Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen B 77/2006
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{T 7}
B 77/06

Urteil vom 18. April 2007
II. sozialrechtliche Abteilung

Bundesrichter U. Meyer, Präsident,
Bundesrichter Lustenberger, Borella, Kernen, Seiler,
Gerichtsschreiberin Schüpfer.

S. ________, 1946, Beschwerdeführer,

gegen

BVG-Sammelstiftung der Rentenanstalt,
General Gusian-Quai 40, 8022 Zürich, Beschwerdegegnerin.

Berufliche Vorsorge,

Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Entscheid des
Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich
vom 31. Mai 2006.

Sachverhalt:

A.
Der 1946 geborene S.________ arbeitet bei der Firma X._________ & Co AG und
ist bei der BVG-Sammelstiftung der Rentenanstalt (nachfolgend: Rentenanstalt)
berufsvorsorgeversichert. Am 11. September 2005 ersuchte er im Hinblick auf
seinen Altersrücktritt im Jahre 2011 um dannzumalige Auszahlung des
überobligatorischen Teils seines Altersguthabens in Kapitalform und um Bezug
des obligatorischen Teils in Form einer Rente, welche in Anwendung des
entsprechenden Umwandlungssatzes von 6,95 % berechnet werden solle. Die
Rentenanstalt erklärte ihm in der Folge unter Verweis auf das seit 1. Januar
2005 geltende Reglement der Stiftung, dass bei Bezug eines einmaligen
Kapitalbetrages der obligatorische und der überobligatorische Teil des
vorhandenen Altersguthabens nach ihrem prozentualen Anteil am gesamten
Altersguthaben gekürzt werden.

B.
Am 29. November 2005 reichte S.________ beim Sozialversicherungsgericht des
Kantons Zürich Klage gegen die Rentenanstalt ein und ersuchte sinngemäss um
Feststellung, dass er bei einem Kapitalbezug des überobligatorischen Teils
seines Altersguthabens den obligatorischen Teil ohne Kürzung in Rentenform
beziehen könne. Mit Entscheid vom 31. Mai 2006 wies das
Sozialversicherungsgericht die Klage ab.

C.
S.________ führt dagegen Verwaltungsgerichtsbeschwerde und erneuert sein
vorinstanzlich gestelltes Rechtsbegehren.
Die Rentenanstalt beantragt Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde,
während das Bundesamt für Sozialversicherungen auf eine Stellungnahme
verzichtet.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Das Bundesgesetz über das Bundesgericht vom 17. Juni 2005 (BGG; SR 173.110)
ist am 1. Januar 2007 in Kraft getreten (AS 2006 1205, 1243). Da der
angefochtene Entscheid vorher ergangen ist, richtet sich das Verfahren noch
nach OG (Art. 132 Abs. 1 BGG; BGE 132 V 393 E. 1.2 S. 395).

2.
Gemäss Art. 37 BVG werden Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenleistungen in
der Regel als Rente ausgerichtet (Abs. 1). Indessen kann der Versicherte
verlangen, dass ihm ein Viertel seines Altersguthabens, das für die
Berechnung der tatsächlich bezogenen Altersleistungen massgebend ist, als
einmalige Kapitalabfindung ausgerichtet wird (Abs. 2 in der hier anwendbaren,
ab 1. Januar 2005 geltenden Fassung). Schliesslich können die
reglementarischen Bestimmungen vorsehen, dass der Anspruchsberechtigte
anstelle einer Alters-, Witwen- oder Invalidenrente eine Kapitalabfindung
verlangen kann (Abs. 4 lit. a; in Kraft seit 1. Januar 2005).
Gegenstand des Prozesses bildet die Frage, ob die Reglementsbestimmung,
wonach durch den Bezug eines einmaligen Kapitalbetrages der obligatorische
und der überobligatorische Teil des vorhandenen Altersguthabens nach ihrem
prozentualen Anteil am gesamten Altersguthaben gekürzt werden (Art. 13 Abs. 5
in fine des Reglements der BVG-Sammelstiftung der Rentenanstalt für das
Vorsorgewerk der Firma X.________ & Co AG), Bundesrecht verletzt.

3.
Das kantonale Gericht hat im angefochtenen Entscheid die massgeblichen
gesetzlichen und reglementarischen Bestimmungen zutreffend dargelegt. Darauf
wird verwiesen.
Mit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird sinngemäss geltend gemacht, die
genannte Reglementsbestimmung (Art. 13 Abs. 5) verletze die rechtsgleiche
Behandlung aller Versicherten. Durch den Umstand, dass der Beschwerdeführer
eine "überobligatorische Zusatzversicherung" besitze, die bezüglich
Kapitalbildung, Verzinsung und Rentenzahlung getrennt von der
"obligatorischen BVG-Versicherung" berechnet werde, sei es ihm verwehrt, für
jeden Teilbereich eigenständig zu handeln. Es sei nicht nachvollziehbar,
warum das Reglement eine Vermischung der voneinander getrennt geführten
"Renten" zulasse, da ja für den einzelnen Versicherten keine Möglichkeit
bestehe, das Reglement zu beeinflussen.

4.
Nach der Rechtsprechung lässt das in Art. 73 BVG vorgesehene Klageverfahren
mit anschliessender Verwaltungsgerichtsbeschwerde keine abstrakte Kontrolle
von reglementarischen Bestimmungen der Vorsorgeeinrichtungen im Sinne von
Art. 50 Abs. 1 BVG durch das Gericht zu. Dagegen kann das Gericht nach
Art. 73 Abs. 1 und 4 BVG bei der Beurteilung eines konkreten Einzelfalles im
Rahmen der inzidenten Normenkontrolle (vorfrageweise) prüfen, ob einzelne
reglementarische oder statutarische Bestimmungen bundesrechtswidrig sind (BGE
119 V 195 E. 3b S. 196 mit Hinweisen; SZS 2003 S. 523, B 3/02).
Die Rechte und Pflichten der Versicherten richten sich in erster Linie nach
den reglementarischen Regelungen der Vorsorgeeinrichtungen, wobei diese dem
Gesetz (vgl. Art. 49 BVG) und den rechtsstaatlichen Minimalanforderungen -
Willkürverbot, Verhältnismässigkeit, Treu und Glauben sowie Rechtsgleichheit,
vorab in der Form der Gleichbehandlung der Destinatäre - entsprechen müssen
(BGE 132 V 149 E. 5.2.4 S. 154 mit zahlreichen Hinweisen).

5.
5.1 Der Beschwerdeführer geht davon aus, er sei bei zwei voneinander
getrennten Versicherungen der beruflichen Vorsorge versichert, nämlich
einerseits bei der obligatorischen Vorsorge gemäss BVG und daneben noch bei
einer überobligatorischen "Zusatzversicherung". Das entspricht nicht den
wirklichen Gegebenheiten. Vielmehr ist die Beschwerdegegnerin eine umhüllende
Vorsorgeeinrichtung, welche neben der obligatorischen auch die weitergehende
berufliche Vorsorge betreibt, wobei die Ansprüche der versicherten Personen
in einem einzigen Reglement geregelt werden. Als umhüllende Kasse hat die
Beschwerdegegnerin eine Schattenrechnung zu führen, damit jederzeit
nachgeprüft werden kann, ob sie den Anforderungen des BVG-Obligatoriums
genügt. Dem ist sie gemäss Leistungsausweis nachgekommen, was auch vom
Beschwerdeführer nicht bestritten wird. Wie die Rentenanstalt in ihrer
Vernehmlassung zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde richtig darstellt, können
alleine gestützt auf die Schattenrechnung keine Leistungsansprüche gestellt
werden. Soweit die reglementarischen Leistungen diejenigen gemäss
Schattenrechnung übersteigen, kommen einzig erstere zum Zuge.
Das kantonale Gericht hat zutreffend festgestellt, dass die reglementarischen
Leistungen der Beschwerdegegnerin diejenigen nach BVG übersteigen, weshalb
Bundesrecht nicht verletzt wird.

5.2 Ebenso wenig ist ersichtlich, inwiefern durch die für alle Destinatäre
gleichermassen geltende Reglementsbestimmung, wonach bei einem (teilweisen)
Kapitalbezug des vorhandenen Altersguthabens der obligatorische und der
überobligatorische Teil nach ihrem prozentualen Anteil vermindert wird
(Art. 13 Abs. 5), der Grundsatz der rechtsgleichen Behandlung verletzt wird,
wie vom Beschwerdeführer gerügt. Von Bundesrecht wegen wird keine
Gleichbehandlung aller Versicherten der beruflichen Vorsorge garantiert. Die
verschiedenen Reglemente einzelner Vorsorgeeinrichtungen können sich
wesentlich unterscheiden, ohne Bundesrecht zu verletzen. Dieses bietet
lediglich eine Minimalgarantie, die nicht unterschritten werden darf. Daher
konnte auch die im vorinstanzlichen Verfahren vorgebrachte Berufung auf die
Regelung bei einer anderen Vorsorgeeinrichtung vorliegend nicht helfen. Die
Klage ist zu Recht abgewiesen worden.

6.
Nach Art. 159 Abs. 2 OG darf im Verfahren der Verwaltungsgerichtsbeschwerde
obsiegenden Behörden oder mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben betrauten
Organisationen in der Regel keine Parteientschädigung zugesprochen werden.
Dies gilt auch für die Träger oder Versicherer der beruflichen Vorsorge
gemäss BVG (BGE 126 V 149 Erw. 4). Obschon die Rentenanstalt formell obsiegt,
hat sie somit keinen Anspruch auf Parteientschädigung.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.

2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons
Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherungen zugestellt.
Luzern, 18. April 2007

Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin: