Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen U 135/2006
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Prozess {T 7}
U 135/06

Urteil vom 15. Dezember 2006
III. Kammer

Präsident Ferrari, Bundesrichter Meyer und Lustenberger; Gerichtsschreiberin
Bollinger

I.________, 1962, Beschwerdeführerin, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Felix
Hunziker-Blum, Dufourstrasse 101, 8008 Zürich,

gegen

Basler Versicherungs-Gesellschaft, Aeschengraben 21, 4051 Basel,
Beschwerdegegnerin, vertreten durch Rechtsanwalt Oskar Müller, Wengistrasse
7, 8026 Zürich

Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz, Schwyz

(Entscheid vom 18. Januar 2006)

Sachverhalt:

A.
I. ________, geboren 1962, war seit 1990 als Geschäftsführerin der Firma
I.________ tätig und bei den Basler Versicherungen (Basler) gegen die Folgen
von Beruf- und Nichtberufsunfällen sowie Berufskrankheiten versichert.
Unmittelbar nach der Geburt ihres dritten Kindes am 13. Juli 1998 im
kantonalen Spital X.________ erlitt sie einen ischämischen Insult
(Hirnschlag) mit Gesichtsfeldausfall, Konzentrationsstörungen und depressiven
Episoden. Am 6. November 2000 meldete sich I.________ bei der
Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. Am 29. Dezember 2000 reichte die
Arbeitgeberin für diesen Gesundheitsschaden bei den Basler Versicherungen die
Unfallmeldung UVG ein.

Die IV-Stelle des Kantons St. Gallen sprach I.________ nach medizinischen und
erwerblichen Abklärungen am 14. August 2001 eine ganze Rente bei einem
Invaliditätsgrad von 80 % zu. Die Basler führte zusätzliche medizinische
Abklärungen durch und zog die Akten der IV bei. I.________ reichte
fachärztliche Gutachten ein (geburtshilfliches Gutachten der Frau Dr. med.
H.________, Fachärztin für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, undatiert;
neurologisches Fachgutachten der Frau Dr. med. T.________, Ärztin für
Neurologie und Psychiatrie, Physikalische Medizin, Psychotherapie, vom 20.
Dezember 2002; Gutachten zur Pathophysiologie der Frau Dr. med. S.________,
Mitarbeiterin im Institut für Experimentelle Ophtalmologie, Y.________,
undatiert). Am 30. Mai 2003 wies die Basler das Leistungsbegehren der
I.________ ab, da kein Unfall vorliege. I.________ erhob gegen die Verfügung
Einsprache und reichte überdies am 17. November 2003 beim Kreisgericht St.
Gallen eine Verantwortlichkeitsklage gegen den Kanton St. Gallen ein.

In der Folge zog die Basler einen Teil der Akten der Winterthur
Versicherungen (Haftpflichtversicherung des Spitals X.________) bei und
veranlasste eine Begutachtung bei Prof. Dr. med. A.________, Facharzt für
Geburtshilfe und Gynäkologie, vom 28. April 2004 (mit zusätzlichen
Stellungnahmen vom 18. Mai und 27. September 2004). Am 3. August 2004 erging
das von I.________ in Auftrag gegebene Privatgutachten des Dr. med.
M.________, Oberarzt, Klinik für Anästhesiologie, Spital Y.________,
Universität Z.________. Am 10. Juni 2005 wies die Basler die Einsprache ab.

B.
I.________ liess hiegegen Beschwerde führen und insbesondere eine zusätzliche
Stellungnahme des Dr. med. M.________ vom 20. Oktober 2004 zu den Akten
reichen. Das Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz wies die Beschwerde am 18.
Januar 2006 ab.

C.
I.________ führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde und beantragt die Aufhebung
des vorinstanzlichen Entscheides und die Verpflichtung der Basler zur
Erbringung der gesetzlichen Leistungen.

Das kantonale Gericht und die Basler schliessen auf Abweisung der
Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Das Bundesamt für Gesundheit verzichtet auf
eine Vernehmlassung.

Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

1.
Die Vorinstanz legt folgende Rechtsgrundlagen zutreffend dar: zum
Unfallbegriff (Art. 6 Abs. 1 UVG in der bis 31. Dezember 2002 gültig
gewesenen, für die Beurteilung der Ereignisse vom 13. Juli 1998 massgeblichen
Fassung), insbesondere auch zur Rechtsprechung bei der Beurteilung, ob eine
medizinische Behandlung als Unfall gilt (BGE 121 V 38 Erw. 1b, 118 V 284 Erw.
2b, je mit Hinweisen), sowie zum Beweiswert ärztlicher Berichte und Gutachten
(BGE 125 V 351 Erw. 3). Darauf wird verwiesen.

2.
2.1 Die Versicherte bringt zunächst vor, die Strenge der geltenden Praxis zum
aussergewöhnlichen Faktor als Wesensmerkmal des Unfallbegriffs bewirke bei
einem natürlichen Vorgang wie der Niederkunft einer gesunden Frau eine
unangemessene Einschränkung der UVG-Deckung und verstosse gegen das
Gleichbehandlungsgebot, weil das Risiko einer gesunden Frau bei der
Niederkunft nicht vergleichbar sei mit jenem bei der Operation eines kranken
Menschen. Die angewandte Praxis beziehe sich regelmässig auf die Abgrenzung
von Krankheit und Unfall, nie aber auf die Behandlungsrisiken bei Geburten,
welche das Risikoprofil von UVG-versicherten Frauen nicht unwesentlich
mitprägten.

2.2 Jede Geburt ist mit Gefahren verbunden. Die Versicherte weist zutreffend
darauf hin, dass eine gesunde Frau aber nicht damit rechnen muss, nach der
Entbindung an einem schweren, bleibenden Gesundheitsschaden zu leiden. Bei
der Beurteilung, ob eine medizinische Behandlung den Unfallbegriff erfüllt,
ist indessen die mit dem ärztlichen Eingriff objektiv verbundene Gefahr
massgeblich. Geburtshilfliche Massnahmen an gesunden Frauen sind in aller
Regel mit geringeren Risiken verbunden als medizinische Eingriffe an kranken
Patienten, weshalb der Unfallbegriff in Zusammenhang mit der ärztlichen
Behandlung bei normalen Geburten (zu den sogenannten Risikogeburten vgl. Erw.
2.3 hienach) nur mit besonders grosser Zurückhaltung zu bejahen ist. Es
besteht daher keine Veranlassung, an das Erfordernis der Aussergewöhnlichkeit
bei Geburten generell weniger strenge Anforderungen zu stellen als an die
übrigen medizinischen Massnahmen. Im Übrigen gilt es zu beachten, dass nicht
jeder Behandlungsfehler als Heilbehandlungsunfall zu qualifizieren ist (vgl.
Franz J. Fischer, Ärztliche Behandlung und Behandlungsfehler im Rahmen des
UVG, Vortrag gehalten am PKU-Seminar für UVG-Verantwortliche vom 13./14.
Oktober 1997).

2.3 Der Sorgfaltsmassstab bei einer als normal zu erwartenden Spontangeburt
ist - worauf die Versicherte an sich zu Recht hinweist - ein anderer als bei
einer (voraussehbaren) Risikoentbindung. Entgegen ihren Ausführungen bedeutet
aber die Belastung der Anamnese einzig mit einer vorangegangenen
Schnittentbindung bei einer ansonsten gesunden Frau jedenfalls bei
Abwesenheit zusätzlicher Risikofaktoren für die Mutter (oder das Kind) nicht
ohne weiteres das Vorliegen besonderer Risiken, welche sich bei der Prüfung
des Unfallbegriffes auswirken. Dass in der medizinischen Fachliteratur der
Begriff "Risikoschwangerschaft" sowie folglich auch derjenige der
"Risikogeburt" sehr weit gehandhabt (hiezu Pschyrembel, Klinisches
Wörterbuch, 260. Auflage, Stuttgart/New York 2004, S. 1590) und gemeinhin -
unbesehen der konkreten Umstände - jede Geburt nach einer Schnittentbindung
als risikoreich eingestuft wird, führt zu keinem anderen Schluss. Denn die
Ungewöhnlichkeit als wesentliches Begriffsmerkmal des Unfalles ist mit Blick
auf die konkreten Umstände im Einzelfall in Verbindung mit den objektiven
Risiken einer medizinischen Massnahme zu beurteilen und kann nicht nach einer
schematischen Einteilung erfolgen. Dass sich bei einer normalen Ausgangslage,
welche einen problemlosen Geburtsvorgang annehmen lässt, die generelle
Annahme eines besonderen Risikos verbietet, bedeutet keine
Ungleichbehandlung.

2.4 Wenn die diensthabenden Medizinalpersonen im Wissen darum, dass die
Versicherte ein erstes Kind im Jahre 1992 mittels Kaiserschnitt (sowie ein
zweites im Jahre 1993 auf natürlichem Weg) geboren hatte, bei der Geburt des
dritten Kindes am 13. Juli 1998 nicht von vornherein eine Schnittentbindung
durchführten, wichen sie damit jedenfalls nicht ganz erheblich vom
medizinischen Standard ab (vgl. Susanne Bollinger Hammerle, Die vertragliche
Haftung des Arztes für Schäden bei der Geburt, Diss. Luzern 2004, S. 19 FN 71
mit Hinweis auf Jaisle, Schnittentbindung in den Akten der Justiz, eine Hilfe
für Ärzte und Juristen zur Bewertung von Geburtskomplikationen, Stuttgart
etc. 1995, S. 44 f.), weshalb insoweit kein unfallversicherungsrechtlich
relevanter grober Behandlungsfehler vorliegt.

3.
3.1 Die Vorinstanz erwog im Wesentlichen gestützt auf die Einschätzungen des
Prof. Dr. med. A.________, die Modalitäten der operativen Plazentaentfernung
seien nicht un- bzw. aussergewöhnlich gewesen. Selbst wenn bezüglich des
Blutverlustes auf die Berechnung des Dr. med. M.________ abgestellt werde,
fehle es an einer erheblichen Abweichung vom medizinisch Üblichen, weshalb
der Unfallbegriff nicht erfüllt sei.

Dagegen wendet die Versicherte ein, es liege eine Mehrzahl gravierender
ärztlicher Fehlleistungen vor, die jede für sich das Merkmal der
Aussergewöhnlichkeit erfüllten. Zum einen hätten die Ärzte den Blutverlust
unterschätzt und nicht ausreichend sowie schnell genug therapiert. Zum
anderen sei die Dosis der verabreichten Medikamente nicht dem verminderten
Blutvolumen angepasst worden. Als Folge des mehrfach vorschriftswidrig
applizierten vasokonstriktiven Medikamentencocktails habe sie einen
Hirnschlag erlitten.

3.2 In den Akten finden sich keine Hinweise auf einen vermehrten Blutverlust
bei der Geburt des Kindes oder während der Phase der Plazentaretention
(Austrittsbericht des Dr. med. E.________, Kantonales Spital X.________, vom
31. August 1998). Dass 15 bis 25 Minuten nach der Geburt des Kindes die
Indikation zur manuellen Plazentalösung gestellt wurde (vgl. Gutachten des
Prof. Dr. med. A.________ vom 28. April 2004), war nicht auf eine starke
Blutung der Versicherten, sondern darauf zurückzuführen, dass die
konservativen Mittel ausgeschöpft waren (so blieb etwa das mehrmals versuchte
Herausreissen der Plazenta durch Dr. med. E.________ erfolglos; vgl. hiezu
auch die Ausführungen der Versicherten in der Verantwortlichkeitsklage vom
17. November 2003, S. 9). Hingegen ist dem Verlaufsbericht vom 13. Juli 1998
zu entnehmen, dass die Versicherte im Rahmen der operativen (manuellen)
Plazentalösung einen massiven Blutverlust von etwa 1000 ml erlitt. Prof. Dr.
med. A.________ kam zum Schluss, die Versicherte habe insgesamt (d.h. während
der Geburt des Kindes, der Plazentaretention und der manuellen
Plazentalösung) eine Blutmenge von 1000-1500 ml bzw. 1200-1800 ml verloren
(Gutachten vom 28. April 2004, Zusatzbericht vom 27. September 2004).
Demgegenüber errechnete Dr. med. M.________ einen markant höheren Blutverlust
von total zirka 3000 ml (Gutachten vom 3. August 2004), wobei hämodynamisch
wirksam ein solcher von über 2000 ml gewesen sei (Stellungnahme vom
20. Oktober 2004). Beide Gutachter stimmen indessen darin überein, dass es
retrospektiv sehr schwierig, wenn nicht praktisch ausgeschlossen ist, den
Blutverlust exakt zu ermitteln.

3.3 Soweit die Versicherte auch im letztinstanzlichen Verfahren rügt, sie sei
zum Geburtsvorgang (inklusive postpartaler Phase bis zur Narkose) nicht
befragt worden, ist ihr - entgegen den vorinstanzlichen Erwägungen - insoweit
zu folgen, als entsprechende Angaben in der Tat relevant sein können. Denn
der umstrittene präoperative Blutverlust als mögliche im Verbund mit den
verabreichten Medikamenten negativ wirkende Ursache ist durchaus
rechtserheblich für die Beurteilung ihrer Ansprüche. Indessen kann in
antizipierter Beweiswürdigung ausgeschlossen werden, dass die Befragung der
Beschwerdeführerin verwertbare Angaben über die Menge des bis zur Narkose
verlorenen Blutes an den Tag brächte. Ein solches Unterfangen ist schon
deshalb nicht beweistauglich, weil es sich um eine Wassergeburt handelte und
im Wasser bereits wenig Blut imponierend wirkt.

3.4
3.4.1 Prof. Dr. med. A.________ äusserte sich eingehend zur Problematik des
erlittenen Blutverlustes. Zunächst konnte ein von der Versicherten als
Ursache des als ganz massiv empfundenen Blutverlustes während der Geburt des
Kindes und in der anschliessenden Plazentaperiode vermuteter Uterusriss weder
klinisch noch durch sonographische Untersuchung und Nachtastung festgestellt
werden (vgl. Gutachten des Prof. Dr. med. A.________ vom 28. April 2004).
Gestützt auf die echtzeitlichen Aufzeichnungen über den Gesundheitszustand
der Versicherten und nach Einholen neurologischer, klinisch-pharmakologischer
sowie anästhesiologischer Konsilien legte Prof. Dr. med. A.________ im
Gutachten vom 28. April 2004 (wie auch in Zusatzberichten vom 18. Mai und 27.
September 2004) im Einzelnen dar, dass die Beschwerdeführerin zwar zeitweilig
Anzeichen eines kompensierten Volumenmangels, indessen nie die klinischen
Zeichen eines Blutverlustes in der Grössenordnung der Hälfte des Blutvolumens
aufwies, wie dies Dr. med. M.________ ausführte (Gutachten vom 3. August
2004). Zur Therapie des Blutverlustes erklärte Prof. Dr. med. A.________, der
bis zum Beginn der Narkose erfolgte Blutverlust habe nachweislich keinen
Einfluss auf die Kreislaufparameter gehabt. Der etwa eine Stunde lang
dauernde Blutdruckabfall habe sich nach adäquater Therapie fast normalisiert
und in der Folge seien keine Symptome einer Hypovolämie aufgetreten.
Bluttransfusionen seien zu jenem Zeitpunkt absolut nicht indiziert gewesen.
Die Versicherte habe den Blutverlust gut toleriert, was einerseits auf die
Anpassungsgabe einer jungen gesunden Frau und anderseits auf die adäquate
Infusionstherapie zurückzuführen sei.

3.4.2 Demgegenüber basieren die Einschätzungen des Dr. med. M.________ auf
Berechnungen, welchen ausschliesslich allgemeine (statistische) Angaben zu
Grunde liegen und die somit die Besonderheiten des konkreten Falles ausser
Acht lassen. Die daraus abgeleiteten Schlüsse des Dr. med. M.________ sind
umso weniger einleuchtend, als er selbst - insoweit übereinstimmend mit Prof.
Dr. med. A.________ - davon ausgeht, dass die klinische Symptomatik wichtige
Hinweise auf einen Volumenmangel zu geben vermag (Erwiderung vom 20. Oktober
2004). Auch sind seine Beurteilungen nicht ohne Widersprüche. Im Gutachten
vom 3. August 2004 gab er (auch diesbezüglich im Einklang mit Prof. Dr. med.
A.________) an, der Schockindex sei während der Anästhesie grenzwertig
gewesen; am Nachmittag des 13. Juli 1998 hätten die dokumentierten
Kreislaufparameter keinen positiven Schockindex, indessen fast durchgehend
eine Tachykardie mit mehr als 100 Schlägen pro Minute gezeigt, was für einen
eben noch kompensierten Volumenmangel spreche. Auch hätten die typischen
Folgen eines Volumenmangels, d.h. Organmanifestationen ausserhalb des
zentralen Nervensystems, gefehlt und in den im Anschluss an den
Krankenhausaufenthalt durchgeführten Untersuchungen hätten relevante
Verengungen im Bereich der hirnversorgenden Arterien ausgeschlossen werden
können. Demgegenüber erklärte er am 20. Oktober 2004, angesichts der
arteriellen Mitteldrücke von unter 60 mmHg sei es nicht mehr statthaft, von
einem kompensierten Volumenmangel zu sprechen.

3.4.3 Unter Berücksichtigung, dass die Einschätzungen des Dr. med. M.________
nicht ganz widerspruchsfrei und darüber hinaus auf Teilaspekte fokussiert
sind, während die Ausführungen des Administrativgutachters Prof. Dr. med.
A.________ den medizinischen Hintergrund umfassend ausleuchten, auf
Besprechungen mit zahlreichen Fachärzten beruhen sowie einleuchtend und
nachvollziehbar begründet - da auf den sich bei den Akten befindlichen
Aufzeichnungen der Vitalparameter beruhend - sind, hat die Vorinstanz (in
deren Spruchkörper im Übrigen in der Person von Dr. med. O.________, FMH für
Anästhesiologie, ein Facharzt mitwirkte) zu Recht auf Prof. Dr. med.
A.________ abgestellt. Ausgehend von dessen Einschätzungen kann mit
überwiegender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden, dass den Ärzten bei
der Einschätzung und der Therapie des Blutverlustes Fehler unterlaufen sind,
die so erheblich vom medizinisch Üblichen abwichen, dass der Unfallbegriff
erfüllt wäre. Diese Beurteilung wird auch von den Dres. med. B.________, FMH
für Innere Medizin und Rheumatologie, (Stellungnahme vom 1. Dezember 2001)
und S.________ (im undatierten Gutachten zur Pathophysiologie) gestützt.

3.5 Es braucht nicht geklärt zu werden, ob und allenfalls welche Bedeutung
dem Leitfaden des Universitätsspitals Zürich zur Plazentaretention für die
Beurteilung des ärztlichen Vorgehens im konkreten Fall zukommt. Das ärztliche
Prozedere in der Nachgeburtsperiode, die insofern pathologisch verlief, als
sich eine Plazentaretention einstellte, wich jedenfalls selbst nach dem
erwähnten Leitfaden nicht ganz erheblich vom medizinisch Üblichen ab. Darin
wird (in Ziff. 6.9.1) festgehalten, dass 30 Minuten nach der Geburt ein
aktives Vorgehen mit einer Syntocinongabe, Entleerung der Harnblase,
Eisbeutel auf Uterus und Ansetzen des Kindes einsetzen soll. Bei
Erfolglosigkeit dieser Massnahmen soll das Blut aus der Nabelschnur
abgelassen werden, danach wiederum Syntocinon (i.v.; Infusion) verabreicht
und bei Erfolglosigkeit der sog. Credé-Versuch unternommen werden. Nach einer
Stunde habe die manuelle Plazentalösung zu erfolgen. Bei Plazentaretention
mit verstärkter Blutung (Ziff. 6.9.1.1) - an einer solchen fehlte es indessen
im Falle der Versicherten (Erw. 3.2 hievor; Austrittsbericht des Dr. med.
E.________ vom 31. August 1998) - ist unverzüglich eine manuelle Lösung
angezeigt.

Aus dem Partogramm geht hervor, dass nach der Geburt des Kindes (12.25 Uhr)
um 12.27, 12.50 und 13.10 Uhr je 5 Einheiten Syntocinon ("Synto") verabreicht
wurden. Nachdem die Plazentaretention manifest wurde, entschlossen sich die
Ärzte nach Ausschöpfung aller konservativen Massnahmen 15 bis 25 Minuten
postpartal zur manuellen Plazentalösung, welche (bei erschwerter Lösung und
Verbleiben von Plazentarückständen) mit einer massiven Blutung einherging.
Damit erfolgte der operative Eingriff zum einen fachgerecht nach Ausschöpfung
der konservativen Massnahmen und zum anderen zeitgerecht. Ein grober
Behandlungsfehler, wie er vorliegend einzig relevant ist, fällt auch
diesbezüglich ausser Betracht.

4.
4.1 Übereinstimmend geben die Gutachter A.________ und M.________ an, die
aufgetretenen Hirninfarkte seien durch Anämie und Volumenmangel nicht
hinreichend zu erklären bzw. der Schlaganfall sei keine "zwangsläufige Folge"
der postpartalen Blutung. Nach Einschätzung des Dr. med. M.________ ist der
Schlaganfall - nebst dem Blutverlust - indessen auf folgende Abweichungen vom
medizinischen Standard zurückzuführen: (1) Verabreichung von Methergin bei
manifester Hypovolämie, (2) doppelte Maximaldosis Methergin intravenös
verabreicht, (3) Gabe von Methergin zusätzlich zu einem weiteren Vasopressor.
Zu prüfen ist, ob in der Dosierung oder der Kombination der verabreichten
Medikamente ein grober Behandlungsfehler liegt, der den Unfallbegriff
(ausnahmsweise) erfüllt.

4.2 Eine falsche Medikamentierung, namentlich wenn es sich um eine grobe und
ausserordentliche Verwechslung handelt, kann unter bestimmten Voraussetzungen
so ungewöhnlich sein, dass sie den Unfallbegriff erfüllt. So hatte das
Bundesgericht das Einspritzen eines falschen Kontrastmittels in zu starker
Dosis zu diagnostischen Zwecken, welche zum Tod des Patienten führte, als
Unfall angesehen (BGE 85 II 344). Es erwog, die erfolgte Einspritzung liege
völlig ausserhalb der einem Spitalaufenthalt normalerweise inhärenten
Risiken. Der Versicherte habe sich einer sachgemäss durchzuführenden
Myelographie unterziehen wollen und sei bereit gewesen, die damit verbundenen
normalen Risiken auf sich zu nehmen. Er sei aber keinesfalls gewillt gewesen,
auch die Folgen der Verwendung eines falschen Mittels in zu hoher Dosis, das
in dieser Anwendung nicht nur speziell für ihn, sondern für jeden Patienten
tödliche Gefahren in sich berge, in Kauf zu nehmen. Der Zweck des Eingriffs,
nämlich die Diagnose einer allfälligen, keinesfalls lebensgefährlichen
Diskushernie, habe ihn keinesfalls zum Eingehen eines so hohen Risikos
genötigt (BGE 85 II 347 Erw. 1a).

4.3 Dr. med. M.________ führte aus, die in der Situation des knappen
Volumenstatus intravenös verabreichte Methergindosis von 1ml = 0,2 mg
entspreche der doppelten Menge, die laut Herstelleranweisung langsam
intravenös injiziert werden dürfe. Das Risiko gefährlicher Nebenwirkungen
steige, wenn andere vasoaktive Substanzen wie Ephedrin verabreicht würden,
wie dies in casu geschehen sei. In der Situation eines intravasalen
Volumenmangels mit zur physiologischen Kompensation enggestellten
Widerstandsgefässen sei diese Nebenwirkung umso mehr zu erwarten.
Demgegenüber stellte sich Prof. Dr. med. A.________ auf den Standpunkt, die
verabreichten Medikamente und Infusionen hätten hinsichtlich Art, Indikation,
Dosierung und Kombination international anerkannten Gewohnheiten bzw.
Standards entsprochen.

Wie die Schweizerische Arzneimittel-Nebenwirkungszentrale (SANZ) erklärte,
wurde ihr eine Durchblutungsstörung des Gehirns durch Methergin bis dato nie
gemeldet und war eine solche auch in der Fachliteratur nicht bekannt
(Kurzkommentar der SANZ vom 4. Mai 1999; vgl. auch [undatiertes]
pathophysiologisches Gutachten der Frau Dr. med. S.________ sowie
neurologisches Fachgutachten der Frau Dr. med. T.________ vom 20. Dezember
2002 ["Schlaganfälle unter Ergotalkaloiden werden in der mir zur Verfügung
stehenden Literatur nicht beschrieben"]).
Die der Versicherten verabreichte Dosis entsprach der in der
Produkteinformation angegebenen Höchst-Dosierung (0,5-1ml = 0,1-0,2 mg).
Angesichts dessen, dass der Blutverlust mit überwiegender Wahrscheinlichkeit
nicht im Ausmass des von Dr. med. M.________ errechneten lag (Erw. 3.4.3
hievor), kann in der Dosierung des Methergin jedenfalls kein grober
Behandlungsfehler gesehen werden, welcher derart schwer wiegt, dass er den
Unfallbegriff erfüllen würde.

4.4 Zu prüfen ist, ob in der verabreichten Medikamentenkombination,
insbesondere angesichts der bekannten Interaktionen von Methergin mit anderen
vasokonstriktorischen Mitteln (wie sie auch in der Produkteinformation zu
Methergin aufgeführt ist und daher den Ärzten bekannt sein musste), eine
gravierende Abweichung vom ärztlichen Standard zu sehen ist. Prof. Dr. med.
A.________ führte hiezu aus, eine Interaktion mit schweren gesundheitlichen
Folgen sei zwischen Methergin und Ephedrin bekannt. Die gleichzeitige
Anwendung dieser Medikamente könne bei vorhandenem hohen Blutdruck zu einer
Gehirnblutung führen. Bei der Beschwerdeführerin habe jedoch eher ein tiefer
Blutdruck (Hypotonie) vorgelegen und die Schädigung des Gehirns sei auch
nicht auf eine Blutung, sondern auf einen Durchblutungsstopp zurückzuführen.
Ohne dass geprüft werden müsste, ob der Hirninfarkt überhaupt auf die
verabreichten Medikamente zurück geführt werden kann (wobei Prof. Dr. med.
A.________ in Übereinstimmung mit Dr. med. U.________, Radiodiagnostik FMH,
angab, der MRI-Befund vom 16. Juli 1998 spreche für einen arteriellen
Territorialinfarkt und gegen einen hämodynamisch bedingten Infarkt durch
Abfall des Perfusionsdruckes bzw. wonach die Läsionen vereinbar sind mit
subakuten ischämischen Infarkten und keine Zeichen einer Einblutung
feststellbar waren; Schreiben vom 16. Juli 1998), war die Kombination der
Medikamente Methergin und Ephedrin zwar, wie sich im Nachhinein zeigte, wegen
der Gefahr überschiessender vasokonstriktorischer/vasopressorischer Wirkung
(vgl. Schreiben der Novartis Pharma Schweiz AG, Bern, vom 4. Juni 1999) nicht
unproblematisch. Sie beruhte indessen weder auf einer (groben und
ausserordentlichen) Verwechslung, noch wich sie ganz massiv vom ärztlichen
Standard ab. Dass die Kombination der beiden Medikamete Methergin und
Ephedrin bei rückblickender Betrachtung gewisse Risiken beinhaltete, führt zu
keinem andern Schluss. Denn zum einen ist für die Beurteilung das Vorgehen
der Ärzte in der konkreten Behandlungssituation und nicht ein Betrachtung "ex
post" unter Berücksichtigung auch der menschlichen Tragik des Falles
entscheidend (BGE 120 Ib 413 ff. Erw. 4a und 4c/aa); zum anderen stellten
weder Prof. Dr. med. A.________ noch Frau Dr. med. S.________ noch Frau Dr.
med. T.________ fest, die Kombination der Medikamente stelle einen groben
Behandlungsfehler dar. Auch die Gutachterin Dr. med. H.________ führte den
Gesundheitsschaden nicht auf die Medikation zurück.

5.
Es ist somit nicht rechtsgenüglich erstellt, dass im Rahmen der
Plazentaretention in Abweichung vom medizinischen Standard Fehler begangen
worden waren, die als grob qualifiziert werden müssen. Nach den überzeugenden
Ausführungen des Prof. Dr. med. A.________, auf welche abzustellen ist (Erw.
3.4.3 hievor), können sowohl der Blutverlust als auch die passagere
Hypertonie und die verwendeten Medikamente mit an Sicherheit grenzender
Wahrscheinlichkeit als Ursachen für den Hirnschlag ausgeschlossen werden.
Indessen könnte nur ein ausserordentlich hoher Blutverlust zusammen mit
eindeutig falscher Medikation zur Bejahung des aussergewöhnlichen Faktors
führen. Beides ist nach Lage der Akten mit überwiegender Wahrscheinlichkeit
ausgeschlossen. Ob die Ärzte Behandlungsfehler begangen haben, die unterhalb
der (hohen) Schwelle des Unfallbegriffs liegen, braucht hier nicht
entschieden zu werden.

Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.

2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz
und dem Bundesamt für Gesundheit zugestellt.

Luzern, 15. Dezember 2006

Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts

Der Präsident der III. Kammer: Die Gerichtsschreiberin: