Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Kassationshof in Strafsachen 6S.257/2006
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{T 0/2}
6S.257/2006 /bri

Urteil vom 8. August 2006
Kassationshof

Bundesrichter Wiprächtiger, präsidierendes Mitglied,
Bundesrichter Karlen, Zünd,
Gerichtsschreiber Borner.

F. ________,
Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Daniel Althaus,

gegen

Staatsanwaltschaft des Kantons Glarus, Postfach 621, 8750 Glarus.

Strafzumessung (mehrfacher Betrug etc.),

Nichtigkeitsbeschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Glarus
vom 20. April 2006.

Sachverhalt:

A.
Das Kantonsgericht des Kantons Glarus verurteilte F.________ am 2. März 2005
wegen mehrfacher Veruntreuung, mehrfachen Betrugs sowie mehrfacher
Urkundenfälschung zu 24 Monaten Gefängnis und Fr. 5'000.-- Busse.

Auf Appellation des Verurteilten sowie der Staatsanwaltschaft des Kantons
Glarus bestätigte das Obergericht des Kantons Glarus am 20. April 2006 die
erstinstanzlichen Schuldsprüche. Es setzte das Strafmass auf 30 Monate fest,
verhängte jedoch keine Busse.

B.
F.________ erhebt Nichtigkeitsbeschwerde und beantragt, der angefochtene
Entscheid sei aufzuheben und die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz
zurückzuweisen.

Das Obergericht begehrt sinngemäss Abweisung der Beschwerde.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Der Beschwerdeführer rügt die vorinstanzliche Strafzumessung (Art. 63 StGB)
in verschiedener Hinsicht:
1.1 Das erstinstanzliche Urteil beziffere den Deliktsbetrag auf ca.
Fr. 775'000.--. Auffallend sei, dass die Vorinstanz von einem ca.
Fr. 100'000.-- tieferen Deliktsbetrag ausgehe, den Beschwerdeführer zudem in
vier Fällen vom Vorwurf der Urkundenfälschung freispreche und trotzdem das
erstinstanzliche Strafmass von 24 auf 30 Monate erhöhe. Sie gehe offenbar
nicht nur von einem schweren, sondern sehr schweren Verschulden des
Beschwerdeführers aus. Der angefochtene Entscheid enthalte diesbezüglich
jedoch die gleiche Begründung wie das erstinstanzliche Urteil.

1.1.1 Zunächst ist zu bedenken, dass bei der Strafzumessung der Deliktsbetrag
nur ein Gesichtspunkt unter mehreren ist (Hans Wiprächtiger, Basler
Kommentar, Strafgesetzbuch I, N 52 zu Art. 63 StGB). Reduziert er sich um
etwa einen Achtel, hat dies auf das Strafmass auch nur eine entsprechend
geringe Auswirkung. Dasselbe gilt, wenn neu nur noch 29 anstatt der
ursprünglich 33 Urkundenfälschungen zu beurteilen sind.

1.1.2 Im Wesentlichen geht die Vorinstanz von den gleichen
Beurteilungsmerkmalen aus wie die erste Instanz. Sie gewichtet jedoch
einerseits die Vielzahl der Delikte sowie die kriminelle Energie des
Beschwerdeführers und anderseits sein Motiv stärker als die erste Instanz.

So führt sie zusätzlich zur ersten Instanz aus, dass der Beschwerdeführer bei
seinen kriminellen Handlungen mit einer beispiellosen Unverfrorenheit
vorgegangen sei. Er habe sich laufend neuer raffiniert ausgeheckter Tricks
bedient, um seine Gläubiger hinzuhalten und immer wieder andere Geldquellen
zu "erschliessen". Über Monate hinweg habe seine Beschäftigung im
Wesentlichen darin bestanden, seine finanziell desaströse Lage zu kaschieren
und sich die Finanzierung seines aufwändigen Lebensstils auf illegale Weise
zu sichern. Nahezu wöchentlich habe er hüben und drüben eine Lügengeschichte
an die andere gereiht, um stets wieder irgendwie an grosse Geldbeträge zu
gelangen (angefochtener Entscheid S. 45).

Die Vorinstanz stellt zudem ausführlich die Einkommens- und
Vermögensverhältnisse des Beschwerdeführers bis zu dessen Verhaftung dar und
hält unter anderem fest: "Statt sich ..., spätestens nachdem er bis Ende 2000
das Vermögen seiner Mutter (von über einer Mio. Franken) aufgezehrt hatte,
endlich einzugestehen, dass es in diesem Stil definitiv nicht mehr
weitergehen konnte, frönte er weiterhin der Masslosigkeit getreu der Losung,
man ist schliesslich wer in der Gesellschaft und zeigt darum auch, dass man
sich etwas zu leisten vermag" (a.a.O., S. 45 f. lit. b).

Damit ist die Vorinstanz ihrer Begründungspflicht nachgekommen und hat die
einzelnen Elemente auch nicht falsch gewichtet.

1.1.3 Im gleichen Zusammenhang rügt der Beschwerdeführer, letztendlich
belaufe sich das verschuldete Unrecht (bloss) auf Fr. 414'840.-- zu Lasten
einer Versicherungsgesellschaft. Dieses Ausmass des verschuldeten Unrechts
habe die Vorinstanz nicht beachtet.

Entgegen dieser Ansicht setzt sich das verschuldete Unrecht aus dem
Deliktsbetrag von ca. Fr. 670'000.--  und den zahlreichen Falschbeurkundungen
zusammen, die der Beschwerdeführer zu verantworten hat. Deshalb war insofern
auch keine Strafminderung angezeigt. Dass er tätige Reue gezeigt habe, macht
er selbst nicht geltend und ist auch nicht ersichtlich.

1.2 Der Beschwerdeführer macht geltend, die Vorinstanz hätte strafmindernd
berücksichtigen müssen, dass er in verschiedenen Zeitungsartikeln
vorverurteilt worden sei und diese ihn und seine Familie überdurchschnittlich
belastet hätten.

Soweit der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang Beilagen einreicht, die
nicht bereits im Zeitpunkt des vorinstanzlichen Urteils vorgelegen haben,
kann darauf nicht eingetreten werden (Art. 273 Abs. 1 lit. b BStP).

Im Übrigen hat die Vorinstanz unter Hinweis auf die Erwägungen im
erstinstanzlichen Urteil eine Vorverurteilung des Beschwerdeführers durch die
Presse verneint. Mit dieser Argumentation setzt er sich nicht auseinander.
Seine Darlegungen lassen zwar erkennen, dass der eine oder andere
Zeitungstitel reisserisch aufgemacht ist. Meist wird im Text aber deutlich,
dass es sich bei der Summe von 2 Mio. Franken um den von der
Staatsanwaltschaft eingeklagten Deliktsbetrag handelt. Eine Vorverurteilung
durch die Zeitungsartikel ist jedenfalls nicht ersichtlich (vgl. BGE 128 IV
97 E. 3b S. 104 ff.).

Der Beschwerdeführer war im Zeitpunkt der Delikte Generalagent einer
Versicherungsgesellschaft in Glarus. In der Armee bekleidete er den Rang
eines Obersten. Bis August 2002 stand er während 8 Jahren als Präsident der
Glarner Offiziersgesellschaft vor. In den 90-er Jahren hatte er während 7
Jahren bei einem Fussballclub das Präsidium inne. Ferner gehörte er von 2000
bis 2002 dem Verwaltungsrat eines Eishockeyclubs an. Sein Vater war
langjähriger Regierungsrat und Landammann (angefochtener Entscheid S. 43 f.).
Bei dieser Ausgangslage ist der Beschwerdeführer bei seiner Aussage zu
behaften, dass "er als Person in der Öffentlichkeit stand" (a.a.O., S. 46).
In dieser Funktion musste der Beschwerdeführer auch ein grösseres Echo in der
Presse erwarten als wenn er unbekannt gewesen wäre. Folglich hat die
Vorinstanz eine Strafminderung wegen überdurchschnittlich hoher Belastung des
Beschwerdeführers durch die Presseberichte zu Recht abgelehnt.

1.3 Der Beschwerdeführer beanstandet, die Vorinstanz habe den Umstand, dass
er in der Untersuchung und vor Gericht seine Taten grösstenteils zugestanden
habe, nicht strafmindernd berücksichtigt. Seine Geständnisse und sein
kooperatives Verhalten hätten die Strafuntersuchung erheblich erleichtert.

Mit dieser Argumentation widerspricht der Beschwerdeführer in unzulässiger
Weise (Art. 273 Abs. 1 lit. b BStP) dem verbindlich festgestellten
Sachverhalt. Die Vorinstanz hält nämlich fest, die ganzen Verfehlungen seien
vorab alleine durch die umfangreichen polizeilichen Ermittlungen und
sichergestellten Akten hieb- und stichfest nachgewiesen worden, so dass es
insofern eines nachträglichen Geständnisses des Beschwerdeführers nicht mehr
bedurft hätte. Auch habe er die Ermittlungsbehörde nicht etwa durch eigene
Aussagen auf Taten hingewiesen, die sonst unentdeckt geblieben wären
(angefochtener Entscheid S. 47 lit. e).

1.4 Schliesslich bringt der Beschwerdeführer vor, im Vergleich mit anderen
Straftätern sei er übertrieben hart bestraft worden. Diese Ungleichbehandlung
verletze Art. 63 StGB.

Der Beschwerdeführer verweist zunächst auf drei Zürcher Urteile: Die drei
Täter, die Deliktsbeträge von 1 Mio., 2,5 Mio. und 8,6 bis 13,7 Mio. Franken
zu verantworten gehabt hätten, seien alle lediglich zu bedingten
Gefängnisstrafen verurteilt worden. Wie bereits erwähnt (E. 1.1.1),  ist der
Deliktsbetrag nur ein Gesichtspunkt unter mehreren. Inwiefern die übrigen
Beurteilungsmerkmale in den drei Fällen mit denjenigen des Beschwerdeführers
vergleichbar wären, zeigt dieser nicht auf. Hinzu kommt, dass aufgrund der
föderalistischen Struktur des Staates der Grundsatz der Gleichbehandlung auf
interkantonaler Ebene nur beschränkte Bedeutung hat (BGE 124 IV 44 E. 2c).

Der Vergleich mit einem Glarner Fall, wo ein ebenfalls sehr schweres
Verschulden eine Gefängnisstrafe von (lediglich) 24 Monaten nach sich zog,
ist zu dürftig, um eine Ungleichbehandlung annehmen zu können. Denn nur schon
das Vorliegen bzw. Fehlen von Zumessungselementen im einen Fall oder deren
unterschiedliche Gewichtung kann ohne Weiteres eine Strafdifferenz von 6
Monaten begründen.

1.5 Nach dem Gesagten ging die Vorinstanz von den zutreffenden
Beurteilungsmerkmalen aus und gewichtete sie auch richtig. Indem sie das
Strafmass auf 30 Monate Gefängnis bestimmte, blieb sie zudem  im Rahmen ihres
Ermessens. Damit erweist sich die Nichtigkeitsbeschwerde als unbegründet.

2.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens hat der Beschwerdeführer die
bundesgerichtlichen Kosten zu tragen (Art. 278 Abs. 1 BStP).

Mit dem Entscheid in der Sache ist das Gesuch um aufschiebende Wirkung
gegenstandslos.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Staatsanwaltschaft des Kantons
Glarus und dem Obergericht des Kantons Glarus schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 8. August 2006

Im Namen des Kassationshofes
des Schweizerischen Bundesgerichts

Das präsidierende Mitglied:  Der Gerichtsschreiber: