Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen P 35/2006
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P 35/06

Urteil vom 9. Oktober 2007

I. sozialrechtliche Abteilung

Bundesrichter Ursprung, Präsident,
Bundesrichter Lustenberger, Bundesrichter Frésard,
Gerichtsschreiberin Bollinger Hammerle.

Sozialversicherungsanstalt des Kantons St. Gallen, Brauerstrasse 54, 9016 St.
Gallen, Beschwerdeführerin,

gegen

M.________, 1960, Beschwerdegegner.

Ergänzungsleistung zur AHV/IV,

Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts
des Kantons St. Gallen
vom 9. März 2006.

Sachverhalt:

A.
M.________, geboren 1960, nahm mit seiner Familie (Ehefrau und zwei 1991 und
1993 geborene Kinder) am 1. November 2003 im Kanton St. Gallen Wohnsitz. Am
10. Dezember 2003 meldete er sich zum Bezug von Ergänzungsleistungen (EL) an.
Die Sozialversicherungsanstalt des Kantons St. Gallen teilte M.________ am
17. Dezember 2003 mit, eine Berechnung der EL sei erst nach der Zusprechung
einer Invalidenrente möglich. Mit Verfügung vom 9. Februar 2004 sprach die
infolge des früheren Wohnsitzes zuständige IV-Stelle des Kantons Thurgau
M.________ bei einem Invaliditätsgrad von 58 % eine halbe Invalidenrente
rückwirkend ab 1. Juni 2002 zu. Daraufhin setzte die
Sozialversicherungsanstalt des Kantons St. Gallen mit drei Verfügungen vom
5. August 2004 die EL für die Zeit vom 1. bis 31. Dezember 2003, vom
1. Januar bis 29. Februar 2004 sowie ab 1. März 2004 fest. Am 26. August 2004
verfügte sie über den EL-Anspruch vom 1. bis 30. November 2003. Während sie
den Anspruch ab 1. November 2003 bis Ende Februar 2004 ausgehend von einem
hypothetischen Erwerbseinkommen von Fr. 17'300.- berechnete, legte sie der
Kalkulation ab 1. März 2004 ein solches von Fr. 48'824.- zu Grunde. Mit
Verfügung vom 8. November 2004 bestätigte sie die Anrechnung eines
hypothetischen Erwerbseinkommens.
M.________ erhob hiegegen Einsprache. Die Sozialversicherungsanstalt teilte
ihm in einem Schreiben vom 7. Januar 2005 mit, sie sistiere das Verfahren bis
zum Abschluss des seit Herbst 2004 hängigen IV-Revisionsverfahrens. Auf
Beschwerde des M.________ hin hob das Versicherungsgericht des Kantons
St. Gallen die Sistierung des Einspracheverfahrens am 15. Juni 2005 auf. Am
22. Juli 2005 wies die Sozialversicherungsanstalt die Einsprache ab.

B.
In teilweiser Gutheissung der hiegegen erhobenen Beschwerde des M.________
hob das kantonale Versicherungsgericht den Einspracheentscheid am 9. März
2006 auf und wies die Angelegenheit zur Abklärung und neuen Berechnung des
Anspruchs auf Ergänzungsleistungen ab 1. November 2003 an die
Sozialversicherungsanstalt zurück.

C.
Die Sozialversicherungsanstalt führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde und
beantragt die Aufhebung des angefochtenen Entscheides sowie die Feststellung,
dass die jährliche Ergänzungsleistung des M.________ unter Berücksichtigung
eines hypothetischen Einkommens (in Höhe von Fr. 17'300.- für die Zeit von
November 2003 bis Februar 2004 sowie von Fr. 54'126.- von März 2004 bis Juli
2005) zu berechnen sei.
M.________ schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Das
Bundesamt für Sozialversicherungen verzichtet auf eine Vernehmlassung.
Mit Eingabe vom 18. September 2006 reicht M.________ einen Vorbescheid der
IV-Stelle vom 5. September 2006 zu den Akten, wonach ihm wegen einer
erheblichen Verschlechterung des Gesundheitszustandes seit November 2004 bei
einem Invaliditätsgrad von 100 % eine ganze Rente ab 1. Februar 2005 zusteht.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Am 1. Januar 2007 ist das Bundesgesetz über das Bundesgericht vom 17. Juni
2005 (BGG; SR 173.110) in Kraft getreten (AS 2006 1205, 1243). Damit wurden
das Eidgenössische Versicherungsgericht und das Bundesgericht in Lausanne zu
einem einheitlichen Bundesgericht (an zwei Standorten) zusammengefügt
(Seiler/von Werdt/Güngerich, Bundesgerichtsgesetz [BGG], Bern 2007, S. 10
Rz. 75). Dieses Gesetz ist auf die nach seinem Inkrafttreten eingeleiteten
Verfahren des Bundesgerichts anwendbar, auf ein Beschwerdeverfahren jedoch
nur dann, wenn auch der angefochtene Entscheid nach dem Inkrafttreten dieses
Gesetzes ergangen ist (Art. 132 Abs. 1 BGG). Da der kantonale
Gerichtsentscheid am 9. März 2006 und somit vor dem 1. Januar 2007 erlassen
wurde, richtet sich das Verfahren nach dem bis 31. Dezember 2006 in Kraft
gestandenen Bundesgesetz über die Organisation der Bundesrechtspflege (OG)
vom 16. Dezember 1943 (vgl. BGE 132 V 393 E. 1.2 S. 395).

2.
2.1 Das kantonale Gericht legt die Rechtsgrundlagen zur Anrechnung eines
hypothetischen Erwerbseinkommens (Art. 14a ELV) richtig dar. Zutreffend ist
insbesondere, dass nach Art. 14a Abs. 2 ELV bei Teilinvaliden das Einkommen
aus einer zumutbaren Erwerbstätigkeit als Erwerbseinkommen anzurechnen ist,
wobei als anzurechnendes Mindesteinkommen für noch nicht sechzigjährige
Versicherte bei einem Invaliditätsgrad von 50 bis unter 60 Prozent der
Höchstbetrag für den Lebensbedarf nach Art. 3b Abs. 1 lit. a ELG gilt. Nach
der Rechtsprechung kann grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass es dem
teilinvaliden Versicherten vermutungsweise möglich und zumutbar ist, im
Rahmen seines von den Invalidenversicherungs-Organen festgestellten
verbliebenen Leistungsvermögens die in Art. 14a ELV festgelegten Grenzbeträge
zu erzielen. Dies hat eine Umkehr der objektiven Beweislast zur Folge, indem
bei unbewiesen gebliebener Unmöglichkeit, dieses Arbeitsvermögen zu
verwerten, das dem Invaliditätsgrad des Versicherten entsprechende
Erwerbseinkommen angerechnet wird (Urteil des Eidg. Versicherungsgerichtes
P 38/08 vom 21. August 1989, publiziert in: ZAK 1989 S. 572 E. 3c). Die
gesetzliche Vermutung kann durch den Beweis des Gegenteils umgestossen
werden, indem der Ansprecher auch Umstände geltend machen kann, welche bei
der Bemessung der Invalidität ohne Bedeutung waren, ihm jedoch
verunmöglichen, seine theoretische Restarbeitsfähigkeit wirtschaftlich zu
nutzen (BGE 117 V 153 E. 2c S. 156).

2.2 Es obliegt den EL-Durchführungsorganen, in Nachachtung des das
Verwaltungsverfahren beherrschenden Untersuchungsgrundsatzes und unter
Wahrung des rechtlichen Gehörs abzuklären, ob Gründe vorliegen, welche die
Vermutungsfolge der Art. 14a und b ELV umzustossen vermögen. Dabei haben die
betreffenden Stellen lediglich zu prüfen, ob invaliditätsfremde Gründe (wie
Alter, mangelnde Ausbildung oder fehlende Sprachkenntnisse) bestehen, welche
die Verwertung der verbleibenden Erwerbsfähigkeit verunmöglichen. Dagegen ist
es nicht Sache der für die Festsetzung der Ergänzungsleistungen zuständigen
Organe, den nach Massgabe der invalidenversicherungsrechtlich relevanten
Erwerbsunfähigkeit ermittelten Invaliditätsgrad zu überprüfen. Abgesehen
davon, dass es den EL-Durchführungsstellen hiefür an den fachlichen
Voraussetzungen fehlt, gilt es auch zu vermeiden, dass der gleiche
Sachverhalt unter denselben Gesichtspunkten von verschiedenen Instanzen
unterschiedlich beurteilt wird. Die EL-Organe und der
Sozialversicherungsrichter haben sich mit Bezug auf die invaliditätsbedingte
Beeinträchtigung der Erwerbsfähigkeit somit grundsätzlich an die
Invaliditätsbemessung durch die Invalidenversicherung zu halten (BGE 117 V
202 E. 2b S. 205).

2.3 Nach der Rechtsprechung zum zeitlich massgeblichen Sachverhalt (BGE 121 V
362 E. 1b S. 366) ist in tatsächlicher Hinsicht von den gesundheitlichen und
persönlichen Verhältnissen auszugehen, wie sie sich bis und mit Erlass des
Einspracheentscheides (hier: 22. Juli 2005) entwickelt haben. Eine
gesundheitliche Veränderung ist unter Umständen auch dann zu berücksichtigen,
wenn sie der Verwaltung zum Zeitpunkt der Verfügung oder des
Einspracheentscheides noch nicht bekannt oder überwiegend wahrscheinlich war
und damit nicht Gegenstand dieser Entscheide bildet (Urteil des Eidg.
Versicherungsgerichtes P 6/04 vom 4. April 2005, E. 3.1.1 mit Hinweisen). Ist
indessen eine Veränderung des Gesundheitszustandes nicht mit dem
erforderlichen Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit erstellt, sind
neue, revisionsrechtlich erhebliche Erkenntnisse über den Gesundheitszustand
und deren Auswirkungen auf die Arbeits- und Erwerbsfähigkeit im Rahmen eines
EL-Anpassungsverfahrens (Art. 25 ELV) zu berücksichtigen (vgl. das soeben
angeführte Urteil des Eidg. Versicherungsgerichtes P 6/04 vom 4. April 2005
E. 3.1.2).

3.
Streitig und zu prüfen ist die Anrechnung eines hypothetischen Einkommens bei
der Berechnung der Ergänzungsleistung in der Zeit vom 1. November 2003 bis
zum Einspracheentscheid vom 22. Juli 2005.

3.1 Die Vorinstanz erwog, der EL-Ansprecher sei aus verschiedenen Gründen
(gesundheitliche Einschränkungen, lange Abwesenheit vom Arbeitsmarkt,
fehlende Ausbildung) nicht in der Lage, seine Resterwerbsfähigkeit zu
verwerten, weshalb die Vermutung des Art. 14a ELV als umgestossen zu
betrachten sei und die Anrechnung eines hypothetischen Erwerbseinkommens zu
unterbleiben habe. Der Ehefrau sei die Wiederaufnahme einer Erwerbstätigkeit
im Umfang von 80 % zumutbar, mit welcher sie ein hypothetisches Einkommen von
Fr. 33'143.- erzielen könnte. Das kantonale Gericht erwog, hievon seien die
von der Sozialversicherungsanstalt noch zu ermittelnden Beiträge an die
Sozialversicherungen des Bundes (exklusive Krankenkassenprämien) abzuziehen
und die Angelegenheit hiefür an die Sozialversicherungsanstalt
zurückzuweisen.

3.2 Die Sozialversicherungsanstalt bringt vor, die jährliche
Ergänzungsleistung sei ab 1. November 2003 ausgehend von einem hypothetischen
Erwerbseinkommen des (zu jenem Zeitpunkt eine halbe Invalidenrente
beziehenden) EL-Ansprechers von Fr. 17'300.- und ab März 2004 bis Juli 2005
von einem solchen in Höhe von Fr. 54'126.- (Fr. 17'300.- zuzüglich
hypothetisches Erwerbseinkommen der Ehefrau [welche bis Ende Februar 2004
Taggelder der Arbeitslosenversicherung bezogen hatte] von Fr. 36'826.-) zu
berechnen.

4.
4.1 Zum Zeitpunkt des Einspracheentscheides (22. Juli 2005) war das
Revisionsverfahren bezüglich der Invalidenrente des EL-Ansprechers bereits im
Gang und eine (weitere) MEDAS-Begutachtung geplant. Stichhaltige Hinweise auf
eine wesentliche Veränderung der gesundheitlichen Verhältnisse seit der
Verfügung der IV-Stelle vom 9. Februar 2004 lagen indessen (noch) nicht vor.
Zwar attestierte Hausarzt Dr. med. B.________, Allgemeine Medizin FMH, in
einem Bericht vom 29. November 2004 eine gesundheitliche Verschlechterung,
doch waren seine Angaben wenig substantiiert, weshalb die
Sozialversicherungsanstalt nicht darauf abgestellt und nach der damaligen
Aktenlage eine (überwiegend wahrscheinliche) gesundheitliche Verschlechterung
verneint hat. Zwischenzeitlich fand eine Verlaufsbeobachtung in der MEDAS
statt, die - wie aus dem Vorbescheid der IV-Stelle vom 5. September 2006
hervorgeht - eine erhebliche Verschlechterung des Gesundheitszustandes seit
November 2004 ergab, welche zu einer vollständigen Arbeitsunfähigkeit führte.

4.2 Die gesundheitlichen Einschränkungen des Beschwerdeführers in der Zeit
vom 1. November 2003 bis 31. Oktober 2005 wurden im Rahmen der (für die
Festsetzung des hypothetischen Erwerbseinkommens grundsätzlich verbindlichen;
E. 2.2 hievor) Invaliditätsbemessung der Invalidenversicherung ausreichend
berücksichtigt. Die sich auf das Gutachten der MEDAS vom 18. März 2003
stützende Beurteilung des zumutbarerweise verwertbaren Leistungsvermögens ist
nach der zutreffenden Darstellung der Sozialversicherungsanstalt nicht mehr
in Frage zu stellen.
Bezüglich der vom Beschwerdeführer vorgebrachten invaliditätsfremden Gründe
wie Alter, Rückenbeschwerden und mangelnde Sprachkenntnisse sowie begrenztes
Arbeitsangebot in seiner Wohnregion ist festzuhalten, dass der seit 1980 in
der Schweiz lebende, mit einer Schweizerin verheiratete EL-Ansprecher über
die Niederlassungsbewilligung C verfügt und zum Zeitpunkt des
Einspracheentscheides (erst) 45 Jahre alt war. Selbst wenn in der Wohnregion
des Beschwerdeführers die Verhältnisse auf dem freien Arbeitsmarkt angespannt
sind, weshalb es dem ausgesteuerten und teilinvaliden Beschwerdeführer nicht
leicht möglich gewesen wäre, eine passende Stelle zu finden, fehlt es -
entgegen den Erwägungen im angefochtenen Entscheid - am rechtsgenüglichen
Beweis, dass die erwähnten Gründe es ihm trotz Aufbietung allen guten Willens
praktisch verunmöglichten, die in Art. 14a Abs. 2 ELV festgelegten
hypothetischen Einkommensgrenzbeträge tatsächlich zu realisieren. Dies gilt
insbesondere auch deshalb, weil er - obwohl im Rahmen der
Schadenminderungspflicht (BGE 130 V 97 E. 3.3.3 S. 101) hiezu verpflichtet -
entgegen seinen Beteuerungen keine genügenden und ernsthaften
Arbeitsbemühungen vorweisen konnte (vgl. hiezu auch den ähnlich gelagerten,
mit Urteil des Eidg. Versicherungsgerichtes P 6/04 vom 4. April 2005,
beurteilten Sachverhalt [E. 3.1.3]). Die von den zuständigen Sachbearbeitern
des Regionalen Arbeitsvermittlungszentrums (RAV) mehrfach erwähnte fehlende
Motivation zur ernsthaften Stellensuche geht unbestrittenerweise nicht auf
eine Krankheit zurück. Schliesslich ist nicht entscheidend, dass das RAV den
Beschwerdeführer als vermittlungsunfähig erachtete (Urteil des Eidg.
Versicherungsgerichtes P 40/09 vom 17. August 2005 E. 3.3 mit Hinweis auf BGE
109 V 25 E. 3d S. 29).

4.3
4.3.1 Die IV-Stelle geht selbst davon aus, dass sich seit ihrer Verfügung vom
9. Februar 2004 der Gesundheitszustand des EL-Ansprechers erheblich
verschlechtert hat und seit November 2004 eine vollständige
Arbeitsunfähigkeit besteht. Sie teilte die Anpassung des Leistungsanspruches
(Erhöhung der bisherigen halben auf eine ganze Invalidenrente) dem
Versicherten bereits mit Vorbescheid vom 5. September 2006 mit. Für die Zeit
ab 1. November 2004 ist die Sozialversicherungsanstalt somit nicht an die
Invaliditätsbemessung im IV-Verfahren, wie sie der Verfügung vom 9. Februar
2004 zu Grunde liegt, gebunden. Vielmehr kann die vor Erlass des
Einspracheentscheides (am 22. Juli 2005) eingetretene Verschlimmerung der
Leiden im vorliegenden Verfahren nicht unberücksichtigt bleiben (E. 2.3
hievor).

4.3.2 Zu prüfen bleibt, ab welchem Zeitpunkt die vollständige
Arbeitsunfähigkeit den Anspruch auf Ergänzungsleistungen beeinflusst. Gemäss
Art. 22 Abs. 1 ELV, welcher die Nachzahlung bei erstmaliger Geltendmachung
des Ergänzungsleistungsanspruches regelt, beginnt der Anspruch mit dem Monat
der Anmeldung für die Rente, frühestens jedoch mit der Rentenberechtigung,
wenn die Anmeldung für eine Ergänzungsleistung innert sechs Monaten seit der
Zustellung der Rentenverfügung eingereicht wird. Diese Bestimmung findet auch
Anwendung, wenn eine laufende Rente der AHV oder Invalidenversicherung
verfügungsweise geändert wird (Art. 22 Abs. 2 ELV). Art. 25 ELV, der die
Revision der Ergänzungsleistung im Falle von Veränderungen in den
persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnissen der
Ergänzungsleistungsbezüger regelt, normiert die Nachzahlung zumindest
indirekt, indem bei Verminderung des anrechenbaren Einkommens (Art. 25 Abs. 2
lit. b in Verbindung mit Abs. 1 lit. c ELV) auf den Zeitpunkt der Meldung
abzustellen ist. Eine Änderung des Sachverhalts mit Auswirkungen auf die
Anspruchsberechtigung ist schliesslich nach Art. 17 Abs. 2 ATSG ab dem
Zeitpunkt zu berücksichtigen, in dem die Sachverhaltsänderung eintritt.
Rechtsfolgen haben also grundsätzlich dann einzutreten, wenn sich ihre
Grundlagen im Lebenssachverhalt verwirklichen (vgl. Urteil des Eidg.
Versicherungsgerichtes P 51/04 vom 22. April 2005 E. 2.4, publ. in: SVR 2006
EL Nr. 8 S. 27).

4.3.3 Für den hier zu entscheidenden Fall bedeutet dies, dass die ab November
2004 ausgewiesene vollständige Arbeitsunfähigkeit ab 1. November 2004 zu
berücksichtigen ist. Vorinstanz und Beschwerdeführer ist nach dem Gesagten
insoweit zuzustimmen, als ab 1. November 2004 kein hypothetisches
Erwerbseinkommen des Beschwerdeführers angerechnet werden kann. Indessen
fällt die zwischenzeitlich, jedoch nach dem Einspracheentscheid vom 22. Juli
2005, erfolgte Trennung der Ehegatten für das vorliegende Verfahren ausser
Betracht.

5.
5.1 Nach den zutreffenden Erwägungen im angefochtenen Entscheid ist unter dem
Titel des Verzichtseinkommens (Art. 3c Abs. 1 lit. g ELG; E. 3.1 hievor) auch
ein hypothetisches Einkommen der Ehefrau eines EL-Ansprechers anzurechnen,
sofern diese auf eine zumutbare Erwerbstätigkeit oder auf deren zumutbare
Ausdehnung verzichtet (BGE 117 V 287 E. 3b S. 291). Bei der Ermittlung der
zumutbaren Erwerbstätigkeit der Ehefrau kann nicht von den pauschalen
Minimalbeträgen im Sinne von Art. 14b ELV ausgegangen werden, vielmehr ist
der konkrete Einzelfall unter Anwendung familienrechtlicher Grundsätze zu
berücksichtigen (BGE 117 V 287 E. 3c S. 292). Dementsprechend ist auf das
Alter, den Gesundheitszustand, die Sprachkenntnisse, die Ausbildung, die
bisherige Tätigkeit, die konkrete Arbeitsmarktlage sowie gegebenenfalls auf
die Dauer der Abwesenheit vom Berufsleben abzustellen (BGE 117 V 287 E. 3a
S. 290).

5.2 Bezüglich des der Ehefrau des Beschwerdeführers anzurechnenden
hypothetischen Erwerbseinkommens beanstandet die Sozialversicherungsanstalt
drei Punkte.

5.2.1 Zunächst kritisiert sie die Rechtsprechung, wonach das hypothetische
Erwerbseinkommen der Ehefrau in gleicher Weise zu privilegieren ist wie ein
tatsächlich erzieltes (Entscheid des Eidg. Versicherungsgerichtes P 18/99 vom
22. September 2000 E. 1c, publiziert in: AHI 2001 S. 135; bestätigt mit
Urteil P 64/03 vom 27. Februar 2004 E. 3.1.2, publiziert in: HAVE 2004
S. 127). Abgesehen davon, dass das ELG bei der Anrechnung von
Erwerbseinkommen zwischen tatsächlich erzielten und hypothetischen
Erwerbseinkommen nicht unterscheidet, besteht - auch unter Berücksichtigung
der von der Sozialversicherungsanstalt angeführten Literaturstelle (Gion
Pieder Casaulta/ Marco Reichmuth, Moral Hazard in der 1. Säule; in: SZS 2006
S. 208 ff.) - kein Anlass, auf die bisherige Rechtsprechung zurückzukommen.
Im Übrigen hat die Sozialversicherungsanstalt in ihrer Verfügung vom
5. August 2004 betreffend Ergänzungsleistungen ab 1. März 2004 die
Privilegierung beider hypothetischer Erwerbseinkommen nicht in Frage
gestellt.

5.2.2 Weiter bemängelt die Sozialversicherungsanstalt den von der Vorinstanz
zugebilligten Abzug vom Tabellenlohn in Höhe von 10 %.
Bei der Berechnung der Ergänzungsleistung als Bedarfsleistung ist - auch mit
Blick auf den Zweck der Ergänzungsleistungen (angemessene Deckung des
Existenzbedarfs) - möglichst von den konkreten Verhältnissen auszugehen und
den Besonderheiten des Einzelfalles Rechnung zu tragen. Es ist somit etwa
Rücksicht zu nehmen auf den Arbeitsmarkt im fraglichen Zeitpunkt in der Nähe
des Wohnortes der betreffenden Person (Urteil des Eidg.
Versicherungsgerichtes P 18/99 vom 22. September 2000, E. 1b, publiziert in:
AHI 2001 S. 136 E. 2d; bestätigt mit Urteil P 28/04 vom 30. August 2004
E. 2.2, auszugsweise publiziert in: ZVW 59/2004 S. 256). Da die Familie des
EL-Anspreches sehr abgelegen lebt, ist der vorinstanzlich zugestandene 10%ige
Abzug vom Tabellenlohn im Rahmen des Ermessens auch unter dem Gesichtspunkt
der weiten Kognition des Bundesgerichtes (Art. 132 OG) nicht zu beanstanden.
Daran ändert unter Würdigung aller Umstände des konkreten Falles nichts, dass
das kantonale Gericht die regionalen Besonderheiten bereits insoweit
berücksichtigt hat, als sie auf Tabellenlöhne der betreffenden Grossregion
(hier: Ostschweiz) abstellte.

5.2.3 Die Sozialversicherungsanstalt wendet sich schliesslich dagegen, dass
nach den Erwägungen im angefochtenen Entscheid vom hypothetischen
Erwerbseinkommen insbesondere hypothetische Beiträge an die zweite Säule
sowie hypothetische Fahrspesen abzuziehen seien. Diese Einwände sind
begründet. Je nach konkreter Arbeitsstelle sind sehr unterschiedlich hohe
Beiträge an die berufliche Vorsorge zu entrichten und die anfallenden
Fahrspesen variieren je nach Arbeitsort erheblich. Selbst im Rahmen einer auf
Annahmen beruhenden Berechnung geht es zu weit, solche hypothetischen
Feststellungen zu treffen. Vielmehr genügt es, worauf die
Sozialversicherungsanstalt zu Recht hinweist, die AHV-/IV-/EO-Beiträge,
welche in ihrem prozentualen Ausmass klar feststehen, abzuziehen.

5.3 Zeitlich massgebend für die Berechnung der jährlichen EL sind in der
Regel die während des vorausgegangenen Kalenderjahres erzielten anrechenbaren
Einnahmen (Art. 23 Abs. 1 ELV). Ausgehend von den Tabellenlöhnen der vom
Bundesamt für Statistik herausgegebenen Lohnstrukturerhebung 2002 (LSE),
Tabelle 13 S. 62 ("Grossregion Ostschweiz") resultiert, unter
Berücksichtigung der durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit von
41,7 Stunden (Die Volkswirtschaft 2/2007 Tabelle B9.2 S. 94), ein
hypothetisches Erwerbseinkommen der Ehefrau von Fr. 45'649.- (12 x Fr. 3'649
/ 40 x 41,7). Bei einer 80%igen Erwerbstätigkeit ergibt sich ein Einkommen
von Fr. 36'519.20 und unter Berücksichtigung des zusätzlichen Abzuges von
10 % ein solches von Fr. 32'867.30.

6.
Zusammenfassend ist für die Zeit von 1. November 2003 bis 28. Februar 2004
somit ein hypothetisches Erwerbseinkommen in Höhe von Fr. 17'300.-, vom
1. März bis 31. Oktober 2004 ein solches von insgesamt Fr. 50'627.40
(Fr. 17'300.- plus Fr. 33'327.40 [unter Berücksichtigung der Lohnentwicklung
im Jahre 2003: + 1,4 %; Die Volkswirtschaft 12/2006 Tabelle B10.2 S. 83;
durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit: 41,7 Stunden; Die
Volkswirtschaft 12/2005 Tabelle B9.2 S. 94]) und ab 1. November 2004 ein
solches von Fr. 33'327.40 zu berücksichtigen. Dabei handelt es sich um
Beträge vor Abzug der AHV-/IV-/EO- und ALV-Beiträge sowie vor Vornahme der
Privilegierung gemäss Art. 3c Abs. 1 lit. a ELG. Die
Sozialversicherungsanstalt, an welche die Angelegenheit zurückzuweisen ist,
wird bei der Neuberechnung der Ergänzungsleistungen überdies zu
berücksichtigen haben, dass sie in ihrer Verfügung vom 5. August 2004 für die
Monate Januar und Februar 2004 einen Beitragsabzug vergessen und für die
Folgemonate ab März 2004 einen zu geringen Abzug (Fr. 1'908.- bei einem
hypothetischen Erwerbseinkommen von Fr. 48'824.-, somit lediglich 3,9 %)
vorgenommen hat.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird in dem Sinne teilweise gutgeheissen,
als der Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen vom
9. März 2006 und der Einspracheentscheid der Sozialversicherungsanstalt des
Kantons St. Gallen vom 22. Juli 2005 aufgehoben und festgestellt wird, dass
bei der Ermittlung der Ergänzungsleistungen im Sinne der Erwägungen ab
1. November 2003 ein hypothetisches Erwerbseinkommen von Fr. 17'300.-, ab
1. März bis 31. Oktober 2004 ein solches von Fr. 50'627.40.- und ab
1. November 2004 ein solches von Fr. 33'327.40 anzurechnen ist. Im Übrigen
wird die Verwaltungsgerichtsbeschwerde abgewiesen.

2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons
St. Gallen und dem Bundesamt für Sozialversicherungen zugestellt.
Luzern, 9. Oktober 2007

Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin: