Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen U 157/2006
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Prozess {T 7}
U 157/06

Urteil vom 19. Dezember 2006
III. Kammer

Präsident Ferrari, Bundesrichter Meyer und Lustenberger; Gerichtsschreiber
Fessler

Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA), Fluhmattstrasse 1, 6004
Luzern, Beschwerdeführerin,

gegen

F.________, 1950, Beschwerdegegner, vertreten
durch Rechtsanwalt Dr. Kurt Meier, Langstrasse 4/
Ecke Badenerstrasse, 8004 Zürich

Versicherungsgericht des Kantons Aargau, Aarau

(Entscheid vom 11. Januar 2006)

Sachverhalt:

A.
Der 1950 geborene F.________ arbeitete seit 1. Oktober 1994 als Bodenleger
bei der Firma X.________, einem der Schweizerischen
Unfallversicherungsanstalt (SUVA) unterstellten Betrieb. U.a. wegen starken
linksseiten Unterbauchschmerzen, Blähungen und Obstipation (Status nach einer
im September 2002 notfallmässig behandelten Divertikulitis perforata) wurde
F.________ am 20. August 2003 abdominalsonographisch und am 29. August 2003
ileo-coloskopisch untersucht. Dabei zeigte sich eine mit dem Normalcoloskop
nicht passierbare stenosierte narbige Anastomosenstriktur. Nach
Ballondilatation konnte die Anastomose durchquert werden. Kurz nach dem
Eingriff traten starke linksseitige Unterbauchschmerzen auf, welche die
notfallmässige Überweisung ins Spital Y.________ notwendig machten. Dort
wurde u.a. eine Anastomosenperforation festgestellt und noch am selben Tag
operativ behandelt. Am 4. September (wegen zunehmender Ileuszeichen, u.a.
chronisches Erbrechen) und 19. September (wegen eines Wundinfektes) mussten
weitere Eingriffe vorgenommen werden. Am 29. September 2003 konnte F.________
aus der Spitalbehandlung entlassen werden.
Am 27. November 2003 meldete die Firma X.________ die ileo-coloskopische
Behandlung vom 29. August 2003 als Unfall. Im beigelegten ärztlichen Zeugnis
vom 31. Oktober 2003 wurde zum Unfallhergang Folgendes festgehalten: «Durch
techn. Defekt des Ballons kam es zu einer akuten Drucküberlastung intestinal
mit Perforation.» Zur Abklärung ihrer Leistungspflicht zog die SUVA die
Unterlagen über den Aufenthalt im Spital Y.________ bei. Mit Verfügung vom
29. Januar 2004 verneinte die Anstalt eine Leistungspflicht mit der
Begründung, die beim operativen Eingriff vom 29. August 2003 aufgetretene
Komplikation liege nicht weit ausserhalb des normalen Risikos der
Krankheitsbehandlung. Es sei somit kein Unfall im Rechtssinne gegeben.
Ebenfalls liege keine unfallähnliche Körperschädigung vor. Im Rahmen des
Einspracheverfahrens holte die SUVA beim behandelnden Gastroenterologen Dr.
med. M.________ Auskunft über den Ablauf der Untersuchung vom 29. August 2003
sowie bei Dr. med. S.________ von der Abteilung Versicherungsmedizin eine
Stellungnahme ein. Mit Einspracheentscheid vom 29. Oktober 2004 hielt die
SUVA an ihrem Standpunkt fest.

B.
In Gutheissung der Beschwerde des F.________ hob das Versicherungsgericht des
Kantons Aargau den Einspracheentscheid mit der Feststellung auf, das Platzen
des Dilatationsballons anlässlich des operativen Eingriffs vom 29. August
2003 erfülle den Unfallbegriff im sozialversicherungsrechtlichen Sinne, und
verpflichtete die SUVA, die gesetzlichen Leistungen (u.a. Heilbehandlung,
Taggeld) zu erbringen (Entscheid vom 11. Januar 2006).

C.
Die SUVA führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Rechtsbegehren, der
kantonale Gerichtsentscheid sei aufzuheben.

F. ________ lässt die Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde,
eventualiter die Rückweisung der Sache zu weiterer Abklärung an die SUVA
beantragen. Das Bundesamt für Gesundheit verzichtet auf eine Vernehmlassung.

Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

1.
Streitig und zu prüfen ist, ob die Ileo-Coloskopie mit Ballondilatation vom
29. August 2003 einen Unfall im Sinne von Art. 4 ATSG darstellt. Ausser Frage
steht, dass die nach dem Eingriff festgestellte Anastomosenperforation nicht
als unfallähnliche Körperschädigung nach Art. 9 Abs. 2 UVV betrachtet werden
kann.

2.
Im angefochtenen Entscheid werden die Grundsätze, wann ein ärztlicher
Eingriff einen Unfall im Rechtssinne darstellt, insbesondere das
Begriffsmerkmal der Ungewöhnlichkeit des äusseren Faktors gegeben ist,
zutreffend dargelegt (vgl. BGE 121 V 38 Erw. 1b und RKUV 2003 Nr. U 492
[U 56/01] S. 372 Erw. 2.3 mit Hinweisen sowie RKUV 2004 Nr. U 530 S. 576 [U
123/04]). Richtig ist insbesondere, dass die Ungewöhnlichkeit sich
definitionsgemäss nicht auf die Wirkung des äusseren Faktors, sondern nur auf
diesen selber bezieht (BGE 129 V 180 Erw. 2.1 in fine; Urteil H. vom 9. Juni
2005 [U 450/04] Erw. 4.1 in fine mit Hinweisen). Darauf wird verwiesen.

3.
Es ist von folgendem Sachverhalt auszugehen: Der Beschwerdegegner litt u.a.
an starken linksseitigen Unterbauchschmerzen (Status nach einer im September
2002 notfallmässig behandelten Sigmadivertikulitis perforata). Zur genauen
Diagnose wurde am 20. August 2003 eine Abdominalsonographie durchgeführt.
Diese ergab einen blanden Befund. Am 29. August 2003 wurden ileo-coloskopisch
die Darmverhältnisse untersucht. Dabei wurde eine konzentrisch deutlich
stenosierte narbige Anastomosenstriktur endeckt, die endoskopisch nicht
durchquert werden konnte. Mittels Ballondilatation sollte die fragliche
Stelle passierbar gemacht werden. Dazu führte der behandelnde Arzt Dr. med.
M.________ in seinem Fax-Schreiben vom 29. August 2003 an den Hausarzt Dr.
med. O.________ Folgendes aus: «Unter fluoroskopischer Kontrolle wird ein
Ballonkatheter initial mit einem Durchmesser von 1,5 cm, anschliessend mit
1,6 cm Durchmesser eingeführt und mit 7 Bar während je zwei Minuten
dilatiert. Bei der Dilatation mit dem zweiten Ballon kommt es zu einer
Ballonruptur. Die Anastomose kann nun problemlos durchquert werden. (...)
Ca. 15 Minuten nach durchgeführter Ballondilatation (...) starke linksseitige
Unterbauchschmerzen (...), sodass wir den Patienten notfallmässig ins Spital
Y.________ überweisen mussten. Es wird dort mittels Gastrografineinlauf nach
einer allfälligen Perforation im Strikturbereich gesucht.»
Für die Dilatation wurde zunächst ein Ballon des Typs «CRETM» eingesetzt. Da
das Coloskop die Anastomosenstriktur auch nach dem zweiten Versuch weiterhin
nicht durchqueren konnte, wurde ein Ballon vom Typ «Anastomotic 25/240»
eingesetzt. Die erwähnten Modelle des selben Herstellers unterscheiden sich
in Bezug auf Inflationsdruck und Durchmesser, für die sie ausgelegt sind
(CRETM: 1,7 atm/21 mm, Anastomotic 25/240: 6,9 atm/15 oder 18 mm
[1 atm=1,01325 Bar]). Der «Anastomotic 25/240» ist das Vorgängermodell des
«CRETM» und wird gemäss Vorinstanz nicht mehr vertrieben.
Im Schreiben vom 3. Februar 2004 an den Beschwerdegegner und seine Ehefrau
hielt Dr. med. M.________ fest, der zulässige Inflationsdruck von 1,7 atm
beim «Anastomotic 25/240» sei vermutlich überschritten worden, «da wir der
Meinung waren, es handle sich um einen Ballon der neuen Generation, die für
einen Druck bis zu 7 Bar ausgelegt sind».

4.
4.1 Das kantonale Gericht hat erwogen, das Platzen beim Füllen des älteren
Modells mit einem Druck, den nur das neuere Modell aushalte, sei eine
zwangsläufige Folge. Gewissermassen sei eine Überdosis Luft für die
Ballonruptur und die entsprechenden Folgen verantwortlich. Der Irrtum des
behandelnden Arztes, ein in Gastroentorologie versierter Spezialist, über die
Druckbeständigkeit resp. die Überdosierung des Drucks des zweiten, geplatzen
Ballons stelle keine leichte, dem medizinisch Geläufigen entsprechende
Abweichung dar, sei sogar der Kategorie der Grobfahrlässigkeit zuzuordnen.
Soweit die SUVA u.a. geltend mache, es sei aus den Akten nicht ersichtlich,
ob tatsächlich das Platzen des Ballons zur Perforierung des Darms geführt
habe, präsentierte sich zwar die Aktenlage diesbezüglich dünn. Trotzdem könne
jedoch mit überwiegender Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass
ein plötzlicher erheblicher Druckanstieg im Darmtrakt zu dessen Perforierung
geführt habe. Ein natürlicher Kausalzusammenhang zwischen der Ballonruptur
und der Darmperforation sei somit zu bejahen. Der Unfallbegriff nach Art. 4
ATSG sei erfüllt.

4.2 Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde führende SUVA hält dagegen: Selbst wenn
die Darmperforation nach Aufblähung des dritten Ballons entstanden wäre,
müsste dieser ärztlichen Manipulation jede rechtliche Relevanz für die
Fallbeurteilung abgesprochen werden. Das Kriterium der Aussergewöhnlichkeit
sei nur dann von Bedeutung, wenn auch die übrigen Merkmale des Unfallbegriffs
nachgewiesenermassen vorlägen. Dies treffe indessen nicht zu. Insbesondere
sei der Beweis nicht erbracht, dass ein äusserer Faktor für die
Darmperforation ursächlich gewesen sei. Mögliche Ursachen seien auch eine
normale Komplikation im Rahmen des Spontanverlaufs der Grundkrankheit (Status
nach laparoskopischer Rektosigmoidresektion bei Divertikulitis perforata)
oder ärztliches Verhalten lege artis. Gemäss Dr. med. B.________ sei nicht
auszuschliessen, dass die fachgemässe Einführung und Handhabung der beiden
ersten Ballone des Typs «CRETM» die Darmperforation bewirkten. Dass die
Manipulationen mit dem dritten Ballon die Darmperforation hervorgerufen haben
könnten, sei wenig(er) wahrscheinlich. Dagegen sprächen sowohl die
physikalischen Grundsätze, als auch die allgemeine Lebenserfahrung. Gemäss
Dr. med. B.________ stelle sich beim Platzen eines Dilatationsballons im
Sinne einer Impression ein abrupter Druckabfall ein. Dabei würden keine
gröberen als bloss zarte Membranfetzen weggeschleudert, die der Darmwand aber
nichts anhaben könnten. Weiter hätten die beiden ersten bis zu einem Druck
von 7 atm aufgeblähten Dilatationsballone während rund vier Minuten auf die
Darmwand eingewirkt und diese auseinandergezogen. Es leuchte selbst einem
Laien ein, dass mit 7 atm aufgeblähte Ballone weit stärker auf die sie
umgebende Darmwand einwirken als ein Ballon, der lediglich für 1,7 atm
ausgelegt sei. Eine Darmwand unter hohem Belastungsdruck perforiere nun aber
eher als unter niedrigem Belastungsdruck. Es bestehe somit eine nicht
wegzudiskutierende Unklarheit darüber, ob überhaupt ein ungewöhnlicher
äusserer Faktor gegeben sei und ob - selbst wenn das zu bejahen wäre -
überhaupt diesem Faktor eine schädigende Einwirkung zuzurechnen sei. Unter
diesen Umständen scheide eine zuverlässige Beurteilung der Kausalitätsfrage
von vorneherein aus. Mangle es aber am Erfordernis des überwiegend
wahrscheinlichen Kausalzusammenhangs, entfalle eine Leistungspflicht der SUVA
für die gesundheitlichen und erwerblichen Folgen des ileo-coloskopischen
Eingriffs vom 29. August 2003.

5.
5.1 Ob der Einsatz und die Handhabung des «Anastomotic 25/240» beim
ileo-coloskopischen Untersuch vom 29. August 2003 eine
unfallversicherungsrechtlich bedeutsame, ganz erhebliche Abweichung vom
medizinisch Üblichen darstellen und in Bezug auf diesen Eingriff daher die
Ungewöhnlichkeit des äusseren Faktors zu bejahen ist, was Dr. med. B.________
von der Abteilung Versicherungsmedizin der SUVA in seiner Ärztlichen
Beurteilung vom 3. März 2006 jedenfalls nicht klar in Abrede stellt (S. 5:
«Ungewöhnlich wäre die Verwechslung und Fehlmanipulation des 3. Ballons
gewesen, ...»), kann aufgrund der Akten nicht abschliessend beurteilt werden.
Vorab fragt sich, ob schon die Verwendung dieses Modells an sich unter den
gegebenen Umständen (Vorzustand, Risiko einer Perforation) als grobe und
ausserordentliche Ungeschicklichkeit bezeichnet werden muss. Dafür scheint zu
sprechen, dass im Zeitpunkt des Eingriffs der «Anastomotic 25/240» nicht mehr
im Handel war und offenbar auch nicht mehr gebraucht wurde. Aus welchen
Gründen die Herstellerfirma dieses Modell nicht mehr vertreibt, ist nicht
bekannt, könnte indessen im Kontext durchaus von Bedeutung sein. Dies gilt
umso mehr, als der behandelnde Arzt in seinem Schreiben vom 3. Februar 2004
an den Beschwerdegegner und seine Ehefrau u.a. ausführte, das Vorgängermodell
sei nach zwei erfolglosen Versuchen mit einem Ballon des Typs «CRETM»
eingesetzt worden, «da dies einen grösseren Durchmesser von 2,1 cm aufweist».
Das lässt zumindest vermuten, dass der Gastroenterologe den Ballon des Typs
«Anastomotic 25/240» bewusst einsetzte. In diesem Zusammenhang ist zu
beachten, dass das Volumen eines Katheterballons von einem Durchmesser von
21 mm um rund 70 % grösser ist als bei einem Durchmesser von 16 mm
([21/16]2), den der zweite verwendete Ballon des Typs «CRETM» aufwies
(Erw. 3). Dieser Unterschied erscheint bei gleich hohem Druck erheblich.
Welcher Druck und welchen Durchmesser der dritte Ballon vom Typ
«Anastomotic 25/240» unmittelbar vor der Ruptur aufwies, ist unklar. Der
behandelnde Arzt äusserte sich im erwähnten Schreiben vom 3. Februar 2004 in
dem Sinne, der Inflationsdruck von 1,7 atm, auf welchen dieses Modell
ausgelegt sei, sei vermutlich überschritten worden. Für ein Überschreiten
dieses Wertes, und zwar in einem nicht vernachlässigbaren Ausmass, spricht
neben der Ruptur, dass danach die Anastomose problemlos durchquert werden
konnte.

5.2 Im Weitern stellt sich nach insoweit zutreffender Feststellung der SUVA
die Frage der Aussergewöhnlichkeit des äusseren Faktors erst, wenn und soweit
die betreffende ärztliche Vorkehr zumindest teilursächlich (BGE 119 V 337
Erw. 1) für die nach dem ambulanten Eingriff vom 29. August 2003
festgestellte Darmperforation war. Dazu hat sich im Wesentlichen einzig
Dr. med. B.________ von der Abteilung Versicherungsmedizin der SUVA in seiner
Ärztlichen Beurteilung vom 3. März 2006 geäussert.

5.2.1 Nach der Rechtsprechung ist es dem Sozialversicherungsgericht nicht
verwehrt, gestützt auf im Wesentlichen oder ausschliesslich aus von dem am
Recht stehenden Versicherungsträger intern eingeholten medizinischen
Unterlagen zu entscheiden. In solchen Fällen sind an die Beweiswürdigung
jedoch strenge Anforderungen zu stellen in dem Sinne, dass bei auch nur
geringen Zweifeln an der Zuverlässigkeit und Schlüssigkeit der ärztlichen
Feststellungen ergänzende Abklärungen vorzunehmen sind (BGE 122 V 162
Erw. 1d; RKUV 1999 Nr. U 332 S. 194 Erw. 2a/bb, 1997 Nr. U 281 S. 282
Erw. 1a; vgl. auch BGE 125 V 353 f. Erw. 3b/ee; Urteil M. vom 17. März 2006
[U 332/05] Erw. 2.1).
5.2.2 Dr. med. B.________ hält richtig fest, dass der behandelnde Arzt selber
davon auszugehen scheint, es sei beim Einsatz und der Manipulation des
dritten Ballons vom Typ «Anastomotic 25/240» zur Perforation gekommen. Ob der
Gastroenterologe diesen Eindruck einzig «aus Ärger an seiner
Ballonverwechslung» gewonnen hatte, wie der Versicherungsarzt ausführt, lässt
sich nicht ohne weiteres sagen. In diesem Zusammenhang vermag das Argument
des Dr. med. B.________, mit den ersten beiden Ballonen vom Typ «CRETM» seien
weitaus höhere Drucke, «nämlich 7 versus 1,7 physikalische Atmosphären»,
erzeugt worden, schon deshalb nicht restlos zu überzeugen, weil immerhin erst
nach dem Einsatz des «Anastomotic 25/240» die stenosierte und narbige
Anastomosenstriktur durchquert werden konnte. Das lässt es auch nicht ohne
weiteres als klar erscheinen, dass dieser Ballon «bei einem Druck von knapp
über 1,7 atm geplatzt» sein» müsse, weil er «bloss auf diesen Druck
ausgelegt» gewesen sei. Selbst wenn im Übrigen gemäss Dr. med. B.________ das
Platzen des Ballons als solches nicht zur Perforation geführt haben sollte,
schlösse dies die Mitursächlichkeit einer unsachgemässen Handhabung des
«Anastomotic 25/240» nicht zwingend aus.

5.2.3 Schliesslich bestehen weitere offene Fragen, welche für die Kausalität
und allenfalls auch die Ungewöhnlichkeit des äusseren Faktors von Bedeutung
sind. Der Beschwerdegegner litt unbestrittenermassen an einem Vorzustand
(Status nach laparoskopischer Rektosigmoidresektion bei Divertikulitis
perforata). Der behandelnde Arzt bezeichnete in seinem Fax-Schreiben vom
29. August 2003 die fortgeschrittene Narbenstriktur der Anastomose als
Ursache der linksseitigen Unterbauchschmerzen und der Blähungen, welche
Anlass zur abdominalsonographischen und ileo-coloskopischen Abklärung im
August 2003 gegeben hatten. Es fragt sich, ob die Schmerzsymptomatik vor
diesen diagnostischen Untersuchungen auch auf eine Darmperforation
hindeuteten oder zumindest hindeuten konnten. In diesem Zusammenhang ist zu
beachten, dass die Behandlung der Divertikulitis perforata im September 2002
notfallmässig erfolgte. Dagegen bestand offenbar im August 2003 initial keine
Notfallsituation. Dies scheint eher gegen eine bereits vor dem
ileo-coloskopischen Eingriff am 29. August 2003 bestandene Perforation im
Bereich der Anastomosenstriktur zu sprechen. Allenfalls lassen sich aus
Lokalisation und Art der Perforation (vgl. hiezu den Operationsbericht des
Spitals Y.________ vom 2. September 2003) Rückschlüsse auf den Zeitpunkt der
Entstehung der Schädigung und hiefür in Betracht fallende Ursachen ziehen.
Schliesslich stellt sich die Frage, ob eine vorbestandene oder während des
Einsatzes der beiden ersten Ballone des Typs «CRETM» erfolgte Darmperforation
mit dem am 29. August 2003 verwendeten Coloskop hätte entdeckt werden können
und, soweit vorhanden, auch entdeckt worden wäre.

5.3 Die SUVA wird die aufgeworfenen Fragen, insbesondere die Kausalitätsfrage
einem versicherungsexternen Spezialarzt zur gutachterlichen Klärung
vorzulegen haben. Ebenfalls wird sie beim behandelnden Arzt Auskünfte u.a.
zum genauen Ablauf der ileo-coloskopischen Untersuchung vom 29. August 2003
einzuholen haben. Danach wird sie über die Frage, ob der Einsatz und die
Handhabung des dritten Ballons vom Typ «Anastomotic 25/240» einen Unfall im
Sinne von Art. 4 ATSG darstellt, neu verfügen. In diesem Sinne ist die
Verwaltungsgerichtsbeschwerde begründet.

6.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens hat der Beschwerdegegner keinen Anspruch
auf Parteientschädigung (Art. 159 Abs. 1 und 2 OG e contrario in Verbindung
mit Art. 135 OG). In Bezug auf das kantonale Verfahren gilt er jedoch nach
wie vor als obsiegende Partei. Die vorinstanzliche Zusprechung einer
Parteientschädigung ist daher zu belassen (Art. 159 Abs. 6 OG; Urteil G. vom
13. Juni 2006 [I 914/05] Erw. 6 mit Hinweisen).

Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird in dem Sinne gutgeheissen, dass der
Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Aargau vom 11. Januar 2006
(mit Ausnahme der Parteientschädigung) und der Einspracheentscheid vom
29. Oktober 2004 aufgehoben werden und die Sache an die SUVA zurückgewiesen
wird, damit sie im Sinne der Erwägungen verfahre.

2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons Aargau
und dem Bundesamt für Gesundheit zugestellt.
Luzern, 19. Dezember 2006

Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts

Der Präsident der III. Kammer: Der Gerichtsschreiber: