Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Kassationshof in Strafsachen 6S.546/2006
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{T 0/2}
6S.546/2006 /rom

Urteil vom 28. Dezember 2006
Kassationshof

Bundesrichter Schneider, Präsident,
Bundesrichter Wiprächtiger, Zünd,
Gerichtsschreiberin Arquint Hill.

Staatsanwaltschaft des Kantons Solothurn, 4502 Solothurn,
Beschwerdeführerin,

gegen

X.________,
Beschwerdegegner, vertreten durch Rechtsanwalt und Notar Dr. Y.________,

Entzug des Mandats als amtlicher Verteidiger,

Nichtigkeitsbeschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons
Solothurn, Beschwerdekammer, vom 15. November 2006.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Die Staatsanwaltschaft des Kantons Solothurn eröffnete am 7. August 2006 eine
Strafuntersuchung gegen X.________ wegen Verdachts des gewerbsmässigen
Betrugs und der Geldwäscherei. Am 11. August 2006 wurde der Beschuldigte in
Untersuchungshaft versetzt. Auf dessen Antrag hin wurde ihm Rechtsanwalt Dr.
Y.________ am 21. August 2006 als amtlicher Verteidiger beigeordnet. Mit
Verfügung des Leitenden Staatsanwalts vom 18. September 2006 wurde
Rechtsanwalt Dr. Y.________ mit sofortiger Wirkung von der amtlichen
Verteidigung des Beschuldigten entbunden und Rechtsanwalt A.________ als
neuer amtlicher Verteidiger eingesetzt. Dagegen legte X.________ Beschwerde
an die Beschwerdekammer des Obergerichts des Kantons Solothurn ein, welche
das Rechtsmittel des Beschuldigten am 15. November 2006 guthiess und die
Verfügung des Leitenden Staatsanwalts vom 18. September 2006 aufhob.

Die Staatsanwaltschaft des Kantons Solothurn erhebt eidgenössische
Nichtigkeitsbeschwerde an das Bundesgericht, mit welcher sie beantragt, es
sei der angefochtene Entscheid aufzuheben und die Sache an die Vorinstanz zur
neuen Beurteilung zurückzuweisen. Nach ihrem Dafürhalten verstösst der
angefochtene Entscheid gegen das in § 9 StPO/SO geregelte Institut der
notwendigen Verteidigung. Sie macht dabei insbesondere eine Verletzung von
Art. 32 Abs. 2 BV, Art. 36 BStP und Art. 12 des Bundesgesetzes über die
Freizügigkeit der Anwältinnen und Anwälte (BGFA [SR 935.61]) geltend.

2.
Gemäss Art. 30 Abs. 1 OG sind sämtliche für das Bundesgericht bestimmten
Rechtsschriften zu unterzeichnen. Fehlt eine Unterschrift, ist eine
angemessene Frist zur Behebung des Mangels anzusetzen mit der Androhung, dass
die Rechtsschrift sonst unbeachtet bleibe (Art. 30 Abs. 2 OG). Die von der
Beschwerdeführerin eingereichte Beschwerdeschrift ist nicht original
handschriftlich unterzeichnet (vgl. BGE 112 Ia 173 E. 1). Da auf das erhobene
Rechtsmittel aus den nachfolgenden Gründen nicht eingetreten werden kann,
erübrigt es sich, die Beschwerdeschrift zur Behebung dieses Mangels an die
Beschwerdeführerin zurückzuweisen.

3.
3.1 Die Nichtigkeitsbeschwerde kann nur damit begründet werden, dass die
angefochtene Entscheidung eidgenössisches Recht verletze (Art. 269 Abs. 1
BStP). Die staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung verfassungsmässiger
Rechte bleibt vorbehalten (Art. 269 Abs. 2 BStP). Gemäss Art. 88 OG steht das
Recht zur Erhebung der staatsrechtlichen Beschwerde Bürgern (Privaten) und
Korporationen zu. Die Beschränkung auf persönliche Interessen des
Beschwerdeführers schliesst die "Popularbeschwerde" oder die Geltendmachung
allgemeiner öffentlicher Interessen grundsätzlich aus (vgl. BGE 119 Ia 445 E.
1a). Aus diesem Grund ist der öffentliche Ankläger in Strafsachen von der
Ergreifung dieses Rechtsmittels ausgeschlossen (vgl. BGE 48 I 106). Daran
ändert entgegen der Meinung der Beschwerdeführerin nichts, dass das
Inkrafttreten des Bundesgesetzes über das Bundesgericht
(Bundesgerichtsgesetz, BGG [SR 173.110]) per 1. Januar 2007 kurz bevorsteht.
Dieses Gesetz ist auf ein Beschwerdeverfahren nämlich nur anwendbar, wenn der
angefochtene Entscheid nach dessen Inkrafttreten ergangen ist (Art. 132 Abs.
1 BGG). Der Beschwerdeführerin steht somit keine Möglichkeit offen, den
Entscheid der Beschwerdekammer des Obergerichts mit der Rüge anzufechten,
diese habe Art. 32 Abs. 2 BV unrichtig angewandt bzw. ausgelegt. Soweit die
Beschwerdeführerin überdies eine unzutreffende Anwendung von Art. 36 BStP und
Art. 12 BGFA geltend macht, gehen ihre Rügen offensichtlich an der Sache
vorbei. Denn Art. 36 BStP findet ausschliesslich Anwendung auf
Bundesstrafverfahren, und Art. 12 BGFA kodifiziert lediglich die anwaltlichen
Berufsregeln bzw. Verhaltenspflichten, bei deren Vernachlässigung der Anwalt
aufsichtsrechtliche Konsequenzen zu gewärtigen hat (Art. 17 BGFA). Auf die
Beschwerde ist mithin nicht einzutreten.

3.2 Im Übrigen ist die Nichtigkeitsbeschwerde nur zulässig gegen Urteile der
Gerichte, die nicht durch ein kantonales Rechtsmittel wegen Verletzung
eidgenössischen Rechts angefochten werden können (Art. 268 Ziff. 1 BStP).
Zwischenentscheide gelten als Urteile im Sinne von Art. 268 Ziff. 1 BStP und
sind mit eidgenössischer Nichtigkeitsbeschwerde anfechtbar, wenn sie eine für
den Ausgang der Sache präjudizielle Frage des Bundesrechts endgültig
entscheiden und darauf später nicht mehr zurückgekommen werden kann, nicht
aber, wenn es sich um eine blosse Verfügung über den Gang des Verfahrens
(prozessleitende Verfügung) handelt (BGE 128 IV 34 E. 1a; 123 IV 252; 111 IV
189 E. 2; 103 IV 59; 102 IV 35 E. 1; 84 IV 84 E. 2, mit Hinweisen).

Im angefochtenen Entscheid wird der vom Leitenden Staatsanwalt verfügte
Wechsel des amtlichen Verteidigers aufgehoben. Hierbei handelt es sich um
einen prozessleitenden Entscheid, der jederzeit wieder abgeändert oder
aufgehoben werden kann. Ein solcher Entscheid kann mit der eidgenössischen
Nichtigkeitsbeschwerde nicht angefochten werden. Auf das erhobene
Rechtsmittel ist daher auch aus diesem Grund nicht einzutreten.

4.
Dem Beschwerdegegner muss keine Entschädigung ausgerichtet werden, weil keine
Vernehmlassung eingeholt wurde und ihm daher im Verfahren vor Bundesgericht
keine Umtriebe entstanden sind.

Demnach erkennt das Bundesgericht im Verfahren nach Art. 36a OG:

1.
Auf die eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde wird nicht eingetreten.

2.
Es werden keine Kosten erhoben.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Solothurn,
Beschwerdekammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 28. Dezember 2006

Im Namen des Kassationshofes
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Die Gerichtsschreiberin: