Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Kassationshof in Strafsachen 6S.147/2006
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{T 0/2}
6S.147/2006 /rom

Urteil vom 2. November 2006
Kassationshof

Bundesrichter Schneider, Präsident,
Bundesrichter Wiprächtiger, Karlen,
Gerichtsschreiber Briw.

Z. ________,
Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Werner Bodenmann,

gegen

Staatsanwaltschaft des Kantons St. Gallen, Schützengasse 1, 9001 St. Gallen.

Strafzumessung,

Nichtigkeitsbeschwerde gegen den Entscheid des Kantonsgerichts St. Gallen,
Strafkammer, vom 7. Dezember 2005.

Sachverhalt:

A.
Das Kreisgericht Rheintal sprach am 3. November 2004 Z.________ der schweren
Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz (Art. 19 Ziff. 1 i.V.m. Ziff.
2 lit. a BetmG), der mehrfachen Widerhandlung gegen das
Betäubungsmittelgesetz zum Konsum, der mehrfachen Hehlerei und des mehrfachen
Führens eines Motorfahrzeugs trotz Entzugs des Führerausweises schuldig und
verurteilte ihn teilweise im Zusatz zum Urteil des Bezirksgerichts Horgen vom
29. August 2002 zu 2 ? Jahren Gefängnis, abzüglich 198 Tage
Untersuchungshaft, sowie zu einer Busse von Fr. 400.--. Ferner erklärte es
zwei bedingte Vorstrafen von 10 und 21 Tagen Gefängnis für vollziehbar.

Das Kantonsgericht St. Gallen wies am 7. Dezember 2005 die Berufung sowie die
Anschlussberufung der Staatsanwaltschaft ab.

B.
Z.________ erhebt Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das Urteil des
Kantonsgerichts aufzuheben, die Sache zu neuer Entscheidung an dieses
zurückzuweisen und der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zu erteilen.

C.
Das Kantonsgericht verzichtet auf Gegenbemerkungen. Die Staatsanwaltschaft
beantragt, die Beschwerde abzuweisen, ihr indessen die aufschiebende Wirkung
zu erteilen.

Das Bundesgericht erteilte der Beschwerde am 1. Mai 2006 die aufschiebende
Wirkung.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung von Art. 63 und Art. 68 Ziff. 1
Abs. 1 StGB. Er macht im Wesentlichen geltend, die Vorinstanz sei von einer
unhaltbar hohen Einsatzstrafe von 2 ? Jahren Zuchthaus für die versuchte
Übergabe von einem Kilogramm Heroin ausgegangen, sie habe die Tatkomponenten
unhaltbar streng beurteilt, die Täterkomponenten zu wenig zu seinen Gunsten
gewichtet und das Urteil nicht nachvollziehbar begründet.

2.
Die Strafe ist nach dem Verschulden des Täters zuzumessen; dabei sind
Beweggründe, Vorleben und persönliche Verhältnisse des Schuldigen zu
berücksichtigen (Art. 63 StGB). Der Begriff des Verschuldens bezieht sich auf
den gesamten Unrechts- und Schuldgehalt der Straftat (BGE 129 IV 6 E. 6.1)
und ist damit das wesentliche Strafzumessungskriterium (BGE 127 IV 101 E.
2a). Im Urteil müssen die wesentlichen Tat- und Täterkomponenten beurteilt,
das Ausmass qualifizierender Tatumstände gewichtet und die Stafzumessung
nachvollziehbar begründet werden. Dabei besitzt die Vorinstanz ein
erhebliches Ermessen. Das Bundesgericht greift auf Nichtigkeitsbeschwerde hin
nur ein, wenn die Vorinstanz den gesetzlichen Strafrahmen über- oder
unterschritten hat, wenn sie von rechtlich nicht massgebenden Kriterien
ausgegangen ist oder wenn sie wesentliche Gesichtspunkte ausser Acht gelassen
bzw. in Überschreitung oder Missbrauch ihres Ermessens falsch gewichtet hat
(BGE 129 IV 6 E. 6.1). Das Bundesgericht hebt ein Urteil insbesondere auch
auf, wenn die Strafe übertrieben hart oder mild erscheint, so dass von einem
Ermessensmissbrauch gesprochen werden muss. Dies ist aber erst bei einem
unhaltbaren Strafmass anzunehmen (BGE 127 IV 101 E. 2c; 122 IV 241; 117 IV
401).

Der Beschwerdeführer wurde verhaftet, als er mit einem Kilogramm Heroin
(Reinheitsgrad von 28 %) unterwegs zu seinem Abnehmer war. Die Vorinstanz
geht deshalb von einer Einsatzstrafe von zweieinhalb Jahren Zuchthaus aus.
Sie erhöht diese Strafe aufgrund des Verkaufs von weiteren insgesamt 350
Gramm Kokain (mit einem Reinheitsgrad von 37 %) auf dreieinhalb Jahre.
Strafschärfend gewichtet sie die Verwirklichung mehrerer Straftatbestände und
straferhöhend die Vorstrafen, nämlich um drei bis vier Monate. Erheblich
strafmindernd wertet sie das Nachtatverhalten, insbesondere das umfassende
Geständnis und die Strafempfindlichkeit. Sie mindert die Strafe infolge der
Täterkomponenten um rund einen Drittel (angefochtenes Urteil S. 5 mit
Verweisung auf das Urteil der Kreisgerichts).

Der Beschwerdeführer vermag in seiner eingehenden Beschwerdebegründung keine
Bundesrechtsverletzung darzulegen. Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass es
sich bei der "versuchten Übergabe" von einem Kilogramm Heroin um ein
vollendetes Delikt im Sinne von Art. 19 Ziff. 1 BetmG handelt (er hatte die
bei ihm bestellte Droge zum Abnehmer transportiert und wurde verhaftet, als
er versuchte, diese "zum Weiterverkauf zu veräussern"; angefochtenes Urteil
S. 4). Es liegt kein Versuch im Sinne von Art. 21 f. StGB vor, der milder
bestraft werden kann. Der Beschwerdeführer war nicht blosser Transporteur
(vgl. BGE 121 IV 202 E. 2d/cc). Die Einsatzstrafe ist im anwendbaren
Strafrahmen von einem bis zwanzig Jahren Zuchthaus vertretbar. Der
Beschwerdeführer ist nach den vorinstanzlichen Feststellungen als
gewinnorientierter Händler mittlerer Kategorie mit hohen Mengen, mehreren
Geschäften und erheblicher krimineller Energie einzustufen. Es ging ihm somit
nicht lediglich darum, seinen Eigenkonsum zumindest teilweise finanzieren zu
können (Beschwerde S. 9). Die Vorinstanz stellt fest, dass er nicht süchtig
war, und nimmt keine Verminderung der Schuldfähigkeit an (angefochtenes
Urteil S. 4; Urteil des Kreisgerichts S. 22). Sie hat diese Frage damit
zutreffend beurteilt (vgl. BGE 102 IV 74 E. 1b). Es sind aufgrund der
vorinstanzlichen Feststellungen auch keine Anhaltspunkte ersichtlich, die zu
einer Untersuchung wegen eines zweifelhaften Geisteszustands gemäss Art. 13
StGB hätten führen müssen (vgl. BGE 116 IV 273). Das Gegenteil lässt sich
nicht daraus schliessen, dass sich der Drogenhandel zeitlich mit dem
Eigenkonsum deckte und der Beschwerdeführer in ein schwieriges Umfeld
verfangen war (Beschwerde S. 21 f.). Ferner gewichtet die Vorinstanz das
Nachtatverhalten, die Reue und Einsicht sowie die Strafempfindlichkeit wegen
der familiären Verhältnisse (Urteil des Kreisgerichts S. 24) in erheblichem
Umfang zu Gunsten des Beschwerdeführers. Hinsichtlich des umfassenden
Geständnisses ist einschränkend festzustellen, dass der Beschwerdeführer sich
erst nach mehreren Einvernahmen geständig zeigte (Urteil des Kreisgerichts S.
23). Es kann nicht von einem "besonderen" Geständnis ausgegangen werden, wie
dies nach dem Sachverhalt in BGE 121 IV 202 E. 2d/cc der Fall war. Indessen
mindert die Vorinstanz das Strafmass wegen dieses Verhaltens zu Recht
erheblich.

Die Rechtsprechung zur 18-Monate-Grenze (BGE 118 IV 337 E. 2c), findet nur
Anwendung, wenn die in Betracht kommende Freiheitsstrafe 21 Monate nicht
übersteigt (BGE 127 IV 97 E. 3). Eine bedingte Freiheitsstrafe kommt hier
nicht in Betracht. Ebenso verhält es sich mit dem Vorbringen, es hätte bei
der Strafzumessung eine überlange Verfahrensdauer berücksichtigt werden
müssen. Diese Rüge ist im vorliegenden Verfahren zwar zulässig, auch wenn die
Vorinstanz eine Verletzung des Beschleunigungsgebots nicht festgestellt hat
(BGE 130 IV 54). Die Rüge ist aber unbegründet. Der Beschwerdeführer wurde am
6. März 2003 verhaftet (Urteil des Kreisgerichts S. 3). Am 3. November 2004
und am 7. Dezember 2005 urteilten die Vorinstanzen. Das Berufungsurteil wurde
am 23. Februar 2006 zugestellt. Es handelte sich um ein umfangreiches
Verfahren mit mehreren Beschuldigten. Eine Verletzung des
Beschleunigungsgebots ist damit zu verneinen. Die Strafzumessung ist - mit
der zulässigen Verweisung auf das erstinstanzliche Urteil - nachvollziehbar
begründet. Das Strafmass erscheint auch im Ergebnis nicht als übertrieben
hart. Die Strafzumessung ist bundesrechtlich nicht zu beanstanden.

3.
Die Beschwerde ist abzuweisen. Der Beschwerdeführer trägt die Kosten vor
Bundesgericht (Art. 278 Abs. 2 BStP).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Staatsanwaltschaft des Kantons
St. Gallen und dem Kantonsgericht St. Gallen, Strafkammer, schriftlich
mitgeteilt.

Lausanne, 2. November 2006

Im Namen des Kassationshofes
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Der Gerichtsschreiber: