Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen B 59/2006
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{T 7}
B 59/06

Urteil vom 28. Februar 2007
II. sozialrechtliche Abteilung

Bundesrichter U. Meyer, Präsident,
Bundesrichter Borella, nebenamtlicher Richter Maeschi,
Gerichtsschreiber Schmutz.

J. ________, 1958, Beschwerdeführerin,

gegen

PKG Pensionskasse, Zürichstrasse 16, 6004 Luzern, Beschwerdegegnerin.

Berufliche Vorsorge,

Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des
Kantons Luzern
vom 30. März 2006.

Sachverhalt:

A.
J. ________, geboren 1958, war vom 1. Oktober 1992 bis 31. Mai 1994 in der
Firma A.________ AG angestellt. Am 15. August 1994 trat sie als
Aushilfsmitarbeiterin in die Firma C.________ GmbH ein. Das zunächst
befristete Arbeitsverhältnis wurde ab 15. November 1994 in ein unbefristetes
überführt; dadurch war J.________ ab 1. November 1994 bei der Providentia
Sammelstiftung BVG (nachfolgend: Sammelstiftung BVG)
berufsvorsorgeversichert. Auf den 31. Mai 1997 wurde ihr die Stelle
gekündigt. Die IV-Stelle des Kantons St. Gallen sprach ihr mit Verfügung vom
11. August 1999 bei einem Invaliditätsgrad von 44 % eine IV-Viertelsrente zu,
wobei der Anspruchsbeginn wegen verspäteter Anmeldung statt auf den 1. Juni
1995 auf den 1. Dezember 1996 festgelegt wurde. Am 4. März 2005 lehnte die
Providentia, Schweizerische Lebensversicherungs-Gesellschaft, für die bei ihr
rückversicherte (seit 1. Januar 2004 unter dem Namen "PKG Sammelstiftung BVG"
auftretende) Sammelstiftung BVG die Ausrichtung einer Invalidenrente aus der
obligatorischen beruflichen Vorsorge ab, da die relevante Arbeitsunfähigkeit
am 10. Juni 1994, und damit bereits vor Aufnahme in die Sammelstiftung,
eingetreten sei.

B.
Die gegen die Sammelstiftung BVG beziehungsweise - nach deren Aufhebung mit
Verfügung des Bundesamtes für Sozialversicherungen vom 17. Januar 2006 - die
Rechtsnachfolgerin PKG Pensionskasse erhobene Klage auf Ausrichtung der
BVG-Leistungen wies das Verwaltungsgericht des Kantons Luzern,
Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, mit Entscheid vom 30. März 2006 ab.

C.
Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragt J.________, die PKG Pensionskasse
sei zu verpflichten, die versicherten Leistungen (inklusive Prämienbefreiung
und 5 % Zins seit jeweiliger Fälligkeit) zu gewähren.
Die PKG Pensionskasse schliesst auf Abweisung der
Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Vorinstanz und Bundesamt für
Sozialversicherungen verzichten auf Vernehmlassung.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Das Bundesgesetz über das Bundesgericht vom 17. Juni 2005 (BGG; SR 173.110)
ist am 1. Januar 2007 in Kraft getreten (AS 2006 1205, 1243). Da der
angefochtene Entscheid vorher ergangen ist, richtet sich das Verfahren noch
nach OG (Art. 132 Abs. 1 BGG; BGE 132 V 393 E. 1.2 S. 395).

2.
Das kantonale Gericht hat die gesetzlichen und reglementarischen Bestimmungen
und Grundsätze über den Anspruch auf Invalidenleistungen der obligatorischen
und weitergehenden beruflichen Vorsorge (Art. 23 und 26 BVG; Art. 8 Abs. 3
Reglement Providentia Sammelstiftung BVG vom 1. Februar 1994) und die dazu
ergangene Rechtsprechung, so über die Verbindlichkeit der Beschlüsse der
Organe der Invalidenversicherung für die Einrichtungen der beruflichen
Vorsorge (BGE 129 V 73, 126 V 308 E. 1, 120 V 106, 118 V 35) und über das für
die Leistungspflicht der ehemaligen Vorsorgeeinrichtung massgebende
Erfordernis des engen sachlichen und zeitlichen Zusammenhanges zwischen
Arbeitsunfähigkeit und Invalidität (BGE 123 V 262 E. 1c, 120 V 112 f.
E. 2c.aa und bb mit Hinweisen) zutreffend dargelegt. Darauf wird verwiesen.

3.
Streitig ist der Zeitpunkt, in welchem eine für die bestehende
Beeinträchtigung der Erwerbsfähigkeit relevante Arbeitsunfähigkeit
eingetreten ist. Konkret stellt sich die Frage, ob dies während der
Anstellungsdauer bei der C.________ GmbH vom 15. August 1994 bis 31. Mai 1997
- und damit während des Vorsorgeverhältnisses bei der Sammelstiftung BVG -
oder bereits vor diesem Zeitpunkt der Fall war.

3.1 Aus den Akten ergibt sich, dass die Beschwerdeführerin seit 1993 an
belastungsabhängigen Lumbalgien leidet und deshalb seit März 1993 in
ärztlicher Behandlung stand (IV-Arztbericht Dr. med. D.________, Facharzt FMH
für Innere Medizin, vom 19. Januar 1998). Schon während der früheren
Tätigkeit bei der A.________ AG wies sie häufige krankheitsbedingte Absenzen
auf. Nach den Angaben im Fragebogen der Invalidenversicherung für den
Arbeitgeber vom 31. März 1999 war sie im Jahr vor der Auflösung des
Arbeitsverhältnisses (1. März 1993 bis 13. März 1994) während rund
fünfeinhalb Monaten zu 100 % und ungefähr einen Monat zu 50 % arbeitsunfähig.
Die Aufgabe der Erwerbstätigkeit bei der A.________ AG erfolgte nach den
Angaben des Arbeitgebers (Fragebogen vom 31. März 1999), des
IV-Berufsberaters (Feststellung vom 14. Mai 1999) und der Beschwerdeführerin
selbst (Bericht MEDAS vom 17. Juni 1998) aus gesundheitlichen Gründen. Es
bestand somit bereits vor Beginn des Vorsorgeverhältnisses bei der
Beschwerdegegnerin eine Arbeitsunfähigkeit, welche für den Leistungsanspruch
als relevant zu betrachten ist (vgl. SZS 2003 S. 434, B 7/01, und 521,
B 49/00, und die im vorinstanzlichen Entscheid, E. 3, erwähnte
Rechtsprechung).

3.2 Der sachliche Zusammenhang zwischen der vorbestandenen Arbeitsunfähigkeit
und der späteren Invalidität ist zu bejahen. Daran ändert nichts, dass im
Fragebogen des Arbeitgebers vom 31. März 1999 von Hüftproblemen die Rede ist,
handelt es sich doch offensichtlich um Beschwerden im Rahmen der in den
Arztberichten erwähnten Lumbalgien mit Ausstrahlungen ins linke Bein. Zu
bejahen ist auch der zeitliche Zusammenhang, weil die Beschwerdeführerin in
der Folge unbestrittenermassen nie mehr voll arbeitsfähig war (BGE 123 V 262
E. 1c, 120 V 112 E. 2c.aa und bb, 118 V 158 E. 4e).

4.
Was in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde vorgebracht wird, vermag zu keinem
anderen Ergebnis zu führen. Dass die Invalidenversicherung bei der
Zusprechung einer Viertelsrente ab 1. Dezember 1996 gemäss Verfügung vom
11. August 1999 von einer für den Rentenanspruch relevanten
Arbeitsunfähigkeit ab 10. Juni 1994 ausging, ist schon deshalb nicht
entscheidend, weil die Rente wegen verspäteter Anmeldung lediglich ab
1. Dezember 1996 auszurichten war (Art. 48 Abs. 2 IVG), weshalb dem
effektiven Beginn der Arbeitsunfähigkeit nicht entscheidende Bedeutung zukam.
Mit der Feststellung, eine für den Rentenanspruch relevante
Arbeitsunfähigkeit habe ab dem Zeitpunkt der gesundheitlich bedingten
Auflösung des Arbeitsverhältnisses bei der A.________ AG (10. Juni 1994)
bestanden, hat die IV-Stelle eine Beeinträchtigung der Arbeitsfähigkeit in
der vorausgegangenen Zeit nicht verneint. Der Beginn der für den Anspruch auf
Leistungen der beruflichen Vorsorge massgebenden Arbeitsunfähigkeit ist daher
selbstständig festzusetzen. Entgegen den Ausführungen in der
Verwaltungsgerichtsbeschwerde hat die Beschwerdegegnerin auch für eine
allfällige Verschlimmerung des Gesundheitsschadens während der
Versicherungsdauer der Beschwerdeführerin bei der Sammelstiftung BVG nicht
einzustehen (BGE 130 V 270 E. 4.1, 123 V 262 E. 1a, 118 V 35 E. 5).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.

2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Luzern,
Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, und dem Bundesamt für
Sozialversicherungen zugestellt.
Luzern, 28. Februar 2007

Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: