Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen C 161/2006
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Prozess {T 7}
C 161/06

Urteil vom 6. Dezember 2006
IV. Kammer

Präsident Ursprung, Bundesrichter Schön und Frésard; Gerichtsschreiberin
Durizzo

S.________, 1957, Beschwerdeführer,

gegen

Arbeitslosenkasse des Kantons Luzern,
Hallwilerweg 5, 6003 Luzern, Beschwerdegegnerin

Verwaltungsgericht des Kantons Luzern, Luzern

(Entscheid vom 18. Mai 2006)

Sachverhalt:

A.
S. ________ arbeitete als Leiter Finanz- und Rechnungswesen beim Hilfsverein
X.________. Am 23. August 2005 teilte ihm sein Vorgesetzter mit, dass ihm
spätestens auf den 30. Juni 2006 gekündigt würde, da grundsätzliche
Differenzen in der Einschätzung der Leistung bestünden. Daraufhin kündigte
S.________ selber am 30. August 2005 per Ende November 2005. Die
Arbeitslosenkasse des Kantons Luzern stellte ihn deswegen mit Verfügung vom
3. Januar 2006 und Einspracheentscheid vom 26. Januar 2006 ab 1. Dezember
2005 für die Dauer von 31 Tagen ein.

B.
Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons
Luzern mit Entscheid vom 18. Mai 2006 ab.

C.
S.________ führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Antrag, unter
Aufhebung des angefochtenen Entscheides sei er lediglich wegen leichten
Verschuldens für einen Tag einzustellen.

Während die Arbeitslosenkasse auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde
schliesst, verzichtet das Staatssekretariat für Wirtschaft auf eine
Vernehmlassung.

Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

1.
Das kantonale Gericht hat die Bestimmungen über die Einstellung in der
Anspruchsberechtigung bei selbstverschuldeter Arbeitslosigkeit (Art. 30
Abs. 1 lit. a AVIG und Art. 44 Abs. 1 lit. b AVIV) zutreffend dargelegt;
darauf wird verwiesen. Die Dauer der Einstellung bemisst sich nach dem Grad
des Verschuldens (Art. 30 Abs. 3 AVIG) und beträgt  1-15 Tage bei leichtem,
16-30 Tage bei mittelschwerem und            31-60 Tage bei schwerem
Verschulden (Art. 45 Abs. 2 AVIV). Hat die versicherte Person ohne
entschuldbaren Grund eine zumutbare Arbeitsstelle ohne Zusicherung einer
neuen aufgegeben, so liegt gemäss Art. 45 Abs. 3 AVIV ein schweres
Verschulden vor. Das Rechtsfolgeermessen von Verwaltung und Gericht wird
insoweit grundsätzlich auf die Festsetzung einer Einstellungsdauer zwischen
31 und 60 Tagen beschränkt. Gemäss ARV 2000 Nr. 8 S. 42 Erw. 2c, welches
Urteil mehrfach bestätigt wurde, kann diese Bestimmung jedoch lediglich die
Regel bilden, von welcher beim Vorliegen besonderer Umstände im Einzelfall
abgewichen werden darf. Massgebend für eine allfällige Milderung der Sanktion
ist das Vorliegen "entschuldbarer" Gründe im Sinne von Art. 45 Abs. 3 AVIV,
sofern solche eine Sanktion nicht geradezu ausschliessen (vgl. zum Ganzen
Urteil H. vom 6. Januar 2004, C 213/03, Erw. 4; zu den entschuldbaren Gründen
auch BGE 130 V 125). Zu beachten ist indessen, dass das Gericht bei der
Überprüfung des angefochtenen Entscheides im Rahmen von Art. 132 lit. a OG
sein Ermessen nicht ohne triftigen Grund an die Stelle desjenigen der
Verwaltung setzen darf (BGE 123 V 152 Erw. 2, 126 V 81 Erw. 6).

2.
Wie die Vorinstanz richtig erwogen hat, ist bei der Frage der Unzumutbarkeit
des Verbleibens am Arbeitsplatz ein strenger Massstab anzulegen (ARV 1989
Nr. 7 S. 89 Erw. 1a). So ist auch hier nicht streitig, dass es dem
Beschwerdeführer zuzumuten gewesen wäre, mit der Kündigung zuzuwarten, bis er
eine neue Stelle gefunden hat. Indessen bleibt zu prüfen, ob nicht besondere
Umstände im Sinne der dargelegten Rechtsprechung vorliegen, welche eine
mildere als die Regelsanktion rechtfertigen.

3.
3.1 Der Beschwerdeführer beruft sich darauf, dass er die ihm vom Arbeitgeber
anvertraute Arbeit während fünf Jahren mit grossem persönlichem Einsatz und
stets nach bestem Wissen und Gewissen erledigt habe. Die drei
Buchhaltungsrevisoren hätten die von ihm abgelieferte Arbeit immer als sauber
und exakt gelobt. Dies ergibt sich auch aus dem Arbeitszeugnis vom
30. November 2005. Dort wird dem Beschwerdeführer vom Geschäftsleiter nicht
nur ein ausgezeichnetes Fachwissen im Finanz- und Buchhaltungsbereich,
sondern auch eine grosse Loyalität gegenüber dem Vorgesetzten attestiert. Er
habe sich mit seiner Tätigkeit sowie der Organisation identifiziert und zum
Personal einen offenen und herzlichen Kontakt gepflegt, sich gegenüber
Klienten und Drittpersonen höflich und hilfsbereit verhalten und sich durch
eine äusserst positive Grundeinstellung anderen Menschen gegenüber
ausgezeichnet. Demgegenüber ist es nach Angaben des Beschwerdeführers
zwischen ihm und dem Geschäftsführer wiederholt zu Meinungsverschiedenheiten
in Bezug auf die Arbeitsweise bzw. die Arbeitsgeschwindigkeit gekommen. Der
Versicherte sei immer stärker unter Druck gesetzt, ja es sei sogar gezieltes
Mobbing betrieben worden. Der Beschwerdeführer macht in diesem Zusammenhang
auch gesundheitliche Beeinträchtigungen geltend. Die Ankündigung des
Geschäftsführers, das Arbeitsverhältnis bis spätestens 30. Juni 2006 zu
beenden, habe ihn zutiefst verletzt, und das Vertrauensverhältnis zum
Arbeitgeber sei vollends zerstört worden.

3.2 Rechtsprechungsgemäss vermögen weder gesundheitliche Beschwerden, solange
sie nicht ärztlich attestiert worden sind (BGE 124 V 238 Erw. 4b/bb), noch
ein schlechtes Arbeitsklima oder  Meinungsverschiedenheiten mit Vorgesetzten
oder Arbeitskollegen eine Unzumutbarkeit der Fortführung des
Arbeitsverhältnisses zu begründen (ARV 1986 Nr. 23 S. 92 Erw. 2b). Indessen
können solche Umstände das Verschulden, die Stelle ohne Zusicherung einer
neuen gekündigt zu haben, entgegen der Auffassung der Vorinstanz durchaus in
einem milderen Licht erscheinen lassen. Das kantonale Gericht führte dazu
aus, dass sich der Beschwerdeführer an seinem Arbeitsplatz keiner schwierigen
oder gar aussergewöhnlichen Situation ausgesetzt gesehen habe. Dem entgegnet
der Versicherte zu Recht, dass er, dessen Loyalität - nebst der fachlichen
Qualifikation - vom Arbeitgeber bestätigt wurde, plötzlich mit einem Entzug
des Vertrauens seines Vorgesetzten fertig werden musste. Auch wenn ihm nicht
sofort gekündigt worden wäre, war damit die Basis des Arbeitsverhältnisses
zerstört. Dass der Beschwerdeführer dadurch zutiefst verletzt war und
praktisch in einer Kurzschlusshandlung nur wenige Tage nach dieser Eröffnung
- im Gedanken an den Makel einer Kündigung durch den Arbeitgeber -   das
Arbeitsverhältnis von sich aus gekündigt hat in der Hoffnung, noch vor Ablauf
der Kündigungsfrist eine neue Stelle zu finden, ist, wenn nicht gänzlich zu
entschuldigen, doch in gewisser Weise nachvollziehbar. Im Sinne der von der
Rechtsprechung zugelassenen Ausnahme kann deshalb von einem mittelschweren
Verschulden ausgegangen werden. Dabei erscheint eine Reduktion der
angeordneten Einstellung auf 23 Tage - was dem mittleren Bereich entspricht -
als angemessen.

Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:

1.
In teilweiser Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde werden der
Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Luzern vom 18. Mai 2006 und der
Einspracheentscheid der Arbeitslosenkasse des Kantons Luzern vom 26. Januar
2006 dahingehend abgeändert, dass die Dauer der Einstellung in der
Anspruchsberechtigung von 31 Tagen auf 23 Tage herabgesetzt wird.

2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Luzern,
Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, der Dienststelle für Wirtschaft und
Arbeit Luzern (wira) und dem Staatssekretariat für Wirtschaft zugestellt.

Luzern, 6. Dezember 2006

Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts

Der Präsident der IV. Kammer: Die Gerichtsschreiberin: