Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen K 135/2006
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K 135/06

Urteil vom 27. April 2007
II. sozialrechtliche Abteilung

Bundesrichter U. Meyer, Präsident,
Bundesrichter Lustenberger, Borella, Kernen, Seiler,
Gerichtsschreiberin Keel Baumann.

Visana, Weltpoststrasse 19, 3015 Bern, Beschwerdeführerin,

gegen

D.________, 1978, Beschwerdegegnerin.

Krankenversicherung,

Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des
Kantons Bern vom 5. Oktober 2006.

Sachverhalt:

A.
Die 1978 geborene D.________ ist erwerbstätig und wohnt bei ihren Eltern. Vom
5. bis 9. Februar 2002 wurde sie stationär im Spital X.________ behandelt.
Mit Rechnung vom 7. März 2002 forderte die Visana als zuständiger
Krankenversicherer von D.________ die Rückerstattung der von ihr übernommenen
Kosten für die ärztliche Behandlung und den Spitalaufenthalt (Franchise,
Selbstbehalt und Spitalkostenbeitrag) in der Höhe von Fr. 288.85 (wovon
insgesamt Fr. 40.- auf die täglichen Spitalkosten entfallen). Am 22. März
2002 teilte D.________ der Visana mit, dass sie mit der Anrechnung des
Spitalkostenbeitrages von Fr. 10.- pro Tag (total Fr. 40.-) nicht
einverstanden sei, da sie mit ihren Eltern im gleichen Haushalt lebe und
damit von der Beteiligung an den Kosten befreit sei. Auf Begehren der
Versicherten erliess die Visana am 29. Mai 2002 eine Verfügung, mit welcher
sie D.________ zur Bezahlung des täglichen Spitalkostenbeitrages von Fr. 40.-
verpflichtete. Daran hielt sie auf Einsprache der Versicherten fest
(Entscheid vom 11. Juli 2002).

B.
Beschwerdeweise liess D.________ beim Verwaltungsgericht des Kantons Bern
sinngemäss beantragen, der Einspracheentscheid sei aufzuheben und es sei
festzustellen, dass sie der Visana keinen Beitrag an die Kosten des
Spitalaufenthalts vom 5. bis 9. Februar 2002 schulde. Mit Verfügung vom
4. September 2002 sistierte der Instruktionsrichter den Prozess bis zur
Erledigung eines am (damaligen) Eidgenössischen Versicherungsgericht (heute:
Bundesgericht) hängigen Verfahrens. Nach Aufhebung der Sistierung und
Abschluss des Schriftenwechsels hiess das Verwaltungsgericht die Beschwerde
gut, hob den Einspracheentscheid auf und stellte fest, dass D.________ der
Visana keinen Beitrag an die Kosten des Spitalaufenthalts vom 5. bis 9.
Februar 2002 schuldet (Entscheid vom 5. Oktober 2006).

C.
Die Visana führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Antrag, der
angefochtene Entscheid sei aufzuheben und D.________ zu verpflichten, den
Spitalkostenbeitrag zu bezahlen.
Sowohl die Versicherte als auch das Bundesamt für Gesundheit verzichten auf
eine Vernehmlassung.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Das Bundesgesetz über das Bundesgericht vom 17. Juni 2005 (BGG; SR 173.110)
ist am 1. Januar 2007 in Kraft getreten (AS 2006 1205, 1243). Da der
angefochtene Entscheid vorher ergangen ist, richtet sich das Verfahren noch
nach OG (Art. 132 Abs. 1 BGG; BGE 132 V 393 E. 1.2 S. 395).

2.
2.1 Gemäss Art. 64 Abs. 5 KVG leisten die Versicherten einen nach der
finanziellen Belastung der Familie abgestuften Beitrag an die Kosten des
Aufenthalts im Spital. Der Bundesrat setzt den Beitrag fest. Gestützt darauf
hat der Bundesrat in Art. 104 Abs. 1 KVV den täglichen Beitrag an die Kosten
des Aufenthalts im Spital auf 10 Franken festgesetzt. Keinen Beitrag zu
entrichten haben nach Abs. 2 - neben hier nicht weiter interessierenden
Fällen (lit. b und c) - die Versicherten, welche mit einer oder mehreren
Personen, mit denen sie in einer familienrechtlichen Beziehung stehen, in
gemeinsamem Haushalt leben (lit. a).

2.2 Die Vorinstanz und die Beschwerdegegnerin vertreten die Auffassung, dass
auch erwachsene Kinder, die mit ihren Eltern im gleichen Haushalt leben, von
der Kostenbeteiligung im Sinne von Art. 104 Abs. 2 lit. a KVV befreit seien,
welche Voraussetzung bei der Beschwerdegegnerin erfüllt wäre. Demgegenüber
stellt sich die Beschwerdeführerin auf den Standpunkt, ausgenommen von der
Beitragspflicht seien nur Kinder, für welche eine Unterstützungspflicht
bestehe, was bei der Beschwerdegegnerin nicht der Fall wäre.

2.3 Ausgangspunkt jeder Auslegung bildet der Wortlaut der Bestimmung. Ist der
Text nicht ganz klar und sind verschiedene Interpretationen möglich, so muss
nach seiner wahren Tragweite gesucht werden unter Berücksichtigung aller
Auslegungselemente. Abzustellen ist dabei namentlich auf die
Entstehungsgeschichte der Norm und ihren Zweck, auf die dem Text zu Grunde
liegenden Wertungen sowie auf die Bedeutung, die der Norm im Kontext mit
anderen Bestimmungen zukommt. Die Gesetzesmaterialien sind zwar nicht
unmittelbar entscheidend, dienen aber als Hilfsmittel, um den Sinn der Norm
zu erkennen (BGE 131 I 394 E. 3.2 S. 396, 131 II 361 E. 4.2 S. 368, 131 V 90
E. 4.1 S. 93, 174 E. 3.1 S. 176, 431 E. 6.1 S. 439, 130 II 202 E. 5.1 S. 211
mit Hinweisen). Namentlich bei neueren Texten kommt den Materialien eine
besondere Stellung zu, weil veränderte Umstände oder ein gewandeltes
Rechtsverständnis eine andere Lösung weniger nahe legen (BGE 131 V 286 E. 5.2
S. 292, 128 I 288 E. 2.4 S. 292, 124 II 372 E. 6a S. 377). Das Bundesgericht
hat sich bei der Auslegung von Erlassen stets von einem Methodenpluralismus
leiten lassen und nur dann allein auf das grammatische Element abgestellt,
wenn sich daraus zweifelsfrei die sachlich richtige Lösung ergab
(BGE 131 II 697 E. 4.1 S. 703, 124 II 372 E. 5 S. 376 mit Hinweisen).
Verordnungsrecht ist gesetzeskonform auszulegen. Es sind die
gesetzgeberischen Anordnungen, Wertungen und der in der Delegationsnorm
eröffnete Gestaltungsspielraum mit seinen Grenzen zu berücksichtigen.

2.4 Der Wortlaut von Art. 104 Abs. 2 lit. a KVV, welcher an das Bestehen
einer familienrechtlichen Beziehung (französisch "relation relevant du droit
de la famille", italienisch "rapporto attinente al diritto di famiglia")
anknüpft, erscheint auf den ersten Blick klar. Das Eltern-Kind-Verhältnis
(Art. 252 und 255 ff. ZGB) ist im ZGB im Teil "Familienrecht" geregelt und
dauert grundsätzlich bis zum Tode eines der Beteiligten an. Allerdings kann
der Begriff der "Familie" in einem engeren oder weiteren Sinne verstanden
werden (BGE 121 V 125 E. 2 c/cc S. 128). Schon das ZGB verwendet den Begriff
der Familie bisweilen in einem Sinne, der nicht alle Eltern-Kind-Beziehungen,
sondern nur die in einem gemeinsamen Haushalt lebenden oder die gegenseitig
unterhaltspflichtigen Familienmitglieder umfasst (z.B. Art. 163, 165, 169,
177). Auch die Überschrift des 9. Titels des ZGB "Die Familiengemeinschaft"
umfasst unterschiedliche Rechtsinstitute, nämlich die Unterstützungspflicht
(Art. 328-330 ZGB), die Hausgewalt (Art. 331-334bis ZGB), welche einerseits
über die Verwandtschaftsverhältnisse hinausgeht (Art. 331 Abs. 2 ZGB),
andererseits nur die im gleichen Haushalt lebenden Personen umfasst, sowie
das Familienvermögen (Art. 335- 348 ZGB).
Nicht nur im Zivilrecht, sondern auch im Sozialversicherungsrecht kommt dem
Terminus der "familienrechtlichen Beziehung" kein einheitlicher
Begriffsinhalt zu (Eugster, Krankenversicherung, in: Schweizerisches
Bundesverwaltungsrecht [SBVR], 2. Aufl., Basel 2006, S. 761 Rz. 1063 und Fn.
1666). Soweit dieses Rechtsgebiet überhaupt auf familienrechtliche
Beziehungen zwischen Eltern und Kindern abstellt, versteht es darunter bzw.
unter dem Begriff "Kind" im Allgemeinen nur das Verhältnis zu Kindern, für
welche eine Unterhaltspflicht besteht (vgl. Art. 22ter und 25 AHVG; Art. 9
FLG). Das gilt namentlich auch für das Krankenversicherungsrecht: Soweit
dieses auf den Begriff der Familie oder des Kindes Bezug nimmt, sind damit
nur die unmündigen oder die noch in Ausbildung stehenden Kinder gemeint, so
in Art. 61 Abs. 3 KVG, welche Umschreibung offensichtlich auch für Art. 64
Abs. 4 KVG bzw. Art. 93 Abs. 3 KVV gilt, sowie Art. 3 Abs. 2 KVV, auf welche
Bestimmung auch in Art. 4-6 KVV verwiesen wird.

2.5 Unter systematischen Gesichtspunkten, namentlich mit Blick auf Art. 61
Abs. 3 KVG, liegt es somit nahe, auch im Zusammenhang mit Art. 64 Abs. 5 KVG
bzw. dem darauf gestützten Art. 104 Abs. 2 lit. a KVV nur an die
Familienangehörigen in einem engeren Sinne zu denken, d.h. an
Familienmitglieder, zwischen denen Unterhalts- oder Unterstützungspflichten
bestehen. Hinzu kommt, dass sich in Art. 27 Abs. 2 UVV eine analoge (in der
Krankenversicherung nicht direkt anwendbare) Bestimmung findet, gemäss
welcher bei Verheirateten oder Alleinstehenden, die für minderjährige oder in
Ausbildung begriffene Kinder zu sorgen haben, kein Abzug vom Taggeld für die
Unterhaltskosten in der Heilanstalt vorgenommen wird.  Die Norm bezieht sich
zwar auf die - mit den Kosten des Spitalaufenthaltes nicht ohne weiteres
vergleichbaren - Taggelder (RKUV 2006 Nr. KV 363 S. 147 E. 5.3 in fine
[Urteil K 121/01 vom 6. März 2006]). Immerhin lehnt sich aber Art. 64 Abs. 5
KVG bewusst an die - gesetzliche Grundlage von Art. 27 UVV bildende -
Regelung des Art. 17 Abs. 2 UVG (in Kraft bis 31. Dezember 2002; aufgehoben
mit Inkraftsetzung von Art. 67 ATSG) an (Botschaft des Bundesrates über die
Revision der Krankenversicherung vom 6. November 1991, BBl 1992 I 93 ff.,
196). In der Lehre wird denn auch in Bezug auf Art. 67 ATSG sowie Art. 64
Abs. 5 KVG die Auffassung vertreten, der Abzug bezwecke, die Unterhalts- und
Unterstützungspflichten zu berücksichtigen (Ueli Kieser, ATSG-Kommentar,
Zürich 2003, Rz. 15 zu Art. 67; Eugster, a.a.O., S. 761 Rz. 1063 f.).
Nicht überzeugend ist demgegenüber das von der Vorinstanz vorgebrachte
systematische Argument, dass auch in Art. 104 Abs. 2 lit. c KVV nicht auf die
Familie Bezug genommen werde; denn diese Litera dient nicht der Umsetzung von
Art. 64 Abs. 5 KVG, sondern ergibt sich daraus, dass die dort anvisierten
Versicherten gemäss Art. 103 Abs. 6 KVV eine Pauschale für Franchise und
Selbstbehalt bezahlen, welche auch die Kostenbeteiligung umfasst.

2.6 Aufschlussreich ist sodann die Entstehungsgeschichte von Art. 104 Abs. 2
lit. a KVV: Gemäss Art. 107 Abs. 2 lit. a und b des Vernehmlassungsentwurfs
sollten vom Kostenbeitrag befreit sein einerseits die Versicherten mit
Unterhalts- und Unterstützungspflichten, andererseits die Kinder bis zum
vollendeten 18. Altersjahr; eine Befreiung für erwachsene Kinder war nicht
vorgesehen. Nachdem in der Vernehmlassung kritisiert worden war, dass diese
Ausnahmeregelung zu weit gehe, schränkte das EDI den Kreis der
beitragsbefreiten Personen ein auf Versicherte, die zueinander in einer
familienrechtlichen Beziehung stehen und zugleich in einem gemeinsamen
Haushalt leben. Damit sollte dem Umstand Rechnung getragen werden, dass in
der Regel nur bei Versicherten, welche allein leben, durch die Übernahme der
Verpflegungskosten bei Spitalaufenthalt eine Kosteneinsparung entsteht. Nicht
eingegangen wurde auf den Vorschlag, nur die Kinder (und nicht auch die
Eltern) von der Beitragszahlung zu befreien, mit der Begründung, das
gesetzliche Ziel, die Familien zu entlasten, werde damit nicht genügend
berücksichtigt.
Mit Blick auf diese Entstehungsgeschichte - namentlich die Absicht des
Verordnungsgebers, die Ausnahmeklausel gegenüber dem eine Befreiung nur für
Versicherte mit Unterhalts- und Unterstützungspflichten und für Kinder bis
zum vollendeten 18. Altersjahr vorsehenden Vernehmlassungsentwurf
einzuschränken - verbietet sich die Annahme, der Verordnungsgeber habe die
gemeinsam mit den Eltern lebenden erwachsenen Kindern generell von der
Beitragszahlung befreien wollen.

2.7 Unter teleologischen Gesichtspunkten ist Art. 104 Abs. 2 lit. a KVV
schliesslich auch im Lichte der ihm zugrundeliegenden Norm des Art. 64 Abs. 5
KVG zu betrachten: Der in dieser Bestimmung enthaltene Grundsatz, wonach die
Versicherten einen Beitrag an die Kosten des Aufenthalts im Spital leisten,
findet seine Rechtfertigung darin, dass die vom Krankenversicherer zu
deckenden Spitalkosten auch die reinen Aufenthalts- und Verpflegungskosten
umfassen, welche auch zu Hause anfallen würden. Da die versicherte Person
damit eine Einsparung erzielt, ist eine Beteiligung an den Aufenthaltskosten
des Spitals angemessen; deren Umfang soll sich aus sozialpolitischen Gründen
nach der finanziellen Belastung der Familie richten (BBl 1992 I 196). Die KVV
hat diesen beiden Aspekten insofern Rechnung getragen, als die Befreiung nur
dann gilt, wenn die Familienangehörigen im gleichen Haushalt leben. Dies wird
zwar auf politischer Ebene kritisiert, weil durch das Erfordernis des
gemeinsamen Haushalts Alleinstehende (namentlich solche mit
Unterstützungspflichten) benachteiligt würden (s. Postulat 02.3641; entgegen
dem Antrag des Bundesrates [BBl 2006 3117] beschloss der Nationalrat, das
Postulat nicht abzuschreiben, da seiner Auffassung nach der vom Bundesrat
erstellte Bericht "Kostenbeteiligung bei Spitalaufenthalt" vom 23. November
2005 den Handlungsbedarf bestätigt und aufzeigt, dass das Problem behoben
werden könnte, wenn auf die wirtschaftlichen Verhältnisse der alleinstehenden
Person Rücksicht genommen würde [AB N 2006 1109]; vgl. auch RKUV 2006
Nr. KV 363 S. 147 [Urteil K 121/01 vom 6. März 2006]). An das Bestehen eines
gemeinsamen Haushaltes anzuknüpfen rechtfertigt sich jedoch, weil in
Mehrpersonenhaushalten ein Aufwand für die Verpflegung der Familie ohnehin
anfällt und es keine erhebliche finanzielle Entlastung darstellt, wenn ein
Familienmitglied weniger verpflegt werden muss. Anders verhält es sich, wenn
eine allein lebende Person hospitalisiert wird, weil dann der
Verpflegungsaufwand zu Hause vollständig entfällt. Aus diesem Grund erweist
sich das in Art. 104 Abs. 2 lit. a KVV enthaltene Erfordernis des gemeinsamen
Haushalts denn auch als gesetzes- und verfassungskonform (RKUV 2006 Nr. KV
363 S. 147 E. 5.3 [Urteil K 121/01 vom 6. März 2006]).
Dies bedeutet aber nicht, dass alle Personen, die mit anderen in einem
gemeinsamen Haushalt leben, von der Kostenbeteiligung befreit sind: Das
Gesetz spricht in Art. 64 Abs. 5 KVG klarerweise nur von der finanziellen
Belastung der Familie, nicht von derjenigen anderer Wohngemeinschaften. Mit
dem Begriff der familienrechtlichen Beziehung wollte der Verordnungsgeber
klarstellen, dass entgegen einem in der Vernehmlassung gemachten Vorschlag
(vgl. E. 2.6 hiervor) nicht nur die Kinder, sondern auch die Eltern
kostenbefreit sind. Es ist offensichtlich, dass sich dies mit Blick auf die
finanzielle Belastung der Familie rechtfertigt, wenn minderjährige Kinder
vorhanden sind: Die Hospitalisation eines Elternteils, namentlich desjenigen,
dem die Betreuung der Kinder obliegt, ist für die Familie nicht mit einer
Einsparung verbunden, sondern im Gegenteil mit zusätzlichen Aufwendungen,
weil die Betreuung der Kinder anderweitig organisiert werden muss. Anders
verhält es sich, für die Kinder und die Eltern, wenn die Kinder erwachsen
sind, nicht mehr in Ausbildung stehen, bereits wirtschaftlich selbstständig
sind und aus persönlichen Gründen noch bei den Eltern wohnen. Denn diesfalls
sind die Kinder in der Lage, mit dem erzielten eigenen Erwerbseinkommen an
die Kosten des gemeinsamen Haushaltes beizutragen. Sie befinden sich damit in
einer vergleichbaren Lage wie die ebenso wenig unter die Ausnahmebestimmung
fallenden alleinstehenden oder in anderen Wohngemeinschaften lebenden
Personen. Das sozialpolitisch motivierte Ziel des Gesetzgebers, der
finanziellen Belastung der Familie Rechnung zu tragen, rechtfertigt in
derartigen Fällen keine Ausnahme von der Kostenbeteiligung.

2.8 Diese Überlegungen führen zum Ergebnis, dass unter den Begriff der
familienrechtlichen Beziehung gemäss Art. 104 Abs. 2 lit. a KVV nur
diejenigen Verhältnisse fallen, welche die Familie als rechtlich vorgesehene
Wirtschaftsgemeinschaft umfassen. Mit anderen Worten besteht eine
familienrechtliche Beziehung im Sinne dieser Bestimmung nur unter
Familienangehörigen, welche in einem Verhältnis der familienrechtlichen
Unterhalts- oder Unterstützungspflicht (Art. 163, 276 ff., 328 ff. ZGB)
stehen.

2.9 Bei dieser Rechtslage fällt die Beschwerdegegnerin, welche erwachsen ist
und ein eigenes Einkommen erzielt, mithin wirtschaftlich selbstständig ist
und zu ihren Eltern in keinem Verhältnis der familienrechtlichen Unterhalts-
oder Unterstützungspflicht steht, nicht unter die Ausnahmebestimmung des Art.
104 Abs. 2 lit. a KVV. Die Beschwerde der Visana erweist sich damit als
begründet.

3.
Das Verfahren ist kostenlos (Art. 134 OG). Die obsiegende Beschwerdeführerin
hat keinen Anspruch auf eine Parteientschädigung (Art. 159 Abs. 2 OG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
In Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird der Entscheid des
Verwaltungsgerichts des Kantons Bern vom 5. Oktober 2006 aufgehoben.

2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern,
Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, und dem Bundesamt für Gesundheit
zugestellt.

Luzern, 27. April 2007

Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin: