Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen U 173/2006
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Prozess {T 7}
U 173/06

Urteil vom 4. Dezember 2006
III. Kammer

Präsident Ferrari, Bundesrichter Lustenberger und Seiler; Gerichtsschreiberin
Durizzo

S.________, 1963, Beschwerdeführer, vertreten durch lic. iur. Max S. Merkli,
Praxis für Sozialversicherungsrecht, Schaffhauserstrasse 345, 8050 Zürich,

gegen

Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA), Fluhmattstrasse 1, 6004
Luzern, Beschwerdegegnerin

Versicherungsgericht des Kantons Solothurn, Solothurn

(Entscheid vom 15. Februar 2006)

Sachverhalt:

A.
S. ________, geboren 1963, leidet seit einem Sportunfall am 6. Juli 1990 an
Kniebeschwerden. Am 6. Juli 1999 brach er sich bei einem Sturz das linke
Handgelenk. Die Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA) gewährte ihm
deshalb mit Verfügung vom 12. Mai 2004 eine Invalidenrente auf der Basis
eines Invaliditätsgrades von 20 % ab 1. Mai 2004 sowie eine
Integritätsentschädigung bei einer Integritätseinbusse von 15 %. Auf
Einsprache hin erhöhte sie die Invalidenrente gestützt auf einen
Invaliditätsgrad von 24 % (Einspracheentscheid vom 11. August 2004).

B.
Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Versicherungsgericht des Kantons
Solothurn mit Entscheid vom 15. Februar 2006 ab.

C.
S.________ lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen mit dem Antrag, unter
Aufhebung des angefochtenen Entscheides sei ihm eine Rente auf der Basis
einer Erwerbsunfähigkeit von 50 % zuzusprechen; eventualiter sei die Sache zu
weiteren Abklärungen und neuem Entscheid an die SUVA zurückzuweisen.
Während die SUVA auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde schliesst,
verzichtet das Bundesamt für Gesundheit auf eine Vernehmlassung.

Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

1.
Streitig ist, in welchem Umfang der Beschwerdeführer noch arbeitsfähig ist
und welches Invalideneinkommen er dabei zu erzielen vermöchte. Die Vorinstanz
hat die diesbezüglich massgebenden Bestimmungen über die Invalidität (Art. 8
ATSG) und die Ermittlung des Invaliditätsgrades (Art. 16 ATSG) sowie die
Grundsätze zur Aufgabe des Arztes im Rahmen der Invaliditätsbemessung (BGE
125 V 261 Erw. 4 mit Hinweisen; vgl. auch AHI 2002 S. 70 Erw. 4b/cc [Urteil
D. vom 27. November 2001, I 82/01]) zutreffend dargelegt; darauf wird
verwiesen. Zu ergänzen ist, dass hier die am 1. Januar 2003 in Kraft
getretenen Bestimmungen des Bundesgesetzes über den Allgemeinen Teil des
Sozialversicherungsrechts (ATSG) vom 6. Oktober 2000 zur Anwendung gelangen,
da eine ab 1. Mai 2004 auszurichtende Invalidenrente zu beurteilen ist (BGE
130 V 445, 130 V 329).

2.
Der Beschwerdeführer macht geltend, die medizinischen Berichte seien
widersprüchlich bezüglich der Einsatzfähigkeit seiner linken Hand.

2.1 Gemäss Austrittsbericht der Rehaklinik X.________ vom 26. Juni 2003 war
die Funktion der linken, adominanten Hand nach einer Handgelenksarthrodese
schmerzbedingt stark vermindert, die Feinmotorik indessen ordentlich
erhalten. Die Schmerzen seien einer Überlastung zuzuschreiben. Leichte
Arbeiten, die mehrheitlich mit der rechten Hand ausgeführt werden könnten und
bei denen die linke Hand nur zeitweilig als leichte Hilfs- und Haltehand
eingesetzt werden müsse, seien ganztags zumutbar. Nicht zuzumuten seien
Tätigkeiten mit repetitiven Umwendbewegungen des linken Unterarms, mit
Schlägen oder Vibrationen auf das linke Handgelenk sowie kraftvolles Halten
und Manipulieren von Gegenständen links.

2.2 Nach seiner Abschlussuntersuchung berichtete SUVA-Kreisarzt Dr. med.
L.________ am 11. November 2003, die Fingerfunktion sei in der Motilität
nicht eingeschränkt, intrinsische Motorik und Sensibilität seien zur Zeit der
Untersuchung nicht gestört. Der Feingriff sei gezielt und einwandfrei. Eine
Dreipfundhantel könne ohne weiteres gefasst und hochgehoben, mit hängendem
Arm auch die 5 kg-Hantel gefasst und getragen werden. Es bestehe jedoch eine
starke Druckschmerzhaftigkeit im Bereich des Trapezium beziehungsweise radial
im distalen arthrodesierten Carpus. Zudem bestünden Schmerzhaftigkeiten auf
Druck ulnar im Bereich des Styloid, die nicht ohne weiteres zu erklären
seien. Durch die persistierende Schmerzhaftigkeit sei die Belastbarkeit der
linken Hand eindeutig eingeschränkt, könne aber zumindest für Feingriffe und
als Hilfshand für Gegenhalten ohne weiteres eingesetzt werden. Eine
leidensangepasste Tätigkeit sei ganztags zumutbar.

2.3 Dr. med. B.________, Chirurgie FMH, spez. Handchirurgie, welcher am
14. März 2002 die formelle Handgelenksarthrodese vorgenommen hatte und den
Versicherten seither betreute, berichtete am 4. Februar 2004, dass vom
objektivierbaren, handchirurgischen Standpunkt aus eine ganztägige Präsenz am
Arbeitsplatz zumutbar sei, sofern für den linken Arm nur leichte
Verrichtungen anfallen.

2.4 Aus der Aktennotiz der Ergotherapeutin (Spital Y.________,
Ergotherapie-Institut) vom 24. März 2004, die auf einer längeren
Behandlungsperiode mit Evaluation der funktionellen Leistungsfähigkeit
beruht, ergibt sich, dass das Tragen (im Training ein Plasticsack mit einem
Gewicht von 0,5-1,5 kg) zeitlich nur sehr limitiert möglich war und eine
Steigerung zu keiner Erhöhung der Belastbarkeit führte, da eine Schwellung
und Schmerzverstärkung eintrat. Auch wenn die linke Hand nur für sehr leichte
und sehr kurzzeitige Halte- und Hilfstätigkeiten eingesetzt wurde, nahm die
Schmerzintensität schon nach 5-15 Minuten zu und es zeigte sich im Bereich
der Operationsnarbe eine Schwellung. Die Ergotherapeutin ging deshalb davon
aus, dass eine mehrstündige verwertbare Arbeitsleistung in einer bimanuellen
Tätigkeit nicht erreicht werden könne.

2.5 Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers zeigt sich mit diesen
Berichten kein widersprüchliches Bild. Eine 100%ige Erwerbstätigkeit ist ihm
gestützt auf diese Angaben durchaus zuzumuten. So bezieht die Ergotherapeutin
ihre Aussage, eine mehrstündige verwertbare Arbeitsfähigkeit könne nicht
erreicht werden, ausdrücklich auf bimanuelle Tätigkeiten. Indessen ist zu
berücksichtigen, dass die linke adominante Hand nur recht reduziert
eingesetzt werden kann. Dies schränkt den Versicherten bei der Suche eines
geeigneten Arbeitsplatzes ein und verlangt ein besonderes Entgegenkommen des
Arbeitgebers. Dies ist jedoch nicht für den Umfang der zumutbaren Tätigkeit,
die keine weiteren medizinischen Abklärungen erfordert, massgebend, sondern
im Rahmen des leidensbedingten Abzuges vom hypothetischen Invalideneinkommen
in Rechnung zu stellen. Gleiches gilt bezüglich der Kniebeschwerden, was im
Übrigen unbestritten ist.

2.6 Zu ergänzen ist in diesem Zusammenhang, dass Dr. med. A.________, Spital
Y.________, am 29. Juni 2005 bei der SUVA um Kostengutsprache für eine
weitere Operation ersucht hat. Wie den Akten zu entnehmen ist, hat die SUVA
diesen Bericht als Rückfallmeldung entgegengenommen und ihrem Kreisarzt
vorgelegt. In der Folge stellte sich jedoch bei weiteren Abklärungen heraus,
dass vorerst doch keine Operation geplant sei.

3.
Zu prüfen bleibt die erwerbliche Seite.

3.1 Nachdem der Beschwerdeführer keiner Erwerbstätigkeit mehr nachgeht, hat
die Beschwerdegegnerin das Invalideneinkommen zu Recht gestützt auf die
Tabellenlöhne gemäss der vom Bundesamt für Statistik herausgegebenen
Lohnstrukturerhebung (LSE) ermittelt (BGE 129 V 475 Erw. 4.2.1; 126 V 76
Erw. 3b/aa mit Hinweisen). Streitig ist der leidensbedingte Abzug.
Nach der Rechtsprechung hängt die Frage, ob und gegebenenfalls in welchem
Ausmass Tabellenlöhne herabzusetzen sind, von sämtlichen persönlichen und
beruflichen Umständen des konkreten Einzelfalls ab (leidensbedingte
Einschränkung, Alter, Dienstjahre, Nationalität/Aufenthaltskategorie und
Beschäftigungsgrad), welche nach pflichtgemässem Ermessen zu schätzen sind.
Der maximal zulässige Abzug beträgt 25 % (BGE 126 V 79 f. Erw. 5b).
Verwaltung und Vorinstanz haben einen Abzug vom Tabellenlohn in der Höhe von
15 % gewährt. Dies erscheint angesichts der oben (Erw. 2) ausgeführten
beträchtlichen Einschränkungen bezüglich der linken, adominanten Hand und der
durch einen früheren Unfall bedingten Kniebeschwerden eher wenig. Andere
Faktoren, die im Rahmen des Abzugs vom Tabellenlohn zu berücksichtigen wären,
sind indessen nach Lage der Akten nicht ersichtlich und werden auch nicht
geltend gemacht. Insgesamt ist die von der Verwaltung (im
Einspracheentscheid) gewährte und von der Vorinstanz bestätigte 15%ige
Reduktion im Rahmen der Angemessenheitskontrolle (Art. 132 lit. a OG; BGE 126
V 81 Erw. 6 mit Hinweisen), die nur zurückhaltende Korrekturen zulässt,
insbesondere aber auch mit Blick auf vergleichbare Fälle (Urteile H. vom
6. September 2006, U 454/05; Z. vom 4. Mai 2006, U 309/05; R. vom 16. Januar
2006, I 180/05; S. vom 30. August 2005, U 122/05, und dort genannte
Präjudizien; B. vom 19. November 2004, I 348/04; N. vom 5. November 2003,
U 147/00), nicht zu beanstanden.

3.2 Mit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde macht der Beschwerdeführer des
Weiteren geltend, Verwaltung und Vorinstanz hätten ein zu tiefes
Valideneinkommen angenommen, seien ihm doch in früheren Jahren zusätzlich
Boni ausbezahlt worden. Dies trifft zwar zu. Indessen sind entsprechende
Zahlen - in unterschiedlicher Höhe - nur für die Jahre 1998 und 1999
ausgewiesen. Nach Angaben der vormaligen Arbeitgeberin vom 12. Januar 2004
hätte er seit dem Jahr 2000 Anspruch auf 13 Monatsgehälter gehabt; Boni
werden nicht erwähnt und können hier daher nicht berücksichtigt werden. Damit
bleibt es bei dem von Verwaltung und Vorinstanz angenommenen Valideneinkommen
von Fr. 65'000.- gemäss Auskunft der Arbeitgeberin.

Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.

2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons
Solothurn und dem Bundesamt für Gesundheit zugestellt.
Luzern, 4. Dezember 2006

Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts

Der Präsident der III. Kammer: Die Gerichtsschreiberin: