Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Zivilabteilung 5P.424/2006
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{T 0/2}
5P.424/2006 /bnm

Urteil vom 21. Dezember 2006
Zweite zivilrechtliche Abteilung

Bundesrichter Raselli, Präsident,
Bundesrichterin Nordmann, Ersatzrichter Riemer,
Gerichtsschreiber Zbinden.

X. ________,
Beschwerdeführer,
vertreten durch Rechtsanwalt Peter Möri,

gegen

Kantonsgericht des Kantons Schwyz, Kantonsgerichtspräsident, Postfach 2265,
6431 Schwyz.

Art. 29 Abs. 3 BV (unentgeltliche Prozessführung),

Staatsrechtliche Beschwerde gegen die Verfügung des Kantonsgerichts des
Kantons Schwyz, Kantonsgerichtspräsident, vom 6. September 2006.

Sachverhalt:

A.
Mit Urteil vom 16. Januar 2006 schied das Bezirksgericht Schwyz die Ehe von
X.________ mit Y.________, wobei es den Ehemann unter anderem zu einem
abgestuften, jedoch insgesamt unbefristeten bzw. lebenslänglichen
Unterhaltsbeitrag an die Ehefrau verpflichtete. Gegen dieses Urteil
appellierte der Ehemann an das Kantonsgericht des Kantons Schwyz, wobei er
unter anderem beantragte, sein Unterhaltsbeitrag für die Ehefrau sei zu
befristen bis und mit August 2018.

B.
Am 24. April 2006 stellte der Ehemann gleichzeitig mit der
Appellationsbegründung ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege für das
Appellationsverfahren; der Kantonsgerichtspräsident wies dieses Gesuch mit
Verfügung vom 6. September 2006 ab (Ziff. 1) und verhielt den Ehemann zu
einem Kostenvorschuss von Fr. 4'000.-- (Ziff. 2).

C.
Mit staatsrechtlicher Beschwerde wegen Verletzung von Art. 29 Abs. 3 BV
beantragt der Ehemann, die Ziffern 1 und 2 der Verfügung des
Kantonsgerichtspräsidenten vom 6. September 2006 aufzuheben. Ferner ersucht
er um unentgeltliche Rechtspflege für das bundesgerichtliche Verfahren.

D.
Gemäss Schreiben des Kantonsgerichtspräsidenten vom 10. Oktober 2006 wurde
dem Beschwerdeführer die Frist zur Bezahlung des Kostenvorschusses von
Fr. 4'000.-- abgenommen. Der Präsident der II. Zivilabteilung des
Bundesgerichts wies deshalb das Gesuch des Beschwerdeführers um aufschiebende
Wirkung am 12. Oktober 2006 als gegenstandslos ab.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Gemäss Art. 29 Abs. 3 BV hat jede Person, die nicht über die erforderlichen
Mittel verfügt, Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege, wenn ihr
Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint. Soweit es zu Wahrung ihrer
Rechte notwendig ist, hat sie ausserdem Anspruch auf unentgeltlichen
Rechtsbeistand.

2.
2.1 Der Kantonsgerichtspräsident hat die Voraussetzung der Bedürftigkeit nicht
geprüft (Verfügung S. 2 unten), sondern die Ablehnung des Gesuchs
ausschliesslich damit begründet, dass der in Frage stehende
Appellationsantrag zuwenig aussichtsreich sei.

2.2 Als aussichtslos sind nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung
Prozessbegehren anzusehen, bei denen die Gewinnaussichten beträchtlich
geringer sind als die Verlustgefahren, weshalb sie kaum als ernsthaft
bezeichnet werden können. Dagegen gilt ein Begehren nicht als aussichtslos,
wenn sich die Gewinnaussichten und Verlustgefahren ungefähr die Waage halten
oder jene nur wenig geringer sind als diese. Massgebend ist, ob eine Partei,
die über die nötigen Mittel verfügt, sich bei vernünftiger Überlegung zu
einem Prozess entschliessen würde; eine Partei soll einen Prozess, den sie
auf eigene Rechnung und Gefahr nicht führen würde, nicht deshalb anstrengen
können, weil er sie nichts kostet. Wie es sich damit verhält, prüft das
Bundesgericht in rechtlicher Hinsicht mit freier Kognition (BGE 129 I 129 E.
2.3.1).
2.3 Der Beschwerdeführer rügt das verfahrensmässige Vorgehen des
Kantonsgerichtspräsidenten als unhaltbar, wobei er beanstandet, dass die
Voraussetzungen der unentgeltlichen Rechtspflege nicht zu Beginn, sondern
erst nach dem ersten Schriftenwechsel, vor der Replik, geprüft worden seien.

2.4 Nach der bundesgerichtlichen Praxis wird indessen nur verlangt, dass die
Erfolgsaussichten eines Gesuchstellers nach den Verhältnissen zum Zeitpunkt
des Gesuchs um unentgeltliche Rechtspflege geprüft werden (BGE 129 I 129 E.
2.3.1 S. 136, mit Hinweisen). Das hat der Kantonsgerichtspräsident getan,
indem er auf das erstinstanzliche Urteil und die Appellationsbegründung des
Beschwerdeführers abgestellt hat.

2.5 In sachlicher Hinsicht rügt der Beschwerdeführer vor allem, der
Kantonsgerichtspräsident habe nicht als relevant erachtet, ob die Krankheit
der Ehefrau ehebedingt sei oder nicht. Diese Kritik ist indessen bei
gegebener Aktenlage sachlich nicht aussichtsreich im Sinne der
bundesgerichtlichen Rechtsprechung; aufgrund des Arztberichts der IV vom 14.
März 2001 - den der Kantonsgerichtspräsident immerhin erwähnt - ist der
betreffende Zusammenhang sogar ziemlich eng; auch bei Berücksichtigung dieses
Elementes hätte der Entscheid somit zu Ungunsten des Beschwerdeführers
ausfallen müssen. Im Übrigen wurde die Frage des ehebedingten Nachteils vom
Beschwerdeführer erstmals vor Kantonsgericht thematisiert, wobei sein
Standpunkt reichlich spekulativ ausgefallen ist; schliesslich beantragte er
in diesem Kontext eine Expertise, was aber nichts heisst. Auch der Verweis
auf den Klinikbericht lässt den Standpunkt des Beschwerdeführers nicht
überzeugender erscheinen.

2.6 Die übrigen Argumente des Beschwerdeführers (keine "besonders" lange Ehe,
die Frage der Erhöhung der Rente) sind ebenfalls nicht geeignet, seine
Gewinnaussichten wesentlich zu beeinflussen. Insbesondere sind die zitierten
Urteile 5C.51/2003 vom 5. März 2003 und 5C.235/2001 vom 25. November 2002
nicht einschlägig. Dazu kommt, dass der Beschwerdeführer gar nicht auf alle
massgebenden Erwägungen des angefochtenen Entscheides eingeht, namentlich
nicht auf diejenigen der lebensprägenden Ehe und der Vollinvalidität der
Ehefrau. Schliesslich ist darauf hinzuweisen, dass auch gemäss
bundesgerichtlicher Rechtsprechung zu Art. 125 ZGB lebenslängliche Renten
durchaus "zur Diskussion stehen ... können" (BGE 132 III 593 E. 7 S. 595 f.,
mit Hinweisen); der verbreiteten Praxis, dass eine dennoch vorgenommene
Befristung der Unterhaltspflicht an das Erreichen des AHV-Alters des
Unterhaltspflichtigen geknüpft wird (BGE 132 III 593 E. 7.2 S. 596), trägt
der erstinstanzliche Entscheid immerhin insofern Rechnung, als mit Erreichen
des AHV-Alters des Beschwerdeführers eine massive Reduktion seiner
Leistungspflicht von Fr. 1'420.-- pro Monat auf Fr. 850.-- pro Monat, d.h. um
60% eintreten wird. Auch insofern entsprechen demnach die Erfolgsaussichten
des Beschwerdeführers nicht dem erforderlichen Grad.

2.7 Unter diesen Umständen ist die staatsrechtliche Beschwerde abzuweisen.

3.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird der Beschwerdeführer kostenpflichtig
(Art. 156 Abs. 1 OG).

4.
Die vorliegende staatsrechtliche Beschwerde hat sich von Anfang an als
aussichtslos erwiesen, weshalb dem Gesuch des Beschwerdeführers um
unentgeltliche Rechtspflege für das bundesgerichtliche Verfahren nicht
entsprochen werden kann (Art. 152 Abs. 1 OG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die staatsrechtliche Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Das Gesuch des Beschwerdeführers um unentgeltliche Rechtspflege für das
bundesgerichtliche Verfahren wird abgewiesen.

3.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 500.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt.

4.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer und dem Kantonsgericht des Kantons
Schwyz, Kantonsgerichtspräsident, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 21. Dezember 2006

Im Namen der Zweiten zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Der Gerichtsschreiber: