Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen U 128/2006
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U 128/06

Urteil vom 17. April 2007

I. sozialrechtliche Abteilung

Bundesrichter Ursprung, Präsident,
Bundesrichter Frésard und Seiler,
Gerichtsschreiber Scartazzini.

A. ________, 1956, Beschwerdeführerin,
vertreten durch Rechtsanwalt Roger Zenari, Dornacherstrasse 10, 4600 Olten,

gegen

Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA), Fluhmattstrasse 1, 6004
Luzern, Beschwerdegegnerin.

Unfallversicherung,

Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts
des Kantons Aargau vom

11. Januar 2006.

Sachverhalt:

A.
Die 1956 geborene A.________ war als Bezügerin von Arbeitslosenentschädigung
bei der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (SUVA) gegen die Folgen
von Berufs- und Nichtberufsunfällen versichert. Am 3. Januar 2002 wurde sie
in eine Auffahrkollision verwickelt. Dabei erlitt sie gemäss dem
erstbehandelnden Hausarzt, Dr. med. H.________, ein Schleudertrauma der
Halswirbelsäule. Am 17. Juli 2002 wurde ein zervikozephales Schmerzsyndrom
linksbetont diagnostiziert. Zudem wurde mehrmals auf das Vorliegen einer
psychischen Problematik hingewiesen. Die SUVA übernahm die Heilbehandlung und
erbrachte Taggeldleistungen. Mit Verfügung vom 15. Juli 2004 stellte sie ihre
Leistungen ab 17. Juli 2004 mangels Unfallkausalität der noch vorhandenen
Beschwerden ein. Dies bestätigte die SUVA mit Einspracheentscheid vom 7.
Dezember 2004.

B.
Die dagegen erhobene Beschwerde, womit A.________ beantragte, die ihr
zustehenden gesetzlichen Leistungen seien wieder aufzunehmen, wobei
eventualiter ein polymedizinisches Gutachten einzuholen sei, wies das
Versicherungsgericht des Kantons Aargau mit Entscheid vom 11. Januar 2006 ab.

C.
Elisabeth Armrein lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen und die
vorinstanzlichen Rechtsbegehren erneuern.

Die SUVA schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde, während
das Bundesamt für Gesundheit auf eine Vernehmlassung verzichtet.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Das Bundesgesetz über das Bundesgericht vom 17. Juni 2005 (BGG; SR 173.110)
ist am 1. Januar 2007 in Kraft getreten (AS 2006 1205, 1243). Da der
angefochtene Entscheid vorher ergangen ist, richtet sich das Verfahren noch
nach OG (Art. 132 Abs. 1 BGG; BGE 132 V 393 E. 1.2 S. 395).

2.
Das kantonale Gericht hat die für die Leistungspflicht des Unfallversicherers
massgeblichen Gesetzesbestimmungen und die für die Beurteilung der Frage der
Kausalität rechtsprechungsgemäss geltenden Grundsätze zutreffend dargelegt.
Insbesondere wurde festgehalten,  dass die Adäquanzbeurteilung nach
Distorsionen der Halswirbelsäule (ohne nachweisbare organische
Unfallfolgeschäden) grundsätzlich nach der Rechtsprechung gemäss BGE 117 V
359 E. 6a S. 366 und 369 E. 4b S. 382 erfolgt, dass in bestimmten Fällen
diese Prüfung   aber unter dem Gesichtspunkt einer psychischen
Fehlentwicklung nach Unfall gemäss BGE 115 V 133 E. 6 S. 138 und 403 E. 5
S. 407 vorzunehmen ist. Darauf wird verwiesen.

3.
3.1 Die Vorinstanz stützt sich, um daraus zu schliessen, bereits wenige Wochen
nach dem Unfall hätten deutliche Hinweise für eine sich anbahnende psychische
Problematik bzw. Fehlverarbeitung des Ereignisses bestanden, einerseits auf
die Aussagen des SUVA-Arztes Dr. med. W.________, welcher am 27. März 2002
ausgeführt hatte, er stehe unter dem Eindruck, dass die Problematik
psychosomatisch sei, und am 3. Oktober 2002 präzisierte, die psychischen und
psychovegetativen Beschwerden stünden mit noch nicht völliger Verdauung des
Unfallerlebnisses im Vordergrund. Andererseits stützt sich das kantonale
Gericht auf die Würdigung mehrerer Berichte. Insbesondere wurde im
Austrittsbericht der Rehaklinik X.________ vom 17. Juli 2002 festgehalten,
dass die Arbeitsunfähigkeit vor allem in Berücksichtigung der psychischen
Belastbarkeit festgelegt werden sollte. Aus den ärztlichen Ausführungen von
Dr. med. B.________ als Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie geht
hervor, dass der Unfall zu einer Reaktivierung alter seelischer Verletzungen
und einer anhaltenden schreckhaft-ängstlichen Abwehrhaltung geführt hat
(Bericht vom 31. Januar 2003). In seinem Bericht vom 28. August 2003 hielt
Dr. med. E.________ als Begründung für die Beschwerden eine
konversionsneurotische Entwicklung fest und führte aus, die weitere Betreuung
sei nur noch auf psychotherapeutische Massnahmen beschränkt. Auch in der
Rehaklinik Y.________ wurde die Beschwerdeführerin gemäss Bericht vom 6.
November 2003 lediglich wegen der bestehenden psychischen Problematik
behandelt.

3.2 In der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird dagegen vorgebracht, es sei
kaum ein ICD-Merkmal für eine Depressionsdiagnose erfüllt. Insbesondere habe
der Psychiater Dr. med. B.________ keine klare Diagnose gestellt, habe auch
nicht ausgeführt, welchen Grades die Depressivität sein würde und welche
ICD-Kriterien allenfalls erfüllt wären. Eine posttraumatische
Belastungsstörung werde weder von diesem, noch von irgendeinem anderen Arzt
diagnostiziert, so dass angenommen werden müsse, dass die vorhandenen
psychischen Verstimmungen von untergeordneter Bedeutung waren und keinen
Krankheitswert erreicht hatten.

3.3 Anhand der gesamten medizinischen Aktenlage ist ersichtlich, dass bei der
Beschwerdeführerin drei Monate nach dem Unfallereignis eine psychische
Überlagerung vorgelegen hat. Dabei ist festzuhalten, dass die
neuropsychologisch festgestellten Defizite auf eine psychische Überlagerung
schliessen lassen und dass diese nicht nur bestehen kann, wenn eine
Depression diagnostiziert wurde (Urteile C. vom 19. September 2006, U 60/06,
E. 4.2.2, und T. vom 22. März 2006, U 285/05, E. 3.2.1). Unter diesen
Umständen wurde die Prüfung der adäquaten Kausalität zu Recht unter dem
Gesichtspunkt einer psychischen Fehlentwicklung nach Unfall gemäss BGE 115 V
133 vorgenommen, wobei - wie aus dem Folgenden hervorgeht - auch eine
Beurteilung nach der Schleudertraumapraxis am Ergebnis nichts ändern würde.

3.4 Zutreffend hat die Vorinstanz den am 3. Januar 2002 erlittenen Unfall dem
mittleren Bereich im Grenzbereich zu den leichten Unfällen zugeordnet. Damit
die Adäquanz des Kausalzusammenhangs bejaht werden könnte, müsste somit ein
einzelnes der in die Beurteilung einzubeziehenden Kriterien (BGE 115 V 133 E.
6c/aa S. 140) in besonders ausgeprägter Weise erfüllt sein oder die zu
berücksichtigenden Kriterien müssten in gehäufter oder auffallender Weise
gegeben sein (BGE 115 V 133 E. 6c/bb S. 140). In Beurteilung der einzelnen
Kriterien ist im Lichte der Rechtsprechung festzustellen, dass im
vorliegenden Fall die Kriterien der Arbeitsunfähigkeit (vgl. RKUV 2001
Nr. U 442 S. 544) und allenfalls der körperlichen Dauerbeschwerden erfüllt
sind, während die übrigen Kriterien verneint werden müssen. Da der Unfall als
mittelschwer an der Grenze zu leichten Unfällen zu betrachten ist, genügen
für die Bejahung der Adäquanz die beiden Kriterien allerdings nicht. Die SUVA
hat ihre Leistungspflicht mangels Unfallkausalität ab 17. Juli 2004 somit zu
Recht eingestellt.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.

2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons Aargau
und dem Bundesamt für Gesundheit zugestellt.

Luzern, 17. April 2007

Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

i.V.