Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen P 37/2006
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{T 7}
P 37/06

Urteil vom 22. Februar 2007

I. sozialrechtliche Abteilung

Bundesrichter Ursprung, Präsident,
Bundesrichterin Widmer, Bundesrichter Schön,
Gerichtsschreiber Wey.

S. ________, 1937, Beschwerdeführerin,

gegen

Amt für Sozialbeiträge Basel-Stadt, Grenzacherstrasse 62, 4005 Basel,
Beschwerdegegner.

Ergänzungsleistung zur AHV/IV,

Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Entscheid des
Sozialversicherungsgerichts Basel-Stadt vom 11. Mai 2006.

Sachverhalt:

A.
Die 1937 geborene S.________ ist Bezügerin einer Altersrente. Am
30. September 2004 meldete sie sich beim Amt für Sozialbeiträge Basel-Stadt
zum Bezug von Ergänzungsleistungen an. Mit Verfügung vom 25. April 2005
verneinte die Verwaltung den Anspruch mit Wirkung ab 1. August 2004. Dabei
wurden Zahlungen im Umfang von Fr. 109'308.-, welche die Beschwerdeführerin
an M.________ (nachfolgend M.) in Sri Lanka ausgerichtet hatte, als
Verzichtsvermögen gemäss Art. 3c Abs. 1 lit. g ELG qualifiziert. Die gegen
die Verfügung eingereichte Einsprache wurde mit Einspracheentscheid vom
18. Oktober 2005 abgelehnt.

B.
Das Sozialversicherungsgericht Basel-Stadt wies die dagegen erhobene
Beschwerde mit Entscheid vom 11. Mai 2006 ab.

C.
S.________ führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Antrag auf Ausrichtung
von Ergänzungsleistungen zur Altersrente mit Wirkung ab 1. August 2004.
Sowohl das Amt für Sozialbeiträge Basel-Stadt als auch das Bundesamt für
Sozialversicherung verzichten auf eine Vernehmlassung.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Am 1. Januar 2007 ist das Bundesgesetz über das Bundesgericht vom 17. Juni
2005 (BGG; SR 173.110) in Kraft getreten (AS 2006 1205, 1243). Damit wurde
das Eidgenössische Versicherungsgericht und das Bundesgericht in Lausanne zu
einem einheitlichen Bundesgericht (an zwei Standorten) zusammengefügt
(Seiler/von Werdt/Güngerich, Bundesgerichtsgesetz [BGG], Bern 2007, S. 10 Rz
75). Dieses Gesetz ist auf die nach seinem Inkrafttreten eingeleiteten
Verfahren des Bundesgerichts anwendbar, auf ein Beschwerdeverfahren jedoch
nur dann, wenn auch der angefochtene Entscheid nach dem Inkrafttreten dieses
Gesetzes ergangen ist (Art. 132 Abs. 1 BGG). Da der kantonale
Gerichtsentscheid am 11. Mai 2006 und somit vor dem 1. Januar 2007 erlassen
wurde, richtet sich das Verfahren nach dem bis 31. Dezember 2006 in Kraft
gestandenen Bundesgesetz über die Organisation der Bundesrechtspflege (OG)
vom 16. Dezember 1943 (vgl. BGE 132 V 395 Erw. 1.2).

2.
Das kantonale Gericht hat die hier massgebenden gesetzlichen Bestimmungen und
von der Rechtsprechung aufgestellten Grundsätze, insbesondere die Norm über
die Anrechnung von Einkünften und Vermögenswerten, auf die verzichtet worden
ist (Art. 3c Abs. 1 lit. g ELG), richtig wiedergegeben. Darauf wird
verwiesen.

3.
Unter sämtlichen Verfahrensbeteiligten besteht Einigkeit darüber, dass die
Beschwerdeführerin im Zeitraum vom 3. Februar 2003 bis 7. August 2003 sechs
Zahlungen im Gesamtwert von Fr. 115'308.- an M. geleistet hat (die Vorinstanz
hat die Summe der Überweisungen richtigerweise [von Fr. 109'308.-] um
Fr. 6000.- erhöht). Unbestritten ist ebenso die Annahme, dass dieser Betrag
nicht mehr einbringlich sein wird. Letztinstanzlich streitig und zu prüfen
ist hingegen, ob dieser Vermögenswert (oder Teile davon) durch Verwaltung und
Vorinstanz zu Recht als Verzichtsvermögen angerechnet wurde.

3.1 Gemäss Darstellungen der Beschwerdeführerin (vgl. insbesondere das
Protokoll der Sitzung des Sozialversicherungsgerichts Basel-Stadt vom 11. Mai
2006 sowie die Beschwerde vom 15. November 2005 gegen den
Einspracheentscheid) lernte sie M. anlässlich eines Kuraufenthaltes in Sri
Lanka im Jahre 2002 kennen; er war stellvertretender Leiter des Hotels, wo
sie während des Aufenthalts logierte. Im Jahre 2003 (Januar bis März) weilte
sie erneut in Sri Lanka. Dabei traf sie auch M. wieder. Zwischen ihnen
entwickelte sich ein freundschaftliches Verhältnis. Nach der Rückkehr der
Beschwerdeführerin besuchte M. sie in der Schweiz, wo er sie mit dem
Vorschlag konfrontierte, ihm Geld für den Kauf einer Teeplantage zu geben;
die Kosten hiefür würden sich auf 45'000.- Euro belaufen. Allerdings könne
sie das Land nicht selber kaufen, weil die beim Landkauf durch Ausländer
anfallende Steuer gleich hoch sei wie der Kaufpreis selbst. Am 3. Februar
2003 stellte die Beschwerdeführerin an M. einen Check im Umfang von
Fr. 7000.-. Das Geld war allerdings nicht für das Land bestimmt, sondern
sollte M. die Anzahlung für einen Autokauf ermöglichen. Eine weitere, im
Zusammenhang mit der ersten stehende Zahlung von Fr. 23'000.- erfolgte am
11. Februar 2003 und sollte ebenfalls dem Kauf des Fahrzeugs dienen. M.
sollte dadurch die Möglichkeit geboten werden, Touristentransporte
durchzuführen, um so ein Auskommen zu erwirtschaften. Obwohl M. das Geld
schliesslich nicht für den Kauf eines Busses verwendete, erstattete er dieses
nicht zurück. Die dritte Zahlung in der Höhe von Fr. 16'000.- war als
Anzahlung für den Landerwerb vorgesehen. Nachdem diese Zahlung an M. getätigt
war, beschlich die Beschwerdeführerin ein schlechtes Gefühl, sodass sie M.
veranlasste, vom Kauf dieses Landes Abstand zu nehmen. Mit der Begründung, es
sei "Landesbrauch", trotzdem eine Zahlung im genannten Umfang zu leisten
(vgl. Protokoll, S. 6), verblieben auch die Fr. 16'000.- in Sri Lanka. In der
Folge wurden drei weitere Zahlungen geleistet: Fr. 24'000.- vom 27. Mai 2003,
Fr. 8'000.- vom 10. Juli 2003 sowie Fr. 37'308.- vom 7. August 2003. Diese
Zahlungen waren für den Kauf der Teeplantage bestimmt.

3.2 Von Verzichtsvermögen im Sinne von Art. 3c Abs. 1 lit. g ELG ist
rechtsprechungsgemäss auszugehen, wenn die genannten Zahlungen ohne
Rechtspflicht, ohne jede Sicherheit und ohne konkrete Gegenleistung gewährt
worden sind, sodass sie unter den gegebenen Umständen als reines va
banque-Spiel zu betrachten sind (unveröffentlichtes Urteil S. vom
30. November 1998 [P 17/97], Erw. 3). Mit den beiden ersten Zahlungen von
insgesamt Fr. 30'000.- schaffte sich M. einen Personenwagen an, den er aber
wieder verkaufte ("der Bus hatte nicht die gewünschte Farbe"; vgl. Protokoll,
S. 6), ohne das Geld danach an die Beschwerdeführerin zu retournieren. Sie
stellte sich vor, M. könnte mit dem Fahrzeug Touristentransporte durchführen
und so einen Verdienst erzielen. Im Sinne einer Gegenleistung für die beiden
Zahlungen sicherte M. der Beschwerdeführerin zu, sie "könne immer wieder nach
Sri Lanka kommen und gratis dort leben" (vgl. Protokoll, S. 5). Der restliche
(sich aus vier Zahlungen zusammensetzende) Betrag im Umfang von Fr. 85'308.-
stand im Zusammenhang mit dem Kauf einer Teeplantage, die M. im eigenen Namen
erwerben sollte. Er stellte der Beschwerdeführerin in Aussicht, den Kaufpreis
zurück zu bezahlen und ihr auch einen Ertrag auszurichten. Er müsse "anhand
einer ersten Ernte ausrechnen, welcher Ertrag" ihr zukomme (vgl. Protokoll,
S. 5). Gemäss der Beschwerdeführerin sagte M. weiter (vgl. Protokoll, S. 5):
"Ich [die Beschwerdeführerin] könne dann gut leben. Einen Betrag nannte M.
nicht". Zur Rückzahlung soll M. gesagt haben (Protokoll, S. 5): "wenn er gute
Ernten habe, würde er mehr pro Monat zurückzahlen. Sonst würde weniger oder
nichts zurückbezahlt." Wie bereits die Vorinstanz richtigerweise festgestellt
hat, bestehen mit Blick auf die getätigten Zahlungen keine rechtsgenüglichen
Hinweise für das Bestehen einer Rechtspflicht. Ebenso fehlen Anhaltspunkte,
die auf (wie auch immer geartete) Sicherheiten hindeuten würden.
Gegenteiliges bringt denn auch die Beschwerdeführerin nicht vor. Im Übrigen
mangelt es, wie vorne dargelegt, offensichtlich an konkreten, den Zahlungen
adäquaten Gegenleistungen. Daraus ergibt sich, dass die Beschwerdeführerin
das vorliegend in Frage stehende Vermögen leichtfertig an M. überwiesen hat
und dadurch - einem va banque-Spiel gleich - das ausgesprochen hohe Risiko
eines vollen Wertverlustes eingegangen ist.

3.3 Die Betrachtungsweise der Vorinstanz, wonach in Bezug auf die Gesamtsumme
von Fr. 115'308.- ein Vermögensverzicht im Sinne von Art. 3c Abs. 1 lit. g
ELG vorliegt, ist somit rechtens.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.

2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht Basel-Stadt
und dem Bundesamt für Sozialversicherungen zugestellt.

Luzern, 22. Februar 2007

Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: