Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen U 22/2006
Zurück zum Index Sozialrechtliche Abteilungen 2006
Retour à l'indice Sozialrechtliche Abteilungen 2006


Prozess {T 7}
U 22/06

Urteil vom 13. Juni 2006
III. Kammer

Präsident Ferrari, Bundesrichter Lustenberger und Seiler; Gerichtsschreiber
Hadorn

R.________, 1951, Beschwerdeführerin, vertreten durch Rechtsanwältin Carmen
Hool-Helfenstein, Kantonsstrasse 96, 6048 Horw,

gegen

Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA), Fluhmattstrasse 1, 6004
Luzern, Beschwerdegegnerin

Verwaltungsgericht des Kantons Nidwalden, Stans

(Entscheid vom 12. September 2005)

Sachverhalt:
R.________ (geb. 1951) war bei der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt
(SUVA) obligatorisch unfallversichert, als sie am 15. August 2002 einen
Verkehrsunfall erlitt. Die SUVA kam für die Folgekosten auf. Mit Verfügung
vom 30. Juni 2004 gewährte sie R.________ eine Rente gestützt auf einen
Invaliditätsgrad von 34 %. Daran hielt die SUVA mit Einspracheentscheid vom
22. Oktober 2004 fest.
Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons
Nidwalden mit Entscheid vom 12. September 2005 ab.

R. ________ lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen und beantragen, es sei
ihr ab 1. Juli 2004 eine Rente von 50 % auszurichten.
Die SUVA schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde, während
das Bundesamt für Gesundheit auf eine Vernehmlassung verzichtet.

Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

1.
Das kantonale Gericht hat die gesetzlichen Vorschriften zu den
Voraussetzungen für die Rente der Unfallversicherung (Art. 6 Abs. 1 und Art.
18 Abs. 1 UVG), zum Begriff der Invalidität (Art. 8 Abs. 1 ATSG) und zur
Ermittlung des Invaliditätsgrades nach der Methode des Einkommensvergleichs
(Art. 16 ATSG) sowie die Rechtsprechung zur Bedeutung ärztlicher Auskünfte im
Rahmen der Invaliditätsbemessung (BGE 115 V 135), zur
Schadenminderungspflicht der Versicherten (BGE 117 V 400), zum Begriff des
ausgeglichenen Arbeitsmarktes (BGE 110 V 276 Erw. 4b; Urteil M. vom 6.
Februar 2001, U 388/99) und zum wirtschaftlichen Charakter des
Invaliditätsbegriffes (BGE 114 V 314 Erw. 3b) richtig dargelegt. Darauf wird
verwiesen.

2.
Streitig und zu prüfen ist der Invaliditätsgrad.

2.1 Die Vorinstanz hat die medizinische Aktenlage ausführlich
zusammengefasst, so dass darauf verwiesen werden kann. SUVA-Kreisarzt Dr.
med. B.________, FMH Chirurgie, hat im Bericht zur Abschlussuntersuchung vom
24. November 2003 festgehalten, dass Tätigkeiten mit Schlägen und Vibrationen
auf das linke Sprunggelenk, in Zwangshaltungen und mit Schlägen und
Vibrationen auf die HWS nicht mehr zumutbar seien. Beim Tragen von Lasten sei
eine obere Gewichtslimite von 10-12 kg unter günstigen Hebelarmen gegeben.
Für sitzende Tätigkeiten seien vermehrt Pausen oder Wechselbelastungen
zuzugestehen. Dabei seien optimale ergonomische Bedingungen wichtig.
Einschränkungen zeitlicher Art beständen nicht.

2.2 SUVA und Vorinstanz stellten auf diese Einschätzung ab und ermittelten
einen Invaliditätsgrad von 34 %. Hiegegen lässt die Beschwerdeführerin
geltend machen, gemäss sämtlichen übrigen medizinischen Unterlagen bestehe
eine Arbeitsfähigkeit von bloss noch 50 % in jeglichen Tätigkeiten. In einer
andern Arbeit könne sie höchstens einen Verdienst im Bereich der Lohnstufe 4
gemäss Schweizerischer Lohnstrukturerhebung (LSE) erzielen, und nicht einen
solchen gemäss Niveau 3, wie er von der SUVA dem Erwerbsvergleich zu Grunde
gelegt wurde. Auch die Invalidenversicherung gehe davon aus, dass eine
anderweitige Arbeit tiefer entlöhnt wäre.

2.3 Den Ausführungen der Versicherten kann nicht beigepflichtet werden.
Gemäss Bericht der Klinik V.________ vom 20. Mai 2003 wurde die
Arbeitsfähigkeit nur bis 8. Juni 2003 auf 50 % belassen; hernach empfahl die
Klinik eine versuchsweise langsame Steigerung in Absprache mit dem Hausarzt.
Zudem liessen sich beim Aufenthalt in dieser Klinik deutliche
Schmerzreduktionen und tageweise Schmerzfreiheit erzielen. Am Arbeitsplatz
seien vermehrte Sitzpausen und ergonomische Anpassungen nötig. Somit sah die
Klinik Steigerungspotential. Gestützt auf ihren Bericht kann daher keine bis
heute andauernde Arbeitsunfähigkeit von 50 % postuliert werden.

Bei den Berichten des Dr. med. L.________, FMH Innere Medizin, ist zu
beachten, dass Hausärzte auf Grund ihrer auftragsrechtlichen
Vertrauensstellung im Zweifel manchmal eher zu Gunsten ihrer Patienten
aussagen (BGE 125 V 353 Erw. 3b/cc). Der Vorinstanz kann kein Vorwurf gemacht
werden, wenn sie auf die Angaben des Dr. B.________ abgestellt hat.

2.4 Im Weiteren ergibt sich, dass die Beschwerdeführerin an ihrem bisherigen
Arbeitsplatz in der Firma S.________ AG, nicht optimal eingegliedert ist.
Einerseits sitzt sie gemäss eigenen Angaben zu 95 % am Computer und hat weder
längere Pausen noch die Möglichkeit einer Wechselbelastung, was Dr. med.
B.________ in Übereinstimmung mit der Klinik V.________ für sitzende
Tätigkeiten vorausgesetzt hat. Anderseits ist der Betrieb nach Angaben
gegenüber der SUVA (Erhebungen in der Firma vom 21. Oktober 2003 und 4. Mai
2004; Telefonnotiz vom 25. Juni 2005) nicht in der Lage, die
Beschwerdeführerin ganztags mit vermehrten Pausen zu beschäftigen. Damit
mangelt es am gegenwärtigen Arbeitsplatz an von Dr. B.________ als wichtig
bezeichneten Voraussetzungen, um zumutbarerweise ganztags arbeiten zu können.
Die fehlenden Pausen und die damit zusammenhängenden ungünstigen Bedingungen
dürften mit dazu beigetragen haben, dass die Beschwerdeführerin ihr Pensum
nicht auf über 50 % zu steigern vermocht hat. Auf dem ausgeglichenen
Arbeitsmarkt sind aber Stellen vorhanden, an welchen die Versicherte die
selbe Art von Arbeit mit den entsprechenden Pausen erbringen könnte.

2.5 Sodann rechtfertigt es sich nicht, beim hypothetischen Invalideneinkommen
die Löhne des Niveaus 4 beizuziehen, da die Versicherte laut der Laufbahn im
Bericht der Beruflichen Eingliederung der IV-Stelle Nidwalden als gelehrte
Betriebsassistentin mit rund zwanzig Jahren Berufserfahrung als
Sachbearbeiterin, Sekretärin für einen Verkaufschef und Operatorin in der
Lage ist, höher qualifizierte Arbeiten als einfache und repetitive
Hilfsarbeitertätigkeiten zu verrichten. Dies bestätigte sich bei den
beruflichen Abklärungen in der Arbeitgeberfirma vom 4. Mai 2004, hat doch die
Personalleiterin gesagt, für die von der Versicherten ausgeübte Tätigkeit sei
grundsätzlich eine kaufmännische Ausbildung notwendig. Somit verrichtete die
Beschwerdeführerin Arbeiten, welche dem Niveau 3 der LSE-Tabellen
entsprechen.

2.6 Schliesslich hilft der Beschwerdeführerin der Hinweis auf die Würdigung
des IV-Berufsberaters nicht weiter. Dieser hat nicht den Invaliditätsgrad zu
ermitteln. Zudem sind im Bericht des Dr. med. B.________ degenerative
Veränderungen erwähnt, welche nicht als Unfallfolgen betrachtet werden können
und deshalb wohl von der IV, nicht aber von der Unfallversicherung zu
berücksichtigen sind. Der in allen Punkten zutreffende kantonale Entscheid
hält daher Stand.

Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.

2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons
Nidwalden, Abteilung Versicherungsgericht, und dem Bundesamt für Gesundheit
zugestellt.

Luzern, 13. Juni 2006

Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts

Der Präsident der III. Kammer: Der Gerichtsschreiber: