Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen B 90/2006
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B 90/06

Urteil vom 25. Mai 2007
II. sozialrechtliche Abteilung

Bundesrichter U. Meyer, Präsident,
Bundesrichter Lustenberger, Seiler,
Gerichtsschreiber Nussbaumer.

R. ________, 1945, Beschwerdeführerin, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Ueli
Kieser, Ulrichstrasse 14, 8032 Zürich,

gegen

Personalvorsorgestiftung der Bank X.________, Beschwerdegegnerin, vertreten
durch Rechtsanwalt Leonhard Toenz, Seestrasse 39, 8700 Küsnacht ZH.

Berufliche Vorsorge,

Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Entscheid des
Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 29. Mai 2006.

Sachverhalt:

A.
R. ________ (geb. im Oktober 1945) war seit 1. November 1972 bei der Bank
X.________ AG tätig und im Rahmen der beruflichen Vorsorge bei deren
Personalvorsorgestiftung versichert. Mit Schreiben vom 25. Juli 2002 löste
die Arbeitgeberin das Arbeitsverhältnis unter Einhaltung der vertraglichen
Kündigungsfrist per 31. Oktober 2002 auf mit vorzeitiger Pensionierung bei
der Personalvorsorgestiftung ab 1. November 2002. Während der laufenden
Kündigungsfrist wurde R.________ im Juli 2002 durchgehend bis Ende Juli 2004
arbeitsunfähig geschrieben. Sie erhielt bis zu diesem Zeitpunkt
Salärfortzahlungen im Sinne des Personalreglementes. Am 27. April 2004 teilte
die Arbeitgeberin R.________ mit, dass mit Ablauf der Krankentaggeldzahlungen
Ende Juli 2004 die vorzeitige Pensionierung erfolgen werde. Das
Altersguthaben am 31. Juli 2004 betrage Fr. 806'661.60, der Umwandlungssatz
5,04 %, was eine jährliche Rente von Fr. 40'655.80 ergebe nebst einer
Überbrückungsrente von jährlich Fr. 24'720.-. Mit dieser Berechnung war
R.________ nicht einverstanden und verlangte die Berechnung der Altersrente
gestützt auf die im Jahr 2003 gültigen Berechnungsgrundlagen. Mit Schreiben
vom 21. Juli 2004 hielt die Personalvorsorgestiftung an der Rentenberechnung
fest.

B.
Mit Eingabe vom 12. Mai 2005 erhob R.________ Klage gegen die
Personalvorsorgestiftung mit dem Antrag, es sei ihr ab 1. November 2002 eine
jährliche Rente von Fr. 45'874.- auszurichten; eventuell sei ihr ab 1. April
2003 eine Altersrente auszurichten, wobei zur Berechnung die am 1. April 2003
massgebenden Grundlagen heranzuziehen seien. Mit Entscheid vom 29. Mai 2006
hiess das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich die Klage teilweise
gut und verpflichtete die Personalvorsorgestiftung, der Klägerin ab 1. August
2004 eine Altersrente in der Höhe von jährlich Fr. 41'217.95 zuzüglich 5 %
Zins ab 12. Mai 2005 zu bezahlen.

C.
R.________ lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen mit dem Antrag, in
Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheides sei ihr ab 1. November 2002 eine
Rente von Fr. 45'874.- nebst Verzugszins ab 12. Mai 2005 auszurichten.
Eventuell sei ihr ab 1. Mai 2003 eine Altersrente auszurichten, basierend auf
den am 1. Mai 2003 massgebenden Grundlagen.
Die Personalvorsorgestiftung stellt den Antrag, in Aufhebung des
vorinstanzlichen Entscheides sei die Klage abzuweisen. Eventuell sei die
Verwaltungsgerichtsbeschwerde abzuweisen. Das Bundesamt für
Sozialversicherungen verzichtet auf eine Vernehmlassung.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Am 1. Januar 2007 ist das Bundesgesetz über das Bundesgericht vom 17. Juni
2005 (BGG; SR 173.110) in Kraft getreten (AS 2006 1205, 1243). Da der
angefochtene Entscheid vorher ergangen ist, richtet sich das Verfahren noch
nach OG (Art. 132 Abs. 1 BGG; BGE 132 V 393 E. 1.2 S. 395).

2.
Die Beschwerdegegnerin bestreitet ihre Passivlegitimation und beantragt aus
diesem Grund die Aufhebung des kantonalen Gerichtsentscheids und die
Abweisung der Klage. Zur Begründung führt sie an, im Streit liege mit der
Beendigung des Arbeitsvertrages eine arbeitsrechtliche Frage, weshalb die
Arbeitgeberin passivlegitimiert sei. Es kann offenbleiben, ob es sich beim
Hauptantrag in der Beschwerdeantwort um eine nicht zulässige
Anschlussbeschwerde handelt (vgl. BGE 124 V 153 E. 1 S. 155 mit Hinweis). Im
Streit liegt aufgrund der Klagebegehren gestützt auf das Vorsorgeverhältnis
zwischen der Beschwerdeführerin und der Beschwerdegegnerin eine
Altersleistung der beruflichen Vorsorge, namentlich der Beginn und die
Berechnung der Altersrente. Dass diese vorsorgerechtlichen Fragen mit der
arbeitsrechtlichen Problematik zwangsläufig zusammenhängen und damit
vorfrageweise der Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch das
Berufsvorsorgegericht nach Art. 73 BVG zu beurteilen ist, ändert an der
Passivlegitimation der Beschwerdegegnerin nichts.

3.
3.1 Nach Art. 8.3 des ab 1. Januar 2001 gültigen Reglements der
Personalvorsorgestiftung ist die vorzeitige Pensionierung zwischen dem Alter
57 und dem ordentlichen Rücktrittsalter möglich. Die vorzeitige Altersrente
oder die Kapitalabfindung berechnet sich auf Grund des im Zeitpunkt der
vorzeitigen Pensionierung vorhandenen Altersguthabens und eines reduzierten
Umwandlungssatzes.
Gemäss Art. 27 Abs. 1 des Personalreglements bezahlt die Arbeitgeberin bei
Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit oder Unfall das Salär während einer
beschränkten Zeit von 720 Tagen weiter.

3.2 Die Arbeitgeberin hat das seit 1. November 1972 bestehende
Arbeitsverhältnis am 25. Juli 2002 unter Einhaltung der vertraglichen
Kündigungsfrist auf den 31. Oktober 2002 aufgelöst. Zur Begründung führte sie
an, wegen struktureller Anpassungen, verbunden mit einem Stellenabbau, würden
vorzeitige Pensionierungen angeordnet. Ab 30. Juli 2002 war die
Beschwerdeführerin durchgehend bis am 31. Juli 2004 arbeitsunfähig. Sie
erhielt in dieser Zeitspanne gestützt auf Art. 27 Abs. 1 des
Personalreglements Salärfortzahlungen, die nach den Ausführungen der Parteien
teilweise in Form von Taggeldleistungen einer Versicherung erfolgt sind.

4.
Streitig ist, zu welchem Zeitpunkt das Arbeitsverhältnis beendet worden ist
und nach welchen Bemessungsvorschriften die Altersleistungen zu berechnen
sind, nachdem per 1. Januar 2004 die Elemente zur Berechnung der
Altersleistung, namentlich der Umwandlungssatz, wesentlich verschlechtert
worden sind.

4.1 Als Ende des Arbeitsverhältnisses kommen der 31. Oktober 2002, der 30.
April 2003 und der 31. Juli 2004 in Frage. Wegen der zwingenden Vorschrift
des Art. 336c Abs. 1 lit. b und Abs. 2 OR fällt der 31. Oktober 2002 zum
Vornherein ausser Betracht. Bei Beginn der Arbeitsunfähigkeit war das
Arbeitsverhältnis bereits per 31. Oktober 2002 gekündigt. Angesichts der
langen Beschäftigungsdauer erstreckte es sich gestützt auf Art. 336c Abs. 1
lit. b und Abs. 2 OR um 180 Tage bis 30. April 2003. Die in der
Verwaltungsgerichtsbeschwerde erstmals vorgetragene Konstruktion eines
Aufhebungsvertrages ist abwegig und widerspricht diametral den Ausführungen
in der vorinstanzlichen Klageschrift. Zum Einen ist bei der Annahme
konkludent abgeschlossener Aufhebungsverträge Zurückhaltung geboten (Urteil
der I. Zivilabteilung des Bundesgerichts vom 1. September 2005 in Sachen B.,
4C.230/2005), zum Andern begründet die Beschwerdeführerin den
Aufhebungsvertrag vor allem mit Verhaltensweisen des Arbeitgebers. Aus den
Akten sind jedoch keinerlei Anhaltspunkte für einen Aufhebungsvertrag
ersichtlich. Die Beschwerdeführerin selbst hat während zweier Jahre die
Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen eingereicht und die Lohnfortzahlungen
widerspruchslos entgegengenommen. Sie hat während dieser Zeit nie die
Altersleistungen reklamiert. Schliesslich konnte im Jahre 2002 die markante
Herabsetzung des Umwandlungssatzes auf den 1. Januar 2004 nicht vorausgesehen
werden.

4.2 Zu prüfen bleibt, ob die über den 30. April 2003 hinaus dauernden
Salärfortzahlungen im Sinne von Art. 27 Abs. 1 des Personalreglements daran
etwas ändern und das Arbeitsverhältnis bis 31. Juli 2004 verlängert worden
ist. Aus dem Personalreglement, namentlich aus Art. 27, ergibt sich kein
Anhaltspunkt für eine Verlängerung des bereits gekündigten
Arbeitsverhältnisses. Entgegen der Auffassung des kantonalen Gerichts und der
Beschwerdegegnerin kann aus der vorbehaltlosen Entgegennahme der
Salärfortzahlungen durch die Beschwerdeführerin nicht gefolgert werden, das
Arbeitsverhältnis habe bis zum Ablauf der Salärzahlungen angedauert. Die
Kündigung des Arbeitsvertrages ist ein einseitiges Gestaltungsrecht und
grundsätzlich bedingungsfeindlich sowie unwiderruflich (BGE 128 III 129 E. 2a
S. 135 mit Hinweisen). Das gekündigte Arbeitsverhältnis endet unter Vorbehalt
von Art. 336c OR mit dem Ende der Kündigungsfrist. Eine
Lohnfortzahlungspflicht im Krankheitsfall ändert nichts an der Beendigung des
Arbeitsverhältnisses. Vielmehr stellt sich in einem solchen Fall die
Auslegungsfrage, ob die vertraglich vereinbarte Leistungszusage das Ende des
Arbeitsvertrages überdauern soll (Urteil der I. Zivilabteilung des
Bundesgerichts vom 12. Juli 2006 in Sachen S. AG, 4C.216/2005). Auch die mit
einer Lohnausfallversicherung abgegoltene Lohnfortzahlungspflicht garantiert
bei Eintritt des Krankheitsfalles vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses
regelmässig Leistungen für eine längere Dauer, die weder vom Fortbestand des
Arbeitsverhältnisses (vgl. dazu BGE 127 III 318 E. 4b) noch davon abhängig
sind, dass das Arbeitsverhältnis bei Eintritt des Krankheitsfalles nicht
bereits gekündigt ist (erwähntes Urteil der I. Zivilabteilung des
Bundesgerichts vom 12. Juli 2006 in Sachen S. AG, 4C.216/2005). Diese
Auffassung wird auch vom Schrifttum geteilt (Thomas Geiser, Fragen im
Zusammenhang mit der Lohnfortzahlungspflicht bei Krankheit, AJP 2003 S. 326
Ziff. 2.20, 328 Ziff. 2.31; Manfred Rehbinder, Berner Kommentar, N 26 zu Art.
324a OR; Ullin Streiff/Adrian von Kaenel, Arbeitsvertrag, 6. Aufl., Zürich
2006, Rz. 34 zu Art. 324a/b OR). Damit ist der Versicherungsfall Alter am 1.
Mai 2003 eingetreten, zumal ein Aufschub der Altersrente um die Dauer der
Lohnfortzahlung im Reglement im Unterschied zur Invalidenrente (Art. 10.3)
nicht vorgesehen ist. Demzufolge richten sich die Altersleistungen nach den
am 1. Mai 2003 in Kraft gestandenen Vorschriften und Bemessungsregeln, zumal
es an einer ausdrücklichen Regelung fehlt, wonach die Altersleistungen nach
den im Zeitpunkt der Beendigung der Salärfortzahlungen gültigen Vorschriften
berechnet werden (vgl. etwa Urteil des Eidgenössischen Versicherungsgerichts
vom 5. Februar 2007 in Sachen R., B 22/06).

4.3 Nach Art. 18.1 des Reglements der Personalvorsorgestiftung werden
Leistungen gemäss diesem Reglement herabgesetzt, soweit sie allein oder
zusammen mit Leistungen von dritter Seite 100 % des zuletzt bezogenen
Nettojahreslohnes übersteigen. Als solch anrechenbare Leistungen gelten u.a.
"Leistungen aus einer anderen Versicherung, an die der Arbeitgeber Prämien
bezahlt hat" und "Haftpflichtleistungen des Arbeitgebers oder eines Dritten
und allfälligen Lohnzahlungen". Da die Beschwerdeführerin
unbestrittenermassen bis 31. Juli 2004 in den Genuss der Salärfortzahlungen
gekommen ist, die nach den Ausführungen der Parteien zumindest teilweise in
Form von Taggeldleistungen einer Versicherung erbracht worden sind, drängt
sich die bis anhin nicht behandelte Frage auf, ob diese Zahlungen als
anrechenbare Leistungen im Sinne von Art. 18.1 des Vorsorgereglements zu
qualifizieren sind und die Altersleistungen wegen Überentschädigung für den
Zeitraum vom 1. Mai 2003 bis 31. Juli 2004 herabzusetzen sind. Die Sache geht
daher an das kantonale Gericht zurück, damit es die Altersleistung der
Beschwerdeführerin gestützt auf die im Zeitpunkt vom 1. Mai 2003 gültigen
Vorschriften berechne und danach die Frage der Herabsetzung gemäss Art. 18.1
des Vorsorge-Reglements prüfe.

5.
Das Verfahren ist kostenlos (Art. 134 OG e contrario). Entsprechend dem
Ausgang des Verfahrens hat die Beschwerdeführerin Anspruch auf eine
Parteientschädigung zu Lasten der Beschwerdegegnerin (Art. 159 OG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird in dem Sinne gutgeheissen, dass der
vorinstanzliche Entscheid vom 29. Mai 2006 aufgehoben wird und die Sache an
das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich zurückgewiesen wird, damit
es im Sinne der Erwägungen verfahre und hernach über die Klage neu
entscheide.

2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3.
Die Personalvorsorgestiftung der Bank X.________ hat der Beschwerdeführerin
für das Verfahren vor dem Bundesgericht eine Parteientschädigung von Fr.
2500.- (einschliesslich Mehrwertsteuer) zu bezahlen.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons
Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherungen zugestellt.

Luzern, 25. Mai 2007

Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: