Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen B 144/2006
Zurück zum Index Sozialrechtliche Abteilungen 2006
Retour à l'indice Sozialrechtliche Abteilungen 2006


B 144/06

Urteil vom 31. Mai 2007
II. sozialrechtliche Abteilung

Bundesrichter U. Meyer, Präsident,
Bundesrichter Lustenberger, Seiler,
Gerichtsschreiber Nussbaumer.

R. ________, 1952, Beschwerdeführer, vertreten durch    den Rechtsdienst
Integration Handicap, Bürglistrasse 11, 8002 Zürich,

gegen

Vorsorgestiftung X.________, Beschwerdegegnerin, vertreten durch Rechtsanwalt
Dr. Felix Schmid, Oberer Graben 42, 9000 St. Gallen.

Berufliche Vorsorge,

Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts
des Kantons St. Gallen vom 4. Oktober 2006.

Sachverhalt:

A.
R. ________ (geb. 1952) arbeitete vom 9. Mai 1979 bis 31. Oktober 1994 bei
der Firma Y.________, Strassenbau-Tiefbau, und war im Rahmen der beruflichen
Vorsorge bei der Vorsorgestiftung X.________ (nachfolgend: X.________)
versichert. Ab Juni 1994 konnte er wegen Rückenbeschwerden seine Arbeit nicht
mehr ausüben. Mit Verfügung vom 22. November 1996 sprach ihm die IV-Stelle
des Kantons St. Gallen vom 1. Juni bis 31. August 1995 eine ganze
Invalidenrente zu. Vom 28. August bis 29. September 1995 liess sie berufliche
Abklärungen in der T.________ durchführen. Anschliessend absolvierte
R.________ vom 1. November 1995 bis 31. Januar 1996 ein Arbeitstraining. Die
Abklärungen der IV-Stelle ergaben, dass R.________ in der angestammten
Tätigkeit im Strassenbau nicht mehr arbeitsfähig, jedoch in der Lage war,
eine angepasste Tätigkeit noch zu 100 % auszuüben. Daraufhin lehnte die
IV-Stelle mit Verfügung vom 22. November 1996 bei einem Invaliditätsgrad von
19 % einen weiteren Rentenanspruch ab. Im Oktober 2002 meldete sich
R.________ wegen des Rückenleidens erneut zum Leistungsbezug bei der
Invalidenversicherung an. Mit Verfügung vom 4. Dezember 2003 sprach ihm die
IV-Stelle rückwirkend ab 1. Juli 2003 eine halbe Rente bei einem
Invaliditätsgrad von 59 % zu.

Am 23. September 2003 beantragte R.________ gestützt auf den Entscheid der
Invalidenversicherung von der X.________ die Ausrichtung einer
Invalidenrente. Dieses Begehren wies der Rückversicherer der X.________ mit
Schreiben vom 14. November und 23. Dezember 2003 ab.

B.
Die am 9. November 2005 eingereichte Klage gegen die X.________, mit welcher
R.________ die Ausrichtung einer halben Invalidenrente rückwirkend ab 1. Juli
2003 beantragte, wies das Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen mit
Entscheid vom 4. Oktober 2006 ab.

C.
R.________ lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen mit dem Antrag, in
Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheides sei die X.________ zu
verpflichten, ihm eine halbe Rente der beruflichen Vorsorge rückwirkend auf
1. Juli 2003 auszurichten, zuzüglich Verzugszinsen ab Klageerhebung.

Die X.________ schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Mit
Eingabe vom 23. März 2007 lässt R.________ zur Beschwerdeantwort eine
Stellungnahme einreichen, wozu sich die X.________ mit Eingabe vom 26. April
2007 äussert. Das kantonale Gericht und das Bundesamt für
Sozialversicherungen verzichten auf eine Vernehmlassung.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Am 1. Januar 2007 ist das Bundesgesetz über das Bundesgericht vom 17. Juni
2005 (BGG; SR 173.110) in Kraft getreten (AS 2006 1205, 1243). Da der
angefochtene Entscheid vorher ergangen ist, richtet sich das Verfahren noch
nach OG (Art. 132 Abs. 1 BGG; BGE 132 V 393 E. 1.2 S. 395).

2.
2.1 Gemäss Art. 23 BVG in der bis 31. Dezember 2004 gültig gewesenen Fassung
haben Anspruch auf Invalidenleistungen Personen, die im Sinne der
Invalidenversicherung zu mindestens 50 % invalid sind und bei Eintritt der
Arbeitsunfähigkeit, deren Ursache zur Invalidität geführt hat, versichert
waren. Am 1. Januar 2005 ist Art. 23 in seiner neuen Fassung in Kraft
getreten (Änderung vom 3. Oktober 2003     [1. BVG-Revision]). Danach haben
Anspruch auf Invalidenleistungen unter anderem Personen, die im Sinne der
Invalidenversicherung zu mindestens 40 % invalid sind und bei Eintritt der
Arbeitsunfähigkeit, deren Ursache zur Invalidität geführt hat, versichert
waren (lit. a).     Art. 23 lit. a BVG hat an der für die Leistungspflicht
der Vorsorgeeinrichtung massgebenden Voraussetzung des engen sachlichen und
zeitlichen Zusammenhangs zwischen Eintritt der Arbeitsunfähigkeit und
Invalidität (BGE 123 V 262 E. 1c S. 264 f., 120 V 112 E. 2c/aa und bb S. 117
f.; vgl. auch BGE 130 V 270 E. 4.1 S. 275; SZS 2004         S. 446, B 40/01;
SZS 2003 S. 507 f., B 1/02 und 509 f., B 23/01) nichts geändert (Urteil des
Eidgenössischen Versicherungsgerichts B 18/06 vom 18. Oktober 2006,
E. 3.1.2). Die diesbezügliche Rechtsprechung, namentlich zum Begriff der
berufsvorsorgerechtlich relevanten Arbeitsunfähigkeit (vgl. BGE 130 V 343 E.
3.1 S. 345 mit Hinweisen; in SZS 2006 S. 365 nicht publizierte E. 1.2 des
Urteils B 54/05 des Eidgenössischen Versicherungsgerichts vom 6. Februar
2006; SZS 2003          S. 521, B 49/00), wurde im angefochtenen Entscheid
zutreffend wiedergegeben. Darauf wird verwiesen.

2.2 Nach dem Art. 23 BVG zu Grunde liegenden Versicherungsprinzip (BGE 123 V
262 ff., SVR 2004 BVG Nr. 18 S. 58 E. 5, B 57/00) ist bei Wechsel des
Vorsorgeverhältnisses die neue Vorsorgeeinrichtung für die aus einer beim
früheren Versicherungsträger eingetretenen Arbeitsunfähigkeit resultierende
Invalidität nur dann nicht leistungspflichtig, wenn der zeitliche Konnex
zwischen Arbeitsunfähigkeit und Invalidität ununterbrochen bestand (vgl. BGE
130 V 270 E. 4.1 S. 275, 123 V 262 E. 1a und 1c S. 263 ff.). Eine
Unterbrechung des zeitlichen Zusammenhangs darf nach der Rechtsprechung nicht
bereits dann angenommen werden, wenn die Person bloss für kurze Zeit wieder
an die Arbeit zurückgekehrt ist. Ebenso wenig darf die Frage des zeitlichen
Zusammenhangs zwischen Arbeitsunfähigkeit und Invalidität in schematischer
(analoger) Anwendung der Regeln von Art. 88a Abs. 1 IVV beurteilt werden,
wonach eine anspruchsbeeinflussende Verbesserung der Erwerbsfähigkeit in
jedem Fall zu berücksichtigen ist, wenn sie ohne wesentliche Unterbrechung
drei Monate gedauert hat und voraussichtlich andauern wird. Vielmehr sind die
gesamten Umstände des konkreten Einzelfalles zu würdigen, namentlich die Art
des Gesundheitsschadens, dessen prognostische ärztliche Beurteilung und die
Beweggründe, welche die versicherte Person zur Wiederaufnahme der Arbeit
veranlasst haben (BGE 123 V 262 E. 1c S. 264, 120 V 112 E. 2c/aa-bb S. 117
f., mit Hinweisen). Zu berücksichtigen sind insbesondere auch die in der
Arbeitswelt nach aussen in Erscheinung tretenden Verhältnisse (SZS 2003 S.
509, B 23/01; unveröffentlichtes Urteil des Eidgenössischen
Versicherungsgerichts B 73/00 vom 28. Mai 2002, E. 3a/bb). Einen Unterbruch
des zeitlichen Zusammenhangs hat die Rechtsprechung etwa bei einer über 17
Monate (SZS 2003 S. 510, B 4/02) oder mehr als zwei Jahre (Urteil des
Eidgenössischen Versicherungsgerichts B 51/05 vom 7. September 2006, E. 4.1
und 5.3) hinweg bestehenden Erwerbstätigkeit ohne nennenswerte
Arbeitsunterbrüche und ohne reduzierte Arbeitsleistung angenommen; in einem
Fall erachtete das Eidgenössische Versicherungsgericht den zeitlichen
Zusammenhang - unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls - bereits
durch eine sechsmonatige Zeitspanne mit voller Arbeits- und Erwerbsfähigkeit
als unterbrochen (SZS 2002 S. 153, B 19/98; ähnlich Urteil des
Eidgenössischen Versicherungsgerichts B 100/05 vom 8. Februar 2006, E. 3.2
[Unterbruch durch über viermonatige volle Erwerbstätigkeit]).

3.
3.1 Unbestritten ist, dass der sachliche Zusammenhang zwischen dem Eintritt
der Arbeitsunfähigkeit und der Invalidität auf Grund der Akten gegeben ist,
da der Beschwerdeführer an Rückenbeschwerden leidet, die es ihm bereits ab
Juni 1994 verunmöglichten, die angestammte Tätigkeit im Strassenbau
auszuüben. Das kantonale Gericht ging gestützt auf die Akten in tatsächlicher
Hinsicht davon aus, dass dem Beschwerdeführer die Tätigkeit als Strassenbauer
wegen Rückenbeschwerden nicht mehr zumutbar war. Eine Umschulung wurde
gestützt auf die Resultate der Abklärungs- und Ausbildungsstätte T.________
vom 13. Oktober 1995 auf Grund der bescheidenen Schul- und Deutschkenntnisse
nicht als realisierbar beurteilt. Vom medizinischen Standpunkt aus wurde er
für eine rückenschonende, leichtere bis mittelschwere Tätigkeit in beheizten
Räumen mit der Möglichkeit von Wechselbelastung, ohne Heben von Lasten über
15 kg (vor allem nicht repetitiv), bei möglichst ergonomisch günstiger
Arbeitsweise (ohne repetitives Bücken sowie Rotationsbewegungen des
Oberkörpers) nach einem anfänglichen Arbeitstraining, das er während drei
Monaten bis 31. Januar 1996 absolvierte, als voll arbeitsfähig bezeichnet.
Der Berufsberater der IV-Stelle berichtete am 31. Mai 1996,       Dr. med.
K.________ habe den Beschwerdeführer am 29. Mai 1996 zu     100 %
arbeitsfähig geschrieben, damit dieser von der Stellenvermittlung durch die
Arbeitslosenversicherung profitieren könne. In der Folge bezog er
Arbeitslosenentschädigung und nahm an Beschäftigungsprogrammen teil.

3.2 Das kantonale Gericht ging gestützt auf die dargelegte Sachlage davon
aus, dem Beschwerdeführer sei eine Tätigkeit als Hilfsarbeiter mit den
erläuterten Einschränkungen nach der Beendigung des Vorsorgeverhältnisses mit
der Beschwerdegegnerin und nach Ablauf der 30-tägigen Nachdeckungsfrist (Art.
10 Abs. 3 BVG) zumutbar gewesen. Die wirtschaftliche und die psychosoziale
Situation hätten sich durch die wohl schwierigen arbeitsmarktlichen
Bedingungen im Verlauf der Zeit wohl verschlimmert. Dies ändere aber nichts
daran, dass er aus medizinischer Sicht mindestens zwischen Mai 1996 und Juli
2002 in der Lage gewesen sei, eine leichte bis mittelschwere Tätigkeit ohne
zeitliche Einschränkung auszuüben. Er habe sich in der Folge denn auch bei
der Arbeitslosenversicherung gemeldet und spätestens ab Mai/Juni 1996
Taggelder bezogen und an Beschäftigungsprogrammen mitgewirkt. Dabei habe er
sich mit Zustimmung von Dr. med. K.________ als voll vermittlungsfähig
bezeichnet und sich auch um zumutbare Stellen beworben. Bei der IV-Stelle
habe er sich erst im Oktober 2002 wieder zum Leistungsbezug gemeldet und eine
Verschlechterung des Gesundheitszustandes geltend gemacht. Damit sei der
vorauszusetzende enge zeitliche Konnex zwischen Arbeitsunfähigkeit und der
nachfolgenden Invalidität durch die Arbeitsfähigkeit in körperlich leichten
und mittelschweren Tätigkeiten unterbrochen, selbst wenn er während der
fraglichen Zeitspanne nicht voll erwerbstätig gewesen sei. Es könne daher
offen bleiben, inwieweit er zwischen 1995 und 2003 überhaupt arbeitstätig
gewesen sei. Er habe offensichtlich aus wirtschaftlichen und nicht aus
gesundheitlichen Gründen keine seinem Leiden angepasste Stelle gefunden. Der
Verzicht auf die Ausübung der als zumutbar erklärten Tätigkeit sei somit aus
gesundheitsfremden Gründen erfolgt und dürfe sich nicht zum Vorteil des
Beschwerdeführers dahingehend auswirken, dass die zeitliche Konnexität
deshalb nicht unterbrochen werden könnte, wie dies bei einem Versicherten der
Fall wäre, der die zumutbare Tätigkeit über einen längeren Zeitraum ausgeübt
und damit ein neues Vorsorgeverhältnis begründet hätte. Es fehlten Belege
dafür, dass die letztlich zur Invalidisierung führende somatische
Gesundheitsschädigung sich seit Beendigung des Versicherungsverhältnisses
durchgehend negativ auf das berufliche Fortkommen des Beschwerdeführers
ausgewirkt hätte. Da es somit an der Anspruchsvoraussetzung des Eintritts der
invalidisierenden Arbeitsunfähigkeit fehle, sei die Beschwerdegegnerin für
die nun auch in einer zumutbaren (Verweisungs-)Tätigkeit eingetretene
Teil-Arbeitsunfähigkeit nicht leistungspflichtig.

3.3 Diesen überzeugenden Ausführungen des kantonalen Gerichts, welche in
Einklang mit der Aktenlage und der Rechtsprechung stehen, pflichtet das
Bundesgericht bei. Daran ändern die Einwendungen in der
Verwaltungsgerichtsbeschwerde und in der Eingabe vom 23. März 2007 nichts.
Der Invaliditätsbegriff stimmt in der obligatorischen beruflichen Vorsorge
mit dem Invaliditätsbegriff nach Art. 8 ATSG und     Art. 28 IVG überein.
Massgebend ist daher nicht, ob der Beschwerdeführer auf Grund des während des
Vorsorgeverhältnisses mit der Beschwerdegegnerin aufgetretenen Rückenleidens
seine angestammte Tätigkeit als Strassenbauer nicht mehr ausüben kann. Auch
in der beruflichen Vorsorge ist - abweichende reglementarische Regelungen im
Rahmen der weitergehenden Vorsorge vorbehalten -  nicht die Berufsinvalidität
versichert (BGE 115 V 208 E. 2b S. 210). Vielmehr kommt es, wie das kantonale
Gericht zutreffend ausgeführt hat, entscheidend darauf an, ob der
Beschwerdeführer nach Beendigung des Vorsorgeverhältnisses über einen
längeren Zeitraum in einer leidensangepassten Tätigkeit arbeitsfähig war
(Urteil des Eidgenössischen Versicherungsgerichts vom 6. Februar 2006 in
Sachen L., B 54/05, auszugsweise publiziert in SZS 2006 S. 365). Daran
bestehen auf Grund der Akten keine Zweifel, namentlich auch aufgrund der
Angaben des      Dr. med. K.________ im Schreiben vom 17. August 2004 über
die Arbeits(un-)fähigkeit in der Zeit vom 1. Februar 1996 bis 12. Juli 2002.
Danach war der Beschwerdeführer mehrmals über eine längere Zeitspanne
vollständig arbeitsfähig. Unter diesen Umständen hat das kantonale Gericht
den zeitlichen Zusammenhang zu Recht verneint.

4.
Das Verfahren ist kostenlos (Art. 134 OG). Als mit öffentlich-rechtlichen
Aufgaben betraute Organisationen haben die obsiegenden Vorsorgeeinrichtungen
keinen Anspruch auf Parteientschädigung        (Art. 159 Abs. 2 OG; BGE 126 V
143, 118 V 158 E. 7 S. 169).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.

2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons St.
Gallen und dem Bundesamt für Sozialversicherungen zugestellt.

Luzern, 31. Mai 2007

Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: