Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Zivilabteilung 5P.22/2006
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5P.22/2006 /blb

Urteil vom 22. Mai 2006
II. Zivilabteilung

Bundesrichter Raselli, Präsident,
Bundesrichterin Escher, Bundesrichter Meyer,
Gerichtsschreiberin Scholl.

X. ________,
Beschwerdeführer,

gegen

Stockwerkeigentümergemeinschaft der Häuser A, B, C und D der Überbauung
"Y.________",
Beschwerdegegnerin,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Fritz Anthamatten,
Kantonsgericht Wallis, Zivilgerichtshof I, Justizgebäude, 1950 Sion 2.

Art. 9 BV etc. (Anfechtung eines Beschlusses der
Stockwerkeigentümergemeinschaft),

Staatsrechtliche Beschwerde gegen das Urteil
des Kantonsgerichts Wallis, Zivilgerichtshof I,
vom 30. November 2005.

Sachverhalt:

A.
Die Überbauung "Y.________" in S.________ umfasst eine zweigeschossige
Autoeinstellhalle, einen darüber liegenden Lagerraum mit Flachdach und die
vier darauf errichteten Wohnhäuser A, B, C und D. Die Miteigentümer der
Einstellhalle, des Lagerraums und der Häuser bilden je eine
Stockwerkeigentümergemeinschaft. V.________ ist der Verwalter der
Stockwerkeigentümergemeinschaft Häuser A-D.
Am 6. Dezember 2002 trafen sich die Eigentümer aller
Stockwerkeigentümergemeinschaften zu einer ausserordentlichen Versammlung.
Sie beschlossen einstimmig, das Flachdach zu sanieren und wählten die
Ausführungsvariante "Extensivbegrünung" anstelle der bisherigen
"Intensivbegrünung". Zudem bestellten sie einen Bauausschuss, dem u.a. die
Verwalter der Stockwerkeigentümergemeinschaften, darunter auch V.________,
angehörten.
In der Folge diskutierten die Mitglieder des Bauausschusses verschiedentlich
die Art der Ausführung der Sanierung. In der Sitzung vom 22. Februar 2003
favorisierten sie schliesslich - unter Vorbehalt der Zustimmung der
Stockwerkeigentümer - einen Hartbelag.
An der ordentlichen Versammlung der Stockwerkeigentümergemeinschaft Häuser
A-D vom 4. April 2003 fassten die Anwesenden einstimmig den Beschluss, auf
die Extensivbegrünung zu verzichten und das Dach mit Platten zu versehen.
Im Anschluss daran wurde ein entsprechendes Baugesuch bei der Gemeinde
eingereicht. Ein Mitarbeiter des kommunalen Bauamtes teilte indessen dem
ausführenden Architekten mit, dass das Baugesuch mit den Platten auf dem
Flachdach nicht bewilligt werden könne, sondern eine Begrünung verlangt
werde.
Der Bauausschuss nahm davon Kenntnis und hielt fest, da eine intensive
Begrünung ausser Diskussion stehe, müsse man wieder auf die ursprüngliche
Variante der extensiven Begrünung zurückkommen. Die Stockwerkeigentümer
wurden dazu nicht mehr befragt. Diese Variante wurde alsdann von der Gemeinde
bewilligt und auch ausgeführt.
An der Stockwerkeigentümerversammlung Häuser A-D vom 16. April 2004 wurde
gegen die Stimme von X.________ die Bauabrechung abgenommen und dem
Bauausschuss Dechargé erteilt. Unter dem Traktandum "Diverses" wurde zudem
ein Antrag von X.________, den Verwalter V.________ abzuwählen, abgelehnt
bzw. Letzterer in seinem Amt bestätigt. Gegen die Beschlüsse dieser
Versammlung reichte X.________ am 14. Mai 2004 beim Bezirksgericht Visp Klage
ein.
An der ausserordentlichen Versammlung der Stockwerkeigentümer Häuser A-D vom
28. Oktober 2004 lehnten die Miteigentümer die traktandierte Abwahl des
Verwalters ab - gegen die Stimmen von X.________ sowie einer von ihm
vertretenen Eigentümerin.

B.
Mit Urteil vom 8. Februar 2005 wies das Bezirksgericht Visp die Klage von
X.________ gegen die Beschlüsse der Versammlung vom 16. April 2004 ab.
Dagegen erhob X.________ beim Kantonsgericht Wallis Berufung. Am 30. November
2005 trat dieses auf die Klage nicht ein, soweit sie die Abberufung des
Verwalters betraf. In Bezug auf die Genehmigung der Bauabrechnung und die
Dechargéerteilung hiess es die Klage teilweise gut und hob die betreffenden
Beschlüsse auf, soweit die Bauabrechnung Mehrkosten für die Erweiterung von
Terrassensitzplätzen enthielt. Im Übrigen wies es die Klage ab.

C.
X.________ gelangt mit staatsrechtlicher Beschwerde an das Bundesgericht. Er
verlangt im Wesentlichen eine Aufhebung des kantonsgerichtlichen Urteils vom
30. November 2005.
Es sind keine Vernehmlassungen eingeholt worden.
In der gleichen Sache hat X.________ auch eidgenössische Berufung erhoben
(Verfahren 5C.10/2006).

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Wird in der gleichen Sache sowohl Berufung als auch staatsrechtliche
Beschwerde erhoben, so ist in der Regel zuerst über die staatsrechtliche
Beschwerde zu befinden, und der Entscheid über die Berufung ist auszusetzen
(Art. 57 Abs. 5 OG). Im vorliegenden Fall besteht kein Anlass, anders zu
verfahren.

2.
Nach Art. 84 Abs. 2 OG ist die staatsrechtliche Beschwerde unzulässig, wenn
die behauptete Rechtsverletzung sonst wie beim Bundesgericht gerügt werden
kann. Namentlich können Fragen des materiellen und formellen Bundesrechts im
Rahmen der eidgenössischen Berufung frei überprüft werden und sind mit dieser
aufzuwerfen, während Feststellungen über tatsächliche Verhältnisse im
Berufungsverfahren - von eng begrenzten Ausnahmen abgesehen - verbindlich
sind (Art. 63 f. OG) und gleich wie die Anwendung von kantonalem Recht mit
staatsrechtlicher Beschwerde anzufechten sind (BGE 129 III 301 E. 1 S. 303).
Da die vorliegende Streitsache grundsätzlich der Berufung zugänglich ist,
erweist sich die staatsrechtliche Beschwerde als unzulässig, soweit der
Beschwerdeführer - ausdrücklich oder sinngemäss - die Verletzung von
Bestimmungen über das Stockwerkeigentum (Art. 712a ff. ZGB) sowie eine
falsche Anwendung des Stockwerkeigentümerreglements rügt. Darunter fällt
beispielsweise die Frage, ob auf die Klage betreffend Abwahl des Verwalters
eingetreten werden kann, das Problem des Verhältnisses zwischen den
verschiedenen Stockwerkeigentümergemeinschaften und deren Kompetenzen sowie
der Umfang der Pflichten und Verantwortlichkeiten des Verwalters. Auf die
entsprechenden Ausführungen in der Beschwerde kann nicht eingetreten werden.

3.
In Bezug auf den Sachverhalt rügt der Beschwerdeführer diesen als "einseitig
ausgerichtet" und wirft dem Kantonsgericht vor, es habe in seinem Urteil
nicht rechtsrelevante Tatsachen festgehalten. Indes legt er nicht dar, welche
Sachverhaltselemente im einzelnen das Kantonsgericht in willkürlicher Weise
festgestellt haben soll. Mangels rechtsgenüglicher Begründung (Art. 90 Abs. 1
lit. b OG) kann folglich diesbezüglich nicht auf die staatsrechtliche
Beschwerde eingetreten werden.

4.
Der Beschwerdeführer kritisiert weiter, dass das Kantonsgericht seine
Vorbringen betreffend Bauabrechnung und doppelte Fakturierung als prozessual
verspätet erachtet hat.
Das Kantonsgericht hat zu diesem Punkt im Wesentlichen ausgeführt, der
Beschwerdeführer habe erstmals in seiner Schlussdenkschrift vor
Bezirksgericht und damit prozessual verspätet behauptet, die Bauabrechnung
sei falsch. Es handle sich hierbei denn auch um keine neue Tatsache, habe
doch der Beschwerdeführer die Bauabrechnung bereits mit der Klage hinterlegt.
Gleiches gelte für die behaupteten Doppelinkassi.
In welcher Form und zu welchem Zeitpunkt entscheidwesentliche Behauptungen
vorgebracht werden müssen, bestimmt das kantonale Prozessrecht. Dieses
entscheidet auch darüber, ob eine Ergänzung der Sachvorbringen auf Grund des
Beweisverfahrens zulässig ist oder ob bereits die Behauptungen so konkret und
detailliert sein müssen, dass das Beweisverfahren allein noch ihrer
Überprüfung dient (BGE 108 II 337 E. 3 S. 341; 127 III 365 E. 2c S. 369).
Gegen welche Bestimmungen der anwendbaren Zivilprozessordnung das
Kantonsgericht verstossen haben soll, wenn es die strittigen Vorbringen als
verspätet angesehen hat, legt der Beschwerdeführer nicht substanziiert dar
(Art. 90 Abs. 1 lit. b OG). Damit kann auf diese Rüge ebenfalls nicht
eingetreten werden.

5.
Schliesslich wirft der Beschwerdeführer dem Kantonsgericht Parteilichkeit
vor. Indes bringt er keine konkreten Ablehnungsgründe gegen die beteiligten
Richter im Sinne von Art. 30 Abs. 1 BV vor und er hat im kantonalen Verfahren
kein Ablehnungsbegehren gestellt. Auch in diesem Punkt kann nicht auf die
Beschwerde eingetreten werden.

6.
Dementsprechend kann auf die staatsrechtliche Beschwerde insgesamt nicht
eingetreten werden. Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird der
Beschwerdeführer kostenpflichtig (Art. 156 Abs. 1 OG). Er schuldet der
Beschwerdegegnerin allerdings keine Parteientschädigung für das
bundesgerichtliche Verfahren, da keine Vernehmlassung eingeholt worden ist.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Auf die staatsrechtliche Beschwerde wird nicht eingetreten.

2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht Wallis,
Zivilgerichtshof I, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 22. Mai 2006

Im Namen der II. Zivilabteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Die Gerichtsschreiberin: