Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen B 17/2006
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Prozess {T 7}
B 17/06

Urteil vom 6. Juni 2006
IV. Kammer

Präsident Ursprung, Bundesrichterin Widmer und Bundesrichter Frésard;
Gerichtsschreiberin Amstutz

Bundesamt für Sozialversicherung, Effingerstrasse 20, 3003 Bern,
Beschwerdeführer,

gegen

1.S.________,
2.Kanton Zürich, vertreten durch die Finanzdirektion des Kantons Zürich,
Walcheplatz 1, 8090 Zürich, diese vertreten durch die
Beamtenversicherungskasse des Kantons Zürich, Stampfenbachstrasse 63,
8006 Zürich,

Beschwerdegegnerinnen

Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, Winterthur

(Entscheid vom 19. Dezember 2005)

Sachverhalt:

A.
S. ________ und M.________ heirateten am 16. Juli 1993. Mit Urteil des
Bezirksgerichts B.________ vom 6. April 2005, welches am 20. Mai 2005 in
Rechtskraft erwuchs, wurde ihre Ehe geschieden. Ziffer 9 des
Urteilsdispositivs legte eine hälftige Aufteilung der Austrittsleistungen der
beruflichen Vorsorge fest.

B.
Nach Überweisung der Sache durch das Scheidungsgericht verpflichtete das
Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich in Dispositiv-Ziffer 1 seines
Entscheides vom 19. Dezember 2005 den durch die Beamtenversicherungskasse des
Kantons Zürich beziehungsweise die Finanzdirektion vertretenen Kanton Zürich,
den Betrag von Fr. 42'767.10 zu Lasten von S.________ (AHV-Nr.
792.67.522.257) der Freizügigkeitsstiftung der Zürcher Kantonalbank zu
Gunsten von M.________, Freizügigkeitskonto Nr. 463'840, zu überweisen.

C.
Das Bundesamt für Sozialversicherungsgericht (BSV) führt
Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Antrag, in Aufhebung von
Dispositiv-Ziff. 1 des vorinstanzlichen Entscheids sei der durch die
Beamtenversicherungskasse des Kantons Zürich beziehungsweise die
Finanzdirektion vertretene Kanton Zürich zu verpflichten, den Betrag von
Fr. 42'767.10 zuzüglich reglementarischem Zins ab dem 21. Mai 2005 bis zum
Tag der Ausfällung der Entscheidung des Eidgenössischen Versicherungsgerichts
sowie 2.5 % Zins ab diesem Zeitpunkt bis zum Überweisungszeitpunkt (längstens
aber bis zum 30. Tag nach Ausfällung des Urteils) zu Lasten von S.________
(AHV-Nr. 792.67.522.257) der Freizügigkeitsstiftung der Zürcher Kantonalbank
zu Gunsten von M.________, Freizügigkeitskonto Nr. 463'840, zu überweisen,
und ab dem 31. Tag der Ausfällung des Urteils des Eidgenössischen
Versicherungsgerichts gegebenfalls einen Verzugszins von 3.5 % zu bezahlen.

Die Beamtenversicherungskasse des Kantons Zürich schliesst auf Gutheissung
der Verwaltungsgerichtsbeschwerde, wogegen S.________ deren Abweisung
beantragt.

Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

1.
Die Streitigkeit unterliegt der Gerichtsbarkeit der in Art. 73 BVG erwähnten
richterlichen Behörden, welche sowohl in zeitlicher als auch sachlicher
Hinsicht zuständig sind (BGE 130 V 104 f. Erw. 1.1 und 1.2, 112 Erw. 3.1.2,
128 V 46 Erw. 2c mit Hinweisen; Art. 25 und Art. 25a FZG), womit dem
Bundesamt für Sozialversicherung gestützt Art. 103 lit. b OG in Verbindung
mit Art. 97 BVG und Art. 4a Abs. 2 BVV 1 die Verwaltungsgerichtsbeschwerde an
das Eidgenössische Versicherungsgericht offen steht (Art. 73 Abs. 4 BVG).

2.
Das verwaltungsgerichtliche Beschwerdeverfahren kennt - von hier nicht
gegebenen spezialgesetzlichen Ausnahmen abgesehen - das Institut der
Anschlussbeschwerde nicht (BGE 124 V 155 Erw. 1 mit Hinweis). Soweit
S.________ in ihrer Vernehmlassung sinngemäss Anträge stellt, die ausserhalb
des durch die Verwaltungsgerichtsbeschwerde bestimmten Streitgegenstandes
(vgl. BGE 117 V 295 Erw. 2a, 110 V 51 Erw. 3c) liegen, ist darauf nicht
einzutreten.

3.
Beim Prozess um Ausgleichszahlungen aus beruflicher Vorsorge im
Scheidungsfall handelt es sich wie bei Austrittsleistungen (Entstehung, Höhe,
Erfüllung usw.) um einen Streit um Versicherungsleistungen, weshalb sich die
Überprüfungsbefugnis des Eidgenössischen Versicherungsgerichts nach Art. 132
OG richtet. Danach ist die Kognition nicht auf die Verletzung von Bundesrecht
einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens beschränkt,
sondern sie erstreckt sich auch auf die Angemessenheit der angefochtenen
Verfügung. Das Gericht ist dabei nicht an die vorinstanzliche Feststellung
des rechtserheblichen Sachverhalts gebunden und kann über die Begehren der
Parteien zu deren Gunsten oder Ungunsten hinausgehen. Ferner ist das
Verfahren regelmässig kostenlos (Art. 134 OG; BGE 114 V 36 Erw. 1c).

4.
Das Beschwerde führende BSV rügt einzig, dass sich der vorinstanzliche
Entscheid weder in der Begründung noch im Urteilsdispositiv zur Frage
äussert, ob und inwieweit die der Freizügigkeitsstiftung der Zürcher
Kantonalbank zu Gunsten von M.________ zu überweisende Austrittsleistung zu
verzinsen sei.

4.1 Gemäss der in BGE 129 V 255 ff. Erw. 3 dargelegten Rechtsprechung ist die
einem ausgleichsberechtigten Ehegatten im Falle der Scheidung zustehende
Austrittsleistung (Art. 122 Abs. 1 ZGB und Art. 22-22c FZG) vom massgebenden
Stichtag der Teilung - d.h. dem Zeitpunkt der formellen Rechtskraft des
Scheidungsurteils (zur Publikation in der Amtlichen Sammlung vorgesehenes
Urteil M. vom 28. März 2006 [B 16/05; B/17/05], Erw. 2.3) - an bis zum
Zeitpunkt der Überweisung oder des Beginns der Verzugszinspflicht zu
verzinsen. Dabei hat die Vorsorgeeinrichtung für den Bereich des
Obligatoriums auf der Austrittsleistung den Mindestzinssatz von Art. 12 BVV 2
(lit. d: 2.5 % ab 1. Januar 2005) oder den allenfalls höheren
reglementarischen Zins zu vergüten. Umhüllende Leistungs- oder
Beitragsprimatkassen haben die Austrittsleistung mit dem reglementarischen
Zinssatz zu verzinsen, sofern damit im Rahmen der so genannten
Schattenrechnung dem BVG-Mindestzinssatz Genüge getan wird. Für nur in der
weitergehenden Vorsorge tätige Vorsorgeeinrichtungen gilt ebenfalls in erster
Linie der reglementarische Zinssatz. Sieht in diesen beiden Fällen das
Reglement keinen Zinssatz vor, so rechtfertigt es sich, subsidiär den in Art.
12 BVV 2 vorgesehenen Mindestzinssatz anzuwenden. Dieses Vorgehen ist
angezeigt, da Art. 8a FZV bei der Teilung der Austrittsleistung infolge
Scheidung ebenfalls auf den im entsprechenden Zeitraum gültigen Zinssatz nach
Art. 12 BVV 2 greift (BGE 129 V 257 Erw. 4.1).
4.2 Art. 2 Abs. 4 FZG (in der seit 1. Januar 2005 geltenden Fassung)
statuiert für den Fall, dass die Vorsorgeeinrichtung die fällige
Austrittsleistung nicht innert 30 Tagen, nachdem sie die notwendigen Angaben
erhalten hat, überweist, ab Ende dieser Frist eine Verzugszinspflicht.
Gestützt auf BGE 129 V 257 f. Erw. 4.2.1 und 4.2.2 ist  als Stichtag für den
Beginn der 30-tägigen Frist in jenen Fällen, in denen - wie hier - nicht das
Scheidungsgericht, sondern das Vorsorgegericht gestützt auf Art. 142 ZGB die
Austrittsleistung in betraglicher Hinsicht ermittelt hat, auf den Eintritt
der Rechtskraft des kantonalen Gerichtsentscheids, bei dessen Weiterzug auf
den Tag der Ausfällung der Entscheidung des Eidgenössischen
Versicherungsgerichts abzustellen (Art. 38 in Verbindung mit Art. 135 OG). In
betraglicher Hinsicht ist der Verzugszins auf der Austrittsleistung samt dem
reglementarischen oder gesetzlichen Zins bis zum Zeitpunkt des Beginns der
Verzugszinspflicht zu bezahlen (BGE 129 V 258 Erw. 4.2.3). Der
Verzugszinssatz entspricht gemäss Art. 26 Abs. 2 FZG in Verbindung mit Art. 7
FZV dem BVG-Mindestsatz (Art. 12 BVV 2) plus einem Prozent. Art. 65d Abs. 4
BVG ist nicht anwendbar.

4.3 Aus den vorangehenden Erwägungen folgt, dass der durch die
Beamtenversicherungskasse des Kantons Zürich auf der dem geschiedenen
Ehegatten geschuldeten Austrittsleistung in der Höhe von Fr. 42'767.10 ab 20.
Mai 2005 (Erw. 4.1 hievor; vgl. auch Urteile M. vom 8. April 2003 [B 94/02]
Erw. 4 und L. vom 8. Juli 2003 [B 113/02] Erw. 3) einen Zins in
reglementarischer oder gesetzlicher (Mindest-)Höhe (vgl. Art. 12 lit. d BVV
22: ab 1. Januar 2005: 2.5 %) bis zum Zeitpunkt der Überweisung zu entrichten
hat. Ab dem 31. Tag nach Ausfällung des vorliegenden Urteils wäre ein
Verzugszins von 3.5 % (vgl. Art. 7 FZV in Verbindung mit Art. 12 lit. d BVV
2) zu bezahlen.

Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:

1.
In Gutheissung des Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird Dispositiv-Ziff. 1 des
Entscheids des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 19.
Dezember 2005 aufgehoben, und es wird der durch die Beamtenversicherungskasse
des Kantons Zürich beziehungsweise die Finanzdirektion vertretene Kanton
Zürich verpflichtet, den Betrag von Fr. 42'767.10 zu Lasten von S.________
(AHV-Nr. 792.67.522.257) der Freizügigkeitsstiftung der Zürcher Kantonalbank
zu Gunsten von M.________, Freizügigkeitskonto Nr. 463'840, zu überweisen,
wobei der genannte Betrag ab 20. Mai 2005 im Sinne der Erwägungen zu
verzinsen ist.

2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, M.________, der Freizügig-keitsstiftung der
Zürcher Kantonalbank, Zürich-Mülligen Postzentrum, und dem
Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich zugestellt.

Luzern, 6. Juni 2006

Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts

Der Präsident der IV. Kammer: Die Gerichtsschreiberin: