verfahrensregeln anwendbar
bleiben (BGE U 337/05 vom 16. Oktober 2006 E. 4.4.1 i.f. [= SVR 2007 UV Nr. 7
S. 24 E. 4.4.1 i.f.]).
5.4.2 Die Frage, ob und inwieweit im Übrigen neues oder geändertes
Bundesrecht  -  ausserhalb des Anwendungsbereichs von Art. 82 Abs. 2 ATSG  -
kraft Art. 1 Abs. 2 GerG/SG ohne vorherige Umsetzung in kantonales Recht
sofortige Wirkung entfalten kann, braucht hier nicht beantwortet zu werden.
Sind auf dem Gebiet der obligatorischen Krankenpflege- und
Unfallversicherung, der Militär- sowie der Arbeitslosenversicherung die bei
Inkrafttreten des ATSG gültig gewesenen, positiven oder negativen kantonalen
Regelungen zur Rechtspflege (hier: Art. 90 ff. GerG/SG; E. 5.2 i.f. hievor)
während der Übergangsfrist von Art. 82 Abs. 2 ATSG oder bis zur vorzeitigen
Anpassung an das ATSG auf das erstinstanzliche Beschwerdeverfahren anwendbar
(BGE U 337/05 vom 16. Oktober 2006 E. 4.4.7 [= SVR 2007 UV Nr. 7 S. 26 E.
4.4.7]), so stellt die von der Vorinstanz gemäss angefochtenem Entscheid auf
die kantonale Beschwerdefrist zur Anwendung gebrachte
Fristenstillstandsbestimmung von Art. 38 Abs. 4 ATSG eine Verletzung von
Bundesrecht dar. Die vorinstanzliche Beschwerde ist demnach, wie von der
Beschwerdeführerin zu Recht gerügt, bei korrekter Anwendung des massgebenden
kantonalen Verfahrensrechts (Art. 90 f. GerG/SG) verspätet eingereicht worden
(hievor E. 5.2 i.f.).

6.
Das Verfahren ist kostenpflichtig (Art. 134 OG e contrario). Der
Beschwerdegegner hat dem Ausgang des Verfahrens entsprechend die
Gerichtskosten zu tragen (Art. 135 OG in Verbindung mit Art. 156 Abs. 1 OG).
Die SUVA als obsiegende Behörde hat keinen Anspruch auf Parteientschädigung
(Art. 135 OG in Verbindung mit Art. 159 Abs. 2 OG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
In Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird der Entscheid des
Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen vom 22. März 2006 aufgehoben und
festgestellt, dass die vorinstanzliche Beschwerde verspätet eingereicht
worden ist.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden dem Beschwerdegegner auferlegt.

3.
Der geleistete Kostenvorschuss von Fr. 500.- wird der Beschwerdeführerin
zurückerstattet.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons St.
Gallen und dem Bundesamt für Gesundheit zugestellt.

Luzern, 26. Februar 2007

Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: