Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen C 184/2006
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Prozess {T 7}
C 184/06

Urteil vom 6. November 2006
III. Kammer

Präsident Ferrari, Bundesrichter Meyer und Lustenberger; Gerichtsschreiber
Traub

W.________, 1957, Beschwerdeführer,

gegen

Amt für Wirtschaft und Arbeit, Abt. Arbeitslosenkasse, Zürcherstrasse 285,
8500 Frauenfeld, Beschwerdegegner

Rekurskommission des Kantons Thurgau für die Arbeitslosenversicherung,
Eschlikon

(Entscheid vom 12. Juni 2006)

Sachverhalt:

A.
W. ________, geb. 1957, war seit Februar 2001 als Fachmitarbeiter Produktion
bei der Firma X.________ AG erwerbstätig. Der Arbeitgeber löste das
Beschäftigungsverhältnis am 7. Dezember 2005 fristlos auf, weil er dem
Angestellten zweifache Sachbeschädigung an der Produktionsanlage zur Last
legte. In einem friedensrichterlichen Vergleich vom 26. Januar 2006 kamen die
Parteien unter anderem überein, an der Kündigung werde festgehalten, es
erfolge indes eine Lohnnachzahlung für die Zeit vom 8. Dezember 2005 bis zum
28. Februar 2006. W.________ stellte am 12. Dezember 2005 Antrag auf
Arbeitslosenentschädigung. Nachdem sie ihm das rechtliche Gehör gewährt
hatte, stellte die Arbeitslosenkasse des Kantons Thurgau den Versicherten mit
Wirkung ab dem 8. Dezember 2005 für die Dauer von 31 Tagen in der
Anspruchsberechtigung ein (Verfügung vom 14. Februar 2006). Die
Arbeitslosenkasse wies die dagegen erhobene Einsprache ab (Entscheid vom
20. März 2006).

B.
Die Rekurskommission des Kantons Thurgau für die Arbeitslosenversicherung
wies die gegen den Einspracheentscheid erhobene Beschwerde ab (Entscheid vom
12. Juni 2006).

C.
W.________ führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Rechtsbegehren,
Einsprache- und kantonaler Beschwerdeentscheid seien aufzuheben.

Die Arbeitslosenkasse und das kantonale Gericht schliessen auf Abweisung der
Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Das Staatssekretariat für Wirtschaft
verzichtet auf Vernehmlassung.
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

1.
Der im gesamten Sozialversicherungsrecht geltenden Schadenminderungspflicht
(siehe Art. 17 Abs. 1 AVIG; BGE 114 V 285 Erw. 3a, 111 V 239 Erw. 2a,
108 V 164 Erw. 2a) folgend muss eine versicherte Person alles Zumutbare
unternehmen, um den Eintritt der Arbeitslosigkeit zu vermeiden. Zur
Durchsetzung dieses Prinzips sieht das Gesetz bei Verhaltensweisen, die sich
negativ auf Eintritt oder Dauer der Leistungspflicht der
Arbeitslosenversicherung auswirken, Sanktionen vor (dazu Nussbaumer,
Arbeitslosenversicherung, in: Schweizerisches Bundesverwaltungsrecht, Soziale
Sicherheit, S. 251 Rz. 691). So kann bei Verwirklichung der in Art. 30 Abs. 1
AVIG aufgezählten Tatbestände die Ausrichtung von Arbeitslosenentschädigung
für eine bestimmte Anzahl von Tagen ausgesetzt werden. Die Einstellung in der
Anspruchsberechtigung erfolgt unter anderem, wenn der Versicherte durch
eigenes Verschulden arbeitslos ist (Art. 30 Abs. 1 lit. a AVIG), weil er dem
Arbeitgeber durch sein Verhalten, insbesondere wegen der Verletzung
arbeitsvertraglicher Pflichten, Anlass zur Auflösung des Arbeitsverhältnisses
gegeben hat (Art. 44 Abs. 1 lit. a AVIV).

2.
2.1 Der Arbeitgeber begründete die Beendigung des Arbeitsverhältnisses damit,
der Beschwerdeführer habe am 25. Oktober 2005 und am 15. November 2005 je
eine Sachbeschädigung an der Produktionsanlage begangen. Beide Vorfälle sind
mit Schadenrapporten belegt. Der Versicherte macht nun insbesondere geltend,
er habe beim ersten Ereignis mit einem Eisenschlüssel auf das Treppengeländer
geschlagen, um - bei hohem Lärmpegel - Arbeitskollegen darauf aufmerksam zu
machen, dass er am Produktionsband Hilfe benötige. Beim zweiten Vorfall habe
er wiederum mit einem Eisenschlüssel auf eine Signallampe geschlagen, weil
diese ausgefallen sei und er einen Wackelkontakt vermutet habe. Der Umstand,
dass beim Versuch, die Lampe wieder zum Leuchten zu bringen, diese
unglücklicherweise beschädigt worden sei, entspreche nicht einer mutwilligen
Sachbeschädigung. Es habe nie die Absicht bestanden, den Arbeitgeber in
irgend einer Art und Weise zu schädigen, was durch die geleistete
beträchtliche Überzeit im Interesse des Arbeitgebers dokumentiert werde.
Dieser Darstellung muss allein schon entgegengehalten werden, dass der
Beschwerdeführer beide Schadenrapporte unterzeichnet hat und damit sein
Einverständnis mit der jeweiligen ausdrücklichen Feststellung bekundet hat,
es handle sich um mutwillige Beschädigungen.

2.2 Dem Versicherten ist mit dem kantonalen Gericht zuzugestehen, dass das
Vorgehen des Arbeitgebers, der erst geraume Zeit nach den fraglichen
Vorfällen zum Mittel der fristlosen Kündigung griff, nicht ohne weiteres
nachvollziehbar erscheint. Der Beschwerdeführer hat denn auch vor dem
Friedensrichter faktisch eine Umwandlung in eine ordentliche Kündigung
erreicht. Wäre die ursprüngliche fristlose Kündigung aber, wie der
Versicherte behauptet, in dem Sinne eine missbräuchliche gewesen, als die
Sachbeschädigungen nur als Vorwand benutzt worden wären, um auf Kosten des
betroffenen Arbeitnehmers eine Stelle aus wirtschaftlichen oder betrieblichen
Gründen abbauen zu können, so hätte er dies im arbeitsgerichtlichen Verfahren
zumindest geltend machen müssen und sich nicht mit den im
friedensrichterlichen Vergleich vom 26. Januar 2006 enthaltenen
Zugeständnissen begnügen dürfen. Somit bleibt es bei der Annahme, dass die
vom Beschwerdeführer verschuldeten Ereignisse den Grund für die Beendigung
des Arbeitsverhältnisses und für den Eintritt der Arbeitslosigkeit bildeten.
Die Vorinstanzen haben den Tatbestand des Art. 30 Abs. 1 lit. a AVIG zu Recht
- und ohne bei dieser Einschätzung das rechtliche Gehör des Versicherten
verletzt zu haben - als erfüllt angesehen.

3.
Die Bemessung der Sanktionsdauer ist nicht zu beanstanden. Da ein
vermeidbares und vorwerfbares Verhalten des Beschwerdeführers ausgewiesen ist
und andere Gründe für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses nicht
ersichtlich sind, ist ohne weiteres von schwerem Verschulden auszugehen. Die
Vorinstanzen haben entlastenden Momenten (engagierte Arbeit bei erschwerten
Arbeitsbedingungen), welche die Sachbeschädigungen zwar nicht zu
rechtfertigen vermögen, diese aber in einem milderen Licht erscheinen lassen,
ausreichend Rechnung getragen. Es besteht daher kein Grund, in das
pflichtgemäss ausgeübte Ermessen von Verwaltung und kantonalem Gericht
einzugreifen (vgl. Art. 132 OG; BGE 123 V 152 Erw. 2).

Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.

2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, der Rekurskommission des Kantons Thurgau für
die Arbeitslosenversicherung, dem Amt für Wirtschaft und Arbeit des Kantons
Thurgau und dem Staatssekretariat für Wirtschaft zugestellt.

Luzern, 6. November 2006

Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts

Der Präsident der III. Kammer: Der Gerichtsschreiber: