Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen C 170/2006
Zurück zum Index Sozialrechtliche Abteilungen 2006
Retour à l'indice Sozialrechtliche Abteilungen 2006


C 170/06

Urteil vom 30. Mai 2007

I. sozialrechtliche Abteilung

Bundesrichter Ursprung, Präsident,
Bundesrichterin Widmer, Leuzinger,
Gerichtsschreiberin Fleischanderl.

L. ________, 1944, Beschwerdeführerin,

gegen

Arbeitslosenkasse des Kantons Zürich, Brunngasse 6, 8400 Winterthur,
Beschwerdegegnerin.

Arbeitslosenversicherung,

Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Entscheid des
Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich  vom 30. Mai 2006.

Sachverhalt:

A.
Die 1944 geborene L.________ war vom 1. Juli 2002 bis 31. Juli 2004
vollzeitig als Allrounderin bei der Firma A.________ tätig gewesen. Nachdem
sie sich bei der Arbeitslosenversicherung zum Bezug von
Arbeitslosenentschädigung für die Zeit ab 1. August 2004 angemeldet hatte,
ermittelte die Arbeitslosenkasse des Kantons Zürich gestützt auf von der
Versicherten eingereichte monatliche Salärabrechnungen sowie die von der
ehemaligen Arbeitgeberin ausgestellte Bescheinigung vom 3. August 2004 einen
versicherten Verdienst im Rahmen eines 100 %-Pensums in Höhe von Fr. 3996.-
(Verfügung vom 14. April 2005). Daran wurde auf Einsprache hin festgehalten
(Einspracheentscheid vom 1. Juni 2005).

B.
Die hiegegen erhobene Beschwerde wies das Sozialversicherungsgericht des
Kantons Zürich mit Entscheid vom 30. Mai 2006 ab.

C.
L.________ führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde und beantragt die Berechnung
des versicherten Verdienstes auf der Grundlage einer während ihres
Anstellungsverhältnisses bei der Firma A.________  regelmässig geleisteten
Wochenarbeitszeit von mindestens 50 Stunden.

Während die Arbeitslosenkasse auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde
schliesst, verzichtet das Bundesamt für Wirtschaft auf eine Vernehmlassung.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Am 1. Januar 2007 ist das Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 (BGG; SR 173.110) in
Kraft getreten (AS 2006 1205, 1243). Damit wurden das Eidgenössische
Versicherungsgericht (EVG) und das Bundesgericht in Lausanne zu einem
einheitlichen Bundesgericht (an zwei Standorten) zusammengefügt (Seiler/von
Werdt/Güngerich, Bundesgerichtsgesetz [BGG], Bern 2007, S. 10 Rz 75) und es
wurde die Organisation und das Verfahren des obersten Gerichts umfassend neu
geregelt. Dieses Gesetz ist auf die nach seinem Inkrafttreten eingeleiteten
Verfahren des Bundesgerichts anwendbar, auf ein Beschwerdeverfahren jedoch
nur dann, wenn auch der angefochtene Entscheid nach dem Inkrafttreten dieses
Gesetzes ergangen ist (Art. 132 Abs. 1 BGG). Da der kantonale
Gerichtsentscheid am 30. Mai 2006 - und somit vor dem 1. Januar 2007 -
erlassen wurde, richtet sich das Verfahren nach dem bis 31. Dezember 2006 in
Kraft gestandenen Bundesgesetz über die Organisation der Bundesrechtspflege
(OG) vom 16. Dezember 1943 (vgl. BGE 132 V 393 E. 1.2 S. 395).

2.
Die Vorinstanz hat die massgeblichen Bestimmungen und Grundsätze über die
Bemessung des versicherten Verdienstes (Art. 23 Abs. 1 AVIG; vgl. auch BGE
125 V 480), namentlich die Beschränkung auf das aus der normalen Arbeitszeit
resultierende Einkommen (BGE 126 V 207, 125 V 475), und die je nach Sachlage
hierfür anwendbaren Bemessungszeiträume (Art. 37 Abs. 1-3bis AVIV; BGE 125 V
42 und 51) zutreffend dargelegt. Darauf wird verwiesen.

3.
Streitig und zu prüfen ist, ob das Entgelt, welches der Beschwerdeführerin
für während der letzten zwölf Monate ihres zweijährigen Arbeitsverhältnisses
bei der Firma A.________ - und damit im hier relevanten Bemessungszeitraum
(vgl. Art. 37 Abs. 1 und 2 AVIV; "Berechnung versicherter Verdienst" der
Beschwerdegegnerin vom    5. August 2004) - regelmässig geleistete
Überstundenarbeit ausbezahlt wurde, in die Ermittlung des versicherten
Verdienstes einfliesst.

3.1 In BGE 116 V 281 hatte das EVG erkannt, dass Entschädigungen für Überzeit
nicht Bestandteil des versicherten Verdienstes darstellen, wobei sich das
Urteil auf Überzeit im Sinne derjenigen geleisteten Arbeit bezog, welche die
gesetzlich festgelegte Höchstarbeitszeit gemäss Arbeitsgesetz übersteigt (BGE
116 V 281 E. 2 mit Hinweisen). Begründet wurde dieses Ergebnis unter anderem
mit der Überlegung, dass die Arbeitslosenversicherung nur für eine normale
übliche Arbeitnehmertätigkeit Versicherungsschutz bieten und daher keine
Entschädigung für Erwerbseinbussen ausrichten solle, die aus dem Ausfall
einer Überbeschäftigung stammen (BGE 116 V 281 E. 2d [mit Hinweis] S. 283
f.). Ausgehend von diesem Grundsatz lehnte die Rechtsprechung in der Folge -
über den Bereich der Überzeit im vorstehend umschriebenen Sinn hinaus - die
Berücksichtigung von Überstunden bei der Berechnung des versicherten
Verdienstes generell ab (BGE 129 V 105; Urteile des EVG C 185/03 vom 12.
Februar 2004 und C 1/01 vom 21. August 2001, E. 4a mit Hinweisen; vgl. auch
Thomas Nussbaumer, Arbeitslosenversicherung, in: Ulrich Meyer [Hrsg.],
Schweizerisches Bundesverwaltungsrecht, Band XIV, Soziale Sicherheit, 2.
Aufl., Basel 2007, S. 2288 Rz 366 mit Verweis auf FN 778).

3.2 Unbestrittenermassen hat die Beschwerdeführerin in Anbetracht einer
betrieblichen Normalarbeitszeit von 42 1/2 Wochenstunden (Bescheinigung der
vormaligen Arbeitgeberin vom 3. August 2004, Ziff. 5) während ihrer Tätigkeit
bei der Firma A.________ regelmässig Überstundenarbeit geleistet (vgl. auch
Blatt "Berechnung versicherter Verdienst" der Beschwerdegegnerin vom 5.
August 2004). Als rechtsprechungsgemäss bei der Ermittlung des versicherten
Verdienstes unbeachtliche Überstundenarbeit, da damit nicht "normalerweise"
erzielter Lohn gemäss Art. 23 Abs. 1 AVIG erworben wird, gilt Arbeit, die
über die im Einzelarbeits-, Normal- oder Gesamtarbeitsvertrag vereinbarte, im
Betrieb geltende oder in der Branche übliche Stundenzahl hinaus geleistet
wird (BGE 129 V 105 E. 3.1 [mit Hinweisen] S. 107 und E. 3.2 S. 108; Urteil
des EVG C 185/03 vom 12. Februar 2004, E. 3.3). Das kantonale Gericht hat das
Einkommen, welches die Beschwerdeführerin durch die über das betriebsübliche
Arbeitspensum hinaus geleisteten Stunden erwirtschaftet hat, bei der
Ermittlung des versicherten Verdienstes demnach zu Recht nicht
berücksichtigt. Daran vermag der Hinweis der Versicherten auf Art. 9 Abs. 1
lit. b des Bundesgesetzes vom 13. März 1964 über die Arbeit in Industrie,
Gewerbe und Handel (Arbeitsgesetz [ArG], SR 822.11), wonach sich die
wöchentliche Höchstarbeitszeit für nichtindustrielle Kleinbetriebe wie
beispielsweise eine Tankstelle auf 50 Stunden belaufe, nichts zu ändern,
beträgt die - im vorliegenden Zusammenhang massgebende - betriebliche
Arbeitszeit nach Auskünften der ehemaligen Arbeitgeberin doch ausdrücklich 42
1/2 Wochenstunden und wurde auch für die Beschwerdeführerin keine davon
abweichende vertragliche Lösung vereinbart (vgl. Bescheinigung vom         3.
August 2004, Ziff. 6). Gegen die von der Versicherten vertretene Auffassung,
sie und die Betreiberin der Firma A.________ hätten sich stillschweigend auf
ein die Vertragsgrundlage bildendes, den Beschäftigungsgrad von 100 %
übersteigendes Arbeitspensum geeinigt, spricht zudem der Umstand, dass zwar
regelmässig, aber in sehr unterschiedlichem Ausmass Überstunden geleistet
wurden.

Die Berechnung des versicherten Verdienstes gibt im Übrigen zu keinen
Beanstandungen Anlass, sodass sich der vorinstanzliche Entscheid als rechtens
erweist.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.

2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons
Zürich, dem Amt für Wirtschaft und Arbeit des Kantons Zürich und dem
Staatssekretariat für Wirtschaft zugestellt.

Luzern, 30. Mai 2007

Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin: