Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen U 127/2006
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U 127/06

Urteil vom 18. April 2007

I. sozialrechtliche Abteilung

Bundesrichter Ursprung, Präsident,
Bundesrichter Schön, Bundesrichterin Leuzinger,
Gerichtsschreiberin Bollinger Hammerle.

W. ________, 1961, Beschwerdeführer, vertreten durch Advokat Dr. Claude
Schnüriger, Aeschenvorstadt 77, 4051 Basel,

gegen

Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA), Fluhmattstrasse 1, 6004
Luzern, Beschwerdegegnerin.

Unfallversicherung,

Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Entscheid des
Sozialversicherungsgerichts Basel-Stadt vom 22. November 2005.

Sachverhalt:

A.
W. ________, geboren 1961, war seit Juni 1997 als Taxichauffeur bei der
I.________ AG angestellt und bei der Schweizerischen
Unfallversicherungsanstalt (SUVA) obligatorisch gegen die Folgen von Berufs-
und Nichtberufsunfällen versichert. Am 28. Januar 1998 wurde er in einen
Verkehrsunfall verwickelt, bei welchem er sich am linken Knie (ossärer
Ausriss des Ligamentum patellae am Patellaunterpol), am rechten Vorderarm
(distale intraartikuläre Radiusmehrfragmentfraktur mit Medianusparese;
Bericht des Spitals X.________ vom 20. Februar 1998) sowie am Kopf
(Rissquetschwunde frontal links; Zeugnis der Frau Dr. med. K.________, Spital
X.________, vom 15. März 1998) verletzte. Die SUVA kam für die Kosten der
Heilbehandlung auf und sprach W.________ mit Verfügung vom 14. September 1999
eine Integritätsentschädigung bei einer Integritätseinbusse von 5 % für die
Knieverletzung zu. Einen Rentenanspruch verneinte sie zunächst, sprach
W.________ aber auf Einsprache hin und nach weiteren Abklärungen am 9.
Dezember 2003 eine Integritätsentschädigung von 10 % für einen
unfallbedingten Tinnitus sowie eine Invalidenrente bei einem Invaliditätsgrad
von 20 % ab 1. Juli 1998 zu.

Hiegegen liess W.________ wiederum Einsprache erheben, welche die SUVA am 29.
Oktober 2004 abwies.

B.
Beschwerdeweise liess W.________ die Aufhebung des Einspracheentscheides und
die Zusprechung einer mindestens 50%igen Invalidenrente (nebst Verzugszins)
seit 1. Juli 1998 sowie einer Integritätsentschädigung bei einer
Integritätseinbusse von mindestens 20 % (nebst Zins) beantragen. Das
Sozialversicherungsgericht des Kantons Basel-Stadt hob den
Einspracheentscheid in teilweiser Gutheissung der Beschwerde am 22. November
2005 auf und wies die Sache zum neuen Entscheid (Zusprechung einer 15%igen
Integritätsentschädigung sowie einer Invalidenrente in Höhe von 25 %) zurück.

C.
W.________ lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen und die Zusprechung
einer Invalidenrente in Höhe von mindestens 50 % beantragen. Gleichzeitig
ersucht er um unentgeltliche Prozessführung.

Die SUVA schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Das
Bundesamt für Gesundheit verzichtet auf eine Vernehmlassung.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Am 1. Januar 2007 ist das Bundesgesetz über das Bundesgericht vom 17. Juni
2005 (BGG; SR 173.110) in Kraft getreten (AS 2006 1205, 1243). Damit wurden
das Eidgenössische Versicherungsgericht und das Bundesgericht in Lausanne zu
einem einheitlichen Bundesgericht (an zwei Standorten) zusammengefügt
(Seiler/von Werdt/Güngerich, Bundesgerichtsgesetz [BGG], Bern 2007, S. 10 Rz
75). Dieses Gesetz ist auf die nach seinem Inkrafttreten eingeleiteten
Verfahren des Bundesgerichts anwendbar, auf ein Beschwerdeverfahren jedoch
nur dann, wenn auch der angefochtene Entscheid nach dem Inkrafttreten dieses
Gesetzes ergangen ist (Art. 132 Abs. 1 BGG). Da der kantonale
Gerichtsentscheid am 22. November 2005 und somit vor dem 1. Januar 2007
erlassen wurde, richtet sich das Verfahren nach dem bis 31. Dezember 2006 in
Kraft gestandenen Bundesgesetz über die Organisation der Bundesrechtspflege
(OG) vom 16. Dezember 1943 (vgl. BGE 132 V 393 E. 1.2 S. 395).

2.
Vorinstanz und SUVA legen folgende Rechtsgrundlagen zutreffend dar: Art. 7
ATSG zur Erwerbsunfähigkeit, Art. 8 ATSG zur Invalidität, Art. 16 ATSG zur
Ermittlung des Invaliditätsgrades nach der allgemeinen Methode des
Einkommensvergleichs, zur Rolle von Ärztinnen und Ärzten bei der
Invaliditätsbemessung (BGE 122 V 158), zu den aus dem Grundsatz der freien
Beweiswürdigung abgeleiteten Regeln zum Beweiswert ärztlicher Berichte und
Gutachten (BGE 125 V 352 Erw. 3a) sowie zum Grundsatz der
Schadenminderungspflicht (BGE 123 V 233 Erw. 3c; vgl. auch BGE 129 V 463 Erw.
4.2, je mit Hinweisen). Darauf wird verwiesen.

3.
Streitig und zu prüfen ist der Anspruch auf eine Invalidenrente ab 1. Juli
1998. Hiefür sind der Beurteilung für die Zeit bis Ende 2002 die bis dahin
gültig gewesenen und ab 1. Januar 2003 die seit diesem Datum geltenden
Bestimmungen zugrunde zu legen (BGE 130 V 445 ff.). Das Inkrafttreten des
Bundesgesetzes über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG)
am 1. Januar 2003 hat zu keiner vorliegend relevanten Änderung der Rechtslage
geführt (vgl. BGE 130 V 343 ff. Erw. 2 und 3), weshalb mit kantonalem Gericht
und SUVA auf die neuen Normen abgestellt werden kann.

4.
Der Versicherte leidet an einem linksseitigen Tinnitus, der natürlich kausal
auf den Unfall vom 28. Januar 1998 zurückführen ist (BGE 129 V 181 Erw. 3.1
mit Hinweisen). Vorinstanz und Unfallversicherung haben zu Recht auch die
Adäquanz der tinnitusbedingten gesundheitlichen Beschwerden (Schlafstörungen)
bejaht. Nach Einschätzung des Kreisarztes Dr. med. G.________, FMH für
Ohren-, Nasen- und Halskrankheiten, Hals- und Gesichtschirurgie,
Allergologie, klinische Immunologie und Arbeitsmedizin, ist der Tinnitus des
Beschwerdeführers als sehr schwer einzustufen (Beurteilung vom 12. August
2002), weshalb die Dekompensation (psychische Fehlverarbeitung) gleichsam zu
dessen Charakteristik gehört und der adäquate Kausalzusammenhang somit ohne
Weiteres gegeben ist (RKUV 2004 Nr. U 505 S. 250 Erw. 2.2 und 2.3). Streitig
und zu prüfen ist, ob und allenfalls inwieweit die Schlafstörungen die
Arbeitsfähigkeit einschränken.

5.
Die Vorinstanz erwog, weil sowohl Prof. Dr. med. K.________, Spezialarzt FMH
für HNO, als auch SUVA-Arzt Dr. med. G.________ den Tinnitus des Versicherten
als "sehr schwer" bezeichneten, sei die von der SUVA auf 20 % festgesetzte
Leistungseinschränkung zu tief. Es erscheine angemessen, die grundsätzliche
Erwerbsunfähigkeit von 15 % (basierend auf der halbierten Selbsteinschätzung
des Versicherten) durch einen Leidensabzug für Knieschaden und Tinnitus zu
erhöhen, so dass insgesamt eine Erwerbsunfähigkeit von 25 % resultiere.

Der Versicherte bringt vor, den Einschätzungen des Prof. Dr. med. E.________
sei eindeutig zu entnehmen, dass die durch den Tinnitus verursachten
Schlafstörungen die Arbeitsfähigkeit unabhängig von den qualitativen
Anforderungen der Arbeit um 50 % reduzierten. Es gehe nicht an, auf seine
eigene vage Aussage, er sei in etwa 30 % teilarbeitsunfähig, abzustellen und
diesen Wert zu halbieren, um alsdann den Invaliditätsgrad auf insgesamt 25 %
zu veranschlagen.

6.
6.1 Gegenüber dem Kreisarzt der SUVA erklärte der Versicherte am 3. September
1999, der Tinnitus sei tagsüber bei normalem Geräuschpegel nicht störend,
gestört sei hingegen das Einschlafen bei absoluter Ruhe. Zwischenzeitlich
habe er im Schlafzimmer einen Zimmerbrunnen installiert; durch das
Wassergeräusch werde der Tinnitus in den Hintergrund gedrängt. Kreisarzt Dr.
med. S.________ kam zum Schluss, der Beschwerdeführer sei in seinem
angestammten Beruf wieder voll integriert; alternativ kämen auch "die meisten
durchschnittlichen wechselbelastenden Männerarbeiten vollschichtig in Frage".

6.2 Am 29. März 2001 fand eine Unterredung mit dem Versicherten statt,
anlässlich welcher er sich ausführlich zu seinem Tinnitus äusserte. Dabei
führte er aus, der linksseitige Tinnitus (Grundfrequenz-Pfeifen mit
Hintergrundrauschen und breitem Spektrum von Hintergrundwellen) sei dauernd
vorhanden. Die Ohrgeräusche hinderten ihn am Einschlafen (längere Phase) und
Durchschlafen. Immer wieder wecke ihn dieses Pfeifen nach der
Tiefschlafphase, die etwa vier Stunden dauere. Meistens könne er dann nicht
erneut einschlafen und liege "mehr oder weniger wach" im Bett. Früher habe er
acht bis neun Stunden durchschlafen können. Lesen und Schreiben in ruhiger
Umgebung sei durch den Tinnitus nicht beeinträchtigt. Ob die Ohrgeräusche im
Schlaf wahrnehmbar seien, könne er nicht sagen. Tatsache sei, dass er wegen
des Tinnitus längere Zeit nicht zum Schlaf finde, bis sich sein Kopfinneres
auf das Pfeifen im Ruhezustand eingestellt habe. Soweit er anlässlich einer
früheren Besprechung vom 26. Juli 1999 angegeben habe, der Tinnitus
beeinträchtige die Alltags- und Berufsverrichtungen nicht, müsse er seine
Aussage relativieren. Direkt während der Arbeitsausübung sei er wirklich
nicht eingeschränkt, hingegen gelange er nach ungefähr sechs Stunden an eine
Grenze, welche ihn zwinge, die Arbeit niederzulegen (Sicherheitsrisiko im
Strassenverkehr wegen Übermüdung).

6.3 Die Schlafstörung des Versicherten wurde in der KSM, Klinik für
Schlafmedizin, abgeklärt (Bericht vom 21. September 2001). Die dortigen Ärzte
stellten folgende Diagnosen: Ein- und Durchschlafstörungen bei
posttraumatischem Tinnitus, Diabetes mellitus, leichtes Schädel-Hirntrauma.
Das am 21. August 2001 durchgeführte Polysomnogramm beurteilten die Ärzte wie
folgt: "Subjektiv hat der Patient während der polysomnographischen
Untersuchung besser geschlafen als zu Hause. Das Hypnogramm zeigt 3 knapp
erkennbare Schlafzyklen, wobei die erste REM-Phase durch eine Wachphase
ersetzt ist. Zu Beginn der Nacht findet sich eine länger dauernde Wachphase
mit Auftreten von konsolidiertem Schlaf erst nach ca. 70 Minuten. Während der
weiteren Untersuchung kommt es zu häufigen kurzen Wachphasen. Die
Schlafeffizienz beträgt 77 %. Die Anteile der verschiedenen Schlafstadien
sind normal. Respiratorisch kommt es zu lageunabhängigen Hypnoen und seltenen
Apnoen, welche in einem AHI (d.h. Apnoe-Hypopnoe-Index) von 12,2 resultieren.
Der Arousalindex ist mit 9,4/Std. normal. Motorisch finden sich auch während
den Wachphasen keine Auffälligkeiten."

Ebenfalls am 21. August 2001 unterzog sich der Versicherte einem multiplen
Schlaflatenztest (MSLT). In der diesbezüglichen Auswertung führten die Ärzte
aus: "Der Patient leidet unter einer Ein- und Durchschlafinsomnie, welche
nach dem Unfall [...] aufgetreten ist. Es ist bekannt, dass ein schwerer
Tinnitus zu Ein- und Durchschlafstörungen führen kann. Der Patient legt
glaubhaft dar, dass vor dem Unfallereignis weder Schlafstörungen noch
Ohrgeräusche bestanden. [...] Durch die Schlafstörung ist der Patient in
seiner beruflichen Tätigkeit als Taxichauffeur, wo auch unregelmässige
Arbeitszeiten in Kauf genommen werden können, mittelgradig eingeschränkt".

6.4 Prof. Dr. med. K.________ diagnostizierte am 8. Dezember 2001 einen
linksseitigen Tinnitus bei panochleärer Schwerhörigkeit links und C5-Senke
rechts sowie eine Dekompensation durch eine massive Schlafstörung. Er führte
aus, der Versicherte schlafe nach eigenen Angaben durchschnittlich zweimal
schlecht und einmal gut. Derartige schwere Schlafstörungen seien bei Tinnitus
immer wieder möglich, glücklicherweise aber selten. Der Prozentsatz der
Teilarbeitsunfähigkeit sei schlecht anzugeben.

Anlässlich einer erneuten Konsultation bei Prof. Dr. med. K.________ vom 17.
April 2002 erklärte der Versicherte (nach Anpassung eines Hörgerätes), der
gegenwärtige Zustand entspreche einer etwa 30%igen Teilarbeitsunfähigkeit,
sei aber schwer abzuschätzen. In der Folge konnte Prof. Dr. med. K.________
keine Veränderung der gesundheitlichen Situation feststellen. Am 20.
September 2002 hielt er fest, nach wie vor erlebe der Versicherte etwa eine
gute auf zwei schlechte Nächte. Eine leise Dauerbeschallung könne nicht ideal
verwirklicht werden, da der Beschwerdeführer die Noiser (d.h. Geräte, welche
ein Rauschen erzeugen und dadurch den Tinnitus in den Hintergrund drängen
sollen) nachts nicht ertrage. Er solle wenigstens das nahe Aquarium nachts
regelmässig laufen lassen. Aus seinem Standpunkt als Tinnitus-Spezialist
könne der Fall insofern abgeschlossen werden, als kaum mehr mit einer
Besserung des gegenwärtigen Zustandes zu rechnen sei.
Auf entsprechende Frage des Rechtsvertreters führte Prof. Dr. med. K.________
am 9. Dezember 2004 aus, seit der letzten Kontrolle hätten sich die
Beschwerden nicht verändert. Tagsüber komme der Versicherte mit dem Tinnitus
gut zurecht, wirklich störend sei er beim Einschlafen. In Bezug auf den
Schlaf gebe der Beschwerdeführer an, er gehe erst zu Bett, wenn er wirklich
müde sei. Dies könne schon um 21 Uhr, aber auch erst um 1 Uhr der Fall sein.
Die Einschlafzeit betrage dann eine Stunde oder mehr, er stehe oft wieder auf
und beschäftige sich mit dem PC. Die maximale Schlafdauer betrage nach
eigenen Angaben zwei Stunden, danach könne er nicht mehr richtig einschlafen.
Dementsprechend sei er dauernd müde. Ein Mittagsschlaf von ein bis zwei
Stunden sei manchmal möglich, oft aber nicht. Weiterhin komme eine bessere
Nacht auf zwei ausgesprochen schlechte Nächte. Gelegentlich trinke er
Alkohol, um besser zu schlafen. Der Versicherte habe erklärt, Schlafmittel
nicht einnehmen zu dürfen, da er sonst eine etwa einmal wöchentlich
eintretende nächtliche Hypoglykämie verpassen könnte. Weiter habe er
ausgeführt, die Arbeit als Taxifahrer nicht mehr als etwa zehn Stunden pro
Woche (inklusive Wartezeit) verrichten zu können.

Prof. Dr. med. K.________ führte eine erneute Tinnitus-Messung durch, die
(wie dies immer der Fall sei) keine messbare Verschlimmerung ergab. In seiner
Beurteilung kam er zum Schluss, dass sich die Tatsache des Fremdverschuldens,
wie in ähnlich gelagerten Fällen, auch beim Beschwerdeführer ungünstig
auswirken dürfte. Trotzdem sei die natürliche Kausalität zwischen dem Unfall
und der Schlafstörung klar zu bejahen. Im Quervergleich zu anderen schweren
Tinnitusfällen könne er sagen, dass er oft froh sei, wenn man beispielsweise
eine 50%ige Arbeitsfähigkeit aufrecht erhalten könne. Sehr oft komme es zu
einer vollen Invalidisierung. Er könne bestätigen, dass es nach seiner
Erfahrung durchaus ein günstiges Endresultat wäre, wenn der Versicherte im
Umfang von 50 % arbeiten könne. Eine präzise prozentuale Schätzung der
Arbeitsfähigkeit stehe ihm als Arzt nicht zu.

7.
Die Arbeitsunfähigkeit nach Art. 6 ATSG ist ein Rechtsbegriff, über den eine
direkte Beweisführung ausgeschlossen ist und deren Beurteilung den
rechtsanwendenden Stellen obliegt (Meyer-Blaser, Der Rechtsbegriff der
Arbeitsunfähigkeit und seine Bedeutung in der Sozialversicherung, namentlich
für den Einkommensvergleich in der Invaliditätsbemessung, in:
Schaffhauser/Schlauri [Hrsg.], Schmerz und Arbeitsunfähigkeit, St. Gallen
2003, S. 49). Dabei ist das Gericht auf die Beurteilung von Ärztinnen und
Ärzten angewiesen, deren Aufgabe es ist, den Gesundheitszustand zu beurteilen
und dazu Stellung zu nehmen, in welchem Umfang und bezüglich welcher
Tätigkeiten die versicherte Person arbeitsunfähig ist. Im Weiteren sind die
ärztlichen Auskünfte eine wichtige Grundlage für die Beurteilung der Frage,
welche Arbeitsleistungen der Person noch zugemutet werden können (BGE 125 V
261 Erw. 4, 115 V 134 Erw. 2, 114 V 314 Erw. 3c, 105 V 158 Erw. 1; Erw. 2
hievor).

8.
8.1 Schlafstörungen können nur im Sinne von Art. 8 ATSG invalidisierend sein,
wenn sie auf ein fachärztlich schlüssig festgestelltes organisches oder
psychisches Leiden zurückzuführen sind. Der Schlaf kann zwar analysiert und
mit dem in der Bevölkerung Üblichen verglichen werden, indessen ist auch bei
genauer Angabe der Schlafdauer oder der Bezifferung der sog. Schlafeffizienz
über die Auswirkungen auf die Arbeitsfähigkeit noch nichts gesagt. Zunächst
fehlt es an einer wissenschaftlich exakten Definition, wie viel Schlaf
quantitativ notwendig ist. Die durchschnittliche Schlafzeit liegt in den
Industrieländern bei etwa sieben Stunden, wobei Jugendliche oft dazu neigen,
wenig zu schlafen und ältere Menschen häufig die Bettzeiten verlängern,
indessen weniger Tiefschlaf aufweisen. Sodann wird erholsamer bzw. nicht
erholsamer Schlaf durch das subjektive Empfinden des Einzelnen bestimmt und
dieses wiederum beeinflusst massgeblich die Leistungsfähigkeit (vgl.
Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin
[DGSM] zum Thema "Nicht erholsamer Schlaf", erstellt im August 2001; abrufbar
unter www.uni-duesseldorf.de/AWMF/ll/063-001.htm). Weiter sind
Schlafstörungen in der Bevölkerung weit verbreitet. Epidemiologische Studien
in Deutschland etwa haben gezeigt, dass 28,5 % der Befragten unter leicht bis
schwer ausgeprägten Insomnien leiden (Weyerer/Dilling, Prevalence and
treatment of insomnia in the community: Results from the upper bavarian field
study, in: Sleep 14 [1991], S. 392-398) und bei zirka 25 % aller
Westdeutschen zumindest zeitweilig Ein- bzw. Durchschlafstörungen auftreten
(Simen/Hajak/Schlaf/Westenhöfer/Rodenbeck/Bandel/Pudel/Rüthe, Chronifizierung
von Schlafbeschwerden, in: Der Nervenarzt 66 [1995], S. 686-695, insbesondere
S. 687). Längst nicht alle Betroffenen sind indessen dadurch in ihrer
Arbeits- bzw. Erwerbsfähigkeit eingeschränkt.

8.2 Ob und allenfalls inwieweit eine Schlafstörung die Arbeitsfähigkeit
einschränkt, ist nach einer objektivierten Betrachtungsweise zu prüfen
(Meyer-Blaser, a.a.O., S. 43 f.). Für die Beurteilung der Arbeitsfähigkeit
ist entscheidend, ob und allenfalls unter welchen Voraussetzungen und in
welchem Umfang der betroffenen Person mit zumutbarer Willensanstrengung -
nach möglicher Therapie und Aneignung geeigneter Schlafstrategien - trotz
ihrer Schlafprobleme eine Arbeitstätigkeit zugemutet werden kann. Hierüber
haben sich die mit der versicherten Person befassten Ärzte auszusprechen,
indem sie im Einzelnen möglichst genau begründen, ob und inwiefern die
Schlafstörungen eine Einschränkung der körperlichen oder geistigen Funktionen
bewirken (Meyer-Blaser, a.a.O., S. 48).

Eine solche Einschätzung ist aufgrund der vorliegenden Akten nicht möglich,
da die Angaben zur Arbeitsfähigkeit des Versicherten äusserst vage sind.
Während die Ärzte der KSM ausgehend von einer "Schlafeffizienz" von 77 % eine
"mittelgradige" Einschränkung der Arbeitsfähigkeit als Taxichauffeur angeben,
erklärt Prof. Dr. med. K.________, im Quervergleich mit anderen Fällen wäre
es positiv, wenn eine 50%ige Arbeitsfähigkeit verwirklicht werden könnte.
Weder das Gutachten der KSM noch die Berichte des Prof. Dr. med. K.________
enthalten somit eine beweiskräftige Einschätzung der dem Beschwerdeführer
noch zumutbaren Restarbeitsfähigkeit. Insbesondere sprechen sie sich nicht
darüber aus, ob und in welchem Masse dem Beschwerdeführer noch zugemutet
werden kann, bei Aufbietung allen guten Willens die ihm verbliebene
Leistungsfähigkeit zu verwerten. Da es hierbei um rechtserhebliche Tatfragen
geht, die nicht auf dem Wege der Beweiswürdigung überbrückt werden können,
ist der Sachverhalt durch Einholung weiterer Stellungnahmen der KSM  und des
Prof. Dr. med. K.________, allenfalls auch durch eine berufliche Evaluation,
ergänzend abzuklären. Sollten die zusätzlichen Abklärungen eine die
Leistungsfähigkeit objektiv erheblich beeinträchtigende Schlafstörung
ergeben, wäre auch der Frage nachzugehen, ob die Tätigkeit als Taxifahrer
angesichts der hiefür erforderlichen besonders hohen Konzentrationsfähigkeit
(Fahrtauglichkeit) geeignet ist oder ob die (Rest-) Arbeitsfähigkeit in einer
anderen Tätigkeit (allenfalls welcher) besser verwertet werden könnte. Die
Sache ist daher an den Unfallversicherer zurückzuweisen, damit er solche
Abklärungen in die Wege leite und hernach über den Rentenanspruch neu
entscheide.

9.
Die beim Unfall erlittene Knieverletzung behindert den Versicherten zwar in
seiner angestammten Tätigkeit als Taxichauffeur (sowohl beim Ein- und
Aussteigen aus dem Auto als auch beim Tragen von Kundengepäck). Nach den
überzeugenden Einschätzungen des Kreisarztes, auf welche das kantonale
Gericht zu Recht abgestellt hat, ist er indessen in anderen leichten
wechselbelastenden Tätigkeiten nicht eingeschränkt. Die Kniebeschwerden haben
bei der Beurteilung der Arbeitsfähigkeit auch deshalb ausser Acht zu bleiben,
da dem Versicherten gestützt auf seine Schadenminderungspflicht ein
Berufswechsel auf eine andere Tätigkeit grundsätzlich zumutbar wäre (BGE 114
V 283 Erw. 1c und d, 285 Erw. 3a, je mit Hinweisen; Kieser, ATSG-Kommentar,
Art. 6 N 12).

10.
Das Verfahren ist kostenlos (Art. 134 OG). Dem obsiegenden Beschwerdeführer
steht eine Parteientschädigung zu (Art. 135 in Verbindung mit Art. 159 Abs. 1
und 2 OG). Das Gesuch um unentgeltliche Verbeiständung ist somit
gegenstandslos.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird in dem Sinne gutgeheissen, dass der
Entscheid des Sozialversicherungsgerichts Basel-Stadt vom 22. November 2005
und der Einspracheentscheid vom 29. Oktober 2004 aufgehoben werden und die
Sache an die SUVA zurückgewiesen wird, damit sie, nach erfolgter Abklärung im
Sinne der Erwägungen, über den Rentenanspruch neu verfüge.

2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3.
Die Beschwerdegegnerin hat dem Beschwerdeführer für das Verfahren vor dem
Bundesgericht eine Parteientschädigung von Fr. 2500.- (einschliesslich
Mehrwertsteuer) zu bezahlen.

4.
Das Sozialversicherungsgericht Basel-Stadt wird über eine allfällige
Neuverlegung der Parteikosten für das kantonale Verfahren zu befinden haben.

5.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht Basel-Stadt
und dem Bundesamt für Gesundheit zugestellt.

Luzern, 18. April 2007

Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin: