Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Kassationshof in Strafsachen 6S.388/2006
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{T 0/2}
6S.388/2006 /hum

Sitzung vom 21. Dezember 2006
Kassationshof

Bundesrichter Schneider, Präsident,
Bundesrichter Wiprächtiger, Kolly, Karlen, Zünd,
Gerichtsschreiber Briw.

X. ________,
Beschwerdeführer,
vertreten durch Rechtsanwalt Prof. Dr. Daniel Fischer,

gegen

Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich, Postfach, 8090 Zürich.

Strafzumessung,

Nichtigkeitsbeschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich,
II. Strafkammer,
vom 31. Mai 2006 (SE060011/U/eb).

Sachverhalt:

A.
X. ________ ist HIV-positiv. Er pflegte zwischen Anfang November und Ende
Dezember 2003 mehrmals ungeschützten Geschlechtsverkehr mit einer Partnerin
und liess sich auch einmal von ihr oral befriedigen. Im September 2004 drang
er bei einer weiteren Partnerin einmal kurz ungeschützt in die Scheide ein.
Er informierte seine Partnerinnen nicht über seinen positiven HIV-Status.

B.
Das Obergericht des Kantons Zürich fand ihn am 31. Mai 2006 der mehrfachen
versuchten schweren Körperverletzung (Art. 122 Abs. 1 i.V.m. Art. 22 Abs. 1
aStGB) sowie des mehrfachen versuchten Verbreitens einer menschlichen
Krankheit (Art. 231 Abs. 1 StGB i.V.m. Art. 22 Abs. 1 aStGB) schuldig. Es
bestrafte ihn mit 2 ? Jahren Zuchthaus, wovon 169 Tage durch Haft erstanden
sind.

C.
X.________ erhebt Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das Urteil des
Obergerichts wegen Verletzung von Art. 2 Abs. 2, 22, 63 und 65 aStGB
aufzuheben, die Sache zur Ausfällung einer schuldangemessenen (bedingten)
Freiheitsstrafe an die Vorinstanz zurückzuweisen und der Beschwerde die
aufschiebende Wirkung zu erteilen.

Das Obergericht und die Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich verzichten
auf eine Vernehmlassung.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Die Änderungen vom 13. Dezember 2002 (AS 2006 3459) sowie die Korrekturen am
Sanktions- und Strafregisterrecht vom 24. März 2006 (AS 2006 3539) des
Schweizerischen Strafgesetzbuches wurden vom Bundesrat auf den 1. Januar 2007
in Kraft gesetzt. Die Vorinstanz hatte daher das neue Recht nicht anzuwenden,
da dieses erst nach Ausfällung des angefochtenen Urteils in Kraft trat. Auch
das Bundesgericht hat nicht zu prüfen, ob das neue Recht das mildere ist. Es
könnte, selbst wenn es erst nach dem Jahreswechsel urteilen würde, nur
prüfen, ob die kantonale Instanz das eidgenössische Recht richtig angewendet
hat, mithin das Recht, welches im Zeitpunkt der Ausfällung des angefochtenen
Urteils noch gegolten hat (BGE 129 IV 49 E. 5.3). Soweit der Beschwerdeführer
aufgrund der lex mitior die neuen Regeln über den bedingten Strafvollzug
angewendet wissen will, ist seine Beschwerde unbegründet.

2.
Der Beschwerdeführer rügt, die Vorinstanz verletze die Grundsätze der
Strafzumessung gemäss Art. 22, 63 und 65 StGB, das Strafmass falle
unangemessen hoch aus und das Urteil genüge den Begründungsanforderungen
nicht.

Der Beschwerdeführer, dem seit Juni 2003 seine HIV-Positivität durch
ärztliche Diagnose bekannt war, ging aus Sorglosigkeit und dem Drang, den
Geschlechtsverkehr intensiver zu erleben, jedes Mal bewusst erneut das
Ansteckungs-Risiko ein (angefochtenes Urteil S. 10).
Die Vorinstanz geht zu Recht von einem Strafrahmen von vier Tagen Gefängnis
bis 15 Jahren Zuchthaus aus. Sie setzt die Strafe gestützt auf Art. 22 Abs. 1
in Verbindung mit Art. 65 StGB erheblich herab, weil es bei den Straftaten
jeweils beim vollendeten Versuch blieb, der Erfolg also nicht eintrat. Die
Vorinstanz würdigt diese Tatsache strafzumessungsrechtlich zutreffend. Die
Nähe des tatbestandsmässigen Erfolgs kann entgegen der Beschwerde nicht "als
kaum gegeben" betrachtet werden, auch wenn die Infektionswahrscheinlichkeit
statistisch gesehen als eher gering erscheinen mag, denn eine
Übertragungswahrscheinlichkeit besteht tatsächlich. Auf diese Rechtsprechung
ist nicht zurück zu kommen (BGE 131 IV 1 E. 2.2). Eine Verletzung von Art. 22
StGB ist nicht ersichtlich.

Die Vorinstanz hebt die Strafe wegen Real- und Gesetzeskonkurrenz gemäss Art.
68 Ziff. 1 Abs. 1 StGB massiv an, was der Beschwerdeführer nicht beanstandet.
Hingegen mindert sie die Strafe aufgrund der Vorstrafenlosigkeit, des
Leumunds, des kooperativen Verhaltens sowie des nunmehr vollen Geständnisses,
das auf eine gewisse Einsicht und Reue schliessen liess. Die Reue lässt sich
aber entgegen der Beschwerde nicht strafmildernd im Sinne von Art. 64 StGB
werten, weil eine aktive Wiedergutmachung nicht ersichtlich war
(angefochtenes Urteil S. 13). Die Vorinstanz berücksichtigt weiter
strafsenkend, dass der Beschwerdeführer infolge der HIV-Infektion
strafempfindlicher als gesunde Täter ist. Sie geht somit davon aus, dass er
nicht gesund ist (Beschwerde S. 6 mit Hinweis auf eine seit der
Tuberkuloseerkrankung im Sommer 2005 massiv verschlechterte gesundheitliche
Situation). Sie beurteilt auch das Vorleben. Das Strafmass erscheint nicht
als unhaltbar hart, so dass eine Ermessensüberschreitung zu verneinen ist. In
der Begründung werden die wesentlichen strafzumessungsrelevanten Tatsachen
nachvollziehbar dargelegt. Damit sind die Begründungsanforderungen erfüllt.
Die angefochtene Strafzumessung ist nicht zu beanstanden.

3.
Die Beschwerde ist abzuweisen. Der Beschwerdeführer trägt die Kosten vor
Bundesgericht (Art. 278 Abs. 1 BStP).

Mit dem Entscheid in der Sache ist das Gesuch um aufschiebende Wirkung
gegenstandslos geworden.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Oberstaatsanwaltschaft des
Kantons Zürich und dem Obergericht des Kantons Zürich, II. Strafkammer,
schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 21. Dezember 2006

Im Namen des Kassationshofes
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Der Gerichtsschreiber: