Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen C 268/2006
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C 268/06

Urteil vom 24. Juli 2007

I. sozialrechtliche Abteilung

Bundesrichter Ursprung, Präsident,
Bundesrichter Schön, Bundesrichterin Leuzinger,
Gerichtsschreiberin Polla.

H. ________ GmbH, Beschwerdeführerin,
vertreten durch Rechtsanwalt Bruno Meier,
Kaiserstrasse 8, 4310 Rheinfelden,

gegen

Arbeitslosenkasse des Kantons Zürich,
Brunngasse 6, 8400 Winterthur,
Beschwerdegegnerin.

Arbeitslosenversicherung,

Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Entscheid des
Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich
vom 19. September 2006.

Sachverhalt:

A.
Mit Verfügungen vom 20. Juli 2005 verneinte die Arbeitslosenkasse des Kantons
Zürich den Anspruch des 1959 geborenen A.________ auf
Schlechtwetterentschädigung für die Monate Januar und Februar 2003 sowie
Januar 2004 wie auch ab Januar 2005 wegen arbeitgeberähnlicher Stellung. Die
bereits ausbezahlte Schlechtwetterentschädigung in der Höhe von Fr. 6'571.30
forderte sie zurück. Daran hielt die Arbeitslosenkasse mit
Einspracheentscheid vom 10. Februar 2006 fest.

B.
Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Sozialversicherungsgericht des
Kantons Zürich mit Entscheid vom 19. September 2006 ab.

C.
Die H.________ GmbH lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen und
beantragen, in Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheids sei die Sache zur
Durchführung des Beweisverfahrens und zu neuem materiellen Entscheid an das
kantonale Gericht zurückzuweisen; eventuell sei in Aufhebung des
Einspracheentscheides auf eine Rückforderung bereits ausbezahlter
Schlechtwetterentschädigung zu verzichten und es sei die Arbeitslosenkasse zu
verpflichten, A.________ die in den Monaten Januar bis März 2005 beantragte
Schlechtwetterentschädigung auszurichten.
Während das Staatssekretariat für Wirtschaft auf eine Vernehmlassung
verzichtet hat, schliesst die Arbeitslosenkasse auf Abweisung der
Verwaltungsgerichtsbeschwerde.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Das Bundesgesetz über das Bundesgericht vom 17. Juni 2005 (BGG; SR 173.110)
ist am 1. Januar 2007 in Kraft getreten (AS 2006 1205, 1243). Da der
angefochtene Entscheid vorher ergangen ist, richtet sich das Verfahren noch
nach OG (Art. 132 Abs. 1 BGG; BGE 132 V 393 E. 1.2 S. 395).

2.
2.1 Die Arbeitslosenkasse hat die gesetzliche Vorschrift zum Ausschluss
arbeitgeberähnlicher Personen vom Anspruch auf Schlechtwetterentschädigung
(Art. 42 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 31 Abs. 3 lit. c AVIG) richtig
dargelegt, wobei Kraft Verweisung völlige Übereinstimmung mit der
Kurzarbeitsentschädigungsregelung besteht (Nussbaumer,
Arbeitslosenversicherung, in: Meyer, Ulrich [Hrsg.], Schweizerisches
Bundesverwaltungsrecht, Band XIV, Soziale Sicherheit, 2. Aufl., Basel 2007,
Rz 538 mit Hinweis). Darauf wird verwiesen. Richtig wiedergegeben sind ferner
die gesetzlichen Grundlagen zur Rückforderung von unrechtmässig bezogenen
Leistungen (Art. 95 AVIG in Verbindung mit Art. 25 ATSG; vgl. auch BGE 129 V
110 ff. E. 1). Voraussetzung dafür ist allerdings, dass die rechtskräftig
verfügte oder formlos erfolgte Leistungszusprechung zweifellos unrichtig und
ihre Berichtigung von erheblicher Bedeutung ist (Art. 53 Abs. 2 ATSG; vgl.
BGE 126 V 23 E. 4b, 42 E. 2b S.46, 399 E. 2b S. 400, 122 V 367 E. 3 S. 268
mit Hinweisen).

2.2 Im verwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren sind grundsätzlich nur
Rechtsverhältnisse zu überprüfen und zu beurteilen, zu denen die zuständige
Verwaltungsbehörde vorgängig verbindlich - in Form einer Verfügung - Stellung
genommen hat. Insoweit bestimmt die Verfügung den beschwerdeweise
weiterziehbaren Anfechtungsgegenstand. Umgekehrt fehlt es an einem
Anfechtungsgegenstand und somit an einer Sachurteilsvoraussetzung, wenn
insoweit keine Verfügung ergangen ist (BGE 131 V 164 E. 2.1 S. 164 f., 125 V
413 E. 1a S. 414, 119 Ib 33 E. 1b S. 36, je mit Hinweisen).
Anfechtungsgegenstand im erstinstanzlichen Verfahren bildete der
Einspracheentscheid vom 10. Februar 2006, mit welchem die Arbeitslosenkasse
ihre Verfügungen vom 20. Juli 2005 betreffend den Anspruch des Versicherten
auf Schlechtwetterentschädigung und entsprechender Rückforderung (für die
Monate Januar und Februar 2003 sowie Januar 2004) bestätigte. Überdies führte
die Kasse aus, "dass für Herrn A.________ kein Anspruch auf
Schlechtwetterentschädigung besteht", womit sie im Einspracheentscheid -
entsprechend dem durch die Einsprache bestimmten Streitgegenstand - auch die
ebenfalls am 20. Juli 2005 verfügte Anspruchsverneinung ab Januar 2005
bestätigte. Anfechtungs- und Streitgegenstand bilden demnach auch
letztinstanzlich der Anspruch auf Schlechtwetterentschädigung für die Monate
Januar und Februar 2003 sowie Januar 2004 und die damit verbundene
Rückforderung der in dieser Zeit bezogenen Entschädigung, wie auch der
Schlechtwetterentschädigungsanspruch ab Januar 2005.

2.3 Den Akten ist zu entnehmen, dass der Versicherte gemäss beglaubigtem
Auszug aus dem Handelsregister des Kantons Zürich zu keinem Zeitpunkt
Gesellschafter oder Geschäftsführer der 1999 von seinen Eltern zusammen mit
einer weiteren Person gegründeten H.________ GmbH war. Als Geschäftsführerin
mit Einzelunterschrift amtet seine 1927 geborene Mutter. Die Firma stellte
gemäss Arbeitsvertrag vom 29. April 1999 den bis dahin mit seiner Einzelfirma
A.________ selbstständig erwerbenden Versicherten ab Mai 1999 als Vorarbeiter
ein. In Würdigung der Aktenlage ist aber mit der Vorinstanz festzustellen,
dass er dennoch eine arbeitgeberähnliche Stellung besass. Ausgehend von einem
materiellen Organbegriff (vgl. hiezu Nussbaumer, a.a. O., Rz 463) konnte der
Versicherte, auch wenn er formell nicht zeichnungsberechtigt und auch nicht
im Handelsregister eingetragen war, aufgrund der internen betrieblichen
Struktur die Entscheidungen der Arbeitgeberin bestimmen oder massgeblich
beeinflussen. Denn zum einen weilte die betagte Mutter meistens im Y.________
und gar nicht am Sitz der Firma in X.________, weshalb sie ihm die
vorbehaltlose Vollmacht einräumte, für die Belange der Firma vor Behörden die
erforderlichen Erklärungen abzugeben und sämtliche Unterschriften zu leisten,
Verträge abzuschliessen, sie öffentlich beurkunden zu lassen und zur
Eintragung ins Grundbuch anzumelden (Schreiben und Vollmacht vom 23. Mai
2000). Dementsprechend stellte auch der Versicherte die Anträge zum Bezug von
Schlechtwetterentschädigung und erstellte ausweislich der Akten
Kundenofferten. Zum andern zeigt sich aufgrund der beigezogenen Steuerakten,
dass sich der Versicherte in den Steuererklärungen der Jahre 2000 und 2001
noch als Dachdecker (2000) und Spengler/Sanitärinstallateur (2001)
bezeichnete, im Jahre 2002 und 2003 hingegen bei der Sparte "Beruf"
Geschäftsführer angab. Bei der Steuererklärung der Firma setzte er unter
"Geschäftsleitung" seinen eigenen Namen und unterzeichnete die
Steuererklärungen für die Firma, wie überdies auch seinen Lohnausweis 2002.
Damit verfängt auch die im Rahmen des vorinstanzlichen Verfahrens
eingereichte Bestätigung der Treuhand W.________ vom 10. März 2006 nicht,
wonach die Treuhandfirma seit jeher für den Versicherten privat und auch für
die Einzelfirma A.________ die Steuererklärungen ausgefertigt und die
aktuellen Verhältnisse nach dem Konkurs der Einzelfirma (im Mai 1999) nicht
näher abgeklärt habe und somit die Steuererklärungen mit falschen Annahmen
ergänzt worden seien. Im Übrigen enthalten auch die Bilanz- und
Erfolgsrechnungen der Jahre 2001 bis 2003 (wiederum zusammen mit dem
Treuhänder W.________) die Unterschriften des Versicherten. Angesichts dieser
von ihm erledigten Aufgaben und der damit zu tragenden Risiken kann nicht
mehr von einem gewöhnlichen Angestellen in reiner Vorarbeiterposition
gesprochen werden. Der Versicherte hat vielmehr auch ohne formelle
Organstellung in diesem Kleinbetrieb mit zwei weiteren Angestellten
klarerweise arbeitgeberähnliche Befugnisse ausgeübt, welche ihm eine
massgebliche Beeinflussung des Geschäftsganges erlaubten. Bei dieser Sachlage
sind keine weiteren Beweiserhebungen erforderlich, sodass die Vorinstanz ohne
Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes (Art. 61 lit. c ATSG) oder des
verfassungsmässigen Gehörsanspruchs (Art. 29 Abs. 2 BV) von weiteren
Abklärungen, namentlich von der Zeugenbefragung, Abstand nehmen konnte
(antizipierte Beweiswürdigung; BGE 130 II 425 E. 2.1 S. 428, 124 V 90 E. 4b
S. 94).

2.4 Damit kann weder eine rechtsmissbräuchliche Umgehung der Vorschriften
über die Schlechtwetterentschädigung noch die Gefahr eines missbräuchlichen
Beanspruchens der Arbeitslosenversicherung (vgl. ARV 2003 Nr. 22 S. 240 E. 4,
C 92/02) ausgeschlossen werden. Weiter liegt im Umstand der
Nichtberücksichtigung dieser arbeitgeberähnlichen Stellung des Versicherten
die zweifellose Unrichtigkeit der geleisteten Schlechtwetterentschädigung.
Die Rückforderungssumme im Betrage von Fr. 6'571.30 ist zudem
unbestrittenermassen erheblich, weshalb das wiedererwägungsweise Zurückkommen
der Verwaltung auf die Leistungszusprechung korrekt war. Somit hat es beim
vorinstanzlichen Entscheid sein Bewenden.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.

2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons
Zürich, dem Amt für Wirtschaft und Arbeit des Kantons Zürich und dem
Staatssekretariat für Wirtschaft zugestellt.

Luzern, 24. Juli 2007

Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin:
i.V.