Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Zivilabteilung 5P.249/2006
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{T 0/2}
5P.249/2006 /sza

Urteil vom 2. August 2006
II. Zivilabteilung

Bundesrichter Raselli, Präsident,
Bundesrichter Meyer, Bundesrichterin Hohl,
Gerichtsschreiber Zbinden.

X. ________,
Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt
Paul H. Langner,

gegen

Y.________,
Beschwerdegegnerin, vertreten durch Rechtsanwalt Bruno Schelbert,
Justizkommission des Obergerichts des Kantons Zug, Aabachstrasse 3, Postfach
800, 6301 Zug.

Art. 9 BV (Eheschutz),

Staatsrechtliche Beschwerde gegen das Urteil der Justizkommission des
Obergerichts des Kantons Zug vom 4. Mai 2006.

Sachverhalt:

A.
A.a X.________ (Ehemann) und Y.________ (Ehefrau) heirateten 1994. Sie sind
Eltern zweier Töchter, A.________ (geb. 1996) und B.________ (geb. 1998). Die
Ehefrau ist überdies Mutter eines Sohnes aus einer früheren Beziehung,
C.________ (geb. 1990), den der Ehemann adoptiert hat.

A.b Auf Ersuchen der Ehefrau verpflichtete das Kantonsgerichtspräsidium Zug
den Ehemann mit Verfügung vom 15. November 2005, der Ehefrau ab 1. Mai 2005
an deren Unterhalt sowie an jenen der drei Kinder einen monatlichen Beitrag
von Fr. 7'700.-- zuzüglich Kinderzulagen von derzeit Fr. 800.-- zu bezahlen,
zahlbar je im Voraus auf den Ersten des Monats, sofern es sich um künftige
Unterhaltsbeiträge handelt. Der Ehemann wurde berechtigt erklärt, sich die an
den Unterhalt der Ehefrau und der Kinder bereits geleisteten Beiträge
anrechnen zu lassen (Disp. Ziff. 4.1 und 4.3); darüber hinaus wurde er
angehalten, der Ehefrau für die Zeit vom 1. Mai 2005 bis Ende Juni 2006
insgesamt Fr. 21'000.-- an ihren Unterhalt zu bezahlen, zahlbar innert 10
Tagen nach Erhalt des Bonus 2005 (Disp. Ziff. 4.2). Ferner gehen laut der
Verfügung weiterhin sämtliche Steuern (insbesondere Gemeinde- Kantons- und
Bundessteuern) beider Parteien zu Lasten des Ehemannes, sei es bei getrennter
oder gemeinsamer Besteuerung (Disp. Ziff. 5). Sodann wurde der Ehemann dazu
verhalten, der Ehefrau zur Begleichung der Zahnarztrechnung vom 15. Juli 2005
den Betrag von Fr. 6'095.05 zu entrichten (Disp. Ziff. 6) sowie einen Betrag
von Fr. 40'000.-- zu bezahlen, den die Ehefrau als Darlehen für den
Lebensunterhalt, insbesondere für die Bezahlung der Schulgelder der Kinder,
bei Dritten habe aufnehmen müssen (Disp. Ziff. 8). Die gerichtlichen Kosten
wurden zu einem Fünftel der Ehefrau und zu vier Fünfteln dem Ehemann
auferlegt (Disp. Ziff. 17) und dieser überdies verpflichtet, die Ehefrau für
die prozessualen Umtriebe mit Fr. 20'000.-- zu entschädigen (Disp. Ziff. 18).
(Verfahren Nr. ES 2005 191).

A.c Für das obgenannte Massnahmenverfahren ersuchte der Ehemann um
unentgeltliche Rechtspflege und um unentgeltlichen Rechtsbeistand, was ihm
das Kantonsgerichtspräsidium mit Verfügung vom 12. Januar 2006 verweigerte
(Verfahren JZ 2006 13).

B.
Mit Urteil vom 4. Mai 2006 wies die Justizkommission des Obergerichts des
Kantons Zug die Beschwerde des Ehemannes gegen die Verweigerung der
unentgeltlichen Rechtspflege (Nr. JZ 2006 13) ab (Ziff. 1). In teilweiser
Gutheissung der Beschwerde des Ehemannes gegen die erstinstanzliche Verfügung
(JZ 2005 125) betreffend Eheschutzmassnahmen (ES 2005 191) hob sie die
Ziffern 17 und 18 der Verfügung des Kantonsgerichtspräsidiums vom 15.
November 2005 auf, überband die gerichtlichen Kosten beiden Parteien je zur
Hälfte und schlug die Parteikosten wett. Mit Verfügung vom nämlichen Tag wies
der Vorsitzende der Justizkommission das Begehren des Ehemannes um
unentgeltliche Prozessführung im Beschwerdeverfahren JZ 2006 13 ab.

C.
Der Ehemann führt staatsrechtliche Beschwerde mit dem Begehren, Verfügung und
Urteil vom 4. Mai 2006 aufzuheben. Für das bundesgerichtliche Verfahren
ersucht er um unentgeltliche Rechtspflege. In der Sache sind keine
Vernehmlassungen eingeholt worden.

D.
Mit Verfügung vom 12. Juni 2006 wurde der staatsrechtlichen Beschwerde mit
Bezug auf die Leistungen gemäss Disp. Ziff. 4.2 (Verpflichtung des
Beschwerdeführers zu zusätzlichen Unterhaltsbeiträgen von Fr. 21'000.--), 5
(Verpflichtung zur Übernahme der Steuern von u.a. Fr. 1'723.--), 6
(Begleichung der Zahnarztrechnung von Fr. 6'095.05) und 8 (Verpflichtung zur
Bezahlung von Fr. 40'000.--) der Verfügung des Kantonsgerichtspräsidiums
superprovisorisch aufschiebende Wirkung erteilt. Mit Verfügung vom 28. Juni
2006 entsprach der Präsident der II. Zivilabteilung des Bundesgerichts trotz
eines entsprechenden Abweisungsantrages der Beschwerdegegnerin dem Begehren
des Beschwerdeführers um aufschiebende Wirkung im obgenannten Umfang.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Nach Art. 90 Abs. 1 lit. b OG muss die Beschwerdeschrift die wesentlichen
Tatsachen und eine kurz gefasste Darstellung darüber enthalten, welche
verfassungsmässigen Rechte bzw. welche Rechtssätze und inwiefern sie durch
den angefochtenen Entscheid verletzt worden sind. Das Bundesgericht prüft nur
klar und detailliert erhobene und, soweit möglich, belegte Rügen
(Rügeprinzip; vgl. BGE 125 I 71 E. 1c S. 76; 129 I 185 E. 1.6 S. 189; 130 I
258 E. 1.3 S. 262). Allgemeine Vorwürfe ohne eingehende Begründung dafür,
inwiefern welches verfassungsmässige Recht verletzt sein soll, genügen den
gesetzlichen Anforderungen von Art. 90 Abs. 1 lit. b OG nicht (BGE 117 Ia 10
E. 4b). Ebenso wenig tritt es auf rein appellatorische Kritik am
angefochtenen Entscheid ein (BGE 125 I 492 E. 1b S. 495; 130 I 258 E. 1.3 S.
262). Unzulässig ist sodann der schlichte Verweis auf kantonale Akten (BGE
114 Ia 317 E. 2b S. 318). Nicht einzutreten ist schliesslich im Verfahren der
staatsrechtlichen Beschwerde auf neue tatsächliche sowie rechtliche
Vorbringen (BGE 114 Ia 204 E. 1a S. 205; 118 Ia 20 E. 5a S. 26; 129 I 49 E. 3
S. 57).

2.
2.1 Umstritten sind der Unterhaltsbeitrag sowie der Anspruch auf
unentgeltliche Rechtspflege im Beschwerdeverfahren. Die Justizkommission hat
sich ausführlich mit der Leistungsfähigkeit des Beschwerdeführers befasst und
in diesem Zusammenhang festgehalten, er habe in den letzten vier Jahren einen
Bonus von rund Fr. 300'000.-- pro Jahr bezogen. Im vorliegenden Fall sei kein
Grund ersichtlich, weshalb von der Anrechnung eines entsprechenden Bonus für
2005 abgesehen werden sollte. Zunächst sei nicht belegt, dass es dem
Beschwerdeführer aus gesundheitlichen Gründen nicht möglich gewesen sein
soll, an frühere Leistungen anzuknüpfen. Aus dem ins Recht gelegten
Arztzeugnis vom 1. Juli 2005 ergebe sich insbesondere nicht, dass der
Beschwerdeführer 2005 aus gesundheitlichen Gründen wesentlich und dauerhaft
beruflich beeinträchtigt gewesen sei. Andere Arztzeugnisse lägen nicht vor.
Auch der Hinweis auf die im Jahr 2005 angespannte familiäre Situation des
Beschwerdeführers erbringe nicht den Nachweis, dass der Beschwerdeführer 2005
konstant gesundheitlich angeschlagen gewesen sei und keinen vollen
Arbeitseinsatz habe leisten können. Nicht erstellt sei sodann, dass der
Beschwerdeführer 2005 intern beruflich zurückgestuft worden sei. Eine interne
Zurückstufung hätte sich nicht nur auf den Bonus, sondern auch auf das
Einkommen ausgewirkt, was gerade nicht der Fall sei, verdiene der
Beschwerdeführer doch nach wie vor ein Einkommen von monatlich Fr. 14'093.--.
Eine Zurückstufung sei denn von der Arbeitgeberin auch nicht bestätigt
worden. Aus den im Verfahren um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege
eingereichten Schreiben der D.________ AG und der D.________ International AG
vom Dezember 2005 gehe zwar hervor, dass dem Beschwerdeführer als "2005
year-end payment (including the 13th month salary and the bonus)" ein Betrag
von Fr. 2'800.-- bzw. 11'200.-- pro Jahr ausbezahlt worden sei. Nicht
erstellt werde dadurch hingegen, dass damit der gesamte Bonus 2005 abgegolten
gewesen sei. Bereits 2004 sei dem Beschwerdeführer - wohl ebenfalls als
"year-end payment" - ein Betrag von Fr. 14'000.-- ausbezahlt worden,
wobei ihm später, im Juni 2005, für das Jahr 2004 ein Bonus von
Fr. 301'750.-- entrichtet worden sei. Gestützt auf diese Umstände sei davon
auszugehen, dass mit dem "2005 year-end payment" von insgesamt Fr. 14'000.--
nicht der gesamte Bonusanspruch für das Jahr 2005 abgegolten gewesen sei. Der
Beschwerdeführer habe bis heute keine Unterlagen eingereicht, welche eine
Begründung für die massive Kürzung liefern würden.

2.2 Was der Beschwerdeführer dagegen vorbringt, erweist sich als
appellatorisch: Mit dem Hinweis auf die beiden Schreiben vom Monat Dezember
2005 und den darin erwähnten Beträgen von Fr. 2'800.-- und Fr. 11'200.--
(Beilagen 13 und 14) ist Willkür von vornherein nicht darzutun. Die
Feststellung der Justizkommission, er habe nicht bewiesen, im Jahre 2005
dauerhaft gesundheitlich angeschlagen und daher nicht mehr leistungsfähig
gewesen zu sein, ficht der Beschwerdeführer nicht einmal rechtsgenüglich als
willkürlich an. Insoweit fehlt es an einem plausiblen Grund für eine
praktisch vollumfängliche Einstellung des Bonus. Dass der Schluss, den die
Justizkommission aus dem Vergleich der beiden stichwortartigen Angaben zu den
jeweiligen Jahresabschlusszahlungen - 2004: "year-end payment" bzw. 2005
"year-end payment (including the 13th month salary and the bonus)" gezogen
hat, geradezu willkürlich sein soll, lässt sich mit der gegenteiligen
Behauptung und dem Hinweis, dass der Beschrieb per 2005, nicht aber jener per
2004 den Bonus erwähne, nicht dartun; denn auch der Bonus 2004 wurde erst ein
halbes Jahr später ausbezahlt. Soweit der Beschwerdeführer mit seinen mit der
staatsrechtlichen Beschwerde eingereichten Beilagen 15 und 16 den Verlust des
Bonus per 2005 glaubhaft machen will, handelt sich um unzulässige Noven, auf
die nicht eingetreten werden kann.

Abgesehen davon ist im summarischen Verfahren, welches kein weitläufiges
Beweisverfahren kennt und in dem der Sachverhalt lediglich glaubhaft zu
machen ist (Bräm/Hasenböhler Zürcher Kommentar, N. 76 zu Art. 163 ZGB; vgl.
auch Hohl, la réalisation du droit et les procédures rapides, Freiburg 1994,
S. 155 N. 485; BGE 126 III 257 E. 4b S. 260), grundsätzlich auf die
Durchschnittszahlen der vorangegangenen Jahre abzustellen. Von diesen
abzuweichen rechtfertigt sich nur, wenn nicht nur der Einbruch des
Einkommens, sondern auch die Tatsache glaubhaft gemacht ist, dass es sich
nicht um eine vorübergehende Erscheinung handelt. Im vorliegenden Fall
bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass nachhaltig von einem bedeutend
tieferen Einkommen ausgegangen werden muss, und Entsprechendes wurde denn
auch nicht substanziiert behauptet. Selbst wenn die Feststellung der
Justizkommission, das Einkommen des Beschwerdeführers per 2005 liege nicht
unter jenem der Vorjahre, unzutreffend sein sollte, so wäre damit Willkür im
Ergebnis noch nicht dargetan.

3.
Desgleichen begründet der Beschwerdeführer auch nicht rechtsgenüglich,
inwiefern die Abweisung der Beschwerde mit Bezug auf die unentgeltliche
Rechtspflege die Verfassung verletzen soll. Es kann diesbezüglich auf die
bisherigen Ausführungen verwiesen werden.

4.
Damit ist auf die staatsrechtliche Beschwerde nicht einzutreten. Bei diesem
Ausgang des Verfahrens sind die Gerichtskosten dem Beschwerdeführer
aufzuerlegen (Art. 156 Abs. 1 OG). Dem Ausgang des Verfahrens in der Sache
entsprechend hat der Beschwerdeführer überdies die Beschwerdegegnerin für
ihre Stellungnahme zum Gesuch um aufschiebende Wirkung zu entschädigen. In
der Sache ist keine Vernehmlassung eingeholt worden und daher auch keine
Entschädigung geschuldet.

5.
Dem Gesuch des Beschwerdeführers um unentgeltliche Rechtspflege für das
bundegerichtliche Verfahren ist nicht zu entsprechen, da sich die Beschwerde
von Anfang an als aussichtslos erwiesen hat (Art. 152 Abs. 1 OG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Auf die staatsrechtliche Beschwerde wird nicht eingetreten.

2.
Das Gesuch des Beschwerdeführers um unentgeltliche Rechtspflege wird
abgewiesen.

3.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt.

4.
Der Beschwerdeführer hat die Beschwerdegegnerin für ihre Stellungnahme zum
Gesuch um aufschiebende Wirkung mit Fr. 300.-- zu entschädigen.

5.
Dieses Urteil wird den Parteien und der Justizkommission des Obergerichts des
Kantons Zug schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 2. August 2006

Im Namen der II. Zivilabteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Der Gerichtsschreiber: