Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen K 148/2006
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{T 7}
K 148/06

Urteil vom 3. April 2007
II. sozialrechtliche Abteilung

Bundesrichter U. Meyer, Präsident,
Bundesrichter Lustenberger, Seiler,
Gerichtsschreiber Maillard.

E. ________ S.A., Beschwerdeführerin,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Josef Scherrer, Dufourstrasse 56, 8008
Zürich,

gegen

Bundesamt für Gesundheit, Kranken- und Unfallversicherung,
Schwarzenburgstrasse 165, 3003 Bern, Beschwerdegegner.

Krankenversicherung,

Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Entscheid der Eidgenössischen
Rekurskommission für die Spezialitätenliste vom 7. November 2006.

Sachverhalt:

A.
Mit Verfügung vom 15. März 2004 senkte das Bundesamt für Gesundheit (BAG)
zufolge neuer Prüfung der Wirtschaftlichkeit nach vom Schweizerischen
Heilmittelinstitut (Swissmedic) zum 25. September 2002 genehmigter
Indikationserweiterung (neu auch Behandlung von akuten manischen Episoden)
die Preise für das ursprünglich zur Behandlung von Schizophrenie zugelassene
Medikament Z.________ (Filmtabletten) der Firma E.________ S.A. ab 1. Mai
2004 um 2 %.

B.
Die Firma erhob gegen die Preissenkung Beschwerde, welche die Eidgenössische
Rekurskommission für die Spezialitätenliste (heute Bundesverwaltungsgericht)
mit Entscheid vom 7. November 2006 abwies.

C.
Die Firma lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen und beantragen, der
angefochtene Entscheid sei aufzuheben und von einer Preissenkung auf
Z.________ Filmtabs sei abzusehen.
Das Bundesamt für Gesundheit verzichtet auf eine materielle Stellungnahme.

D.
Auf Gesuch der Firma hin erteilte das Präsidium der II. sozialrechtlichen
Abteilung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit Verfügung vom 6. Februar 2007
aufschiebende Wirkung.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Das Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (BGG [SR 173.110])
ist am 1. Januar 2007 in Kraft getreten (AS 2006 1205 und 1243). Da der
angefochtene Entscheid vorher ergangen ist, richtet sich das Verfahren noch
nach OG (Art. 132 Abs. 1 BGG; BGE 132 V 393 E. 1.2 S. 395).

2.
In zeitlicher Hinsicht sind grundsätzlich diejenigen Rechtssätze massgebend,
die bei der Erfüllung des zu Rechtsfolgen führenden Tatbestandes Geltung
haben (BGE 130 V 447 E. 1.2.1, 127 V 467 E. 1).

3.
Die strittige Verfügung hat nicht die Bewilligung oder Verweigerung von
Versicherungsleistungen zum Gegenstand. Das Bundesgericht prüft daher nur, ob
das vorinstanzliche Gericht Bundesrecht verletzte, einschliesslich
Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens, oder ob der rechtserhebliche
Sachverhalt offensichtlich unrichtig, unvollständig oder unter Verletzung
wesentlicher Verfahrensbestimmungen festgestellt wurde (Art. 132 in
Verbindung mit Art. 104 lit. a und b sowie Art. 105 Abs. 2 OG).

4.
Streitig und zu prüfen ist, ob das Bundesamt für Gesundheit zu Recht den
Preis für das Medikament Z.________ Filmtabs mit Wirkung ab 1. Mai 2004
gesenkt hat.

5.
Die Vorinstanz hat im angefochtenen Entscheid die anwendbaren gesetzlichen
Grundlagen (Art. 32 Abs. 1 und 52 Abs. 1 lit. b KVG; Art. 65 Abs. 2 KVV und
Art. 34 KLV) zutreffend dargelegt. Richtig ist auch, dass die auf den 10. Mai
2006 in Kraft getretenen Änderungen der KVV, insbesondere deren Art. 66
(Indikationserweiterung), nicht anwendbar sind (vgl. E. 2).

6.
6.1 Es ist unbestritten, dass das Medikament Z.________ eine von der
Swissmedic genehmigte Indikationserweiterung erfahren hat und dass es für die
erweiterte Indikation wirksam und zweckmässig ist. Nach der noch unter dem
KUVG begründeten Rechtsprechung ist bei einer Erweiterung der Indikation eine
neue Wirtschaftlichkeitsprüfung durchzuführen (E. 5 des Urteils F. AG vom
15. August 1988 [K 77/87]). Das Bundesgericht hat entgegen der im
angefochtenen Entscheid bestätigten Auffassung des Bundesamtes für Gesundheit
bisher nie ausdrücklich dazu Stellung genommen, ob diese Praxis auch unter
der Herrschaft des seit 1. Januar 1996 in Kraft stehenden KVG gilt. In BGE
127 V 275 E. 3b S. 281 handelt es sich lediglich um eine beiläufige Erklärung
dessen, was im Urteil K 77/87 festgestellt wurde. Im Hinblick auf die in
Art. 32 Abs. 1 KVG stipulierten allgemeinen Grundsätze der Wirksamkeit,
Zeckmässigkeit und Wirtschaftlichkeit sowie der gesetzgeberischen Absicht
folgend, an der im Bereich der Spezialitätenliste geltenden Ordnung
grundsätzlich nichts zu ändern (BGE 127 V 275 E. 2b S. 278 mit Hinweisen),
kann indessen nicht in Frage gestellt werden, dass auch unter der Herrschaft
des KVG die Indikationsausweitung eines Präparates eine
Wirtschaftlichkeitsprüfung nach sich ziehen muss. Die Verwaltungspraxis ist
daher, entgegen den Vorbringen der Beschwerdeführerin, gesetzeskonform.

6.2 Für die Beurteilung der Wirtschaftlichkeit eines Arzneimittels werden in
sinngemässer Anwendung der für die Aufnahme eines Arzneimittels in die
Spezialitätenliste geltenden Bestimmungen berücksich-tigt: a. dessen
Fabrikabgabepreise im Ausland; b. dessen Wirksamkeit im Verhältnis zu anderen
Arzneimitteln gleicher Indikation oder ähnlicher Wirkungsweise; c. dessen
Kosten pro Tag oder Kur im Verhältnis zu den Kosten von Arzneimitteln
gleicher Indikation oder ähnlicher Wirkungsweise; d. bei einem Arzneimittel
im Sinne von Artikel 31 Absatz 2 Buchstaben a und b ein Innovationszuschlag
für die Dauer von höchstens 15 Jahren (Art. 34 Abs. 2 KLV). Wie der
Preisvergleich mit dem Ausland durchzuführen ist, richtet sich sinngemäss
nach Art. 35 KLV.

6.3 Die Parteien sind sich insofern einig, dass kein Vergleichspräparat zur
Verfügung steht und dass der Tagestherapiekostenvergleich zu keinem fassbaren
Ergebnis führt. Ein Innovationszuschlag wird nicht geltend gemacht. Unter
diesen Umständen kommt dem Auslandpreisvergleich entscheidende Bedeutung zu.
Dieser Vergleich führt bei den Filmtabletten unbestrittenermassen zu einer
Differenz von 2 %. Da der Fabrikationsabgabepreis eines Arzneimittels in der
Regel den durchschnittlichen Fabrikabgabepreis, abzüglich der Mehrwertsteuer,
dieses Arzneimittels in Ländern mit wirtschaftlich vergleichbaren Strukturen
im Pharmabereich nicht überschreiten darf (Art. 35 Abs. 1 KLV), und die
Beschwerdeführerin bei näherer Betrachtungsweise letztlich keine triftigen
Gründe geltend macht, die zum Abweichen von dieser Regel berechtigen würden,
hat der Beschwerdegegner zu Recht eine entsprechende Preissenkung
vorgenommen. Es kann daher dem Bundesamt kein Vorwurf dahingehend gemacht
werden, es habe gleichsam automatisch von der (relativ geringfügigen)
Preisdifferenz auf Unwirtschaftlichkeit in entsprechendem Umfange
geschlossen, was als Beschränkung seines Beurteilungs- und
Ermessensspielraumes (der ihm in Fragen der hier sich stellenden Art zusteht
und den es auch auszuschöpfen hat) unzulässig wäre. Die Qualifizierung der
zweiprozentigen Abweichung als unwirtschaftlich ist umso mehr gerechtfertigt,
als die nach Art. 35 Abs. 2 2. Satz KLV subsidiär in den Vergleich
einzubeziehenden Länder eine weitaus grössere Differenz (22,4 %) zu Ungunsten
des Medikamentes Z.________ ergeben würden.

7.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird die unterliegende Beschwerdeführerin
kostenpflichtig (Art. 134 OG e contrario in Verbindung mit Art. 156 OG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 15'000.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt
und mit dem geleisteten Kostenvorschuss verrechnet.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Bundesverwaltungsgericht zugestellt.
Luzern, 3. April 2007

Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: