Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Zivilabteilung 5P.248/2006
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{T 0/2}
5P.248/2006 /bnm

Urteil vom 1. September 2006
II. Zivilabteilung

Bundesrichter Raselli, Präsident,
Bundesrichterin Escher, Bundesrichter Marazzi,
Gerichtsschreiber Zbinden.

X. ________,
Beschwerdeführer,
vertreten durch Rechtsanwalt Felix Barmettler,

gegen

Obergericht des Kantons Luzern, Justizkommission als Rekursinstanz,
Hirschengraben 16, 6002 Luzern.

Art. 9 und 29 Abs. 3 BV (unentgeltliche Rechtspflege im Scheidungsprozess),

Staatsrechtliche Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons
Luzern, Justizkommission als Rekursinstanz, vom 3. Mai 2006.

Sachverhalt:

A.
X. ________ (Ehemann) und Y.________ (Ehefrau) heirateten im Jahre 1997. Sie
sind die Eltern von Z.________, geboren am 3. Mai 2000. Seit Herbst 2003
leben die Ehegatten X.________ und Y.________ getrennt, die minderjährige
Tochter wohnt bei der Mutter. Der Bezirksrichter von A.________ regelte mit
Entscheid vom 27. Oktober 2003 die Trennungsfolgen.

B.
Am 11. November 2005 reichte Y.________ beim Amtsgericht Luzern-Stadt die
Scheidung ein. Beide Parteien stellten ein Gesuch um unentgeltliche
Rechtspflege. Anlässlich der Einigungsverhandlung stellten sie ein
gemeinsames Scheidungsbegehren und hinterlegten eine Teilkonvention. Mit
Entscheid vom 1. März 2006 gewährte die Präsidentin II als delegierte
Richterin X.________ im hängigen Scheidungsverfahren für die Gerichts- und
Beweiskosten die unentgeltliche Rechtspflege. Sein Gesuch um Erteilung eines
unentgeltlichen Rechtsbeistandes wurde abgewiesen. Y.________ wurde die
vollumfängliche unentgeltliche Rechtspflege unter Ernennung eines
Rechtsbeistandes erteilt.

C.
Die Justizkommission des Obergerichts des Kantons Luzern wies den von
X.________ gegen die Verweigerung des unentgeltlichen Rechtsbeistandes
erhobenen Rekurs mit Entscheid vom 3. Mai 2006 ab. Sie kam - wie bereits die
erste Instanz - zum Schluss, dass dem Gesuchsteller monatliche Überschüsse
von Fr. 500.-- verbleiben. Dass diese für die Bezahlung der
Anwaltskostenvorschüsse und der Anwaltskosten insgesamt nicht ausreichten
sollten, habe der Rekurrent nicht dargetan.

D.
X.________ ist mit staatsrechtlicher Beschwerde vom 12. Juni 2006 an das
Bundesgericht gelangt. Er beantragt die Aufhebung des obergerichtlichen
Entscheides. Eventualiter verlangt er die Aufhebung des kantonalen
Kostenspruchs. Er stellt für das Verfahren vor Bundesgericht das Gesuch um
unentgeltliche Rechtspflege und Ernennung eines Rechtsbeistandes. Das
Obergericht schliesst auf Abweisung der staatsrechtlichen Beschwerde, soweit
darauf einzutreten sei.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Zwischenentscheide, mit denen die unentgeltliche Rechtspflege ganz oder
teilweise verweigert wird, haben in der Regel einen nicht wieder
gutzumachenden Nachteil im Sinne von Art. 87 Abs. 2 OG zur Folge (BGE 129 I
129 E. 1.1). Das Obergericht hat dem Beschwerdeführer den unentgeltlichen
Rechtsbeistand verweigert, da ihm seiner Ansicht nach ein monatlicher
Überschuss von Fr. 500.-- verbleibe. Der Umstand, dass der Beschwerdeführer
seine Interessen im hängigen Scheidungsverfahren ohne den Beistand eines
Anwaltes wahrnehmen muss, kann einen Nachteil im dargelegten Sinne bewirken.
Die staatsrechtliche Beschwerde ist damit gegeben.

2.
Gemäss Art. 29 Abs. 3 BV hat jede Person, die nicht über die erforderlichen
Mittel verfügt und deren Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint,
Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege. Falls es zur Wahrung ihrer Rechte
erforderlich ist, hat sie zudem Anspruch auf unentgeltlichen Rechtsbeistand.
Ob der durch die Bundesverfassung garantierte Anspruch auf unentgeltliche
Rechtspflege verletzt worden ist, prüft das Bundesgericht frei. Soweit indes
tatsächliche Feststellungen der kantonalen Instanz kritisiert werden,
beschränkt es seine Prüfungsbefugnis auf Willkür (BGE 130 I 180 E. 2.1).
Zudem prüft es auf staatsrechtliche Beschwerde hin nur rechtsgenüglich
vorgebrachte, klar erhobene und, soweit möglich, belegte Rügen (Art. 90 Abs.
1 lit. b OG; BGE 130 I 258 E. 1.3). Damit entfällt insbesondere die Prüfung
des Eventualantrags, die Kostenauflage im kantonalen Rekursverfahren sei
aufzuheben. Inwiefern das Obergericht hier kantonales Recht willkürlich
angewendet haben sollte, legt der Beschwerdeführer mit keinem Wort dar. Im
Verfahren der staatsrechtlichen Beschwerde gilt im Übrigen ein
grundsätzliches Novenverbot, neue rechtliche und tatsächliche Vorbringen
sowie neue Beweisanträge sind nur ausnahmsweise zulässig (BGE 129 I 49 E. 3).

3.
Der Beschwerdeführer wirft dem Obergericht in verschiedenen Punkten
willkürliche Würdigung des Sachverhaltes (Art. 9 BV) vor und macht die
Verletzung des Anspruchs auf unentgeltliche Rechtspflege (Art. 29 Abs. 3 BV)
geltend.

3.1 So erachtet der Beschwerdeführer die Feststellung des Obergerichts,
aktuell unterliege er keiner Lohnpfändung, als willkürlich. Er hinterlegt in
diesem Zusammenhang die Kopie einer Pfändungsurkunde des Betreibungsamtes
A.________ vom 6. September 2005 sowie eines Schreibens des Sozialamtes der
Stadt B.________ vom 17. Oktober 2005, wonach die eingeleiteten Betreibungen
allenfalls sistiert werden. In seinem kantonalen Rekurs ist einzig von einer
Lohnpfändung über monatlich Fr. 840.-- die Rede, welche jedoch gemäss
unbestrittener Feststellung des Obergerichts am 14. Oktober 2005 ausgelaufen
ist. Die eingereichte Pfändungsurkunde erweist sich als neu und bleibt daher
unberücksichtigt. Damit ist auch die Frage einer allfälligen Sistierung
anderer Betreibungen nicht von Interesse. Zur Begründung des Obergerichts, er
habe anlässlich der Parteibefragung vom 10. Januar 2006 selber ausgeführt, es
bestehe keine Lohnpfändung, nimmt er vor Bundesgericht nicht Stellung.

3.2 Dass das Sozialamt der Stadt B.________ länger als bis März 2006 den
reduzierten Unterhaltsbeitrag von Fr. 1'300.-- statt des gerichtlich
festgelegten von Fr. 2'240.-- fordere, wie das Obergericht ausführt,
kritisiert der Beschwerdeführer als willkürlich. Die diesbezügliche Anfrage
des Obergerichts habe erst zur Verlängerung der bestehenden Regelung geführt.
Mit diesem Vorbringen bestreitet der Beschwerdeführer den Inhalt der vom
Obergericht erstellten Aktennotiz vom 10. April 2006, wonach er selber
bereits Ende März um eine Verlängerung ersucht habe. Damit wird nicht
substanziiert vorgetragen (Art. 90 Abs. 1 lit. b OG), inwiefern die
Beweiswürdigung willkürlich sein soll. Der angefochtene Entscheid, welcher
bei den Ausgaben des Beschwerdeführers nur die tatsächlich bezahlten
Unterhaltsbeiträge berücksichtigt, erweist sich keinesfalls als willkürlich.

3.3 Im Weiteren wirft der Beschwerdeführer dem Obergericht vor, in
willkürlicher Weise anzunehmen, er weise Steuerrückstände auf. Seiner Ansicht
nach sind die laufenden Kantons- und Bezirkssteuern beim Bedarf zu
berücksichtigen. Soweit er in diesem Zusammenhang auf eine nicht näher
umschriebene Anfrage beim Steueramt A.________ und auf die definitive
Steuerveranlagung vom 30. Mai 2006 verweist, können seine neuen Vorbringen
ohnehin nicht berücksichtigt werden. Zudem bezieht sich das Obergericht bei
der Feststellung, die Steuern für das Jahr 2005 seien noch nicht bezahlt, auf
die Aussage des Beschwerdeführers anlässlich der Parteibefragung. Inwiefern
die Steuern nach dem Recht des Kantons Schwyz (§ 182 Steuergesetz) nicht
bereits vollstreckbar sein sollten, wie das Obergericht ausführt, legt der
Beschwerdeführer nicht rechtsgenüglich dar (Art. 90 Abs. 1 lit. b OG). Nimmt
der Beschwerdeführer keine Zahlungen an den kantonalen Fiskus vor, so erweist
sich der Entscheid, im Bedarf des Beschwerdeführers eine solche Position
nicht zu berücksichtigen, keinesfalls als unhaltbar.

3.4 Der Beschwerdeführer sieht seinen Anspruch auf unentgeltliche
Rechtspflege verletzt, da das Obergericht keinen Bezug der monatlichen
Überschüsse von Fr. 500.-- zu den anfallenden Anwaltskosten und Vorschüssen
gemacht habe. Aus dem angefochtenen Entscheid geht hervor, dass der
Beschwerdeführer im kantonalen Rekursverfahren nicht vorgetragen habe, dass
die monatlichen Überschüsse für die Bezahlung der Vorschüsse und der Kosten
der anwaltlichen Vertretung nicht ausreichen sollten. Damit erweisen sich die
in diesem Zusammenhang gemachten Vorbringen als neu und unzulässig. Soweit
der Beschwerdeführer den bereits im kantonalen Verfahren erhobenen Vorwurf
erneuert, dass ihm durch die Verweigerung der unentgeltlichen Verbeiständung
die Abänderung der im Eheschutzverfahren festgelegten Unterhaltsbeiträge
verunmöglicht werde, ist er darauf hinzuweisen, dass Gegenstand des
vorliegenden Verfahrens einzig das für das Scheidungsverfahren eingereichte
Gesuch bildet.

4.
Nach dem Gesagten ist der Beschwerde insgesamt kein Erfolg beschieden. Sie
war von vornherein aussichtslos, womit das Gesuch um unentgeltliche
Rechtspflege abzuweisen ist (Art. 152 Abs. 1 OG). Ausgangsgemäss trägt der
Beschwerdeführer die Kosten (Art. 156 Abs. 1 OG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die staatsrechtliche Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten
ist.

2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.

3.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 1'500.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt.

4.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer und dem Obergericht des Kantons
Luzern, Justizkommission als Rekursinstanz, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 1. September 2006

Im Namen der II. Zivilabteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Der Gerichtsschreiber: