Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen B 22/2006
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{T 7}
B 22/06

Urteil vom 5. Februar 2007
II. sozialrechtliche Abteilung

Bundesrichter U. Meyer, Präsident,
Bundesrichter Lustenberger, Seiler,
Gerichtsschreiber Nussbaumer.

R. ________, 1943, Beschwerdeführerin,

gegen

Kanton Zürich, Beschwerdegegner,
vertreten durch die Finanzdirektion des Kantons Zürich, Walcheplatz 1, 8090
Zürich, und diese vertreten durch die Beamtenversicherungskasse des Kantons
Zürich, Stampfenbachstrasse 63, 8006 Zürich.

Berufliche Vorsorge,

Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Entscheid des
Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich
vom 18. Januar 2006.

Sachverhalt:

A.
R. ________ (geboren 1943) war seit 1. Mai 1978 beim Kanton Zürich, zuletzt
als Lehrerin angestellt und bei der Beamtenversicherungskasse des Kantons
Zürich im Rahmen der beruflichen Vorsorge versichert. Mit Verfügung der
Bildungsdirektion des Kantons Zürich vom ... wurde sie auf den ... 2004
altershalber entlassen unter Ausrichtung einer Abfindung von 12 Monatslöhnen
entsprechend dem Beschäftigungsgrad von 14 % (Fr. 18'615.-). Mit Schreiben
vom 26. Oktober 2004 gab die Beamtenversicherungskasse des Kantons Zürich
R.________ die ab 1. November 2004 jährlich auszurichtende Altersleistung mit
Fr. 13'837.80 bekannt. Die Berechnung der Altersleistung basierte auf einem
Sparguthaben per Austritt von Fr. 210'024.20 nebst Spargutschriften bis zum
Alter 63 von Fr. 3767.20, einem Umwandlungssatz im Alter 63 von 6,65 % und
einer Kürzung von 1/6 % pro Monat vor dem vollendeten 63. Altersjahr von Fr.
379.10 (entsprechend einer Kürzung von 16 Monaten à 1/6 %). Diese
Berechnungsweise beanstandete R.________ am 22. November 2004 mit Bezug auf
die Kürzung von Fr. 379.10 und verlangte eine Reduktion der Kürzung auf vier
Monate (Fr. 94.80).

B.
Mit Eingabe vom 18. Dezember 2004 erhob R.________ Klage mit dem
Rechtsbegehren, es sei ihr ab 1. November 2005 eine Jahresrente in Höhe von
Fr. 14'122.10 oder Fr. 14'098.40 ab 1. Oktober 2005 auszurichten. Mit
Entscheid vom 18. Januar 2006 wies das Sozialversicherungsgericht des Kantons
Zürich die Klage ab.

C.
R.________ führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Antrag, die
Jahresrente von Fr. 14'216.90 sei um Fr. 94.80 (4/6 %) auf Fr. 14'122.10 zu
kürzen. Die Beamtenversicherungskasse des Kantons Zürich schliesst auf
Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Das Bundesamt für
Sozialversicherungen verzichtet auf eine Vernehmlassung.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Das Bundesgesetz über das Bundesgericht vom 17. Juni 2005 (BGG; SR 173.110)
ist am 1. Januar 2007 in Kraft getreten (AS 2006 1205, 1243). Da der
angefochtene Entscheid vorher ergangen ist, richtet sich das Verfahren noch
nach OG (Art. 132 Abs. 1 BGG; BGE 132 V 393 Erw. 1.2 S. 395).

2.
Im weitergehenden Bereich der beruflichen Vorsorge sind die
Vorsorgeeinrichtungen im Rahmen des Gesetzes in der Gestaltung ihrer
Leistungen, in deren Finanzierung und in ihrer Organisation frei (Art. 49 BVG
in der bis Ende Dezember 2004 gültigen und hier anwendbaren Fassung).
Massgebend ist insoweit - innerhalb der durch Gesetz und verfassungsmässige
Grundsätze bestimmten Grenzen - insbesondere die autonome Regelung der
Vorsorgeeinrichtung, wie sie in deren Statuten und Reglementen festgehalten
ist. Die Auslegung dieser Rechtsgrundlagen erfolgt bei Vorsorgeeinrichtungen
des öffentlichen Rechts nach den für die Gesetzesauslegung geltenden Regeln
(BGE 131 II 703 Erw. 1, 131 V 292 Erw. 5.2; SVR 1997 BVG Nr. 79 S. 245
Erw. 3c).

3.
3.1 Nach § 10 Abs. 1 der Statuten der Versicherungskasse für das
Staatspersonal (im Folgenden: Statuten; in der vorliegend anwendbaren, bis
31. Dezember 2004 gültig gewesenen Fassung) ist der Staat berechtigt,
versicherte Personen nach dem vollendeten 60. Altersjahr altershalber zu
entlassen, falls sachlich ausreichende Gründe dies rechtfertigen. Der
Entlassung altershalber ist die Auflösung des Arbeitsverhältnisses im
gegenseitigen Einvernehmen gleichgestellt.
Gemäss Abs. 2 derselben Bestimmung hat die Entlassung auf das Monatsende zu
erfolgen. Nach der Entlassung besteht Anspruch auf die Altersleistungen. Wird
der versicherten Person eine Abgangsentschädigung zugesprochen, wird die
Rente im Zeitpunkt der Entlassung festgesetzt. Die Rente beginnt nach Ablauf
der Dauer, für welche die Abgangsentschädigung ausgerichtet wird.

3.2 Bei Entlassung einer versicherten Person durch den Staat im Sinne von
§ 10 der Statuten wird die Altersrente mit dem Umwandlungssatz im Alter 63
berechnet. Das massgebliche Sparguthaben besteht aus dem Sparguthaben im
Entlassungszeitpunkt. Hinzu kommen Spargutschriften ohne Zins bis zum
Alter 63, die aufgrund des versicherten Lohnes im Entlassungszeitpunkt
berechnet werden. Diese Rente wird für jeden Monat vor dem 63. Altersjahr um
1/6 % gekürzt (§ 16 Abs. 1 der Statuten).

4.
Im Streit liegt, ob bei der Berechnung der Altersrente der Abzug von 1/6 %
für jeden Monat vor dem 63. Altersjahr auf den Zeitpunkt der Entlassung der
Beschwerdeführerin (1. November 2004) oder auf den Zeitpunkt der erstmaligen
Ausrichtung der Rente (1. November 2005) vorzunehmen ist.

4.1 Das kantonale Gericht ging bei der Auslegung der angeführten
Statutenbestimmungen davon aus, dass für jene nicht freiwillig aus dem
Arbeitsverhältnis ausgetretenen Personen, welchen eine Abgangsentschädigung
zugesprochen wird, ausdrücklich die Festsetzung der Rente im Zeitpunkt der
Entlassung vorgesehen ist. Dies könne nur dahingehend verstanden werden, dass
die Rentenhöhe gemäss der Vorgabe von § 16 Abs. 1 der Statuten bestimmt
werde, und zwar unter Berücksichtigung aller Elemente, also auch des
Kürzungsfaktors. Denn die Bestimmung spreche nirgends davon, dass der
Kürzungsfaktor abhängig von der Höhe der Abgangsentschädigung ist. Namentlich
fehle eine statutarische Einschränkung in dem Sinne, dass auf den Zeitpunkt
der Entlassung zwar das massgebliche Sparguthaben und der Umwandlungssatz
festgelegt werden, der Kürzungsfaktor aber erst auf einen späteren Zeitpunkt
hin. Dies leuchte auch insofern ein, als mit dem Ausscheiden aus dem
Arbeitsverhältnis das Versicherungsverhältnis erlösche und die entsprechenden
Berechnungen zwangsläufig auf diesen Zeitpunkt hin zu erfolgen hätten.
Von der Rentenberechnung zu unterscheiden sei der Zeitpunkt der
Rentenausrichtung. Eine Ausrichtung der Abgangsentschädigung für eine
bestimmte Anzahl Monate nebst der vorgezogenen Altersrente würde zu einer
übermässigen Leistungsausrichtung während dieser Zeitspanne führen, da die
versicherte Person für dieselbe Zeitspanne zwei verschiedene Entschädigungen
beziehen würde. Aus diesem Grund lege § 10 Abs. 2 der Statuten fest, dass die
Rente erst nach Ablauf der Dauer, für welche die Abgangsentschädigung
ausgerichtet werde, zu laufen beginne.

Aus diesen Regelungselementen ergebe sich die Absicht des Statutengebers, die
Altersrente im Zeitpunkt der Entlassung zu berechnen und zwar auf den
Zeitpunkt der Entlassung hin. Für Personen ohne Abgangsentschädigung sollte
die so berechnete Rente umgehend nach der Entlassung ausgerichtet werden, für
jene mit einer Abgangsentschädigung nach Ablauf der Dauer derselben, dies
ohne Einfluss auf die Höhe der Rente. Die Altersrente werde in letzterem Fall
lediglich aufgeschoben bis zum Ende der der Abgangsentschädigung
entsprechenden Periode. Die Rentenberechtigten mit einer Abgangsentschädigung
würden gegenüber den freiwillig in den Ruhestand tretenden Arbeitnehmenden in
doppelter Hinsicht privilegiert. Zum einen profitiere diese Kategorie von
Versicherten vom Umwandlungssatz im Alter 63 anstelle eines allenfalls
tieferen Umwandlungssatzes vor Alter 63. Weiter werde das Alterskapital
dieser Versicherten mit fiktiven Spargutschriften bis zum Alter 63
aufgewertet; für diese zusätzlichen Gutschriften würden keine Beiträge
geleistet. Auf diese Weise werde die Altersleistung auf ein höheres Niveau
angehoben, ohne dass diese Mehrleistung effektiv ausfinanziert werde. Dass
neben der zusätzlichen Privilegierung durch die Abgangsentschädigung auch
noch die weitere Bevorzugung mit dem Kürzungsfaktor erst auf den Zeitpunkt
des Rentenbezugs hin erfolgen solle, könne aus den Statutenbestimmungen nicht
geschlossen werden. Hinzuweisen sei in diesem Zusammenhang ferner auf den
Umstand, dass die Klägerin durch die gewählten Spargutschriften bis zum
Alter 63 deutlich mehr gewinne, als sie durch die § 16 Abs. 1 der Statuten
vorgesehene Kürzung wieder verliere. Vergleiche man schliesslich die
Beschwerdeführerin mit einer versicherten Person, welche bei gleichem
Alterskapital ohne Abgangsentschädigung gleichzeitig aus dem
Arbeitsverhältnis ausgeschieden sei, so entsprächen sich diese Renten. Die
Beschwerdeführerin erhalte aber für die Dauer der Abgangsentschädigung den
vollen Lohn und nicht bloss die Rentenleistungen. Daraus erwachse ihr der
Vorteil aus der Zusprache einer Abgangsentschädigung.

4.2 Die Beschwerdeführerin stellt sich auf den Standpunkt, dass die Auslegung
des kantonalen Gerichts gegen das Prinzip der Rechtsgleichheit, gegen die
gewöhnlichen Regeln der Gesetzesauslegung und gegen das gesunde
Rechtsempfinden verstösst. Der Statutengeber habe mit der Regelung einzig
festlegen wollen, dass die dem Entlassenen bereits vor seinem 63. Altersjahr
ausgerichtete Rente für jeden Monat, den sie vor dem 63. Altersjahr
ausgerichtet werde, um ein 1/6 % zu kürzen sei, um mit dieser Kürzung die
bereits vor dem 63. Altersjahr erfolgte Auszahlung etwas zu kompensieren.
Daraus ergebe sich die logische Schlussfolgerung, dass diese lebenslängliche
Rente nur um die Anzahl Monate, in denen sie vor dem 63. Altersjahr
tatsächlich ausbezahlt werde, gekürzt werden könne. In ihrem Fall betrage
daher die Kürzung 4/6 % und nicht 16/6 %.

4.3 Der Auslegung des kantonalen Gerichts, auf welche verwiesen wird
(Erw. 4.1 hievor), ist beizupflichten. Gemäss § 10 Abs. 2 der Statuten wird
die Altersrente im Zeitpunkt der Entlassung festgesetzt und zwar unabhängig
davon, ob der entlassenen Person eine Abgangsentschädigung ausgerichtet wird
oder nicht. Für die Berechnung der Altersrente nennt § 16 Abs. 1 der Statuten
lediglich zwei zeitliche Eckpunkte, nämlich Alter 63 und den Zeitpunkt der
Entlassung. Nicht erwähnt ist der Zeitpunkt des Ablaufs einer allenfalls
gewährten Abgangsentschädigung. Eine solche Leistung hat lediglich einen
Einfluss auf den Beginn der Rentenzahlungen. Auf diese Weise sollen
Doppelzahlungen (Abgangsentschädigung und Altersleistungen) vermieden werden.
Damit hat die Bestimmung des § 10 Abs. 2 letzter Satz der Statuten lediglich
die Funktion einer Überentschädigungs-, nicht aber einer Berechnungsnorm. Wie
das kantonale Gericht zu Recht festgestellt hat, will § 16 die entlassene
Person besser stellen, als eine Person, die aus eigenem Antrieb vorzeitig aus
dem Dienst ausscheidet. Diese Besserstellung ist versicherungstechnisch nicht
ausfinanziert, weshalb eine massvolle Korrektur durch die auf den
Entlassungszeitpunkt bezogene Kürzung erfolgt.
Diese Regelung verstösst entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin auch
nicht gegen die Rechtsgleichheit: Im Gegenteil ist es rechtsgleich und
systemkonform, die Berechnung nach Massgabe der Verhältnisse im Zeitpunkt des
Rücktritts vorzunehmen, da nur bis zu diesem Zeitpunkt Beiträge bezahlt
werden. Nicht erheblich kann sein, ob die Rente effektiv ausbezahlt wird oder
ob sie wegen einer vom Arbeitgeber geleisteten Abfindung aufgeschoben wird.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.

2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons
Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherungen zugestellt.
Luzern, 5. Februar 2007

Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: