Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Kassationshof in Strafsachen 6S.13/2006
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{T 0/2}
6S.13/2006
6S.14/2006 /rom

Sitzung vom 30. August 2006
Kassationshof

Bundesrichter Schneider, Präsident,
Bundesrichter Wiprächtiger, Kolly, Karlen, Zünd,
Gerichtsschreiber Thommen.

6S.13/2006
X.________,
Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Thomas Ender,

gegen

Y.________,
Beschwerdegegnerin, vertreten durch Rechtsanwalt Matthias Becker,
Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau, Frey-Herosé-Strasse 12, Wielandhaus,
5001 Aarau,

und

6S.14/2006
Y.________,
Beschwerdeführerin, vertreten durch Rechtsanwalt Matthias Becker,

gegen

X.________,
Beschwerdegegner, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Thomas Ender,
Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau, Frey-Herosé-Strasse 12, Wielandhaus,
5001 Aarau.

6S.13/2006
Fahrlässige schwere Körperverletzung, Zivilansprüche,

6S.14/2006
Zivilansprüche,

Nichtigkeitsbeschwerden (6S.13/2006 und 6S.14/2006) gegen das Urteil des
Obergerichts des Kantons Aargau, Strafgericht, 3. Kammer, vom 29. November
2005.
Sachverhalt:

A.
Am 26. August 2002 fuhr X.________ in seinem Personenwagen mit ca. 75 km/h
auf der Ammerswilerstrasse Richtung Lenzburg. Die damals 12-jährige
Y.________ fuhr mit einer Gruppe von Schülern auf ihrem Fahrrad auf dem
parallel zur Ammerswilerstrasse verlaufenden Fahrradweg ebenfalls Richtung
Lenzburg. Auf der Höhe des Parkplatzes Fünfweiher mündet der Radweg in die
Ammerswilerstrasse, wobei der Radweg vortrittsbelastet ist. Y.________ bog
unversehens in die Ammerswilerstrasse ein und wurde dabei von X.________s
Personenwagen erfasst und schwer verletzt.

B.
Die Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau stellte mit Verfügung vom 24.
Oktober 2003 das gegen X.________ geführte Strafverfahren ein. Das
Obergericht des Kantons Aargau bestätigte diese Einstellung am 6. Januar
2004. Eine dagegen von Y.________ geführte eidgenössische
Nichtigkeitsbeschwerde hiess das Bundesgericht am 4. August 2004 gut
(Entscheid 6P.17/2004; 6S.49/2004).

Mit Urteil des Gerichtspräsidiums Lenzburg vom 3. Mai 2005 wurde X.________
vom Vorwurf der fahrlässigen schweren Körperverletzung im Sinne von Art. 125
Abs. 2 StGB freigesprochen. Gegen dieses Urteil erhob Y.________ als
Zivilklägerin Berufung. In teilweiser Gutheissung der Berufung sprach das
Obergericht X.________ am 29. November 2005 der fahrlässigen schweren
Körperverletzung schuldig und bestrafte ihn mit einer bedingten
Gefängnisstrafe von 10 Tagen und Fr. 800.-- Busse. Seine Haftungsquote für
den verursachten Schaden wurde auf 50% festgelegt.

C.
Gegen dieses Urteil erheben sowohl Y.________ als auch X.________
eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde. Y.________ (nachfolgend: die
Beschwerdeführerin) beantragt die Aufhebung des obergerichtlichen Urteils
hinsichtlich der Kosten-, der Entschädigungs- und der Haftungsquotenregelung.
X.________ (nachfolgend: der Beschwerdeführer) beantragt die Aufhebung des
angefochtenen Entscheids, die Rückweisung der Sache zu neuer Entscheidung an
die Vorinstanz sowie für den Fall der Abweisung im Strafpunkt eine
Neuregelung der Haftungsquote.

D.
Das Obergericht verzichtet auf Gegenbemerkungen. Im gleichen Sinne liess sich
die Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau vernehmen. Y.________ und
X.________ reichten ihre Vernehmlassungen am 16. Mai resp. 31. Mai 2006 ein.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

I. Eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde im Strafpunkt

1.
Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung von Art. 125 und Art. 18 Abs. 3
StGB. Die Vorinstanz habe zu Unrecht auf Fahrlässigkeit erkannt. Das
regelwidrige Verhalten der Fahrradfahrerin sei nicht vorhersehbar gewesen und
der Unfall auch bei stark reduzierter Geschwindigkeit nicht vermeidbar
(Beschwerde Ziff. 13-18). Der Sorgfaltsmassstab gegenüber dem Kind gemäss
Art. 26 Abs. 2 SVG sei zu hoch veranschlagt worden, zumal es sich bei dem
Kind um eine Oberstufenschülerin handelte. Weiter werfe ihm die Vorinstanz zu
Unrecht vor, dass er den Sichtkontakt zur Fahrradfahrerin nicht hätte
abreissen lassen dürfen, dass er seine Geschwindigkeit auf 50km/h hätte
reduzieren und dass er ein Hupsignal hätte abgeben sollen (Beschwerde Ziff.
7-12). Unhaltbar sei sodann der Vorwurf der Beschwerdeführerin, dass er hätte
ausweichen können (Stellungnahme Ziff. 3).

1.1 Die Beschwerdeführerin stellt sich demgegenüber auf den Standpunkt, dass
keine Umstände (z.B. Gegenverkehr) bestanden hätten, welche den
Beschwerdeführer an einer ununterbrochenen Beobachtung der Beschwerdeführerin
gehindert hätten (Stellungnahme S. 5). Weiter könne der Beschwerdeführer aus
der Distanz nicht erkannt haben, dass es sich bei der Gruppe um
Oberstufenschüler handelte, und der Unfall sei ohne Weiteres vermeidbar
gewesen, z.B. durch Ausweichen (Stellungnahme S. 8 f.).
1.2 Die Vorinstanz kommt zum Schluss, dass der Beschwerdeführer die nach
Art. 26 Abs. 2 SVG gebotene Sorgfalt nicht aufgebracht habe. In tatsächlicher
Hinsicht geht sie davon aus, dass er die Beschwerdeführerin rund 250m vor der
Unfallstelle als Kind erkannt habe (angefochtenes Urteil Ziff. 3.2.2 und
7.3.2). Bei Kindern müsse der Verkehrsteilnehmer mit
Verkehrsregelverletzungen rechnen und seine Fahrweise danach ausrichten, um
Gefährdungen und Schädigungen zu vermeiden. Er habe namentlich die
Geschwindigkeit zu mässigen, Bremsbereitschaft zu erstellen, dem Verhalten
der Kinder grösste Aufmerksamkeit zu schenken und, wenn die Kinder nicht auf
den Verkehr achteten, Warnsignale abzugeben. Wer Kinder als solche erkenne
und gleichwohl unbeirrt zufahre, handle pflichtvergessen. Die besondere
Vorsichtspflicht gehe zwar nicht so weit, dass der Fahrzeugführer in jedem
Fall beim Anblick eines Kindes abbremsen oder hupen müsse, doch sei dem
ortskundigen Beschwerdeführer vorliegend bewusst gewesen, dass die
Fahrradfahrer bei der fraglichen Einmündung die Hauptstrasse überqueren oder
in sie einbiegen würden. Er hätte deshalb besondere Vorsicht walten lassen
müssen (angefochtenes Urteil Ziff. 2.2.3 und 5.1.1).
1.3 Die Ausführungen der Vorinstanz zur Fahrlässigkeit stehen im Einklang mit
der bundesgerichtlichen Rechtsprechung (vgl. BGE 129 IV 282, E. 2; 127 IV 34,
E. 2a). Der Beschwerdeführer kann angesichts seiner Ortskenntnis und des
Kindesalters der Beschwerdeführerin insbesondere nicht geltend machen, ihr
verkehrsregelwidriges Verhalten sei unvorhersehbar gewesen. Soweit der
Beschwerdeführer im Weiteren anhand detaillierter Berechnungen die
Vermeidbarkeit des Unfalls und insbesondere auch die Ausweichmöglichkeiten
bestreitet, verkennt er, dass - wie das Bundesgericht für den vorliegenden
Fall bereits in seinem Entscheid 6P.17/2004, 6S.49/2004 vom 4. August 2004,
E. 7.2 festgehalten hat - nicht die Vermeidung des Unfalls, sondern diejenige
der schweren Körperverletzung entscheidend ist. Die Körperverletzung gilt
auch als vermeidbar, wenn es bei sorgfaltsgemässem Verhalten des
Fahrzeuglenkers mit grösster Wahrscheinlichkeit zu einer geringeren
Verletzung gekommen wäre. Die Rüge der Bundesrechtsverletzung geht insoweit
fehl.

2.
Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die Strafzumessung. Die Vorinstanz
habe Art. 63 und 64 StGB verletzt, indem sie seine Uneinsichtigkeit und sein
fehlendes Geständnis strafschärfend gewertet habe. Dies verstosse gegen
fundamentale Prinzipien des Strafrechts, insbesondere gegen die
Unschuldsvermutung.

2.1 Der Richter misst die Strafe nach dem Verschulden des Täters zu; er
berücksichtigt die Beweggründe, das Vorleben und die persönlichen
Verhältnisse des Schuldigen (Art. 63 StGB). Der Umfang der Berücksichtigung
verschiedener Strafzumessungsfaktoren liegt im Ermessen der kantonalen
Behörde (BGE 127 IV 101 E. 2; 124 IV 286 E. 4a, je mit Hinweisen). Der
Kassationshof kann im Verfahren der Nichtigkeitsbeschwerde in die
Strafzumessung nur eingreifen, wenn die Vorinstanz den gesetzlichen
Strafrahmen über- oder unterschritten hat, wenn sie von rechtlich nicht
massgebenden Kriterien ausgegangen ist oder wenn sie wesentliche
Gesichtspunkte ausser Acht gelassen bzw. (in Überschreitung oder Missbrauch
ihres Ermessens) falsch gewichtet hat (BGE 129 IV 6 E. 6.1.). Nach der
Rechtsprechung darf hartnäckiges Bestreiten als fehlende Reue und Einsicht
interpretiert und zu Lasten des Angeklagten gewertet werden; umgekehrt führen
ein Geständnis und kooperatives Verhalten im Verfahren regelmässig zu einer
gewissen Strafminderung (BGE 113 IV 56).

2.2 Bei der Würdigung der täterbezogenen Strafzumessungskriterien
berücksichtigte die Vorinstanz insbesondere die aufrichtige Reue des
Beschwerdeführers. Weil er nach wie vor der Ansicht sei, bei seiner Fahrt am
26. August 2002 keinen Fehler begangen und nicht fahrlässig gehandelt zu
haben, könne die Strafe nicht in gleichem Masse gemindert werden wie bei
Geständigkeit und gänzlicher Einsicht.  Entgegen den Beanstandungen des
Beschwerdeführers hat die Vorinstanz die Uneinsichtigkeit und das fehlende
Geständnis somit nicht strafschärfend, sondern lediglich in eingeschränktem
Masse strafmindernd berücksichtigt. Diese vorinstanzliche
Strafzumessungsbegründung ist nicht zu beanstanden.

Zusammenfassend ist die Nichtigkeitsbeschwerde im Strafpunkt abzuweisen.

II. Eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerden im Zivilpunkt

3.
Wird, wie hier, die Nichtigkeitsbeschwerde im Strafpunkt abgewiesen, tritt
der Kassationshof auf die Beschwerde im Zivilpunkt nur ein, wenn der für die
Berufung geltende Streitwert von Fr. 8'000.-- erreicht ist (Art. 277quater
Abs. 2 i.V.m. Art. 271 Abs. 2 BStP; Art. 46 OG). Gemäss Art. 55 Abs. 1 lit. a
OG ist bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten, deren Gegenstand nicht in
einer bestimmt bezifferten Geldsumme besteht, anzugeben, ob der erforderliche
Streitwert erreicht ist. Ferner sind bei Nichtigkeitsbeschwerden im
Zivilpunkt konkrete Rechtsbegehren zu stellen. Es reicht nicht, bloss die
Aufhebung des angefochtenen Entscheids zu verlangen. Dies bedeutet in der
Regel, dass die Geldsumme, zu deren Zahlung die Gegenpartei verpflichtet
werden soll, wie bei der Berufung genau zu beziffern ist. (BGE 128 IV 53 E.
6a S. 69 f.; 127 IV 141 E. 1b; BGE 125 III 412 E. 1b und c/aa je mit
Hinweisen). Soweit die Zivilansprüche im Sinne von Art. 9 Abs. 3 OHG nur dem
Grundsatz nach zu entscheiden sind, muss die begehrte Geldsumme naturgemäss
nicht genau beziffert werden. In diesem Fall ist der Substanzierungspflicht
jedenfalls auch mit der Formulierung konkreter Haftungsquoten genüge getan
(vgl. Entscheid 6S.754/2000 vom 15. Juni 2001, E.3a.aa). Nach der Aktenlage
wird der Streitwert vorliegend zweifellos erreicht und beide Parteien haben
konkrete Haftungsquoten anbegehrt. Auf die Nichtigkeitsbeschwerden im
Zivilpunkt ist somit einzutreten.

4.
4.1 Für den Fall der Abweisung der Nichtigkeitsbeschwerde im Strafpunkt
verlangt der Beschwerdeführer eine Festlegung seiner Haftungsquote auf 33%
(20% Betriebsgefahr; 13,3% Verschuldensanteil). Seinem bloss leichten
Verschulden stünde ein schweres Selbstverschulden der Fahrradfahrerin
gegenüber (Beschwerde Ziff. 21-24). Das Verschulden sei sektoriell und nicht
nach dem Prinzip der Verschuldensneutralisation resp. -kompensation zu
verteilen (Stellungnahme Ziff. 1).

4.2 Die Beschwerdeführerin wendet sich ebenfalls gegen die Festlegung der
Haftungsquote. Die ihr konkret zugerechneten Verschuldensanteile, die
festgelegte Betriebsgefahr und die Ablehnung der 'Kompensationsmethode' bei
der Verschuldensaufteilung verletzten Art. 59 Abs. 2 SVG. Der
Beschwerdeführer und sie selbst seien beide gleichermassen für den Unfall
verantwortlich, weshalb sich ihre Verschulden in Anwendung der
Kompensationsmethode gegenseitig aufheben würden. Es verbleibe allein die vom
Beschwerdeführer zu vertretene Betriebsgefahr. Er hafte deshalb für den
gesamten Schaden. Eventualiter sei die Betriebsgefahr mit 50% zu beziffern;
von den verbleibenden Verschuldensanteilen entfielen die Hälfte (25%) auf
sie. Subeventualiter sei der vorinstanzliche Entscheid ganz aufzuheben und
zur Neubeurteilung der Haftungsquote zurückzuweisen.

4.3 Die Vorinstanz verwirft die Verschuldenskompensation und nimmt eine
sektorielle Aufteilung vor. Der Unfall sei in erster Linie der
Beschwerdeführerin zuzuschreiben, den Beschwerdeführer treffe ein
vergleichsweise leichtes Verschulden. Die Betriebsgefahr wird auf 30%, die
Verschuldensanteile der Parteien auf 70% veranschlagt, wovon der
Beschwerdeführer 2/7 und die Beschwerdeführerin 5/7 zu verantworten hätten.
Daraus resultiert eine hälftige Schadenstragung.

4.4
4.4.1 Gemäss Art. 277quater Abs. 1 BStP entscheidet der Kassationshof im
Zivilpunkt in der Sache selbst oder weist sie zu neuer Entscheidung an die
kantonale Behörde zurück. Wird durch den Betrieb eines Motorfahrzeugs ein
Mensch getötet oder verletzt oder Sachschaden verursacht, so haftet der
Halter für den Schaden (Art. 58 Abs. 1 SVG). Beweist der Halter, dass ein
Verschulden des Geschädigten beim Unfall mitgewirkt hat, so bestimmt das
Gericht die Ersatzpflicht unter Würdigung aller Umstände (Art. 59 Abs. 2
SVG). Zu diesen Umständen gehören die mit dem Betrieb eines Motorfahrzeugs
notwendig verbundenen Gefahren, das Verschulden des Motorfahrzeugführers und
das Selbstverschulden des Verletzten, wobei letzteres bei Kindern nach der
Rechtsprechung altersentsprechend milder zu bewerten ist (BGE 111 II 89,
E. 1a, 2c; Entscheide 4C.278/1999 vom 13. Juli 2000, E. 2c und 4C.10/1989 vom
30. Mai 1989, E. 1b). Nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut von Art. 59 Abs.
2 SVG sind alle Umstände zu berücksichtigen und der Gesamtschaden von 100 %
deshalb auf die einzelnen haftpflichtrechtlich relevanten Ursachen
quotenmässig zu verteilen (vgl. BGE 132 III 249, E. 3.1; 129 III 65 E. 7.3;
113 II 323 E. 1c; s.a. ähnlich gelagerten BGE 111 II 89 E.2).
4.4.2 Die Bewertung der verschiedenen unfallrelevanten Umstände liegt
grundsätzlich im Ermessen des urteilenden Gerichts. Der Kassationshof kann
bei der Überprüfung von Ermessensentscheiden im Verfahren der eidgenössischen
Nichtigkeitsbeschwerde im Zivilpunkt nur einschreiten, wenn die Vorinstanz
von in Lehre und Rechtsprechung anerkannten Grundsätzen abgewichen ist, wenn
sie Tatsachen berücksichtigt hat, die für den Entscheid im Einzelfall keine
Rolle hätten spielen dürfen, oder wenn sie umgekehrt Umstände ausser Acht
gelassen hat, die zwingend hätten beachtet werden müssen. Ausserdem greift
der Kassationshof in Ermessensentscheide ein, wenn sich diese als
offensichtlich unbillig bzw. als in stossender Weise ungerecht erweisen (vgl.
BGE 132 III 249, E. 3.5; 130 III 182 E. 5.5.2; 128 III 390 E. 4.5; ferner
Entscheide 4C.278/1999 vom 13. Juli 2000, E. 2c. und 6S.346/2005 vom
2. Februar 2006, E. 2.3).
4.4.3 Die von der Vorinstanz angewandte Methode der sektoriellen
Haftungsaufteilung steht im Einklang mit der bundesgerichtlichen
Rechtsprechung zu Art. 59 Abs. 2 SVG und ist von Bundesrechts wegen nicht zu
beanstanden. Ebenso wenig ist die vorinstanzliche Verschuldensaufteilung zu
kritisieren. Das Verschulden der Beschwerdeführerin, welche, ohne sich
umzublicken, auf die Hauptstrasse hinausfuhr, wiegt im Vergleich zur
mangelnden Vorsicht des Beschwerdeführers schwer. Zu Recht auferlegt ihr die
Vorinstanz deshalb rund 70% (5/7) des neben der Betriebsgefahr verbleibenden
Verschuldens. Auch die Betriebsgefahr wurde mit 30% angemessen veranschlagt.
Zusammenfassend erweist sich die von der Vorinstanz vorgenommene hälftige
Aufteilung der Haftungsquoten als bundesrechtskonform und die diesbezüglichen
Rügen sind abzuweisen.
III. Kosten und Entschädigungsfolgen

Sowohl die Beschwerdeführerin als auch der Beschwerdeführer unterliegen mit
ihrer Nichtigkeitsbeschwerde und werden deshalb kostenpflichtig (Art. 278
Abs. 1 BStP). Soweit sie sich mit ihren Stellungnahmen gegen die
Nichtigkeitsbeschwerde des jeweils anderen gerichtet haben, obsiegen sie.
Dafür steht ihnen eine Entschädigung von je Fr. 1'000.-- aus der
Bundesgerichtskasse zu (Art. 278 Abs. 3 Satz 1 BStP). Da sie jedoch beide der
Bundesgerichtskasse für die an den andern ausgerichtete Entschädigung Ersatz
zu leisten haben (Art. 278 Abs. 3 Satz 3 BStP), werden die
Entschädigungsansprüche und Ersatzforderungen verrechnet und per saldo keine
Entschädigungen ausgerichtet.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Nichtigkeitsbeschwerden werden abgewiesen.

2.
Der Beschwerdeführerin und dem Beschwerdeführer werden Gerichtsgebühren von
je Fr. 2'000.-- auferlegt.

3.
Es werden keine Parteientschädigungen zugesprochen.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien, der Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau
und dem Obergericht des Kantons Aargau, Strafgericht, 3. Kammer, schriftlich
mitgeteilt.

Lausanne, 30. August 2006

Im Namen des Kassationshofes
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Der Gerichtsschreiber: