Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen C 252/2006
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C 252/06

Urteil vom 28. November 2007

I. sozialrechtliche Abteilung

Bundesrichter Ursprung, Präsident,
Bundesrichterin Widmer, Bundesrichter Frésard,
Gerichtsschreiber Krähenbühl.

R. ________, 1984, Beschwerdeführerin,
vertreten durch Rechtsanwältin Gaby Meier,
Burgstrasse 26, 8750 Glarus,

gegen

Arbeitslosenkasse des Kantons Glarus,
Zwinglistrasse 6, 8750 Glarus, Beschwerdegegnerin.

Arbeitslosenversicherung,

Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des
Kantons Glarus vom 26. September 2006.

Sachverhalt:

A.
Die 1984 geborene R.________ schloss Ende Juli 2005 ihre Ausbildung als
Kindergärtnerin im Seminar X.________ erfolgreich ab und beanspruchte darauf
ab 1. August 2005 Taggelder der Arbeitslosenversicherung. Die
Arbeitslosenkasse des Kantons Glarus rechnete einen als Serviceaushilfe
jeweils an Abenden und Wochenenden im Restaurant Y.________ erzielten Lohn
als Zwischenverdienst an, welchen sie vom Anspruch auf
Arbeitslosenentschädigung in Abzug brachte. Als die Versicherte damit nicht
einverstanden war, erliess die Kasse am 14. Dezember 2005 eine entsprechende
Verfügung, gemäss welcher vom Taggeldanspruch für die Monate August und
September 2005 die im Restaurant Y.________ realisierten Einkünfte als
Zwischenverdienst in Abzug gebracht wurden, sodass abgesehen von einem
Verpflegungskostenersatz (Fr. 165.- im August 2005) und einem Zuschlag für
Berufspraktika (Fr. 563.20 im August und Fr. 1126.40 im September 2005) keine
weiteren Leistungen der Arbeitslosenversicherung zur Auszahlung gelangten.
Erst im Laufe des nachfolgenden Einspracheverfahrens anerkannte die Kasse
auch den Anspruch auf Verpflegungskosten für den Monat September 2005 (Fr.
330.-) sowie die Reisekosten während zwei Monaten (je Fr. 116.-). Im Übrigen
wies die Arbeitslosenkasse die gegen die Taggeldabrechnungen für die Monate
August und September 2005 gerichtete Einsprache mit Entscheid vom 7. Februar
2006 ab.

B.
Die hiegegen erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons
Glarus mit Entscheid vom 26. September 2006 ab.

C.
Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde lässt R.________ beantragen, die an Abenden
und Wochenenden im Restaurant Y.________ erzielten Einkünfte als
Nebenverdienst zu qualifizieren und daher nicht von der
Arbeitslosenentschädigung in Abzug zu bringen; entsprechend seien die
Taggeldabrechnungen für die Monate August und September 2005 anzupassen.

Die Arbeitslosenkasse schliesst auf Abweisung der
Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Das Staatssekretariat für Wirtschaft
verzichtet auf eine Vernehmlassung.
Erwägungen:

1.
1.1 Am 1. Januar 2007 ist das Bundesgesetz über das Bundesgericht vom 17.
Juni 2005 (BGG; SR 173.110) in Kraft getreten (AS 2006 S. 1205 und 1243).
Damit wurden das Eidgenössische Versicherungsgericht in Luzern und das
Bundesgericht in Lausanne zu einem einheitlichen Bundesgericht (an zwei
Standorten) zusammengefügt (Seiler/von Werdt/Güngerich, Bundesgerichtsgesetz
[BGG], Bern 2007, S. 10 Rz. 75). Zuständig für die Beurteilung der
Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist daher heute das Bundesgericht.

1.2 Das BGG, welches die Organisation und das Verfahren des obersten Gerichts
umfassend neu regelt, ist auf die nach seinem Inkrafttreten eingeleiteten
Verfahren anwendbar, auf ein Beschwerdeverfahren jedoch nur, wenn auch der
angefochtene Entscheid nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes ergangen ist
(Art. 132 Abs. 1 BGG). Weil der kantonale Gerichtsentscheid am 26. September
2006 und somit vor dem 1. Januar 2007 erlassen wurde, richtet sich das
Verfahren noch nach dem bis 31. Dezember 2006 in Kraft gewesenen Bundesgesetz
über die Organisation der Bundesrechtspflege (OG) vom 16. Dezember 1943 (vgl.
BGE 132 V 393 E. 1.2 S. 395).

1.3 Die Kognition des Bundesgerichtes im Arbeitslosenversicherungsbereich
ergibt sich aus Art. 132 OG (ab 1. Juli 2006: Art. 132 Abs. 1 OG). Danach ist
die Überprüfungsbefugnis im Beschwerdeverfahren um die Bewilligung oder
Verweigerung von Versicherungsleistungen nicht auf die Verletzung von
Bundesrecht einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens
beschränkt, sondern sie erstreckt sich auch auf die Angemessenheit der
angefochtenen Verfügung; das Gericht ist dabei nicht an die vorinstanzliche
Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gebunden und kann über die
Begehren der Parteien zu deren Gunsten oder Ungunsten hinausgehen.

2.
Das kantonale Gericht hat die Voraussetzungen für den Anspruch auf Taggelder
der Arbeitslosenversicherung (Art. 1a Abs. 1 lit. a AVIG und Art. 8 Abs. 1
AVIG) zutreffend dargelegt, worauf verwiesen wird. Dasselbe gilt hinsichtlich
der im Sozialversicherungsrecht allgemein bestehenden
Schadenminderungspflicht der Versicherten, die Leistungen beanspruchen wollen
(BGE 129 V 460 E. 4.2 S. 462 f., 123 V 230 E. 3c S. 233, je mit Hinweisen)
und der deswegen im Arbeitslosenversicherungsrecht bestehenden Pflicht zur
unverzüglichen Annahme einer zumutbaren Arbeit (Art. 16 Abs. 1 und 2 AVIG).
Wie die Vorinstanz des Weiteren aufgezeigt hat, wird gemäss Art. 24 Abs. 1
AVIG von einem Zwischenverdienst bei jedem Einkommen aus unselbstständiger
oder selbstständiger Erwerbstätigkeit gesprochen, das die arbeitslose Person
innerhalb einer Kontrollperiode erzielt (Satz 1); der Versicherte hat
Anspruch auf Ersatz des Verdienstausfalls (Satz 2), welcher laut Art. 24 Abs.
3 AVIG in der Differenz zwischen dem in der Kontrollperiode erzielten
Zwischenverdienst und dem versicherten Verdienst besteht (Satz 1), wobei ein
Nebenverdienst unberücksichtigt bleibt (Satz 2). Als - nicht versicherter -
Nebenverdienst gilt demgegenüber gemäss Art. 23 Abs. 3 AVIG jedes Einkommen,
das der Versicherte ausserhalb seiner normalen Arbeitszeit als Arbeitnehmer
oder ausserhalb des ordentlichen Rahmens seiner selbstständigen
Erwerbstätigkeit erzielt.

3.
3.1 Die Beschwerdeführerin stand bis Ende Juli 2005 in ihrer Grundausbildung
als Kindergärtnerin. Nach ihrer anschliessenden Anmeldung bei der
Arbeitslosenversicherung kam durch deren Vermittlung - als arbeitsmarktliche
Massnahme im Sinne der Art. 59 ff. AVIG - ein vom 15. August bis 7. Oktober
2005 dauerndes Berufspraktikum mit einem 100%igen Arbeitspensum im
Kindergarten Z.________ zustande. Am 10. Oktober 2005 konnte die
Beschwerdeführerin eine Stelle in der Kinderkrippe A.________ antreten, womit
die Arbeitslosigkeit beendet war. Weil sie wegen ihrer Ausbildung innerhalb
der Rahmenfrist für die Beitragszeit (Art. 9 Abs. 3 AVIG) die Beitragszeit
während insgesamt mehr als zwölf Monaten nicht erfüllen konnte, anerkannte
die Arbeitslosenkasse den Befreiungstatbestand von Art. 14 Abs. 1 lit. a
AVIG. Nachdem das kantonale Gericht das während der Arbeitslosigkeit im
Restaurant Y.________ erzielte Einkommen mit der Begründung nicht als
Nebenverdienst gelten liess, die Beschwerdeführerin sei bis zum Eintritt der
Arbeitslosigkeit keinem Nebenerwerb nachgegangen, macht diese im
Rechtsmittelverfahren vor Bundesgericht geltend, sie habe schon während ihrer
Ausbildung ab März 2005 im Restaurant Y.________ ausgeholfen und damit einen
Verdienst erzielt. Als Beweis für diese bis anhin unberücksichtigt gebliebene
Tatsache reicht sie nebst einer Arbeitgeberbescheinigung vom 31. August 2005
drei Lohnblätter des Arbeitgeberbetriebes ein, welche für die Monate März bis
und mit Mai sowie Juli bis und mit November 2005 wie auch für den Januar 2006
das Erzielen eines Verdienstes in jeweils unterschiedlicher Höhe in der
Grössenordnung zwischen Fr. 400.- (Januar 2006) und Fr. 1280.- (September
2005) belegen.

3.2 Angesichts der Vorbringen in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde und der
neu aufgelegten Lohnblätter des Arbeitgeberbetriebes ist davon auszugehen,
dass der vorinstanzliche Entscheid insofern auf einem unrichtig
festgestellten Sachverhalt beruht, als ihm die Annahme zugrunde liegt, die
Beschwerdeführerin sei vor Eintritt der Arbeitslosigkeit während ihrer
Ausbildung nicht erwerbstätig gewesen und habe ihre Betätigung als
Serviceangestellte nach Antritt ihrer neuen Anstellung am 10. Oktober 2005
und damit der Beendigung der Arbeitslosigkeit wieder aufgegeben. Auf Grund
der Angaben des Arbeitgeberbetriebes muss als erstellt gelten, dass sie
bereits in den Monaten März, April und Mai 2005 und später auch in den
Monaten Oktober und November 2005 sowie Januar 2006 im Restaurant Y.________
zum Einsatz gelangte. Dabei erzielte sie ein Einkommen von Fr. 1080.- im
März, Fr. 433.75 im April und Fr. 623.75 im Mai 2005, womit sie zumindest in
den Monaten März und Mai 2005 die Mindestgrenze des versicherten Verdienstes
im Sinne von Art. 23 Abs. 1 Satz 3 AVIG in Verbindung mit Art. 40 AVIV (Fr.
500.-) erreicht hat.

3.3
3.3.1 Nimmt eine zuvor nicht erwerbstätig gewesene versicherte Person nach
Eintritt der Arbeitslosigkeit eine Arbeit auf, ist das dabei realisierte
Einkommen, sofern es den versicherten Verdienst nicht erreicht und damit die
Arbeitslosigkeit beendet, im Rahmen der Berechnung des
Entschädigungsanspruchs als Zwischenverdienst anzurechnen, indem lediglich
noch die Differenz zwischen dem erzielten Einkommen und dem versicherten
Verdienst als Kompensationsleistung zur Ausrichtung gelangt (Art. 24 Abs. 1
und 3 AVIG). Ebenfalls als Zwischenverdienst zu behandeln sind Einkünfte, die
aus einer erheblichen Ausweitung einer schon vor der Arbeitslosigkeit als
Nebenerwerb ausgeübten Tätigkeit resultieren (BGE 123 V 230 E. 3c und d
S. 233 f.).
3.3.2 Fest steht nach dem in vorstehender Erwägung E. 3.2 Gesagten, dass die
Beschwerdeführerin ihre Tätigkeit als Serviceaushilfe nicht erst nach Beginn
der Arbeitslosigkeit aufgenommen hat. Auch kann angesichts des schon im März
2005 erzielten Verdienstes von über Fr. 1000.- nicht ohne weiteres gesagt
werden, sie hätte ihre Erwerbstätigkeit im Restaurant Y.________ in den
Monaten ihrer Arbeitslosigkeit, wo sie im August Fr. 1093.70 und im September
2005 Fr. 1280.- verdiente, merklich gesteigert, sodass die erwähnte
Rechtsprechung in BGE 123 V 230 zur Anwendung gelangen und zumindest im
Umfang dieser Ausweitung ein Zwischenverdienst angenommen werden müsste (vgl.
E. 3.3.1 hievor). Für den Ausgang des Verfahrens ist dies jedoch nicht von
Belang. Entscheidend ist - und darin kann dem kantonalen Gericht wiederum
beigepflichtet werden - dass die Beschwerdeführerin vor ihrer
Arbeitslosigkeit abgesehen von der Aushilfstätigkeit im Restaurant Y.________
keiner andern auf die Erzielung eines Erwerbseinkommens ausgerichteten
Tätigkeit nachgegangen ist. Schon rein begrifflich verbietet sich die Annahme
eines Nebenerwerbs, solange nicht auch eine Beschäftigung vorliegt, welche
als Haupterwerbsquelle bezeichnet werden könnte. Das Gesetz definiert den
Nebenverdienst in Art. 23 Abs. 3 AVIG denn auch klar als Verdienst, den ein
Versicherter "ausserhalb seiner normalen Arbeitszeit als Arbeitnehmer"
erzielt. Eine solche "normale Arbeitszeit als Arbeitnehmer(in)" hatte die
Beschwerdeführerin als Seminaristin vor Eintritt der Arbeitslosigkeit aber
nicht aufzuweisen. Als normale Arbeitszeit im Sinne von Art. 23 Abs. 3 AVIG
kann auch nicht die übliche Arbeitszeit einer Kindergärtnerin betrachtet
werden, hatte sie doch nie eine Stelle in ihrem erlernten Beruf inne. Bei den
als Serviceangestellte erzielten Einkünften handelte es sich nicht um einen
zusätzlichen Verdienst zu einer Hauptbeschäftigung, welcher in einem
untergeordneten Verhältnis zum Einkommen aus dieser Hauptbeschäftigung stehen
würde (vgl. BGE 123 V 230 E. 3c S. 233). Daran ändert das mit Unterstützung
der Arbeitslosenversicherung zustande gekommene Berufspraktikum, in dessen
Rahmen die Beschwerdeführerin zwar einer 100%igen Erwerbstätigkeit
nachgegangen ist, nichts, war dieses doch subsidiärer Natur, indem es nur
zugesprochen werden konnte, weil weder eine andere zumutbare Beschäftigung
noch eine andere arbeitsmarktliche Massnahme in Betracht fiel (BGE 125 V 475
E. 6b S. 479 f.). Das fehlende Erfordernis einer Haupterwerbstätigkeit vor
Eintritt der Arbeitslosigkeit vermag dieses Praktikum nicht zu ersetzen.
Nicht zuletzt würde es auch dem Schadenminderungsprinzip (E. 2 hievor)
zuwiderlaufen, wollte man einer zufolge absolvierter Ausbildung gestützt auf
Art. 14 Abs. 1 lit. a AVIG von der Erfüllung der Beitragszeit befreiten und
daher grundsätzlich zum Bezug von Leistungen der Arbeitslosenversicherung
berechtigten Person gleichzeitig die Möglichkeit zugestehen, einem nicht als
Zwischenverdienst zu berücksichtigenden Nebenerwerb nachzugehen, welcher -
wie vorliegend - den Taggeldanspruch sogar übersteigen kann.

3.3.3 Die Tätigkeit der Beschwerdeführerin als Serviceangestellte stellt
demnach keinen Nebenerwerb dar, sondern ist als deren einzige und damit als
Zwischenverdienst zu behandelnde Erwerbsquelle zu betrachten.

4.
Weil sich das Verfahren noch nach OG richtet (E. 1 hievor) fallen keine
Gerichtskosten an (Art. 134 OG). Eine Parteientschädigung steht der vor
Bundesgericht unterliegenden Beschwerdeführerin nicht zu (Art. 159 Abs. 1 in
Verbindung mit Art. 135 OG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.

2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Glarus,
dem Kantonalen Arbeitsamt Glarus und dem Staatssekretariat für Wirtschaft
schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 28. November 2007

Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Ursprung Krähenbühl