Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Zivilabteilung 5P.489/2006
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5P.489/2006 /blb

Urteil vom 21. Februar 2007
II. zivilrechtliche Abteilung

Bundesrichter Raselli, Präsident,
Bundesrichterin Nordmann, Bundesrichter Meyer,
Gerichtsschreiber Schett.

X. ________,
Beschwerdeführer,
vertreten durch Rechtsanwalt Urs Rudolf,

gegen

Y.________,
Beschwerdegegnerin,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Benno Gebistorf,
Obergericht des Kantons Luzern, II. Kammer als Appellationsinstanz nach ZPO,
Postfach, 6002 Luzern.

Art. 9 und 29 BV (Ehescheidung),

Staatsrechtliche Beschwerde nach OG gegen das Urteil des Obergerichts des
Kantons Luzern, II. Kammer als Appellationsinstanz nach ZPO, vom 23. Oktober
2006.

Sachverhalt:

A.
A.a X.________ (nachfolgend: Beschwerdeführer), geb. 1954, und Y.________
(nachfolgend: Beschwerdegegnerin), geb. 1959, heirateten 1985 in S.________.
Aus ihrer Ehe gingen die Kinder A.________ (geb. 1991) und B.________ (geb.
1993) hervor. Der gemeinsame Haushalt der Parteien wurde mit Entscheid der
delegierten Richterin des Amtsgerichtspräsidenten Il von Luzern-Land vom
22. Juli 2002 aufgehoben.

A.b Am 7. Dezember 2005 schied das Amtsgericht Luzern-Land, II. Abteilung,
die Ehe der Parteien. Die Kinder A.________ und B.________ wurden in die
elterliche Sorge der Mutter gegeben. Das Recht des Vaters auf persönlichen
Verkehr mit A.________ und B.________ wurde aufgehoben. Der Beschwerdeführer
wurde verpflichtet, der Beschwerdegegnerin erstmals nach Rechtskraft des
Urteils für die beiden Kinder monatliche (indexierte) Unterhaltsbeiträge von
je Fr. 1'500.-- zuzüglich Kinder- beziehungsweise Ausbildungszulagen zu
bezahlen. Die Parteien verzichteten auf persönliche Unterhaltsbeiträge. Der
Beschwerdegegnerin wurde das sich im Miteigentum der Parteien befindliche
Grundstück Nr. xxxx GB T.________ zu Alleineigentum übertragen und diese
verpflichtet, dem Beschwerdeführer als güterrechtliche Ausgleichszahlung
innert 30 Tagen nach Rechtskraft dieses Urteils Fr. 103'501.70 zu bezahlen.
Der Anspruch der Beschwerdeführerin aus der Austrittsleistung des
Beschwerdeführers wurde auf Fr. 99'171.80 festgelegt.

B.
Dagegen reichte der Beschwerdeführer am 17. Januar 2006 beim Obergericht des
Kantons Luzern Appellation ein. Am 23. Oktober 2006 fällte das Obergericht
das folgende Urteil:
"1.Es wird Vormerk genommen, dass Dispositiv Ziff. 1, 2, 5 und 6 des Urteils
des Amtsgerichts Luzern-Land, II. Abteilung, vom 7. Dezember 2005 am
2. Februar 2006 in Rechtskraft erwachsen sind.

2. In teilweiser Gutheissung der Appellation des Gesuchstellers werden
Dispositiv Ziff. 3, 4 und 10 des Urteils des Amtsgerichts Luzern-Land,
II. Abteilung, vom 7. Dezember 2005 wie folgt geändert:
3.Der Gesuchsteller ist berechtigt, die beiden Kinder A.________ und
B.________ sechs Monate nach Rechtskraftbeschreitung dieses Urteils an einem
Tag im Monat während sechs Stunden zu sich auf Besuch zu nehmen.
Eine weitergehende Besuchsrechtsausübung ist dem gegenseitigen Einvernehmen
der Parteien unter Berücksichtigung der Kinderwünsche nach Rücksprache mit
dem Beistand vorbehalten.

4. Der Gesuchsteller hat der Gesuchstellerin erstmals nach Rechtskraft des
Urteils für die beiden Kinder A.________ und B.________ monatliche,
vorauszahlbare und ab Verfall je zu 5 % verzinsliche Unterhaltsbeiträge von
je Fr. 800.-- zuzüglich Kinder- beziehungsweise Ausbildungszulagen zu
bezahlen.
...
10.Die Gesuchstellerin hat Anspruch auf Fr. 88'495.10 aus der
Austrittsleistung des Gesuchstellers.
...
3.Über die Kinder A.________ (geb. 1991) und B.________ (geb. 1993) wird eine
Erziehungsbeistandschaft nach Art. 308 Abs. 2 ZGB errichtet und die
Vormundschaftsbehörde T.________ mit dem Vollzug beauftragt. Die Aufgaben des
zu ernennenden Beistands ergeben sich aus den Erwägungen.

4. Im Übrigen wird die Appellation des Gesuchstellers abgewiesen und das
Urteil des Amtsgerichts Luzern-Land, Il. Abteilung, vom 7. Dezember 2005
bestätigt.
..."

C.
Der Beschwerdeführer hat gegen das Urteil des Obergerichts mit Eingabe vom
27. November 2006 beim Bundegericht staatsrechtliche Beschwerde und auch
Berufung eingereicht. Er beantragt im Wesentlichen die Aufhebung von Ziff. 4
des angefochtenen Entscheids.
Es wurden keine Vernehmlassungen eingeholt.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
1.1
Am 1. Januar 2007 ist das Bundesgesetz über das Bundesgericht in Kraft
getreten (BGG; SR 173.110). Das angefochtene Urteil ist jedoch am 23. Oktober
2006 ergangen, weshalb für die vorliegende staatsrechtliche Beschwerde gemäss
Art. 132 Abs. 1 BGG noch das Bundesgesetz über die Organisation der
Bundesrechtspflege vom 16. Dezember 1943 (OG; SR 173.110) gilt.

1.2 Wird ein kantonales Urteil gleichzeitig mit staatsrechtlicher Beschwerde
und mit Berufung angefochten, wird in der Regel der Entscheid über Letztere
bis zur Erledigung der staatsrechtlichen Beschwerde ausgesetzt (Art. 57
Abs. 5 OG). Vorliegend bestehen keine Gründe, von dieser Praxis abzuweichen.

2.
Der Beschwerdeführer rügt, das Obergericht habe verschiedene von ihm
eingereichte Urkunden, mit denen er Eigengutsansprüche habe dartun wollen,
als Beweismittel qualifiziert, doch sei die Erklärung von V.________ vom
11. März 2006 aus dem Recht gewiesen worden. Damit sei das Obergericht in
Willkür verfallen und habe das rechtliche Gehör verletzt.

2.1 Das Obergericht führt aus, vorab sei zur Beweislage festzuhalten, dass
die vom Beschwerdeführer aufgelegte Zeugenbescheinigung seines Vaters vom
11. März 2006 während des Appellationsverfahrens und damit offensichtlich zu
Prozesszwecken erstellt worden sei, weshalb ihr keine Beweiskraft zukomme und
somit unbeachtlich sei (Urs W. Studer/Viktor Rüegg/Heiner Eiholzer, Der
Luzerner Zivilprozess, N. 2 zu § 149 ZPO; Christoph Leuenberger/Beatrice
Uffer-Tobler, Kommentar zur Zivilprozessordnung des Kantons St. Gallen, Bern
1999, N. 1 zu Art. 111 ZPG). Die Untauglichkeit dieses Beweismittels brauche
nicht eigens bestritten zu werden, sondern sie sei von Amtes wegen
festzustellen. Es genüge, dass die Beschwerdegegnerin die Forderung, die mit
der Zeugenbescheinigung bewiesen werden solle, grundsätzlich bestreite.
Zu den einzelnen Betreffnissen hat das Obergericht Folgendes festgestellt und
erwogen:
2.1.1 Aus dem Kontoauszug der Bank K.________ vom 31. März 1992 ergebe sich
tatsächlich eine Amortisationszahlung über Fr. 27'100.--, die dem gemeinsamen
Konto der Parteien entnommen worden sei. Nicht zu beweisen vermöge der
Beschwerdeführer allerdings, dass dieser Betrag aus seinem Eigengut (z.B.
Erbvorbezug) stamme (Art. 200 Abs. 1 ZGB). Die Erklärung seines Vaters vom
11. März 2006, wonach ihm Fr. 27'100.-- zur Amortisation des Bankdarlehens
geschenkt worden seien, sei als Zeugenbescheinigung beweisuntauglich und
daher unbeachtlich.

2.1.2 Weiter stelle sich der Beschwerdeführer auf den Standpunkt, dass er von
seinem Vater am 15. Oktober 1996 Fr. 50'000.-- und im Februar 1998
Fr. 32'150.-- geschenkt erhalten habe, die er in die
Liegenschaftsfinanzierung gesteckt habe. Die Beschwerdegegnerin bestreite
eine Schenkung und den Umstand einer Amortisation der Hypothekarschuld aus
Eigengutsmitteln.
Wohl liege - fährt das Obergericht fort - ein Bankbeleg für eine Gutschrift
über Fr. 32'160.-- auf das persönliche Privatkonto des Gesuchstellers vor.
Mit dem Schreiben des Vaters des Gesuchstellers an seine Kinder vom
15. Oktober 1996 sei zudem bewiesen, dass jedes von ihnen per Ende Oktober
1996 mit einer Schenkung von Fr. 50'000.-- bedacht worden sei. Diesen Betrag
habe er allerdings mit seiner Darlehensforderung dem Beschwerdeführer
gegenüber verrechnet. Den Beweis, dass dieser Betrag zur Amortisation von
Hypothekarschulden erfolgt sei, vermöge der Beschwerdeführer aber nicht zu
erbringen, zumal die zu diesem Zweck aufgelegte Zeugenbescheinigung vom
11. März 2006 dafür untauglich sei. Was überdies die Zahlung von
Fr. 32'150.-- betreffe, lege der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang eine
nicht für das Appellationsverfahren erstellte und damit taugliche Urkunde
einer eigenen Erklärung (6. Januar 1998) auf, deren Erhalt sein Vater
bestätigt habe. Mit dieser blossen Bestätigung werde die Richtigkeit der vom
Beschwerdeführer vorformulierten Aussage durch seinen Vater nicht anerkannt.
Selbst wenn dies der Fall sein sollte, lasse sich aus dieser an sich
zulässigen Urkunde allerdings keine Amortisationszahlung der auf der vormals
ehelichen Liegenschaft lastenden Hypothekarschuld ersehen.

2.1.3 Weitere (behauptete) und von der Beschwerdegegnerin bestrittene
Schenkungen über Fr. 10'000.-- und Fr. 6'000.-- wurden aus dem Grund nicht
anerkannt, weil sie ausschliesslich mit der Zeugenbescheinigung vom 11. März
2006 nachgewiesen werden sollten.

2.2 Der Beschwerdeführer wirft dem Obergericht keine Verletzung von § 149
ZPO/LU vor, sondern macht geltend, es sei zwischen der Erklärung vom 11. März
2006 (des Vaters des Beschwerdeführers) und seiner eigenen vom 6. Januar 1998
qualitativ kein Unterschied ersichtlich.

2.2.1 Von vornherein fehl geht die Rüge der Verletzung des rechtlichen
Gehörs, weil die Erklärung vom 11. März 2006 aus dem Recht gewiesen worden
sei, und es kann offen gelassen werden, ob sie den Begründungsanforderungen
überhaupt genügt (Art. 90 Abs. 1 lit. c OG; BGE 130 I 258 E. 1.3 S. 261 f.).
Denn Zeugnisurkunden enthalten Aufzeichnungen über das Wissen einer Person.
Da Personen als Zeugen vernommen oder als Parteien verhört werden müssen,
stellen Zeugnisurkunden im Allgemeinen keine tauglichen Beweismittel dar
(Oscar Vogel/Karl Spühler, Grundriss des Zivilprozessrechts, 8. Aufl.,
10. Kapitel, N. 109). Die Nichtberücksichtigung der Erklärung des Vaters des
Beschwerdeführers durch das Obergericht hält somit vor der Verfassung stand.
Nicht zulässig wäre es hingegen, die Einvernahme von Zeugen wegen
Verwandtschaft bzw. Schwägerschaft oder wegen Freund- oder Feindschaft mit
dem Beweisführer von vornherein abzulehnen; zulässig ist hingegen der
Ausschluss von im Hinblick auf den kommenden Prozess ausgestellten
schriftlichen Erklärungen (Walter Bühler/Karl Spühler, Berner Kommentar,
N. 105 zu Art. 158 aZGB, S. 769/770, mit Hinweis auf Egger, Zürcher
Kommentar, N. 8 zu Art. 158 aZGB, S. 207). Und Letzteres war denn auch der
Grund, weshalb das Obergericht die Erklärung des Vaters für unbeachtlich
angesehen hat.

2.2.2 Das Obergericht hat betreffend die Erklärung des Beschwerdeführers vom
6. Januar 1998 erwogen (E. 2.1.2 vorne), diese sei nicht für das
Appellationsverfahren erstellt worden und stelle damit eine taugliche Urkunde
dar. Damit geht der Einwand des Beschwerdeführers fehl, das Obergericht habe
Art. 29 Abs. 2 BV mit Bezug auf die Begründungspflicht verletzt. Sind die
beiden Dokumente somit prozessrechtlich nicht gleichwertig, ist auch der
Willkürvorwurf unbegründet, das Obergericht hätte das Beweisergebnis würdigen
müssen.

3.
Sodann bringt der Beschwerdeführer vor, das Obergericht habe den persönlichen
Verkehr mit seinen Kindern auf ein absolutes Minimum von sechs Stunden pro
Monat festgesetzt. Als Begründung werde unter anderem angeführt, der
Beschwerdeführer sei von Unversöhnlichkeit und Rachegedanken geprägt.
Der Beschwerdeführer zeigt nicht auf, inwiefern diese eher beiläufige Aussage
im angefochtenen Entscheid willkürlich sei (Art. 90 Abs. 1 lit. c OG). Und
wenn das Obergericht ausgeführt hat, er hätte ein Zeichen setzen können,
indem er im Interesse der Kinder auf die Zuweisung der Liegenschaft
verzichtet hätte, hat es im Rahmen der Anwendung von Art. 273 ZGB eine
rechtliche Würdigung getroffen. Darauf ist somit im staatsrechtlichen
Beschwerdeverfahren nicht einzutreten.

4.
Nach dem Ausgeführten ist die staatsrechtliche Beschwerde abzuweisen, soweit
darauf einzutreten ist. Der Beschwerdeführer wird daher kostenpflichtig
(Art. 156 Abs. 1 OG). Der Beschwerdegegnerin ist keine Parteientschädigung
zuzusprechen, da sie nicht zur Vernehmlassung aufgefordert worden ist.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die staatsrechtliche Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten
ist.

2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'500.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Luzern, II.
Kammer als Appellationsinstanz nach ZPO, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 21. Februar 2007

Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Der Gerichtsschreiber: