Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen K 24/2006
Zurück zum Index Sozialrechtliche Abteilungen 2006
Retour à l'indice Sozialrechtliche Abteilungen 2006


Prozess {T 7}
K 24/06

Urteil vom 3. Juli 2006
IV. Kammer

Präsident Ursprung, Bundesrichter Schön und Frésard; Gerichtsschreiberin
Polla

K.________, 1923, Beschwerdeführer,

gegen

Universa Krankenkasse, Verwaltung, Rue du Nord 5, 1920 Martigny,
Beschwerdegegnerin

Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen, St. Gallen

(Entscheid vom 24. Januar 2006)

Sachverhalt:

A.
Der 1923 geborene K.________ ist obligatorisch bei der Universa Krankenkasse,
Groupe Mutuel Versicherungen (nachfolgend: Universa) krankenversichert.
Nachdem in der Zeit von Februar bis August 2004 Kostenbeteiligungen im Betrag
von Fr. 62.50 nicht beglichen worden waren, betrieb die Universa den
Versicherten für diese Ausstände nebst Zins zu 5 % ab 14. Februar 2005
(zuzüglich  Fr. 20.- für Mahnspesen und Fr. 30.- für Umtriebskosten, Fr. 30.-
für die Kosten des Zahlungsbefehls und eine Inkassogebühr von Fr. 5.-). Mit
Verfügung vom 4. März 2005 beseitigte die Universa die gegen ihren
Zahlungsbefehl Nr. 05/431 des Betreibungsamtes X.________ erhobenen
Rechtsvorschlag im Betrag von Fr. 112.50 (Fr. 147.50 abzüglich Kosten des
Zahlungsbefehls von Fr. 30.- und Inkassogebühr von Fr. 5.-). Dagegen erhob
K.________ Einsprache, welche die Universa mit Einspracheentscheid vom
25. Mai 2005 abwies.

B.
Die hiegegen eingereichte Beschwerde wies das Versicherungsgericht des
Kantons St. Gallen, soweit darauf einzutreten war, mit Entscheid vom
24. Januar 2006, ab. Es verpflichtete K.________, der Universa den Betrag von
Fr. 112.50 (für ausstehende Kostenbeteiligungen sowie für Mahngebühren und
Umtriebsspesen) zu bezahlen und beseitigte den in der Betreibung Nr. 05/431
des Betreibungsamtes X.________ erhobenen Rechtsvorschlag. Ferner überband es
K.________ die Gerichtskosten in der Höhe von Fr. 400.- wegen mutwilliger
Prozessführung.

C.
K.________ führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit folgenden Anträgen:
"1. Der angefochtene Entscheid vom 24. Januar 2006 sei
aufzuheben, eventuell zur Neubeurteilung an die Vorinstanz
zurückzuweisen.
2. Die durch den Berufungskläger geltend gemachte Forderung sei
zu schützen.
3. Die durch die Berufungsbeklagte geltend gemachten Forderungen
seien abzuweisen.
4. Unter Kosten- und Entschädigungsfolgen."

Die Universa beantragt Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Das
Bundesamt für Gesundheit hat auf eine Vernehmlassung verzichtet.

Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

1.
Soweit der Beschwerdeführer auch letztinstanzlich die vorerst nicht erfolgte
Kostengutsprache im Zusammenhang mit der stationär durchgeführten
Augenoperation beanstandet, kann darauf nicht eingetreten werden, da die
zuständige Behörde hiezu nicht in Form einer Verfügung Stellung genommen hat,
weshalb es insoweit an einem Anfechtungsgegenstand und somit an einer
Sachurteilsvoraussetzung fehlt (BGE 125 V 414 Erw. 1a, 119 Ib 36 Erw. 1b, je
mit Hinweisen). Ebenfalls nicht Prozessgegenstand bilden die behaupteten, zur
Verrechnung gestellten eigenen Forderungen, wobei die Vorinstanz den
Versicherten zu Recht darauf aufmerksam machte, dass ihm ein solches Recht
nicht zusteht (SVR 2006 KV Nr. 11 S. 32 [Urteil L. vom 22. Juli 2005,
K 114/03]). Gegenstand des vorliegenden Prozesses bilden einzig die im Rahmen
des Betreibungsverfahrens Nr. 05/431 des Betreibungsamtes X.________ geltend
gemachten Forderungen der Krankenkasse.

2.
Die versicherte Person hat sich an den für sie im Rahmen der obligatorischen
Krankenversicherung erbrachten Leistungen jährlich in Form eines festen
Jahresbetrages (Franchise) sowie eines - 10 % der die Franchise bis zu einem
jährlichen Höchstbetrag übersteigenden Behandlungskosten betragenden -
Selbstbehaltes zu beteiligen (Art. 64 Abs. 1 und 2 lit. a und b KVG in
Verbindung mit Art. 93 und 103 KVV). Entrichten Versicherte fällige Prämien
oder Kostenbeteiligungen trotz Mahnung nicht, hat der Versicherer laut
Art. 90 Abs. 3 KVV (BGE 131 V 147) das Vollstreckungsverfahren einzuleiten
(zur auch nach In-Kraft-Treten des ATSG auf den 1. Januar 2003 gleich
gebliebenen Rechtsordnung: RKUV 2004 Nr. KV 306 S. 464 f. Erw. 5.3.1 und
5.3.2 mit Hinweisen [Urteil M. vom 26. August 2004, K 68/04]).

3.
Umstritten sind von der Beschwerdegegnerin für die Zeit vom 27. Februar bis
23. August 2004 geforderte Kostenbeteiligungen von Fr. 62.50 sowie Mahn- und
Verwaltungskosten im Betrag von Fr. 50.-.
3.1 Wie sich aus den Akten ergibt, werden die geltend gemachten
Kostenbeteiligungen von Fr. 62.50 weder hinsichtlich ihres Bestandes noch in
Bezug auf den jeweiligen konkreten Betrag in grundsätzlicher Weise
bestritten. Sie haben folglich - auch im Lichte der detaillierten
Zusammenstellung der Beschwerdegegnerin im Rahmen ihrer vorinstanzlichen
Beschwerdeantwort vom 14. September 2005 - als ausgewiesen zu gelten.

3.2 Der Versicherer war ausserdem befugt, die geltend gemachten Mahn- und
Bearbeitungsgebühren von insgesamt Fr. 50.- (Fr. 20.- Mahnspesen, Fr. 30.-
Bearbeitungsgebühren [vgl. Zahlungsbefehl vom 21. Februar 2005]) zu erheben,
da die erforderliche Grundlage in den Allgemeinen Versicherungsbestimmungen
(in Kraft seit 1. Januar 2003, Art. 12. Ziff. 2 lit. a), existiert, die
Unterlassung der Kostenbeteiligungszahlungen als schuldhaft zu qualifizieren
ist und die Entschädigung angesichts der konkreten Umstände als betragsmässig
angemessen erscheint (vgl. BGE 125 V 277 Erw. 2c/bb mit Hinweisen; Urteil S.
vom 2. Februar 2006, K 112/05, Erw. 4.3; zur unveränderten Rechtslage nach
In-Kraft-Treten des ATSG: RKUV 2004 Nr. KV 306 S. 465 Erw. 5.3.3 mit
Hinweisen [Urteil M. vom 26. August 2004, K 68/04]). Korrekt sind sodann die
vorinstanzlichen Ausführungen zur   Erhebung von Verzugszinsen von 5 % auf
den ausstehenden Kostenbeteiligungen. Gemäss Rechtsprechung besteht auch nach
In-Kraft-Treten des ATSG keine gesetzliche Grundlage für die Erhebung von
Verzugs- oder Vergütungszinsen auf ausstehenden Kostenbeteiligungen der
versicherten Person. Art. 26 ATSG bietet hiezu keine gesetzliche Grundlage
(Urteil T. vom 12. Januar 2006, K 40/05) und in Art. 90 Abs. 2 KVV hat der
Verordnungsgeber lediglich für die Prämien einen Verzugszinssatz festgesetzt.

3.3 Was in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde vorgebracht wird, vermag an
diesem Ergebnis nichts zu ändern. Namentlich legt der Beschwerdeführer auch
nach Kenntnisnahme jeder einzelnen für die geltend gemachten
Kostenbeteiligungen massgebenden Abrechnung der Leistungserbringer nicht
substanziiert dar, in welchen konkreten Punkten diese Forderungen
unberechtigt sein sollen. Er beschränkt sich vielmehr hauptsächlich auf die
Geltendmachung eigener Umtriebskosten, welche ihm durch das angeblich gegen
den Grundsatz von Treu und Glauben verstossende Verhalten der Universa im
Zusammenhang mit der Augenoperation und der geplanten Hüftoperation
entstanden seien, worauf aber nicht näher einzugehen ist (Erw. 1 hievor). Da
die Vorinstanz sämtliche entscheidwesentlichen Tatbestandselemente
berücksichtigt (BGE 99 V 188; vgl. auch BGE 124 V 181 Erw. 1a, 118 V 58
Erw. 5b, 117 Ib 492 Erw. 6b/bb, je mit Hinweisen) und ihren Entscheid
umfassend und nachvollziehbar begründet hat (BGE 124 V 181 Erw. 1a mit
Hinweisen), geht sodann die diesbezügliche Rüge der Gehörsverletzung im Sinne
von Art. 29 Abs. 2 BV und Art. 6 Abs. 1 EMRK fehl. Ebenso wenig ist
ersichtlich, inwiefern die Vorinstanz bei ihrem Entscheid gegen das in Art. 9
BV verankerte Willkürverbot verstossen haben soll.

3.4 Somit bleibt zu prüfen, ob die zu Lasten des Beschwerdeführers verfügte
Auferlegung der vorinstanzlichen Gerichtskosten bundesrechtmässig ist. Da
Art. 61 lit. a ATSG am allgemeinen prozessualen Grundsatz der Einschränkung
der Kostenfreiheit im Falle mutwilliger oder leichtsinniger Prozessführung
festhält, hat die dazu entwickelte Rechtsprechung unter der Herrschaft des
ATSG weiterhin Geltung (SVR 2004 EL Nr. 2 S. 6 Erw. 2.3 und 3 [Urteil M. vom
4. September 2003, P 23/03], mit Hinweisen).
Nach ständiger Rechtsprechung kann leichtsinnige oder mutwillige
Prozessführung vorliegen, wenn die Partei ihre Stellungnahme auf einen
Sachverhalt abstützt, von dem sie weiss oder bei der ihr zumutbaren Sorgfalt
wissen müsste, dass er unrichtig ist. Mutwillige Prozessführung kann unter
anderem auch angenommen werden, wenn eine Partei vor der Rekursbehörde an
einer offensichtlich gesetzwidrigen Auffassung festhält. Leichtsinnige oder
mutwillige Prozessführung liegt aber so lange nicht vor, als es der Partei
darum geht, einen bestimmten, nicht als willkürlich erscheinenden Standpunkt
durch das Gericht beurteilen zu lassen. Dies gilt auch dann, wenn das Gericht
die Partei im Laufe des Verfahrens von der Unrichtigkeit ihres Standpunktes
überzeugen und zu einem entsprechenden Verhalten (Beschwerderückzug)
veranlassen will. Die Erhebung einer aussichtslosen Beschwerde darf einer
leichtsinnigen oder mutwilligen Beschwerdeführung nicht gleichgesetzt werden.
Das Merkmal der Aussichtslosigkeit für sich allein lässt einen Prozess noch
nicht als leichtsinnig oder mutwillig erscheinen. Vielmehr bedarf es
zusätzlich des subjektiven - tadelnswerten - Elements, dass die Partei die
Aussichtslosigkeit bei der ihr zumutbaren vernunftgemässen Überlegung ohne
weiteres erkennen konnte, den Prozess aber trotzdem führt (SVR 2004 EL Nr. 2
S. 6 Erw. 3 mit Hinweisen).

3.5 Aus dem in Erw. 1 und Erw. 3.3 Gesagten sowie den vorinstanzlichen
Darlegungen, auf welche verwiesen wird, ist ersichtlich, dass der Standpunkt
des Beschwerdeführers klar unbegründet ist. Wenn die Vorinstanz annahm, dass
der Beschwerdeführer bei der ihm zumutbaren Sorgfalt ohne weiteres hätte
erkennen können, dass er sich auf einen unrichtigen Sachverhalt stützte und
sein Rechtsmittel somit aussichtslos war, verstösst es nicht gegen
Bundesrecht, wenn die Vorinstanz ihm die Gerichtsgebühr von Fr. 400.-
auferlegt hat.

4.
Bezüglich der Frage, ob und in welcher Höhe die versicherte Person sich an
den Kosten der für sie vom Krankenversicherer erbrachten Leistungen zu
beteiligen hat, ist das Verfahren kostenfrei, da es sich um einen
Versicherungsleistungsstreit, handelt (Art. 134 OG).

Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten
ist.

2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3.
Der geleistete Kostenvorschuss von Fr. 500.- wird dem Beschwerdeführer
zurückerstattet.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons
St. Gallen und dem Bundesamt für Gesundheit zugestellt.
Luzern, 3. Juli 2006

Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts

Der Präsident der IV. Kammer: Die Gerichtsschreiberin: