Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen K 6/2006
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Prozess {T 7}
K 6/06

Urteil vom 9. Oktober 2006

I. Kammer

Präsidentin Leuzinger, Bundesrichter Ferrari, Ursprung, Meyer und Seiler;
Gerichtsschreiberin Keel Baumann

R.________, Beschwerdeführerin, vertreten durch Rechtsanwalt Marc Tomaschett,
St. Martinsplatz 8, 7002 Chur,

gegen

1. Krankenkasse Aquilana, Bruggerstrasse 46, 5400 Baden,
2. ASSURA Kranken- und Unfallversicherung, avenue C.-F. Ramuz 70, 1009 Pully,
3. Concordia Schweizerische Kranken- und Unfallversicherung, Bundesplatz 15,
6003 Luzern,
4. CSS Kranken-Versicherung AG, Tribschenstrasse 21, 6005 Luzern,
5. Galenos Kranken- und Unfallversicherung, Militärstrasse 36, 8004 Zürich,
6. Groupe Mutuel, rue du Nord 5, 1920 Martigny,
7. Helsana Versicherungen AG, Postfach, 8081 Zürich,
8. Innova Krankenversicherungen AG, Bahnhof-strasse 4, 3073 Gümligen,
9. INTRAS Krankenkasse, rue Blavignac 10, 1227 Carouge GE,
10. KPT/CPT Krankenkasse, Tellstrasse 18, 3014 Bern,
11. Kolping Krankenkasse AG, Ringstrasse 16, 8600 Dübendorf
12. ÖKK Öffentliche Krankenkasse Basel, Spiegelgasse 12, 4001 Basel,
13. ÖKK Cadi, fusioniert mit der ÖKK Graubünden, ÖKK Kranken- und
Unfallversicherungen AG, Bahnhofstrasse 9, 7302 Landquart,
14. ÖKK Kranken- und Unfallversicherungen AG, Bahnhofstrasse 9, 7302
Landquart,
15. ÖKK Küblis, fusioniert mit der ÖKK Graubünden, ÖKK Kranken- und
Unfallversicherungen AG, Bahnhofstrasse 9, 7302 Landquart,
16. ÖKK Luzein, fusioniert mit der ÖKK Graubünden, ÖKK Kranken- und
Unfallversicherungen AG, Bahnhofstrasse 9, 7302 Landquart,
17. ÖKK Schanfigg, fusioniert mit der ÖKK Graubünden, ÖKK Kranken- und
Unfallversicherungen AG, Bahnhofstrasse 9, 7302 Landquart,
18. ÖKK Schiers, fusioniert mit der ÖKK Graubünden, ÖKK Kranken- und
Unfallversicherungen AG, Bahnhofstrasse 9, 7302 Landquart,
19. ÖKK Seewis, fusioniert mit der ÖKK Graubünden, ÖKK Kranken- und
Unfallversicherungen AG, Bahnhofstrasse 9, 7302 Landquart,
20. ÖKK Sursees, fusioniert mit der ÖKK Graubünden, ÖKK Kranken- und
Unfallversicherungen AG, Bahnhofstrasse 9, 7302 Landquart,
21. ÖKK Winterthur AG, Lagerhausstrasse, 8400 Winterthur,
22. PROVITA Gesundheitsversicherung AG, Brunngasse 4, 8400 Winterthur,
23. Sanitas Grundversicherungen AG, Lager-strasse 107, 8004 Zürich,
24. Atupri Krankenkasse, Zieglerstrasse 29, 3000 Bern 65,
25. SUPRA Krankenkasse, chemin de Primerose 35, 1000 Lausanne 3,
26. SWICA Krankenversicherung AG, Rechtsdienst, Römerstrasse 38, 8401
Winterthur,
27. VISANA, Weltpoststrasse 19/21, 3015 Bern,
28. Wincare Versicherungen, Konradstrasse 14, 8400 Winterthur,
alle handelnd durch santésuisse Graubünden, Lukmaniergasse 11a, 7002 Chur,
und diese vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Vincent Augustin, Vazerolgasse 2,
7002 Chur

Schiedsgericht Graubünden, Chur

(Entscheid vom 3. Oktober 2005)

Sachverhalt:

A.
Am 25. Oktober 2004 reichten verschiedene Krankenversicherer, vertreten durch
santésuisse, beim Schiedsgericht Graubünden, Kranken- und Unfallversicherung,
Klage gegen Dr. med. R.________, Spezialärztin für Innere Medizin FMH, ein.
Sie liessen das Rechtsbegehren stellen, die Beklagte sei zu verpflichten,
ihnen wegen unwirtschaftlicher Behandlung für das Jahr 2001 den Betrag von
Fr. 47'536.30 und für 2002 den Betrag von Fr. 46'221.40, eventuell nach
richterlichem Ermessen, zurückzuerstatten. Die Ergänzung des Rechtsbegehrens
für 2003 wurde ausdrücklich vorbehalten. Mit Entscheid vom 3. Oktober 2005
trat das Schiedsgericht auf die Klage betreffend das Jahr 2003 nicht ein
(Dispositiv-Ziffer 1), hiess die Klage für die Jahre 2001 und 2002 gut
(Dispositiv-Ziffer 2) und verpflichtete Dr. med. R.________, den im Rubrum
aufgeführten Krankenkassen für die Jahre 2001 und 2002 Fr. 93'757.70 zu
bezahlen (Dispositiv-Ziffer 3). Es verpflichtete Dr. med. R.________ zur
Tragung von 2/3 und die Klägerinnen zur Tragung von 1/3 der Gerichtskosten
von Fr. 6'456.- (Dispositiv-Ziffer 4) sowie Dr. med. R.________ zudem zur
Bezahlung einer reduzierten aussergerichtlichen Entschädigung
(einschliesslich Mehrwertsteuer) von Fr. 1'000.- an die im Rubrum
aufgeführten Krankenversicherer (Dispositiv-Ziffer 5).

B.
Dr. med. R.________ lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen und die
Aufhebung der Dispositiv-Ziffern 2, 3, 4 und 5 des angefochtenen Entscheides
sowie die Abweisung der Klage beantragen. Eventualiter sei die Sache zur
Neubeurteilung an das kantonale Gericht zurückzuweisen.

Während santésuisse als Vertreterin der im Rubrum aufgeführten
Krankenversicherer auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde schliesst,
verzichtet das Bundesamt für Gesundheit auf eine Vernehmlassung.

Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

1.
Ob die streitigen Rückforderungen wegen unwirtschaftlicher Behandlung im
Sinne von Art. 56 KVG gemäss kantonalem Entscheid zu Recht bestehen, ist im
Lichte der im fraglichen Zeitraum (1. Januar 2001 bis 31. Dezember 2002)
gültig gewesenen Rechtsvorschriften zu prüfen. Das am 1. Januar 2003 in Kraft
getretene Bundesgesetz vom 6. Oktober 2000 über den Allgemeinen Teil des
Sozialversicherungsrechts (ATSG) ist nicht anwendbar (BGE 131 V 11 Erw. 1 mit
Hinweisen).

Nach Art. 56 Abs. 1 KVG muss der Leistungserbringer sich in seinen Leistungen
auf das Mass beschränken, das im Interesse der Versicherten liegt und für den
Behandlungszweck erforderlich ist. Für Leistungen, die über dieses Mass
hinausgehen, kann die Vergütung verweigert werden (Art. 56 Abs. 2 Satz 1
KVG). Eine nach diesem Gesetz dem Leistungserbringer zu Unrecht bezahlte
Vergütung kann zurückgefordert werden (Art. 56 Abs. 2 Satz 2 KVG).

2.
Beim Rückforderungsstreit wegen unwirtschaftlicher Behandlung zwischen
Krankenversicherern und Leistungserbringern geht es nicht um
Versicherungsleistungen im Sinne von Art. 132 OG (BGE 119 V 449 Erw. 1;
RKUV 2003 Nr. KV 250 S. 221 Erw. 4.1 [Urteil X. vom 24. April 2003, K 9/00]).
Das Eidgenössische Versicherungsgericht prüft daher nur, ob das
vorinstanzliche Gericht Bundesrecht verletzte, einschliesslich Überschreitung
oder Missbrauch des Ermessens, oder ob der rechtserhebliche Sachverhalt
offensichtlich unrichtig, unvollständig oder unter Verletzung wesentlicher
Verfahrensbestimmungen festgestellt wurde (Art. 132 in Verbindung mit Art.
104 lit. a und b sowie Art. 105 Abs. 2 OG).

3.
3.1 Die Beschwerdeführerin macht - wie bereits in der Klageantwort vor
Vorinstanz - geltend, einige Krankenversicherer, welche Leistungen erbracht
hätten, seien unter der Klägerschaft nicht aufgeführt, namentlich der KKV St.
Moritz, bei welchem ein Grossteil ihrer Patienten versichert sei, und die ÖKK
Celerina. Die übrigen Krankenversicherer könnten deshalb nicht den ganzen
Betrag für sich zurückfordern.

3.2 Was das Jahr 2001 anbelangt, hatten die Beschwerdegegner vor Vorinstanz
replicando ausgeführt, die Umsätze dieses Jahres seien gegenüber dem KKV St.
Moritz und der ÖKK Celerina aufgrund eines Zusammenarbeitsvertrages bei der
Groupe Mutuel registriert, was die Beschwerdeführerin duplicando nicht
bestritt. Dass die Vorinstanz diese plausibel scheinenden Angaben der
Beschwerdegegner übernommen hat, ist im Lichte von Art. 105 Abs. 2 OG im
Verfahren vor dem Eidgenössischen Versicherungsgericht nicht zu beanstanden,
erweisen sich diese doch nicht als offensichtlich unrichtig im Sinne dieser
Bestimmung. Nach der Rechnungsstellerstatistik von santésuisse hat die Groupe
Mutuel im Jahre 2001 bei den direkten Kosten Vergütungen in der Höhe von
Fr. 137'245.- abgerechnet. Diesem Betrag entsprechen etwa die im Jahr 2002
beim KKV St. Moritz und der ÖKK Celerina aufgeführten Vergütungen von
insgesamt Fr. 108'925.-, aufgerechnet um die kleineren Beträge der übrigen
Versicherer. Bei dieser Sachlage kann als erstellt gelten, dass die Groupe
Mutuel, welche vorinstanzlich als Klägerin aufgetreten ist, für das Jahr 2001
Leistungen erbracht hat.

Im Jahr 2002 führt die Rechnungsstellerstatistik von santésuisse hingegen die
Groupe Mutuel nicht als Leistungserbringerin auf, sondern nur die genannten
Kassen, welche sich indessen an der Klage nicht beteiligt haben.

3.3 Rückforderungsberechtigt für die zu Unrecht bezahlte Vergütung ist im
System des Tiers payant der Versicherer (Art. 56 Abs. 2 lit. b KVG). Damit
ist derjenige Versicherer gemeint, welcher die Vergütung effektiv bezahlt
hat. Nach der Rechtsprechung ist eine Kollektivklage aller Versicherer,
vertreten durch den Krankenkassenverband, zulässig und eine Spezifikation der
auf den einzelnen Versicherer entfallenden Beträge nicht erforderlich
(BGE 127 V 286 Erw. 5d; vgl. auch Urteil X. vom 23. November 2004, K 116/03,
Erw. 2.6). Die interne Aufteilung des erstrittenen Betrags unter den Klägern
ist deren Sache. Es schadet daher auch nicht, wenn einzelne Kläger in der
fraglichen Zeit keine Leistung erbracht haben, wie dies die
Beschwerdeführerin in Bezug auf die ÖKK Winterthur geltend macht; diese wird
gegebenenfalls bei der internen Aufteilung leer ausgehen.

Dies ändert aber nichts daran, dass der Rückforderungsanspruch den einzelnen
Krankenversicherern zusteht, weshalb die einzelnen Krankenversicherer unter
Angabe des Vertretungsverhältnisses in der Klage und im Rubrum des
Sachentscheides aufzuführen sind (RKUV 2003 KV Nr. 250 S. 221 [Urteil X. vom
24. April 2003, K 9/00]). Wenn eine Gruppe von Versicherern klagt, so kann
sie daher nur den Betrag einklagen, den die Mitglieder dieser Gruppe
geleistet haben. Sie kann aber nicht - ohne entsprechende Vollmacht oder
Forderungsabtretung - einen Betrag einklagen, den andere, in dieser Gruppe
nicht vertretene Versicherer, vergütet haben. Nachdem gemäss den eigenen
Angaben der Beschwerdegegner die Groupe Mutuel nur im Jahr 2001, nicht aber
im Jahr 2002 für den KKV St. Moritz und die ÖKK Celerina abgerechnet hat,
diese beiden Versicherer sich aber an der Klage nicht beteiligt haben, ist
der entsprechende Betrag für das Jahr 2002 von vornherein nicht geschuldet.

4.
4.1 Bei der Wirtschaftlichkeitsprüfung der ärztlichen Tätigkeit nach
Art. 56 KVG kann sowohl die statistische Methode
(Durchschnittskostenvergleich) als auch die analytische Methode
(Einzelfallprüfung) - oder eine Kombination beider Methoden - zur Anwendung
gelangen (BGE 119 V 454 Erw. 4d; SVR 2005 KV Nr. 4 S. 14 Erw. 6.1 [in BGE 130
V 377 teilweise publiziertes Urteil X. vom 18. Mai 2004, K 150/03]; vgl. auch
Christian Schürer, Honorarrückforderung wegen Überarztung bei ambulanter
ärztlicher Behandlung - Materiellrechtliche Aspekte, in: Schaffhauser/Kieser
[Hrsg.], Wirtschaftlichkeitskontrolle in der Krankenversicherung, St. Gallen
2001, S. 78 ff.; Eugster, Wirtschaftlichkeitskontrolle ambulanter ärztlicher
Leistungen mit statistischen Methoden, Bern 2003, S. 74 ff. und 89 ff.). Auch
wenn die statistische Methode der analytischen wo möglich vorgezogen werden
soll und die analytische Methode im Allgemeinen nur dann zur Anwendung
gelangt, wenn es an zuverlässigen Angaben für einen
Durchschnittskostenvergleich fehlt, sind die kantonalen Schiedsgerichte in
der Wahl der Prüfmethode grundsätzlich frei (SVR 2005 KV Nr. 4 S. 14 Erw. 6.1
[Urteil X. vom 18. Mai 2004, K 150/03]).

4.2 Wird der Entscheid darüber, ob und in welchem Umfang der Arzt oder die
Ärztin die Vorschrift der Wirtschaftlichkeit der Behandlung verletzt hat, auf
Grund der statistischen Methode (Durchschnittskostenvergleich) gefällt, ist
zu beachten, dass rechtsprechungsgemäss keine Kontrolle aller Positionen
sämtlicher Rechnungen verlangt wird. Die Prüfung kann sich vielmehr darauf
beschränken, dass die durchschnittlichen Behandlungskosten des betreffenden
Arztes oder der betreffenden Ärztin mit denjenigen anderer Ärzte unter
ähnlichen Bedingungen verglichen werden. Voraussetzung für die Anwendbarkeit
dieser Methode ist, dass sich das Vergleichsmaterial hinreichend ähnlich
zusammensetzt und sich der Vergleich über einen genügend langen Zeitraum
erstreckt, wodurch bloss zufällige Unterschiede mehr oder weniger
ausgeglichen werden. Eine Überarztung liegt vor, wenn eine ins Gewicht
fallende Zahl von Rechnungen desselben Arztes oder derselben Ärztin an eine
Krankenkasse im Vergleich zur Zahl von Rechnungen von Ärzten in geographisch
gleichem Tätigkeitsbereich und mit etwa gleichem Krankengut im Durchschnitt
erheblich höher ist, ohne dass den Durchschnitt beeinflussende Besonderheiten
geltend gemacht werden können (BGE 119 V 453 Erw. 4b mit Hinweisen; SVR 2001
KV Nr. 19 S. 52 Erw. 4b [Urteil N. vom 16. Februar 2000, K 144/97]; Urteil C.
vom 1. März 2006, K 142/05, Erw. 7.2; vgl. auch Schürer, a.a.O., S. 82 f.).
Falls die Wirtschaftlichkeit in Anwendung der statistischen Methode beurteilt
wird, darf eine Unwirtschaftlichkeit nicht schon bei Überschreitung des
statistischen Mittelwertes (100 Indexpunkte) vermutet werden. Vielmehr ist
den Ärzten und Ärztinnen einerseits ein Toleranzbereich (BGE 119 V 454 Erw.
4c in fine) und zudem allenfalls ein Zuschlag zu diesem Toleranzwert (zu dem
den Toleranzbereich begrenzenden Indexwert) zuzugestehen, um spezifischen
Praxisbesonderheiten Rechnung zu tragen. Nach der Rechtsprechung liegt der
Toleranzbereich zwischen 120 und 130 Indexpunkten (SVR 2005 KV Nr. 4 S. 14
Erw. 6.2 [Urteil X. vom 18. Mai 2004, K 150/03]; Urteile C. vom 1. März 2006,
K 142/05, Erw. 7.2, und L. vom 2. Dezember 2005, K 148/04, Erw. 3.3.1).

5.
5.1 Das Schiedsgericht hat seiner Beurteilung des Rückerstattungsanspruches
aus unwirtschaftlicher Behandlung nach Art. 56 KVG die statistische Methode
im Sinne der Rechtsprechung zugrunde gelegt. Dabei hat es festgestellt, dass
die Beschwerdeführerin bei den direkten Arztkosten (ohne Medikamente) in den
Jahren 2001 und 2002 gemäss statistischer Methode einen Index von 147 bzw.
148 Punkten erreicht hat, welche Werte nicht bestritten werden.

5.2 Dass die Vorinstanz der statistischen Methode den Vorrang eingeräumt hat,
ist bundesrechtlich nicht zu beanstanden, sind doch keinerlei stichhaltige
Gründe ersichtlich, welche hier gegen die Anwendung des
Durchschnittkostenvergleichs sprechen. Namentlich liegt eine genügende
statistische Grundlage vor und werden - insbesondere nach der (das Ergebnis
indessen nicht beeinflussenden) Bereinigung der Vergleichsgruppe - keine
hinreichend substantiierten Besonderheiten der Praxis geltend gemacht, welche
eine Analyse des Einzelfalles erforderten (vgl. BGE 119 V 453 Erw. 4b;
SVR 2005 KV Nr. 4 S. 14 Erw. 6.1 [Urteil X. vom 18. Mai 2004, K 150/03]). Für
die von der Beschwerdeführerin bereits im vorinstanzlichen Verfahren
beantragte Einzelfallprüfung besteht aus diesem Grunde kein Anlass.

5.3 Die Beschwerdeführerin macht geltend, sie könne aufgrund ihrer breiteren
Ausbildung (Innere Medizin, Gynäkologie, Pädiatrie und ORL) viele Leistungen
direkt erbringen, ohne die Patienten an Spezialärzte oder Spitäler zu
überweisen, wie im Übrigen auch die Blaue Kommission des Bündner Ärztevereins
(in ihrem Entscheid vom 11. November 2003) anerkannt habe. Sie rügt, das
Schiedsgericht habe dieses Argument verworfen, ohne das von ihr beantragte
Beweisverfahren durchgeführt zu haben. Auch bei den Medikamenten sei ihr
Index unterdurchschnittlich. Bei einer Gesamtbetrachtung lägen die von ihr
verursachten (direkten und veranlassten) Kosten (Gesamtkostenindex von 119
[2001] bzw. 110 Punkten [2002]) innerhalb des Toleranzrahmens.

5.3.1 Im angefochtenen Entscheid wird anerkannt, dass die veranlassten Kosten
bei der Beschwerdeführerin mit einem Index von 95 Punkten im Jahr 2001 und
von 82 Punkten im Jahr 2002 unterdurchschnittlich ausgefallen sind. Nach
Auffassung der Vorinstanz vermag die Beschwerdeführerin daraus indessen
nichts zu ihren Gunsten abzuleiten, weil sie nicht in der Lage ist, den
Beweis zu erbringen, dass die Einsparungen in den veranlassten Kosten kausal
mit den durch die besondere Behandlung bei den direkten Arztkosten
anfallenden Mehrkosten zusammenhängen.

5.3.2 Nach der bisherigen Rechtsprechung ist die Wirtschaftlichkeit der
Behandlung für die Bereiche der Arzt- und Medikamentenkosten getrennt zu
beurteilen (nicht veröffentlichtes Urteil S. vom 29. Oktober 1993, K 101/92,
Erw. 8). Dass Mehraufwendungen im einem Leistungsbereich Minderaufwendungen
in einem anderen Leistungssegment gegenüberstehen, hat das Eidgenössische
Versicherungsgericht indessen unter dem Titel der kompensatorischen
Einsparungen, allerdings "nur in sehr beschränktem Masse", wie wiederholt
festgehalten wurde, berücksichtigt. Im in RKUV 1986 Nr. K 654 S. 3
auszugsweise publizierten (unter der Herrschaft von Art. 23 KUVG ergangenen)
Urteil D.A. vom 5. September 1985, K 49/84, hatte sich das Eidgenössische
Versicherungsgericht erstmals mit der Frage zu befassen, ob eine Kompensation
zwischen einem überhöhten Fallwert bei den direkten Arztkosten (Index von
143) und unterdurchschnittlichen Medikamentenkosten (Index von 16) möglich
sei. Dabei verneinte es die Frage mit der Begründung, dass selbst wenn ein
sachlicher Zusammenhang zwischen niedrigen Medikamentenkosten (als Folge
einer zurückhaltenden Verschreibungspraxis) und hohen Arztkosten (als Folge
einer intensiveren persönlichen Betreuung durch den Arzt) bejaht würde, dies
eine Kompensation nur in sehr beschränktem Masse zu rechtfertigen vermöchte
(nicht publizierte Erw. 5a). Diese Rechtsprechung wurde in Erw. 4c des in
RKUV 1988 Nr. K 761 S. 92 nur mit den Leitsätzen wiedergegebenen Urteils S.
vom 19. Oktober 1987, K 97/85, bestätigt. In dieselbe Richtung zielt
schliesslich das nicht veröffentlichte Urteil S. vom 29. Oktober 1993,
K 101/92, in dessen Erw. 8 ausgeführt wurde, dass die im Bereich der
Medikamentenverschreibung geübte Zurückhaltung keinen oder nur sehr bedingten
Rückschluss auf die übrige Tätigkeit des Arztes zulasse und selbst wenn ein
Kausalzusammenhang zwischen unterdurchschnittlichen Medikamentenkosten und
hohen Arztkosten zu bejahen wäre, dies eine Kompensation nur in sehr
beschränktem Masse rechtfertigen würde. Unter Hinweis auf die fehlende
Überprüfungsmöglichkeit mangels Vorliegens statistischer Daten wurde auch dem
Argument eines Arztes, seine Behandlungsweise ermögliche die Vermeidung
einiger stationärer Spitalaufenthalte, in BGE 119 V 455 Erw. 5a nicht
gefolgt. In einem kürzlich ergangenen Urteil C. Vom 1. März 2006, K 142/05,
Erw. 8.2.1, ging das Eidgenössische Versicherungsgericht auf das von einer
Ärztin vorgebrachte Argument der kompensatorischen Einsparung im Zusammenhang
mit unterdurchschnittlichen Medikamentenkosten schon deshalb nicht weiter
ein, weil die Medikamentenkosten jedenfalls durch deutlich
überdurchschnittliche Arzt- und veranlasste Kosten "mehr als kompensiert"
waren.

5.3.3 Sprechen keine entscheidenden Gründe zu Gunsten einer Praxisänderung,
ist die bisherige Praxis beizubehalten. Gegenüber dem Postulat der
Rechtssicherheit lässt sich eine Praxisänderung grundsätzlich nur begründen,
wenn die neue Lösung besserer Erkenntnis der Ratio legis, veränderten
äusseren Verhältnissen oder gewandelten Rechtsanschauungen entspricht. Nach
der Rechtsprechung ist eine bisherige Praxis zu ändern, wenn sie als
unrichtig erkannt oder wenn deren Verschärfung wegen veränderter Verhältnisse
oder zufolge zunehmender Missbräuche für zweckmässig gehalten wird (BGE 131 V
110 Erw. 3.1, 130 V 372 Erw. 5.1, 495 Erw. 4.1, 129 V 373 Erw. 3.3, 126 V 40
Erw. 5a, 125 I 471 Erw. 4a, je mit Hinweisen).
Eine Änderung der in Erw. 5.3.2 dargestellten Rechtsprechung drängt sich in
dem Sinne auf, dass im Rahmen der Wirtschaftlichkeitskontrolle grundsätzlich
eine Gesamtbetrachtung Platz zu greifen hat und dementsprechend auf den die
Arzt-, die Medikamenten- und - soweit möglich - die veranlassten Kosten
berücksichtigenden Gesamtkostenindex abzustellen ist. Denn nach BGE 130 V 379
f. Erw. 7.4 und 7.5 erstreckt sich das Wirtschaftlichkeitsgebot auf sämtliche
Teile der ärztlichen Behandlung und findet für alle gesetzlichen Leistungen,
insbesondere auch in Bezug auf die Verordnung von Arzneimitteln, Analysen
sowie von Mitteln und Gegenständen oder die Anordnung von Leistungen anderer
Leistungserbringer, Anwendung. Aus diesem Grunde unterliegen der
Rückerstattungspflicht des Arztes oder der Ärztin wegen unwirtschaftlicher
Behandlung grundsätzlich auch die Vergütungen der Kosten für die auf
Veranlassung des Arztes oder der Ärztin erbrachten Leistungen sowie die von
ihnen verordneten und von den Apotheken abgegebenen Arzneimittel. Daraus
folgt aber umgekehrt, dass auch dann eine Gesamtbetrachtung erforderlich ist,
wenn diese sich zu Gunsten des Arztes oder der Ärztin auswirkt: Sinn und
Zweck von Art. 56 KVG ist nicht die Begrenzung des ärztlichen Einkommens,
sondern die Sicherstellung der Wirtschaftlichkeit der Behandlung (vgl. auch
Erw. 8.2.3 des Urteils C. vom 1. März 2006, K 142/05). Wenn beispielsweise
ein Arzt oder eine Ärztin zwar selber überdurchschnittlich viele Leistungen
erbringt, dies aber mit unterdurchschnittlichen veranlassten Kosten
kompensiert, ist das von Art. 56 KVG anvisierte Ziel ebenfalls erreicht. Es
würde im Hinblick auf das Ziel der Wirtschaftlichkeit falsche Anreize
schaffen, wenn die veranlassten Kosten nicht einbezogen würden: Ärzte, welche
viele Kosten veranlassen, hätten zwar geringe direkte Arztkosten pro Patient,
würden aber indirekt höhere und möglicherweise unwirtschaftliche Kosten
verursachen (vgl. Mathias Wenger, in: Schaffhauser/ Schlauri [Hrsg.], Medizin
und Sozialversicherung im Gespräch, St. Gallen 2006, S. 74). Zudem könnte der
Arzt oder die Ärztin den eigenen bescheidenen Aufwand pro Patient
einkommensmässig durch eine grosse Zahl von Patienten kompensieren. Wer sich
mit weniger Patienten begnügt, diese dafür eingehender behandelt und damit
viele indirekte Kosten einspart, würde demgegenüber bestraft, weil er pro
Patient höhere direkte Kosten hat. Es kann nicht der Sinn von Art. 56 KVG
sein, derart falsche Anreize zu schaffen.

5.3.4 Das Erfordernis einer Gesamtbetrachtung gälte übrigens auch,  wenn man
der Kritik der Lehre an BGE 130 V 377 (Monika Gattiker, Veranlasste Kosten -
Einbezug in die Forderungen wegen Überarztung nach Art. 56 Abs. 2 KVG, in:
AJP 2005 S. 1098 ff.; Edouard Iselin, Polypragmasie et étendue de
l'obligation de restitution au sens de l'art. 56 al. 2 LAMal, in: SZS 2006 S.
106 ff.) folgen würde. Denn diese Kritik gründet sich darauf, dass Art. 56
KVG nur die Rückforderung der dem Leistungserbringer bezahlten Vergütung
erlaube, schliesst aber nicht aus, dass für die Frage, ob diese Vergütung
überhöht ist, auf den die veranlassten Kosten einschliessenden
Gesamtkostenindex abgestellt wird (vgl. Iselin, a.a.O., S. 117).

5.3.5 Wenn der Gesamtkostenindex entscheidend ist, kann es nicht
ausschlaggebend sein, ob ein Kausalzusammenhang zwischen Reduktionen bei den
einen Kosten und Mehrausgaben bei anderen Kosten nachgewiesen ist. Auch
innerhalb der direkten Arztkosten wird ein solcher nachgewiesener
Kausalzusammenhang nicht verlangt. Abgesehen davon wäre es kaum möglich
(worauf auch Eugster, a.a.O., S. 251 f., hinweist), einen solchen Nachweis
tatsächlich zu erbringen. Es entspricht allgemeiner Lebenserfahrung, dass
beispielsweise ein vermehrter Abklärungs-, Beratungs- und Behandlungsaufwand
sich in tieferen Medikamentenkosten niederschlagen kann (vgl. auch Eugster,
a.a.O., S. 255 f. Rz 751). Wenn ein solcher Zusammenhang tatsächlich besteht,
ist dies im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtbetrachtung grundsätzlich zu
berücksichtigen. Es geht nicht an, durch praxisfremde Anforderungen an einen
Kausalnachweis die falschen Anreize, die durch eine getrennte Betrachtung von
Arzt-, Medikamenten- und veranlassten Kosten entstehen, zu perpetuieren.
Demgegenüber rechtfertigt sich eine Gesamtbetrachtung nicht, wenn konkrete
Anzeichen bestehen, dass die niedrigen Kosten im einen Bereich auf äussere
Umstände zurückzuführen sind, die dem Arzt oder der Ärztin gewissermassen
unverdient zugute kommen. Solche Umstände sind jedoch im Falle der niedrige
veranlasste Kosten aufweisenden Beschwerdeführerin nicht dargetan.

5.3.6 Eine wirkliche Gesamtbetrachtung müsste allerdings auch die durch
Überweisung an Spezialärzte und Spitäler veranlassten Kosten einbeziehen,
welche Daten  nicht erhoben worden sind. Die Beschwerdeführerin hat immerhin
in ihrer Klageantwort geltend gemacht, dass bei ihr auch die Zahl der
Überweisungen an Spezialisten und Spitäler unterdurchschnittlich sei, und
entsprechende Beweisanträge gestellt. Ihr Vorbringen wird untermauert durch
die Feststellung der Blauen Kommission im Entscheid vom 11. November 2003,
wonach die Beschwerdeführerin wenig Kosten für Zuweisungen an Spezialärzte
und Spitäler generiere. Unter diesen Umständen geht es nicht an, auf die
Erhebung der beantragten Beweise zu verzichten und der Beschwerdeführerin
vorzuwerfen, sie habe ihre Behauptungen nicht bewiesen. Dies gilt umso mehr,
als für den entsprechenden Nachweis nicht unbedingt eine aufwändige
Einzelfallanalyse erforderlich wäre, sondern statistische Angaben, welche am
ehesten von den Krankenversicherern beschafft werden können, genügten (vgl.
Schürer, a.a.O., S. 85 und 89).

Da nach den Akten keine Hinweise bestehen, dass die Beschwerdeführerin durch
die Überweisung an Spezialärzte und Spitäler überdurchschnittliche Kosten
verursacht hat, bleibt der Gesamtkostenindex von 119 Punkten im Jahr 2001
bzw. 110 Punkten im Jahr 2002 massgebend, welcher innerhalb des gemäss
angefochtenem Entscheid auf 130 Punkte festzusetzenden Toleranzrahmens liegt.
Bei dieser Sachlage hat die Vorinstanz die Beschwerdeführerin zu Unrecht zur
Rückerstattung von Fr. 93'757.70 für die Jahre 2001 und 2002 verpflichtet.

6.
Verfahren gegen den Leistungserbringer um Rückforderungen wegen
Unwirtschaftlichkeit der Behandlungsweise sind kostenpflichtig (BGE 119 V 455
Erw. 6).

Entsprechend dem Ausgang des Prozesses haben die Beschwerdegegner die
Gerichtskosten zu tragen und der anwaltlich vertretenen Beschwerdeführerin
eine Parteientschädigung auszurichten (Art. 159 Abs. 2 in Verbindung mit Art.
135 OG).

Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:

1.
In Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird der Entscheid des
Schiedsgerichts Graubünden, Kranken- und Unfallversicherung, vom 3. Oktober
2005 aufgehoben und die die Jahre 2001 und 2002 betreffende
Rückforderungsklage abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 6'500.- werden den Beschwerdegegnern auferlegt.

3.
Der geleistete Kostenvorschuss von Fr. 6'500.- wird der Beschwerdeführerin
zurückerstattet.

4.
Die Beschwerdegegner haben der Beschwerdeführerin für das Verfahren vor dem
Eidgenössischen Versicherungsgericht eine Parteientschädigung von Fr. 2'500.-
(einschliesslich Mehrwertsteuer) zu bezahlen.

5.
Das Schiedsgericht Graubünden, Kranken- und Unfallversicherung, wird über
eine Parteientschädigung für das kantonale Verfahren entsprechend dem Ausgang
des letztinstanzlichen Prozesses zu befinden haben.

6.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Schiedsgericht Graubünden, Kranken- und
Unfallversicherung, und dem Bundesamt für Gesundheit zugestellt.

Luzern, 9. Oktober 2006

Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts

Die Präsidentin der I. Kammer: Die Gerichtsschreiberin: