Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Zivilabteilung 5P.510/2006
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{T 0/2}
5P.510/2006 /blb

Urteil vom 6. Februar 2007
II. zivilrechtliche Abteilung

Bundesrichter Raselli, Präsident,
Bundesrichterin Escher, Bundesrichter Meyer,
Gerichtsschreiber Zbinden.

X. ________,
Gesuchsteller,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Markus Dörig,

gegen

Y.________,
Gesuchsgegnerin,
vertreten durch Rechtsanwältin Sabine Tormann,
Obergericht des Kantons Aargau, Zivilgericht, 5. Kammer, Obere Vorstadt 38,
5000 Aarau.

Revision des bundesgerichtlichen Urteils 5P.199/2006 vom 13. Juli 2006.

Sachverhalt:

A.
A.a X.________ US-amerikanischer Staatsangehöriger und Y.________,
schweizerische Staatsangehörige, heirateten 2001 in S.________ und wohnten
danach in T.________. Im Jahre 2004 wurde der gemeinsame Sohn der Parteien,
A.________, in T.________ geboren. Er besitzt sowohl die schweizerische als
auch die US-amerikanische Staatsbürgerschaft.

A.b Am 31. Oktober 2005 stellte X.________ beim Gerichtspräsidium Baden das
Begehren, Y.________ unter Straffolge von Art. 292 StGB und unter Androhung
von Zwangsvollstreckung zu befehlen, ihm den gemeinsamen Sohn in der Schweiz
an einem vom Gericht festgelegten Ort und zu einem vom Gericht festgelegten
Termin zu übergeben, um ihn an seinen Wohnsitz in den USA zurückzubringen.
Eventualiter sei Y.________ unter Straffolge von Art. 292 StGB und unter
Androhung von Zwangsvollstreckung zu befehlen, den Sohn an seinen Wohnsitz in
den USA zurückzubringen und dort dem Vater zu übergeben. Am 17. Februar 2006
wies das Gerichtspräsidium 1 Baden die Klage auf Rückführung des Kindes ab.

A.c Das Obergericht des Kantons Aargau gab der gegen dieses Urteil erhobenen
Beschwerde von X.________ mit Urteil vom 10. April 2006 nicht statt.

B.
Mit Urteil vom 13. Juli 2006 wies das Bundesgericht die gegen das
obergerichtliche Urteil erhobene staatsrechtliche Beschwerde von X.________
ab, soweit darauf einzutreten war.

C.
Mit Eingabe vom 12. Dezember 2006/18. Dezember 2006 hat X.________ ein Gesuch
um Revision des bundesgerichtlichen Urteils gestützt auf Art. 137 lit. b OG
eingereicht. Er beantragt, es sei das Urteil des Bundesgerichts vom 13. Juli
2006 aufzuheben, seine Revision gutzuheissen und neu zu urteilen;
eventualiter sei die Revision gutzuheissen und die Sache zu neuem Entscheid
an das Obergericht zurückzuweisen. Y.________ sei unter Straffolge von
Art. 292 StGB und unter Androhung der Zwangsvollstreckung zu befehlen,
A.________ an seinen Wohnort in den USA zurückzubringen und dort dem
Gesuchsteller zu übergeben. Eventualiter sei der Gesuchsteller berechtigt zu
erklären, das Kind in der Schweiz abzuholen. Im Sinne einer vorsorglichen
Massnahme sei der Gesuchsgegnerin zu befehlen, den Pass des Kindes beim
Gerichtspräsidenten des Bezirksgerichts Baden zu hinterlegen und die Schweiz
mit dem Kind nicht zu verlassen. Im Widerhandlungsfall sei eine Strafe im
Sinne von Art. 292 StGB auszufällen. Diesbezüglich seien geeignete
Kontrollmassnahmen anzuordnen. Falls erforderlich seien im Revisionsverfahren
gestützt auf Art. 95 OG Beweise abzunehmen (Korrigierte Fassung des Gesuchs;
act. 10). In der Sache ist keine Vernehmlassung eingeholt worden.

D.
Die Gesuchsgegnerin widersetzte sich indes dem Erlass vorsorglicher
Massnahmen und ersuchte ihrerseits vorsorglich darum (act. 14 f.), den
Gesuchsteller anzuhalten, den US-Pass des Kindes beim Gerichtspräsidium des
Bezirksgerichts Baden zu hinterlegen; sodann sei er zu einer
Sicherheitsleistung nach Art. 150 Abs. 2 OG von mindestens Fr. 5'000.-- zu
verpflichten (act. 14). Mit Verfügung vom 9. Januar 2007 wies der Präsident
der II. zivilrechtlichen Abteilung des Bundesgerichts die Gesuche um
vorsorgliche Massnahmen und um Sicherheitsleistung ab (act. 16).

E.
Der Gesuchsteller hat sich am 12. Januar 2007 unaufgefordert zur Eingabe der
Gesuchsgegnerin vom 5. Januar 2007 vernehmen lassen (act. 17 f.).

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Der Gesuchsteller hat das Revisionsverfahren mit seinem Gesuch vom
12. Dezember 2006 mithin vor Inkrafttreten (1. Januar 2007) des
Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG; SR 173.110; AS 2006 1205, 1243)
eingeleitet. Das vorliegende Revisionsverfahren untersteht damit noch dem
Bundesrechtspflegegesetz (vgl. Art. 132 Abs. 1 BGG).

2.
Der Gesuchsteller stützt sein Gesuch um Revision des bundesgerichtlichen
Urteils vom 13. Juli 2006 (5P.199/2006) auf Art. 137 lit. b OG und trägt
Zeugenaussagen vor, die ihm erst kürzlich offeriert worden seien. Es handelt
sich dabei um die Aussage des Zeugen M.________ vom 27. November 2006 sowie
um die Aussagen von N.________ vom 26. November und 8. Dezember 2006. Der
Gesuchsteller produziert in diesem Zusammenhang das Affidavit von M.________
vom 27. November 2006 (Gesuchsbeilage 2) sowie die schriftlichen
Bestätigungen von N.________ vom 26. November und 8. Dezember 2006
(Gesuchsbeilage 3/1-2); ferner wird die Einvernahme dieser Zeugen, aber auch
die Einvernahme von Oberrichter R.________ beantragt (act. 10, S. 3 I.,
S. 10.). Sodann produziert der Gesuchsteller Photos und diverse weitere
Beilagen. Die erwähnten Aussagen sind nach Auffassung des Gesuchstellers
geeignet, die Gesuchsgegnerin als Lügnerin hinzustellen und deren Aussagen im
Verfahren als unglaubwürdig erscheinen zu lassen (siehe act. 10, S. 15,
Schlussfolgerungen).

3.
Nach Art. 137 lit. b OG ist die Revision bundesgerichtlicher Entscheide
zulässig, wenn der Gesuchsteller nachträglich neue erhebliche Tatsachen
erfährt oder entscheidende Beweismittel auffindet, die er im früheren
Verfahren nicht beibringen konnte.

3.1 Im Urteil vom 13. Juli 2006 (5P.199/2006), um dessen Revision nunmehr
ersucht wird, hat das Bundesgericht die Staatsvertragsbeschwerde des heutigen
Gesuchstellers gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Aargau vom
10. April 2006 abgewiesen, soweit darauf einzutreten war. Das
bundesgerichtliche Urteil ersetzte damit nicht den angefochtenen kantonalen
Entscheid; dieser ist vielmehr in Kraft geblieben und kann daher hinsichtlich
seiner tatsächlichen Feststellungen allenfalls Gegenstand einer Revision nach
kantonalem Recht bilden (BGE 118 Ia 366 E. 2 S. 368 mit Hinweisen). Einem
allgemeinen Rechtsgrundsatz entsprechend ist die Revision bei der letzten
ordentlichen Rechtsmittelinstanz anzubringen bzw. bei der Behörde, welche in
letzter Instanz in der Sache entschieden hat (BGE 118 Ia 366 E. 2 S. 368;
Guldener, Schweizerisches Zivilprozessrecht, 3. Aufl. 1979, S. 532, Fn. 13).

3.2 Hat eine Instanz - wie das Bundesgericht am 13. Juli 2006 - über ein
ausserordentliches Rechtsmittel befunden, so ist das Revisionsbegehren gegen
deren Entscheid zulässig, soweit sich der Revisionsgrund in dieser Instanz
verwirklicht hat (BGE 118 Ia 366 E. 2 S. 368; Poudret/Sandoz-Monod,
Commentaire de la loi fédérale d'organisation judiciaire, Band V., 1992,
N. 2.1 zu Art. 137 OG, N. 2.2 zu Titel VII; Guldener, Schweizerisches
Zivilprozessrecht, a.a.O., S. 532, Fn. 13). Eine Revision des
bundesgerichtlichen Urteils gestützt auf Art. 137 lit. b OG ist in diesem
Fall zulässig, wenn das Bundesgericht selbst Tatsachen zur Frage der
Zulässigkeit des ausserordentlichen Rechtsmittels festgestellt oder die mit
der staatsrechtlichen Beschwerde vorgetragenen, neuen Tatsachen und
Beweismittel berücksichtigt und diesbezüglich eigene Feststellungen getroffen
hat (BGE 107 Ia 187 E. 2; 118 Ia 366 E. 2 S. 368; Poudret/Sandoz-Monod,
a.a.O., S. 25 f. N. 2.1 zu Art. 137 OG).

3.3 Das Bundesgericht hat im Urteil 5P.199/2006 vom 13. Juli 2006 über eine
Staatsvertragsbeschwerde entschieden, mit der grundsätzlich weder neue
Tatsachen noch neue Beweismittel vorgetragen werden können (BGE 128 I 357
E. 6c) und in welcher die Überprüfung des Sachverhalts auf Willkür beschränkt
ist, wenn sich die Beschwerde - wie im konkreten Fall - gegen den Entscheid
einer richterlichen Instanz richtet (BGE 129 I 110 E. 1.3 S. 111 f.). Vom
generellen Novenverbot hat die Praxis zwar bestimmte Ausnahmen zugelassen
(BGE 128 I 357 E. 6c). Doch hat das Bundesgericht weder bezüglich der
Eintretensvoraussetzungen noch in Berücksichtigung des vorgenannten
Ausnahmekataloges eigene Tatsachenfeststellungen getroffen. In tatsächlicher
Hinsicht hat es lediglich geprüft, ob die obergerichtliche Annahme, es seien
von der damaligen Beschwerdegegnerin entscheidrelevante Tatsachen glaubhaft
gemacht worden, willkürlich sei (Urteil 5C.199/2006 vom 13. Juli 2006,
E. 1.2; zur Beschränkung der Sachverhaltsprüfung auf Willkür: BGE 129 I 110
E. 1.3 S. 111 f.). Eine Revision des bundesgerichtlichen Urteils gestützt auf
Art. 137 lit. b OG kommt damit nicht in Betracht.

4.
Soweit der Gesuchsteller das bundesgerichtliche Urteil als
geschlechterdiskriminierend beanstandet (act. 10, S. 14 f. Ziff. 25), macht
er damit keinen zulässigen Revisionsgrund im Sinne der Art. 136, 137 und
Art. 139a OG geltend. Die Revision dient nicht dazu, den Entscheid, den eine
Partei für unrichtig hält, umfassend neu zu beurteilen (Escher, Prozessieren
vor Bundesgericht, 2. Aufl. 1998, § 8 Rz. 8.1, S. 271).

5.
Nach dem Gesagten ist auf das Revisionsgesuch nicht einzutreten. Bei diesem
Ausgang des Verfahrens wird der Gesuchsteller kostenpflichtig (Art. 156
Abs. 1 OG). Beide Parteien sind mit ihren Gesuchen um vorsorgliche Massnahmen
bzw. um Sicherstellung nicht durchgedrungen. Im Übrigen ist in der Sache
keine Vernehmlassung eingeholt worden. Daher rechtfertigt es sich, keine
Parteientschädigung zuzusprechen.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Auf das Gesuch um Revision des bundesgerichtlichen Urteils 5P.199/2006 vom
13. Juli 2006 wird nicht eingetreten.

2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird dem Gesuchsteller auferlegt.

3.
Es wird keine Parteientschädigung zugesprochen.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Aargau,
Zivilgericht, 5. Kammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 6. Februar 2007

Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Der Gerichtsschreiber: