Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen U 180/2006
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Prozess {T 7}
U 180/06

Urteil vom 17. Oktober 2006
III. Kammer

Präsident Ferrari, Bundesrichter Meyer und Lustenberger; Gerichtsschreiberin
Polla

M.________, 1958, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Guy Reich,
Münchhaldenstrasse 24, 8008 Zürich,

gegen

Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA), Fluhmattstrasse 1, 6004
Luzern, Beschwerdegegnerin

Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, Winterthur

(Entscheid vom 22. Februar 2006)

Sachverhalt:

A.
Der 1958 geborene M.________ war bei der Schweizerischen
Unfallversicherungsanstalt (SUVA) obligatorisch unfallversichert, als er am
23. Oktober 1983 bei einem Autounfall eine Hirnerschütterung sowie Brust- und
Knieverletzungen erlitt. Am 17. August 1984 schloss die SUVA die
Heilbehandlung ab. Am 3. Oktober 2000 rutschte M.________ bei der Arbeit auf
einem am Boden liegenden Schalungselement aus und verletzte sich erneut am
linken Knie. Die SUVA kam für die Folgen des Rückfalles auf und sprach ihm
mit Verfügung vom 29. März 2004 ab 1. April 2004 eine Invalidenrente gestützt
auf einen Invaliditätsgrad von 19 % (gestützt auf die interne Dokumentation
von Arbeitsplätzen [DAP]) sowie eine Entschädigung für eine
Integritätseinbusse von 10 % zu. In teilweiser Gutheissung der von M.________
hiegegen erhobenen Einsprache korrigierte die SUVA den Invaliditätsgrad in
Anwendung der vom Bundesamt für Statistik periodisch herausgegebenen
Lohnstrukturerhebungen [LSE] auf 35 % (Einspracheentscheid vom 25. Oktober
2004).

B.
Die dagegen geführte Beschwerde wies das Sozialversicherungsgericht des
Kantons Zürich mit Entscheid vom 22. Februar 2006 ab.

C.
M.________ lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen mit dem Rechtsbegehren,
es seien ihm die gesetzlichen Leistungen zu erbringen.
Die SUVA schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Das
Bundesamt für Gesundheit verzichtet auf eine Vernehmlassung.

Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

1.
Das kantonale Gericht hat die gesetzlichen Bestimmungen und Grundsätze über
den Anspruch auf eine Invalidenrente der Unfallversicherung (Art. 18 UVG)
sowie über den für die Ermittlung des Invaliditätsgrades durchzuführenden
Einkommensvergleich (Art. 16 ATSG) sowie zum Beweiswert ärztlicher Berichte
und Gutachten (BGE 125 V 352 ff. Erw. 3, 122 V 160 ff. Erw. 1c, je mit
Hinweisen) zutreffend dargelegt. Darauf wird verwiesen. Ergänzend ist
festzuhalten, dass sich die Leistungspflicht des Unfallversicherers (Art. 6
Abs. 1 UVG) auch auf Rückfälle und Spätfolgen eines Unfalls erstreckt
(Art. 11 UVV), sofern dieser - mit dem Beweisgrad der überwiegenden
Wahrscheinlichkeit (BGE 121 V 47 Erw. 2a und 208 Erw. 6b, je mit Hinweisen) -
in einem natürlichen (BGE 129 V 181 Erw. 3.1 mit Hinweisen) und adäquaten
(BGE 129 V 181 Erw. 3.2, 405 Erw. 2.2, 127 V 102 f. Erw. 5b, 125 V 461
Erw. 5a mit Hinweisen) Kausalzusammenhang zum Gesundheitsschaden steht (BGE
118 V 296 Erw. 2c mit Hinweisen; s. auch SVR 2003 UV Nr. 14S. 43 Erw. 4
[= Urteil E. vom 20. März 2003, U 86/02]; RKUV 1994 Nr. U 206 S. 327 f.
Erw. 2). Das Bundesgesetz vom 6. Oktober 2000 über den Allgemeinen Teil des
Sozialversicherungsrechts (ATSG), welches mit Bezug auf den Zeitraum von
seinem Inkrafttreten am 1. Januar 2003 bis zum Erlass des
Einspracheentscheids (BGE 121 V 366 Erw. 1b, 116 V 248 Erw. 1a) anwendbar ist
(BGE 130 V 445 Erw. 1), hat zu keiner Änderung dieser Rechtslage geführt.

2.
Das kantonale Gericht hat nach umfassender Prüfung sowie in beweisrechtlich
überzeugender Würdigung der medizinischen Aktenlage zutreffend erkannt, dass
der Sachverhalt, soweit die hier allein interessierenden Unfallfolgen
betreffend, hinreichend abgeklärt ist. Die für den massgebenden Zeitraum bis
zum Einspracheentscheid vom 25. Oktober 2004 aktenmässig ausgewiesenen und
unfallbedingten Befunde am linken Knie lauten auf partielle distale Ruptur
des vorderen Kreuzbandes, distaler Ausriss des medialen Seitenbandes (Unfall
vom 25. Oktober 1983) und Distorsion des Kniegelenks (Ereignis vom 3. Oktober
2000). Dem Versicherten ist es deswegen zwar nicht mehr möglich, seine
angestammte Tätigkeit als Schaler auszuüben; eine abwechselnd sitzende,
stehende oder gehende Tätigkeit hingegen ist ganztags zumutbar, wobei die
Dauer der stehenden oder gehenden Position einen Drittel der Arbeitszeit
nicht überschreiten sollte und das Heben von Lasten auf 15 bis 20 kg
beschränkt ist. Arbeiten in kniender oder hockender Position sind nicht mehr
möglich, häufiges Treppensteigen sollte vermieden werden sowie Arbeiten auf
Leitern und Gerüsten sind nicht mehr zumutbar. Entgegen dem Einwand des
Beschwerdeführers ist nicht zu beanstanden, wenn sich die Vorinstanz bei
ihrem Entscheid hauptsächlich auf die Stellungnahme des Kreisarztes Dr. med.
W.________ anlässlich seiner Abschlussuntersuchung vom 16. Januar 2004
stützte. Daran ändert nach den zutreffenden vorinstanzlichen Erwägungen,
worauf verwiesen wird, nichts, dass Dr. med. B.________, Facharzt FMH für
Orthopädische Chirurgie, in seinem Gutachten vom 3. September 2004 zuhanden
der Invalidenversicherung zum Schluss gelangte, nach erfolgter
(Rücken)-Therapie sei eine Arbeitsfähigkeit von 50 % halbtags in einer
wechselnd sitzend/stehenden Tätigkeit ohne hohe Gehbelastung, ohne
Treppensteigen und ohne schweres Heben und Tragen durchaus möglich. Dr. med.
B.________ hatte bei seiner Einschätzung der Restarbeitsfähigkeit - im
Gegensatz zu Kreisarzt Dr. med. W.________ - auch die nicht unfallkausalen
Rückenbeschwerden zu beachten, weshalb er die Leistungsfähigkeit als geringer
beurteilte. Entgegen der Vorbringen des Beschwerdeführers stehen sodann die
Angaben zur verbleibenden Arbeitsfähigkeit des Dr. med. W.________ weder im
Widerspruch zu seinen früheren Stellungnahmen (vom 13. Juni 2003 und 17.
April 2002), welche sich lediglich zur Arbeitsfähigkeit als Akkordschaler
äusserten, noch zu den Angaben des Hausarztes Dr. med. H.________, FMH für
Allgemeine Medizin, welcher in seinem der IV-Stelle am 11. Juli 2004
erstatteten Bericht die um 50 % eingeschränkte Arbeitsfähigkeit ausdrücklich
auf das bestehende Rückenleiden zurückführte.

3.
Ausgehend vom dargestellten Zumutbarkeitsprofil hat die SUVA im
Einspracheentscheid das Invalideneinkommen zu Recht gestützt auf die Werte
der schweizerischen Lohnstrukturerhebung (LSE) 2002, angepasst an die
Teuerung (2003: 1,4 %; 2004: 0,5 %) und umgerechnet auf 41,7 Stunden
Wochenarbeitszeit, bestimmt (vgl. dazu BGE 126 V 76 f. Erw. 3b/bb), was für
2004 (Jahr des Rentenbeginns) Fr. 58'095.- ergab. Wird indessen das
standardisierte monatliche Einkommen der LSE 2004 - welche der SUVA
anscheinend im Zeitpunkt des Einspracheentscheids (25. Oktober 2004) noch
nicht zur Verfügung stand - von Fr. 4'588.- (Tabelle TA1, Männer,
Anforderungsniveau 4, Total) der Ermittlung des hypothetischen Einkommens zu
Grunde gelegt und eine betriebsübliche wöchentliche Arbeitszeit im Jahr 2004
von 41,6 Stunden (Die Volkswirtschaft, Heft 7/8 2006, Tabelle B9.2, Total)
angenommen, resultiert bei einem im Rahmen der Angemessenheitskontrolle
(Art. 132 lit. a [in der bis 30. Juni 2006 gültig gewesenen Fassung; seither
Art. 132 Abs. 1 lit. a OG; BGE 123 V 152 Erw. 2) nicht zu beanstandenden
leidensbedingten Abzug in der Höhe von 15 % (vgl. BGE 126 V 75) ein
Invalideneinkommen von Fr. 48'670.- (Fr. 4'588.- x 12 x 40 : 41,6 x 0,85),
anstelle von Fr. 49'380.- laut vorinstanzlich bestätigtem
Einspracheentscheid. In Gegenüberstellung mit dem unbestrittenen
Valideneinkommen von Fr. 75'710.- entspricht dies einem Wert von 35,7 % und
ergibt einen Invaliditätsgrad von 36 % (vgl. BGE 130 V 121).

4.
Das Verfahren ist kostenlos (Art. 134 OG). Dem Prozessausgang entsprechend
hat der trotz seines unbestimmten Rechtsbegehrens nur in sehr bescheidenem
Umfange obsiegende Beschwerdeführer Anspruch auf eine reduzierte
Parteientschädigung (Art. 159 Abs. 1 und 2 in Verbindung mit Art. 135 OG;
Urteil L. vom 6. Januar 2004, U 107/03, Erw. 3).

Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:

1.
In teilweiser Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde werden der
Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 22. Februar
2006 und der Einspracheentscheid der SUVA vom 25. Oktober 2004 aufgehoben,
und es wird festgestellt, dass der Beschwerdeführer Anspruch auf eine
Invalidenrente gestützt auf einen Invaliditätsgrad von 36 % hat.

2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3.
Die Beschwerdegegnerin hat dem Beschwerdeführer für das Verfahren vor dem
Eidgenössischen Versicherungsgericht eine Parteientschädigung von Fr. 500.-
(einschliesslich Mehrwertsteuer) zu bezahlen.

4.
Das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich wird über eine
Parteientschädigung für das kantonale Verfahren entsprechend dem Ausgang des
letztinstanzlichen Prozesses zu befinden haben.

5.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons
Zürich und dem Bundesamt für Gesundheit zugestellt.

Luzern, 17. Oktober 2006
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts

Der Präsident der III. Kammer: Die Gerichtsschreiberin: