Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Zivilabteilung 5P.519/2006
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{T 0/2}
5P.519/2006 /bnm

Urteil vom 13. Februar 2007
II. zivilrechtliche Abteilung

Bundesrichter Raselli, Präsident,
Bundesrichterin Nordmann, Bundesrichter Meyer,
Gerichtsschreiber von Roten.

M.________ (Ehemann),
Beschwerdeführer,
vertreten durch Rechtsanwalt Bruno Meier,

gegen

F.________ (Ehefrau),
Beschwerdegegnerin,
vertreten durch Rechtsanwältin Rahel Junker,
Kassationsgericht des Kantons Zürich, Postfach, 8022 Zürich.

Art. 9, Art. 29 Abs. 1 und 2 und Art. 30 Abs. 1 BV (Eheschutz),

Staatsrechtliche Beschwerde gegen den Sitzungs-beschluss des
Kassationsgerichts des Kantons Zürich vom 30. Oktober 2006.

Sachverhalt:

A.
M.________ (Ehemann), Jahrgang xxxx, und F.________ (Ehefrau), Jahrgang xxxx,
sind verheiratet, leben aber getrennt. Im Rahmen von Eheschutzmassnahmen
mussten auf Antrag der Ehefrau die vom Ehemann geschuldeten Geldbeiträge
festgesetzt werden. Eine erstinstanzliche Verfügung vom 26. Januar 2005 focht
der Ehemann an. Das Obergericht des Kantons Zürich, I. Zivilkammer, hiess den
Rekurs teilweise gut und legte die monatlichen Unterhaltsbeiträge neu fest
auf Fr. 6'830.-- ab 1. September 2003 bis 31. Juli 2004
(Dispositiv-Ziff. 1.4/a), auf Fr. 9'940.-- ab 1. August 2004 bis 31. Dezember
2004 (Dispositiv-Ziff. 1.4/b) und auf Fr. 6'194.-- ab 1. Januar 2005
(Dispositiv-Ziff. 1.4/c). Das Obergericht auferlegte die Kosten des
Rekursverfahrens im Verhältnis von 2/5 zu Lasten der Ehefrau und 3/5 zu
Lasten des Ehemannes (Dispositiv-Ziff. 4) und verpflichtete den Ehemann, der
Ehefrau für das Rekursverfahren eine herabgesetzte Prozessentschädigung zu
bezahlen (Dispositiv-Ziff. 5 des Beschlusses vom 10. Januar 2006).

B.
Der Ehemann erhob gegen den obergerichtlichen Beschluss kantonale
Nichtigkeitsbeschwerde. Das Kassationsgericht des Kantons Zürich hiess die
Beschwerde teilweise gut, hob die Dispositiv-Ziff. 1.4/a sowie die
Dispositiv-Ziff. 4 und 5 des angefochtenen Beschlusses auf und wies die Sache
diesbezüglich zur Behebung des Mangels und zur Neubeurteilung an die
Vorinstanz zurück. Im Übrigen wies das Kassationsgericht die Beschwerde ab,
soweit darauf einzutreten war (Sitzungsbeschluss vom 30. Oktober 2006).

C.
Mit staatsrechtlicher Beschwerde beantragt der Ehemann, den
kassationsgerichtlichen Sitzungsbeschluss und die Dispositiv-Ziff. 1, 4 und 5
des obergerichtlichen Beschlusses aufzuheben. Es sind die kantonalen Akten,
aber keine Vernehmlassungen eingeholt worden.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Am 1. Januar 2007 ist das Bundesgesetz über das Bundesgericht
(Bundesgerichtsgesetz, BGG, SR 173.110) in Kraft getreten, das gemäss
Art. 132 Abs. 1 BGG auf die nach seinem Inkrafttreten eingeleiteten Verfahren
des Bundesgerichts anwendbar ist, auf ein Beschwerdeverfahren jedoch nur
dann, wenn auch der angefochtene Entscheid nach dem Inkrafttreten dieses
Gesetzes ergangen ist. Beide Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt, so dass
die Eingaben des Beschwerdeführers vom 15. Dezember 2006 gegen die Beschlüsse
vom 10. Januar 2006 (Obergericht) und vom 30. Oktober 2006
(Kassationsgericht) als staatsrechtliche Beschwerde (Art. 84 ff. OG) zu
behandeln sind.

2.
Gemäss seinen Angaben ist der angefochtene Sitzungsbeschluss dem
Beschwerdeführer am 15. November 2006 (Empfangsbestätigung) zugegangen, so
dass die Beschwerdefrist von dreissig Tagen (Art. 89 Abs. 1 OG) am 16. ds. zu
laufen begonnen und am Freitag, den 15. Dezember 2006 geendigt hat (Art. 32
Abs. 1 bis 3 OG). Der Beschwerdeführer hat eine "Staatsrechtliche Beschwerde"
und eine "Staatsrechtliche Beschwerde (korrigierte Version)" eingereicht.
Beide sind mit dem 15. Dezember 2006 datiert und in je separaten
Briefumschlägen am 18. ds. beim Bundesgericht eingelangt. Bei der
unkorrigierten Version ist der Aufgabeort "Rheinfelden" leserlich, der
Poststempel hingegen verwischt, doch zeigt die Sendungsverfolgung der Post
"track & trace", dass die Postaufgabe am 15. Dezember 2006 und damit
rechtzeitig erfolgt ist. Die korrigierte Version beschränkt sich nicht nur
auf formelle Berichtigungen, sondern ergänzt insbesondere Aktenhinweise, die
im Sinne von Art. 90 Abs. 1 lit. b OG unerlässlich sind. Der Poststempel auf
dem Briefumschlag mit der korrigierten Version nennt als Aufgabeort "Basel 2"
und als Datum der Postaufgabe knapp leserlich den "16.12.06". Dieser
Zeitpunkt der Postaufgabe wird durch die Sendungsverfolgung der Post
"track & trace" bestätigt, so dass die "Staatsrechtliche Beschwerde
(korrigierte Version)" als verspätet zu gelten hat und darauf nicht
abgestellt werden kann.

3.
Mit dem kantonal letztinstanzlichen Sitzungsbeschluss ficht der
Beschwerdeführer auch den vorinstanzlichen Sachentscheid an und verlangt
dessen Aufhebung, was die Regelung des Unterhalts und der Prozesskosten
anbetrifft. Auf diesen Beschwerdeantrag geht er nicht näher ein (Art. 90
Abs. 1 lit. b OG). Es scheint sich dabei seiner Ansicht nach offenbar um eine
unausweichliche Folge der Aufhebung des kassationsgerichtlichen
Sitzungsbeschlusses zu handeln. Die Rechtsprechung lässt indessen die
Mitanfechtung des unterinstanzlichen Entscheids nur beschränkt zu (vgl. BGE
128 I 46 E. 1c S. 51). Die Voraussetzungen sind im Fall der zürcherischen
Rechtsmittelordnung in der Regel nicht erfüllt, weil die Kognition, über die
das Kassationsgericht bei der Beurteilung der Nichtigkeitsgründe gemäss § 281
Ziff. 1-3 ZPO/ZH verfügt, nicht eingeschränkter ist als die
Überprüfungsbefugnis, die dem Bundesgericht beim Entscheid über die - auch
hier erhobenen - Rügen der Verletzung von Art. 9 und Art. 29 BV (früher:
Art. 4 aBV) zukommt (allgemein: BGE 117 Ia 393 E. 1b/aa S. 395; für § 281
Ziff. 3 ZPO/ZH: BGE 118 Ia 20 E. 3b S. 25; für § 281 Ziff. 1 und 2 ZPO/ZH:
vgl. BGE 125 I 492 E. 1a/bb S. 494). Dass es sich in seinem Fall anders
verhalten könnte, legt der Beschwerdeführer nicht dar (Art. 90 Abs. 1 lit. b
OG). Soweit sie sich gegen den obergerichtlichen Beschluss richtet, kann auf
die staatsrechtliche Beschwerde aus den dargelegten Gründen nicht eingetreten
werden.

4.
Art. 87 OG mit der Marginalie "Beschwerden gegen Vor- und Zwischenentscheide"
sieht in Abs. 1 vor, dass gegen selbstständig eröffnete Vor- und
Zwischenentscheide über die Zuständigkeit und über Ausstandsbegehren die
staatsrechtliche Beschwerde zulässig ist und dass diese Entscheide später
nicht mehr angefochten werden können. Die weiteren beiden Absätze von Art. 87
OG bestimmen, dass gegen andere selbstständig eröffnete Vor- und
Zwischenentscheide die staatsrechtliche Beschwerde zulässig ist, wenn sie
einen nicht wiedergutzumachenden Nachteil bewirken können (Abs. 2), und dass
die betreffenden Vor- und Zwischenentscheide durch Beschwerde gegen den
Endentscheid anfechtbar sind, wenn die staatsrechtliche Beschwerde nach
Absatz 2 nicht zulässig ist oder von ihr kein Gebrauch gemacht wurde
(Abs. 3).

4.1 Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichts ist der Entscheid, mit
dem die Rechtsmittelinstanz die Sache zu neuer Beurteilung an die Vorinstanz
zurückweist, ein Zwischenentscheid ohne nicht wiedergutzumachenden Nachteil
(Art. 87 Abs. 2 OG; für den Kanton Zürich: BGE 117 Ia 396 E. 1 S. 398;
allgemein: BGE 129 I 313 E. 3.2 S. 316/317). Unerheblich ist dabei, dass der
Rückweisungsentscheid allenfalls einzelne Punkte endgültig beurteilt (BGE 106
Ia 226 E. 2 S. 228; 116 II 80 E. 2b S. 82; für Teilentscheide: BGE 127 I 92
Nr. 11). Diese endgültig beurteilten Fragen können wie der
Rückweisungsentscheid als Ganzes mit der staatsrechtlichen Beschwerde gegen
den kantonal letztinstanzlichen Endentscheid vor Bundesgericht angefochten
werden (Art. 87 Abs. 3 OG; BGE 131 III 404 E. 3.3 S. 407). Die dadurch
bewirkte Verlängerung des Verfahrens und das Anwachsen der Kosten stellen in
der Regel keinen nicht wiedergutzumachenden Nachteil im Sinne von Art. 87
Abs. 2 OG dar (BGE 93 I 450 E. 2 S. 453; 131 I 57 E. 1 S. 59).

Kein eigentlicher Rückweisungsentscheid, sondern ein Endentscheid liegt vor,
wenn der Vorinstanz im Rahmen der Neubeurteilung keine Entscheidungsfreiheit
verbleibt und die Rückweisung bloss zum Vollzug geschieht (BGE 120 Ia 369
E. 1b S. 372; 116 Ia 442 E. 1b S. 445/446).

Ausnahmsweise kann der Rückweisungsentscheid einen nicht wiedergutzumachenden
Nachteil bewirken, wenn der Zeitablauf eine Situation schafft, die die
rechtliche Beurteilung in einer Weise vorspurt, dass der spätere Entscheid
gleichsam vorweggenommen wird (z.B. im Falle der Obhutszuteilung für die
Dauer des Verfahrens: Urteil 5P.387/2001 vom 18. Dezember 2001, E. 1c, in:
Praxis 2002 Nr. 46 S. 232 f.). Gründe der Prozessökonomie und der
Verhältnismässigkeit wie auch das wohlverstandene Interesse der Parteien
können es ausnahmsweise als geboten erscheinen lassen, auf das Erfordernis
eines nicht wiedergutzumachenden Nachteils zu verzichten, wenn die
staatsrechtliche Beschwerde sich - beispielsweise - gegen einen Teilentscheid
richtet, der endgültig die Frage des gegen einen der passiven Streitgenossen
gerichteten Anspruchs regelt, obwohl diesbezüglich auch getrennt hätte
geklagt werden können (BGE 127 I 92 E. 1d S. 95).

4.2 Das Kassationsgericht hat die Nichtigkeitsbeschwerde teilweise
gutgeheissen und die Sache zur Behebung des festgestellten Mangels und zu
neuer Beurteilung zurückgewiesen. Es liegt ein Rückweisungsentscheid im
erwähnten Sinne vor. An dessen Rechtsnatur ändert - wie gesagt - nichts, dass
das Kassationsgericht die Beschwerde teilweise abgewiesen hat, soweit es
darauf eingetreten ist.
Die Rückweisung betrifft die Anrechnung der Kosten für das Generalabonnement.
Das Obergericht wird darüber beweiswürdigend zu befinden und gestützt darauf
den Unterhaltsbeitrag neu zu bestimmen haben. Es bleibt ihm
Entscheidungsspielraum, so dass von einem regelrechten Rückweisungsentscheid
auszugehen ist. Das Kassationsgericht hat Spruchreife denn auch ausdrücklich
verneint.
Ein ausnahmsweises Absehen vom Erfordernis des nicht wiedergutzumachenden
Nachteils rechtfertigt sich unter den gesamten Umständen des konkreten Falls
nicht. Zwar trifft es zu, dass die Rückweisung nur einen zeitlich
beschränkten Teil der Unterhaltspflicht erfasst und dass das
Kassationsgericht die Nichtigkeitsbeschwerde überwiegend für unzulässig
erklärt hat. In tatsächlicher Hinsicht steht jedoch fest, dass die Parteien
in der Lage sind, die festgesetzten Unterhaltsbeiträge zu decken, streiten
sie doch auch darüber, wer über mehr Vermögen verfügt bzw. sein Vermögen für
die Bestreitung des Unterhalts angreifen muss (vgl. E. 9 S. 14 ff. des
angefochtenen Sitzungsbeschlusses). Es kommt hinzu, dass eine Ausnahme nur
aus triftigen Gründen statthaft sein kann. Denn der Gesetzgeber hat das
Erfordernis des nicht wiedergutzumachenden Nachteils unter dem Blickwinkel
der Prozessökonomie eingeführt: Das Bundesgericht soll sich als
Staatsgerichtshof in der Regel nur einmal mit einem Prozess befassen müssen
(BGE 131 III 404 E. 3.3 S. 407).

4.3 Soweit sie sich gegen den kassationsgerichtlichen Sitzungsbeschluss
betreffend Unterhaltsbeiträge richtet, kann auf die staatsrechtliche
Beschwerde aus den dargelegten Gründen nicht eingetreten werden.

5.
Gegen das gültige Zustandekommen des kassationsgerichtlichen
Sitzungsbeschlusses wendet der Beschwerdeführer schliesslich eine Verletzung
von Art. 30 Abs. 1 BV ein. Er rügt die Befangenheit des Kassationsrichters
K.________, der das Verfahren geleitet und am Sitzungsbeschluss mitgewirkt
hat. Einen Ablehnungsgrund erblickt der Beschwerdeführer darin, dass er sich
vom Anwaltsbüro A.________ & K.________ im Zusammenhang mit der
Kassationsbeschwerde habe beraten lassen, weil es ihm darum gegangen sei, von
einem lokalen Anwalt mit entsprechender Sachkenntnis die Beschwerdeschrift
auf die Einhaltung der formellen Anforderungen geprüft zu haben. Den Kontakt
habe er dann zwar mit Frau Dr. A.________ gehabt. Dies ändere aber nichts
daran, dass das Büro des beim Erlass des angefochtenen Entscheids amtierenden
Gerichtspräsidenten mit der Sache als Ratgeber befasst gewesen sei (S. 19 f.
der Beschwerdeschrift).

Der Beschwerdeführer hat das Nichtigkeitsbeschwerdeverfahren mit Einreichung
seiner Rechtsschrift am 20. Februar 2006 eröffnet. Unter namentlicher
Bezeichnung "K.________" hat der Vizepräsident des Kassationsgerichts am
22. Februar 2006 eine erste Verfügung (act. 7) erlassen, der im Verlaufe des
rund acht Monate dauernden Verfahrens noch vier weitere Verfügungen unter dem
Namen "K.________" gefolgt sind (act. 13, 21, 25 und 28). Der
Beschwerdeführer hätte damit Anlass und in zeitlicher Hinsicht ausreichend
Gelegenheit gehabt, vor der Beurteilung seiner Beschwerde am 30. Oktober 2006
den Ausstand von Kassationsrichter K.________ zu verlangen oder wenigstens in
einer seiner drei Eingaben während des Verfahrens (act. 15, 19 und 27 der
Akten des Kassationsgerichts) auf den heute behaupteten Verfahrensmangel
hinzuweisen. Die formelle Rüge des Beschwerdeführers erweist sich unter den
gegebenen Umständen als verspätet und hat nach ständiger Rechtsprechung
unbeachtet zu bleiben (BGE 129 III 445 E. 4.2.2.1 S. 465; 126 I 203 E. 1b
S. 205; allgemein: BGE 130 III 66 E. 4.3 S. 75; 125 V 373 E. 2b S. 375).

Soweit sie sich gegen die Zusammensetzung des Kassationsgerichts richtet,
kann auf die staatsrechtliche Beschwerde aus den dargelegten Gründen nicht
eingetreten werden.

6.
Bei diesem Verfahrensausgang wird der Beschwerdeführer kostenpflichtig
(Art. 156 Abs. 1 OG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Auf die staatsrechtliche Beschwerde wird nicht eingetreten.

2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kassationsgericht des Kantons Zürich
schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 13. Februar 2007

Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Der Gerichtsschreiber: