Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen U 10/2006
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U 10/06

Urteil vom 2. Mai 2007

I. sozialrechtliche Abteilung

Bundesrichter Ursprung, Präsident,
Bundesrichterin Leuzinger, Bundesrichter Frésard,
Gerichtsschreiber Hochuli.

B. ________, 1959, Beschwerdeführerin,
vertreten durch Rechtsanwalt Urs Rudolf,
Ober-Emmenweid 46, 6020 Emmenbrücke,

gegen

"Zürich" Versicherungs-Gesellschaft,
Rechtsdienst, Generaldirektion Schweiz, 8085 Zürich, Beschwerdegegnerin,
vertreten durch Rechtsanwalt Hermann Rüegg, Bahnhofstrasse 11, 8630 Rüti.

Unfallversicherung,

Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des
Kantons Luzern
vom 11. November 2005.

Sachverhalt:

A.
B. ________, geboren 1959, war seit 1. September 1984 als Krankenschwester im
Spital X.________ erwerbstätig und in dieser Eigenschaft bei der Alpina
Versicherungs-Aktiengesellschaft (heute: "Zürich" Versicherungs-Gesellschaft
[nachfolgend: "Zürich" oder Beschwerdegegnerin]) obligatorisch gegen Unfälle
versichert. Am 29. Oktober 1997 wurde der abgewinkelt hinter einem
einparkenden Auto still stehende Personenwagen, in welchem B.________ als
Beifahrerin sass, bei einem Rückwärts-Fahrmanöver im Parkhaus an der
Frontseite touchiert. Die kollisionsbedingte Geschwindigkeitsänderung
(Delta-v) am Fahrzeug, in welchem sich die Versicherte befand, betrug gemäss
unfallanalytischem Gutachten vom 2. November 1999 zwischen 1 und 3 km/h. Mit
Verfügung vom 16. Juli 2003, bestätigt durch Einspracheentscheid vom 24. Mai
2004, stellte die "Zürich" die in der Folge dieses Unfalles erbrachten
gesetzlichen Versicherungsleistungen unter Verweis auf die
Rückerstattungspflicht betreffend zu Unrecht bezogener Leistungen per Ende
Oktober 1998 ein.

B.
Die hiegegen erhobene Beschwerde der B.________ wies das Verwaltungsgericht
des Kantons Luzern mit Entscheid vom 11. November 2005 ab.

C.
Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde lässt B.________ unter Aufhebung des
Gerichts- und des Einspracheentscheides beantragen, die Sache sei an die
"Zürich" zurückzuweisen mit der Verpflichtung, die gesetzlichen Leistungen zu
erbringen. Zudem sei der Versicherten für das letztinstanzliche Verfahren
eine Parteientschädigung zuzusprechen. Die Vorinstanz habe für das kantonale
Verfahren über eine Parteientschädigung zu befinden.
Während die "Zürich" auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde
schliesst, verzichtet das Bundesamt für Gesundheit auf eine Vernehmlassung.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Das Bundesgesetz über das Bundesgericht vom 17. Juni 2005 (BGG; SR 173.110)
ist am 1. Januar 2007 in Kraft getreten (AS 2006 1205, 1243). Da der
angefochtene Entscheid vorher ergangen ist, richtet sich das Verfahren noch
nach OG (Art. 132 Abs. 1 BGG; BGE 132 V [I 618/06] Erw. 1.2).

2.
Das kantonale Gericht hat die Rechtsgrundlagen der umstrittenen
Leistungspflicht des Unfallversicherers (Art. 6 Abs. 1 UVG) und die
Rechtsprechung zu dem für diese vorausgesetzten natürlichen
Kausalzusammenhang im Allgemeinen (BGE 129 V 181 Erw. 3.1 mit Hinweisen) und
bei Schleudertraumen der Halswirbelsäule (HWS) oder äquivalenten
Verletzungsmechanismen im Besonderen (BGE 119 V 340 Erw. 2b/aa; RKUV 2000
Nr. U 359 S. 29) zutreffend dargelegt. Entsprechendes gilt für die von der
Judikatur entwickelten allgemeinen Grundsätze zum Erfordernis des adäquaten
Kausalzusammenhanges (BGE 125 V 461 Erw. 5a mit Hinweisen), insbesondere auch
bei psychischen Unfallfolgen (BGE 115 V 133) und bei den Folgen eines
Unfalles mit Schleudertrauma der HWS oder äquivalenten Verletzungen ohne
organisch nachweisbare Funktionsausfälle (BGE 117 V 359 ff.; vgl. auch RKUV
2002 Nr. U 456 S. 437 [Urteil J. vom 5. März 2002, U 76/01]). Richtig sind
auch die Ausführungen betreffend die Pflicht des Unfallversicherers zum
Nachweis der dahingefallenen Kausalität bei Leistungseinstellung (RKUV 2000
Nr. U 363 S. 45, 1994 Nr. U 206 S. 328 Erw. 3b, je mit Hinweisen). Darauf
wird verwiesen.

3.
Streitig ist einzig, ob das kantonale Gericht in Bestätigung des
Einspracheentscheides mit Blick auf die erheblichen, von der Versicherten
über den 31. Oktober 1998 hinaus geklagten Beschwerden zu Recht die Adäquanz
des Kausalzusammenhanges zum Unfall vom 29. Oktober 1997 verneint hat.

4.
Nach eingehender Würdigung sämtlicher Akten hat das kantonale Gericht mit in
allen Teilen zutreffender Begründung, worauf verwiesen wird (Art. 36a Abs. 3
OG), richtig erkannt, dass das mit Bagatellunfall-Meldung UVG vom 31. Oktober
1997 angemeldete Ereignis vom 29. Oktober 1997, welches unmittelbar danach
keine Befindlichkeitsstörungen zur Folge hatte (vgl. RKUV 2003 Nr. U 489
S. 360 Erw. 4.2 mit Hinweisen [Urteil A. vom 24. Juni 2003, U 193/01]),
angesichts der äusserst geringfügigen kollisionsbedingten
Geschwindigkeitsänderung (Delta-v) von 1 bis 3 km/h und auf Grund des
aktenmässig dokumentierten Unfallverlaufes - bei einer auch hier
massgeblichen Gesamtbetrachtung - als leichtes Unfallereignis einzustufen ist
(Urteil T. vom 17. Juli 2006, U 206/06). Das erst fünf bis sechs Stunden nach
dem Unfall konsekutiv aufgetretene Zervikalsyndrom besserte sich zunächst
nach der Erstbehandlung durch Dr. med. H.________ (Schwager der Versicherten)
vom 31. Oktober 1997, bevor es ab 21. November 1997 unter Arbeitsbelastung zu
einer Verschlimmerung der Befindlichkeitsstörung kam (Bericht des Neurologen
Dr. med. W.________ vom 10. Dezember 1997). Dr. med. H.________ attestierte
der Beschwerdeführerin sodann ab 24. November 1997 Arbeitsunfähigkeit in
unterschiedlichem Ausmass. Nebst einer massiven vegetativen Dystonie fanden
die behandelnden Ärzte während dem stationären Aufenthalt in der Rheuma- und
Rehabilitationsklinik Y.________ vom 10. März bis 7. April 1998 unter anderem
Hinweise auf eine verminderte psychophysische Belastbarkeit. Obwohl eine
deutliche Besserung des gesamthaften Gesundheitszustandes erreicht werden
konnte, blieb eine "subjektiv verminderte Belastbarkeit" zurück. Der
Versicherten, welche nach Angaben des Dr. med. H.________ vom 18. November
1997 schon am 1. Juli 1986 ein HWS-Distorsionstrauma erlitten hatte, fehlte
die Einsicht in ihre psychiatrische Behandlungsbedürftigkeit, weshalb sie die
auf Veranlassung des Dr. med. H.________ begonnene Psychotherapie bei Frau
Dr. med. S.________ bereits anlässlich der zweiten Sitzung abbrach. Die
Beschwerdeführerin war überzeugt, dass alle ihre Schmerzen von der
Halswirbelsäule her kämen und nicht psychisch bedingt seien (Bericht des
Prof. Dr. med. V.________ vom 25. Mai 1999). Umso mehr befürchtete sie, nach
ihren eigenen Angaben vom 26. Juni 2001 in die "psychische Schublade"
eingeordnet zu werden. Das polydisziplinäre Gutachten der Klinik Z.________
vom 1. November 2001, welches entgegen der Versicherten auf einer umfassenden
Berücksichtigung sämtlicher geklagter Beschwerden (also insbesondere auch der
Konzentrationsstörungen und des Schwindels) und auf eingehenden
spezialärztlichen Untersuchungen basiert, zeigte, dass der Status quo sine
sechs Wochen nach dem Unfall erreicht war. Dieses Gutachten ist für die
streitigen Belange umfassend, beruht auf allseitigen Untersuchungen,
berücksichtigt die geklagten Beschwerden und ist in Kenntnis der Vorakten
abgegeben worden; zudem ist es in der Beurteilung der medizinischen
Zusammenhänge sowie der medizinischen Situation einleuchtend und enthält
begründete Schlussfolgerungen (BGE 125 V 352 Erw. 3a). Somit kommt dieser
Expertise grundsätzlich volle Beweiskraft zu. Auch der Neurologe Dr. med.
A.________ fand in den Akten keinerlei Anhaltspunkte für ein organisches
Substrat in Bezug auf die anhaltend und umfangreich geklagten
Gesundheitsstörungen, sondern gelangte zur Überzeugung, dass sechs Wochen
nach dem Unfall die psychische Problematik im Vordergrund stand.

5.
Das kantonale Gericht hat zu Recht bestätigt, dass das leichte Unfallereignis
vom 29. Oktober 1997 nach der allgemeinen Lebenserfahrung und unter Einbezug
der unfallmedizinischen Erkenntnisse (BGE 117 V 366 Erw. 6a mit Hinweis)
nicht geeignet war, einen Gesundheitsschaden zu verursachen, welcher über den
Terminierungszeitpunkt von Ende Oktober 1998 hinaus einen Anspruch auf
Leistungen der Unfallversicherung begründet. Bei einer möglichen
Geltendmachung des Rückforderungsanspruchs hinsichtlich allenfalls
unrechtmässig bezogener Leistungen wird die Beschwerdegegnerin nicht nur die
Fristen im Sinne von Art. 25 Abs. 2 ATSG zu beachten, sondern auch dem
verspäteten Erlass der Terminierungsverfügung unter dem Gesichtspunkt des
Vertrauensschutzes (vgl. BGE 133 V 57 Erw. 6.8 S. 65) Rechnung zu tragen
haben.

6.
Da die Verwaltungsgerichtsbeschwerde offensichtlich unbegründet ist, wird sie
im Verfahren nach Art. 36a OG erledigt.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.

2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Luzern,
Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, und dem Bundesamt für Gesundheit
zugestellt.
Luzern, 2. Mai 2007

Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: