Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Zivilabteilung 5P.316/2006
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{T 0/2}
5P.316/2006 /blb

Beschluss vom 10. Januar 2007
II. Zivilrechtliche Abteilung

Bundesrichter Raselli, Präsident,
Bundesrichterinnen Nordmann, Escher,
Gerichtsschreiber Schett.

X. ________,
Beschwerdeführerin,
vertreten durch Rechtsanwalt Jean-Luc Rioult,

gegen

1.Y.________,
vertreten durch Rechtsanwältin Mirella Piasini,
2.A.________,
3.B.________,
beide vertreten durch Rechtsanwältin Marlene Zeier-Aegerter,
Beschwerdegegner,

Obergericht des Kantons Zürich, I. Zivilkammer, Postfach, 8023 Zürich.

Art. 9 und 10 Abs. 2 BV und Art. 5 EMRK (vorsorgliche Massnahmen nach Art.
137 ZGB),

Staatsrechtliche Beschwerde nach OG gegen den Beschluss des Obergerichts des
Kantons Zürich, I. Zivilkammer, vom 9. Juni 2006.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
1.1 Zwischen X.________ und Y.________ ist am Bezirksgericht Meilen das
Scheidungsverfahren hängig. Im Rahmen von vorsorglichen Massnahmen genehmigte
der Präsident am 4. Oktober 2005 die Vereinbarung der Parteien über die
Wiederaufnahme des Besuchsrechts gegenüber den beiden gemeinsamen Kindern und
ernannte insbesondere aus ihren Vorschlägen eine Fachperson zur Förderung der
Kommunikation zwischen den Eltern. Den gegen diese Verfügung von X.________
erhobenen Rekurs wies das Obergericht des Kantons Zürich am 9. Juni 2006 ab.

1.2 Mit staatsrechtlicher Beschwerde vom 17. Juli 2006 beantragte X.________
dem Bundesgericht die Aufhebung des obergerichtlichen Beschlusses. Sie machte
die Verletzung des Willkürverbotes (Art. 9 BV) und ihres Rechts auf
persönliche Freiheit (Art. 10 Abs. 2 BV und Art. 5 EMRK) geltend. In der
Sache sind keine Antworten eingeholt worden. Der Präsident der II.
Zivilabteilung hat der Beschwerde am 23. August 2006 die aufschiebende
Wirkung zuerkannt. Auf Ersuchen von X.________ verfügte die instruierende
Richterin am 22. September 2006 die Sistierung des Beschwerdeverfahrens bis
zum 2. Januar 2007.

1.3 Mit Schreiben vom 1. Dezember 2006 teilte X.________ dem Bundesgericht
mit, dass die Parteien am 23. Oktober 2006 eine Teileinigung über die
Kinderbelange getroffen haben. Zudem habe das Bezirksgericht Meilen seine
Verfügung vom 4. Oktober 2005 am 6. November 2006 aufgehoben, welcher
Entscheid in Rechtskraft erwachsen sei. Sie beantragte dem Bundesgericht, die
Beschwerde als gegenstandslos geworden abzuschreiben. Die Kosten des
bundesgerichtlichen Verfahrens seien Y.________ aufzuerlegen, welcher ihr
gegenüber zu einer Parteientschädigung zu verpflichten sei. Y.________
beantragte, die Kosten des gegenstandslos gewordenen Verfahrens X.________
aufzuerlegen und ihm zu ihren Lasten eine Parteientschädigung zuzusprechen.

2.
Durch die Aufhebung der strittigen Verfügung des Bezirksgerichts Meilen nach
Einreichen der staatsrechtlichen Beschwerde ist das aktuelle Interesse an
deren Behandlung weggefallen und sie ist als gegenstandslos geworden
abzuschreiben.

3.
Wird eine staatsrechtliche Beschwerde vor Bundesgericht gegenstandslos, so
ist über die Kostenfolgen (Gerichtsgebühr und Parteientschädigung) mit
summarischer Begründung aufgrund der Sachlage vor Eintritt des
Erledigungsgrundes zu entscheiden (Art. 72 BZP in Verbindung mit Art. 40 OG).
Dem Bundesgericht steht dabei ein weites Ermessen zu, und es kann nach
ständiger Praxis nicht darum gehen, bei der Beurteilung der Kostenfolgen über
die materielle Begründetheit der staatsrechtlichen Beschwerde abschliessend
zu befinden (BGE 118 Ia 488 E. 4; 111 Ib 182 E. 7).

4.
Das Obergericht hat offen gelassen, ob die Beschwerdeführerin zur Teilnahme
an der Gesprächstherapie gezwungen werden könnte, da diese Anordnung auf
einer Parteivereinbarung basiere und zudem gegenüber der Ernennung eines
Beistandes nach Art. 308 ZGB den mildern Eingriff bedeute. Nach Ansicht der
Beschwerdeführerin beruht der angefochtene Beschluss auf willkürlich
getroffenen Annahmen und stellt eine Verletzung klaren materiellen Rechts
dar.

4.1 Soweit sie bloss bestreitet, dass sich die Parteien anlässlich der
Referentenaudienz am Bezirksgericht über das Besuchsrecht und insbesondere
die Person des Vermittlers geeinigt haben, genügen ihre Vorbringen den
Begründungsanforderungen von Art. 90 Abs. 1 lit. a OG in keiner Weise.

4.2 Die Beschwerdeführerin besteht zudem darauf, dass sie selbst bei einer
gültigen Vereinbarung nicht gegen ihren Willen die vom Gericht ernannte
Fachperson aufsuchen müsse, da diese Vorkehr einer Zwangstherapie
gleichkomme, die ihre persönliche Freiheit (Art. 10 Abs. 2 BV und Art. 5
EMRK) verletze. Ein solcher Eingriff entbehre der gesetzlichen Grundlage und
sei zudem nicht verhältnismässig. Der Beschwerdeführerin kann nicht gefolgt
werden, wenn sie ihre persönliche Befindlichkeit betont, statt sich am
Kindeswohl zu orientieren. Im Vordergrund steht der schwer gestörte Kontakt
zwischen Vater und Kindern, welcher nach einer Massnahme zum Schutz des
Kindeswohls ruft. Gemäss Art. 307 ZGB kann die zuständige Behörde in einem
solchen Fall die geeigneten Massnahmen treffen. Dazu gehört neben der Klärung
des Sachverhaltes auch die Beratung der Eltern und ihre Motivierung, dem Kind
die zweckmässige Unterstützung zukommen zu lassen (Peter Breitschmid, Basler
Kommentar, Zivilgesetzbuch I, 3. Aufl., Art. 307 N. 15). Dass die
Verpflichtung an einer Gesprächstherapie teilzunehmen, keine im Gesetz
vorgesehene Massnahme bildet und damit einen unzulässigen Eingriff in die
persönliche Freiheit darstellt, kann zumindest bei summarischer Prüfung nicht
gesagt werden. Ebenso wenig scheint die angeordnete Massnahme ungeeignet, die
schwere Kontaktstörung zwischen Vater und Kindern abzubauen. Die von der
Beschwerdeführerin bevorzugte Anordnung einer Beistandschaft wurde vom
Obergericht abgelehnt, da die Kinder bereits anwaltlich und therapeutisch
betreut werden und die Verhaltensschulung der Eltern grundlegend wichtig sei.
Daran ändern die recht allgemein gehaltenen Ausführungen der
Beschwerdeführerin zur Zweckmässigkeit einer Beistandschaft nichts. Insgesamt
ist weder dargetan noch ersichtlich, worin die behaupteten
Grundrechtsverletzungen bestehen könnten.

5.
Nach dem Gesagten sind die Prozesskosten (Gerichtsgebühr und
Parteientschädigung) der Beschwerdeführerin aufzuerlegen. Bei der Bemessung
der Gerichtsgebühr ist dem Umstand Rechnung zu tragen, dass das Verfahren im
Zeitpunkt des Sisterungsgesuchs bereits fortgeschritten war.

Demnach beschliesst das Bundesgericht im Verfahren nach Art. 72 BZP in
Verbindung mit Art. 40 OG:

1.
Die staatsrechtliche Beschwerde wird als gegenstandslos abgeschrieben.

2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird der Beschwerdeführerin auferlegt.

3.
Die Beschwerdeführerin hat den Beschwerdegegner für das bundesgerichtliche
Verfahren mit Fr. 500.-- zu entschädigen.

4.
Dieser Beschluss wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, I.
Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 10. Januar 2007

Im Namen der II. Zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Der Gerichtsschreiber: