Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Kassationshof in Strafsachen 6S.463/2006
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{T 0/2}
6S.463/2006 /hum

Urteil vom 3. Januar 2007
Kassationshof

Bundesrichter Schneider, Präsident,
Bundesrichter Wiprächtiger, Zünd,
Gerichtsschreiber Boog.

X. ________,
Beschwerdeführer,
vertreten durch Rechtsanwalt Paul Rechsteiner,

gegen

Staatsanwaltschaft des Kantons St. Gallen, Spisergasse 15, 9001 St. Gallen.

Strafzumessung,

Nichtigkeitsbeschwerde gegen den Entscheid des Kantonsgerichts St. Gallen,
Strafkammer, vom 26. Juni 2006.

Sachverhalt:

A.
Das Kreisgericht St. Gallen erklärte X.________ mit Urteil vom 14. März 2005
des banden- und gewerbsmässigen Anbaus und Verkaufs von Betäubungsmitteln
sowie der Anstiftung zu Diebstahl schuldig und verurteilte ihn - teilweise
als Zusatzstrafe zum Urteil der Bezirksgerichtskommission Arbon vom
9. Dezember 2003 - zu 23 Monaten Gefängnis, unter Anrechnung der
Untersuchungshaft von 88 Tagen. Die mit Strafbescheid der
Bezirksgerichtskommission Arbon vom 9. Dezember 2003 bedingt ausgesprochene
Freiheitsstrafe von 6 Wochen Gefängnis erklärte es als vollziehbar. Ferner
entschied es über die Einziehung der beschlagnahmten Gegenstände und
Vermögenswerte sowie die Erhebung einer Ersatzforderung.

Auf eine vom Beurteilten erhobene Berufung und eine von der
Staatsanwaltschaft erklärte Anschlussberufung hin bestätigte das
Kantonsgericht St. Gallen mit Urteil vom 26. Juni 2006 die Schuldsprüche der
qualifizierten Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz und der
Anstiftung zu Diebstahl sowie die ausgesprochene Strafe. In Bezug auf die
Einziehung der beschlagnahmten Vermögenswerte und die Ersatzforderung hiess
es die von X.________ erhobene Berufung gut.

B.
X.________ führt eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das
angefochtene Urteil sei aufzuheben.

C.
Das Kantonsgericht St. Gallen hat auf Gegenbemerkungen verzichtet.
Vernehmlassungen wurden nicht eingeholt.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Das angefochtene Urteil ist vor dem Inkrafttreten des Bundesgesetzes vom 17.
Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG; SR 173.110) am
1. Januar 2007 ergangen. Auf das Rechtsmittel dagegen ist noch das bisherige
Verfahrensrecht anwendbar (Art. 132 Abs. 1 BGG, e contrario), hier somit
dasjenige der eidgenössischen Nichtigkeitsbeschwerde nach Art. 268 ff. BStP.
Am 1. Januar 2007 ist auch der revidierte Allgemeine Teil des
Strafgesetzbuches in Kraft getreten. Die neuen Bestimmungen sind hier aber
noch nicht von Bedeutung, da das Bundesgericht im Verfahren der
Nichtigkeitsbeschwerde nur prüft, ob das kantonale Gericht das eidgenössische
Recht richtig angewendet habe (Art. 269 Abs. 1 BStP), mithin das Recht,
welches im Zeitpunkt der Ausfällung des angefochtenen Urteils noch gegolten
hat (BGE 129 IV 49 E. 5.3 S. 51 f., mit Hinweisen).

2.
Die Vorinstanz stellt für den Kassationshof verbindlich fest, der
Beschwerdeführer habe im Zeitraum von November 2002 bis Dezember 2004 in dem
von ihm geführten Hanfshop in St. Gallen u.a. Drogenhanf mit einem THC-Gehalt
zwischen 2% und 16% sowie Haschisch verkauft, wobei er einen Umsatz von rund
Fr. 650'000.-- erzielt habe. Ausserdem habe er ca. 68 kg Marihuana umgesetzt,
rund 2'700 Hanfsetzlinge verkauft und verschiedene Indoor-Hanfplantagen
betrieben. Schliesslich habe er seine Angestellten dazu angestiftet, bei der
Räumung eines Mietobjekts einen Elektroverteilerkasten im Wert von ca. Fr.
1'500.-- vom Elektrizitätsnetz abzuhängen und mitzunehmen (angefochtenes
Urteil S. 3 f., 5).

3.
Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die Strafzumessung. Er macht geltend,
die Vorinstanz habe im Rahmen der Würdigung der Tatkomponenten nicht genügend
in Rechnung gestellt, dass sich die Widerhandlungen gegen das
Betäubungsmittelgesetz ausschliesslich auf den Wirkstoff Hanf bezogen hätten.
Sie habe auch zu Unrecht nicht berücksichtigt, dass der Schuldspruch
gegenüber dem erstinstanzlichen Urteil hinsichtlich des relevanten Umsatzes
erheblich, nämlich von rund Fr. 850'000.-- auf rund Fr. 650'000.--, reduziert
worden sei. In Bezug auf die Täterkomponente beanstandet er, die Vorinstanz
habe ihm wie die erste Instanz lediglich ein Teilgeständnis zugebilligt,
obwohl der Schuldspruch vor zweiter Instanz nunmehr vollumfänglich seinem
Geständnis folge. Die Vorinstanz habe auch zu Unrecht sein Wohlverhalten seit
dem erstinstanzlichen Urteil nicht hinreichend zu seinen Gunsten gewichtet.
Indem sie wie die erste Instanz aufgrund des Nachtatverhaltens die Strafe
lediglich um 3 Monate reduziert habe, ohne die relevanten Veränderungen seit
jenem Urteil zu berücksichtigen, habe sie die Strafzumessungsregeln von
Art. 63 StGB verletzt.

4.
Gemäss Art. 63 StGB misst der Richter die Strafe nach dem Verschulden des
Täters zu; er berücksichtigt dabei die Beweggründe, das Vorleben und die
persönlichen Verhältnisse des Schuldigen. Das Gericht hat in seinem Urteil
die Überlegungen, die es bei der Bemessung der Strafe angestellt hat, in den
Grundzügen darzustellen. Dabei muss es in der Regel die wesentlichen
schuldrelevanten Tat- und Täterkomponenten so erörtern, dass festgestellt
werden kann, ob alle rechtlich massgeblichen Gesichtspunkte Berücksichtigung
fanden und wie sie gewichtet wurden. Insgesamt müssen seine Erwägungen die
ausgefällte Strafe rechtfertigen, d.h. das Strafmass muss als plausibel
erscheinen. Bei der Gewichtung der zu beachtenden Komponenten steht dem
urteilenden Gericht ein erheblicher Spielraum des Ermessens zu, in welchen
das Bundesgericht auf Nichtigkeitsbeschwerde hin nur eingreift, wenn das
vorinstanzliche Gericht den gesetzlichen Strafrahmen über- oder
unterschritten hat, wenn es von rechtlich nicht massgebenden Gesichtspunkten
ausgegangen ist oder wenn es wesentliche Komponenten ausser Acht gelassen
bzw. falsch gewichtet hat oder wenn die Strafe in einem Masse
unverhältnismässig streng bzw. mild erscheint, dass von einer Überschreitung
oder einem Missbrauch des Ermessens gesprochen werden muss (BGE 127 IV 101 E.
2; 124 IV 286 E. 4a; 123 IV 49 E. 2a; 122 IV 241 E. 1a je mit Hinweisen).

5.
Die Vorinstanz setzt sich in ihren einlässlichen Erwägungen zur
Strafzumessung mit den wesentlichen schuldrelevanten Komponenten auseinander
und würdigt sämtliche Zumessungsgründe zutreffend. Dass sie sich dabei von
rechtlich nicht massgeblichen Gesichtspunkten hätte leiten lassen oder
wesentliche Gesichtspunkte nicht berücksichtigt hätte, ist nicht ersichtlich.
So trägt sie insbesondere dem Umstand angemessen Rechnung, dass der
Beschwerdeführer lediglich mit Hanfkraut gehandelt hat, dem sie zu Recht ein
eher geringes Sucht- und Gefährdungspotential zuschreibt. Doch ist die Droge
Cannabis nach der Rechtsprechung, auch wenn die Gefahren, die von ihrem
Konsum für die menschliche Gesundheit ausgehen, vergleichsweise gering sind,
dennoch nicht unbedenklich (BGE 117 IV 314 E. 2g/aa S. 322). Ausserdem
berücksichtigt die Vorinstanz in diesem Zusammenhang auch, dass der
Beschwerdeführer Cannabis-Produkte auch an Jugendliche verkaufte und
verschiedene Indoor-Plantagen zur Aufzucht von Hanfsamen und -stecklingen
betrieb. Dass bei Betäubungsmitteldelikten mit Hanfkraut die Festsetzung
einer Einsatzstrafe auf ein Strafmass, das die Gewährung des bedingten
Strafvollzuges nach Art. 41 Ziff. 1 StGB ausschliesse, von vornherein
unhaltbar sei, wie der Beschwerdeführer vorbringt (Beschwerde S. 3), lässt
sich jedenfalls nicht sagen, zumal der Kassationshof die in einem
vergleichbaren Fall ausgesprochene Freiheitsstrafe von 18 Monaten bedingt als
sehr mild bezeichnet und nur unter Berücksichtigung des Umstands, dass
gleichzeitig eine bedingt ausgesprochene Vorstrafe von 14 Monaten Gefängnis
als vollstreckbar erklärt worden war, als noch im Rahmen des weiten Ermessens
erachtet hatte (angefochtenes Urteil S. 8 mit Hinweis auf Urteil des
Kassationshofs 6S.231/2005 vom 21.9.2005 E. 2.5).

Zutreffend nimmt die Vorinstanz sodann in Bezug auf die Höhe des mit dem
Betäubungsmittelhandel erzielten Umsatzes an, der genauen Menge der
gehandelten Drogen und der Höhe der dabei umgesetzten Beträge komme eine
geringere Bedeutung zu, wenn die Grenze zur qualifizierten Widerhandlung
gegen das Betäubungsmittelgesetz weit überschritten sei (angefochtenes Urteil
S. 5; vgl. auch Hans Wiprächtiger, Basler Kommentar, Strafgesetzbuch I, N 53
zu Art. 63 StGB mit Hinweisen). Dies entspricht der Rechtsprechung, nach
welcher der Betäubungsmittelmenge und dem damit erzielten Umsatz und Erlös
bei der Strafzumessung kein vorrangiges Gewicht zukommt, sondern in erster
Linie das Verschulden massgebend ist, welches wesentlich auch davon abhängt,
in welcher Funktion der Täter am Betäubungsmittelhandel mitgewirkt hat (BGE
118 342 E. 2c; 121 IV 202 E. 2d/cc). Dass die Grenze für die Annahme von
gewerbsmässigem Handeln im Sinne von Art. 19 Ziff. 2 lit. c BetmG bei einem
Umsatz von Fr. 650'000.-- bei weitem überschritten ist (vgl. BGE 129 IV 188
E. 3.1.3), steht ausser Frage. Dass die Vorinstanz der Annahme eines um rund
Fr. 200'000.-- geringeren Umsatzes angesichts der verhältnismässig langen
Dauer und der hohen Intensität der strafbaren Tätigkeit keine
ausschlaggebende Bedeutung beimisst und das Verschulden des Beschwerdeführers
nicht als wesentlich geringer einstuft, bedeutet jedenfalls keine
Ermessensverletzung. Im Übrigen fallen hier auch die von der Vorinstanz zu
Recht zu Ungunsten des Beschwerdeführers gewürdigten Beweggründe, die
weitgehend in der Erzielung eines maximalen Gewinns und der persönlichen
Bereicherung bestanden, und die erhebliche Uneinsichtigkeit ins Gewicht, die
sich darin manifestierte, dass der Beschwerdeführer während des ganzen
Verfahrens seinen Laden trotz gegeteiliger Beteuerungen weiterführte und
immer wieder neue Plantagen einrichtete (angefochtenes Urteil S. 7).

Keine Verletzung von Bundesrecht liegt schliesslich darin, dass die
Vorinstanz nur von einem teilweisen Geständnis des Beschwerdeführers ausgeht,
welches keine erhebliche Strafreduktion nach sich zieht (angefochtenes Urteil
S. 9). Es trägt damit dem Umstand Rechnung, dass sich der Beschwerdeführer im
Untersuchungsverfahren weder einsichtig noch kooperativ gezeigt hat. Dass der
Schuldspruch vor zweiter Instanz nunmehr in vollem Umfang dem Geständnis des
Beschwerdeführers folgt (Beschwerde S. 4), ändert daran nichts, da ein
Geständnis nur in erheblichem Masse zugunsten des Täters berücksichtigt
werden kann, wenn der Täter von sich aus Straftaten eingesteht, die ihm sonst
nicht hätten nachgewiesen werden können, und das daher deutlich auf Einsicht
in das begangene Unrecht oder auf Reue schliessen lässt (vgl. hiezu BGE 121
IV 202 E. 2d/cc). Immerhin attestiert ihm die Vorinstanz für das
Berufungsverfahren eine gewisse Einsicht und Reue, die sie zusammen mit
seinem Wohlverhalten seit der Entlassung aus der Untersuchungshaft ebenso
strafmindernd wertet, wie seine Bestrebungen um Schuldensanierung und die
Bemühung um Integration in die Arbeitswelt. Dass sie noch keine Bewährung in
beruflicher Hinsicht annimmt, ist angesichts des Umstands, dass der
Beschwerdeführer seine Arbeitsstelle erst rund eineinhalb Monate vor der
Berufungsverhandlung angetreten und an der vorherigen Stelle nur während drei
Monaten gearbeitet hatte (angefochtenes Urteil S. 9), nicht zu beanstanden.
Damit werden die Probleme des Beschwerdeführers, angesichts der schwierigen
Arbeitsmarktlage in der Arbeitswelt Fuss zu fassen, nicht verkannt
(Beschwerde S. 5), doch verletzt die Vorinstanz kein Bundesrecht, wenn sie
über die Anerkennung seines Wohlverhaltens seit der Tat und seine Bemühungen
um Wiedereingliederung in die Arbeitswelt hinaus nicht auch eine eigentliche
berufliche Bewährung bescheinigt.

Insgesamt sind die Erwägungen der Vorinstanz plausibel und leuchten die
daraus gezogenen Schlüsse ein. Jedenfalls erscheint die Strafe nicht als
ausgesprochen streng. Die Vorinstanz hat somit ihr Ermessen in der
Strafzumessung nicht überschritten.

6.
Aus diesen Gründen ist die Beschwerde abzuweisen. Bei diesem Ausgang des
Verfahrens trägt der Beschwerdeführer die Kosten (Art. 278 Abs. 1 BStP).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Staatsanwaltschaft des Kantons
St. Gallen und dem Kantonsgericht St. Gallen, Strafkammer, schriftlich
mitgeteilt.

Lausanne, 3. Januar 2007

Im Namen des Kassationshofes
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Der Gerichtsschreiber: