Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Zivilabteilung 5P.189/2006
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{T 0/2}
5P.189/2006 /bnm

Urteil vom 17. Juli 2006
II. Zivilabteilung

Bundesrichter Raselli, Präsident,
Bundesrichterin Escher, Bundesrichter Meyer,
Gerichtsschreiber Schett.

X. ________,
Beschwerdeführer,
vertreten durch Fürsprecher Ralph George,

gegen

Y.________ und Z.________,
Beschwerdegegnerin,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. André Clerc,
Kantonsgericht Freiburg, I. Appellationshof,
Postfach 56, 1702 Freiburg.

Art. 9 und 29 BV (Mündigenunterhalt),

Staatsrechtliche Beschwerde gegen das Urteil des Kantonsgerichts Freiburg, I.
Appellationshof, vom 20. Februar 2006.

Sachverhalt:

A.
Mit Urteil vom 14. September 1998 schied das Bezirksgericht der Sense die Ehe
von U.________ und X.________ und genehmigte deren Vereinbarung über die
Nebenfolgen der Scheidung. X.________ verpflichtete sich insbesondere, an die
beiden bei der Mutter lebenden Kinder Y.________, geboren 1983, und
Z.________, geboren 1984, ab 1. Oktober 1998 einen monatlichen
Unterhaltsbeitrag von je Fr. 1'450.-- und ab 1.Oktober 2000 einen solchen von
je Fr. 1'100.-- (jeweils zuzüglich Kinderzulagen) zu bezahlen. Bis und mit
Juni 2003 kam X.________ dieser Verpflichtung nach.

B.
Am 19. März 2004 reichten Y.________ und Z.________ gegen ihren Vater eine
Unterhaltsklage beim Bezirksgericht der Sense ein. Sie verlangten ab 1. Juli
2003 einen monatlichen Unterhaltsbeitrag von Fr. 1'200.--. Y.________
studiert an der Universität A.________ und Z.________ besucht das Gymnasium
in A.________. Mit Urteil vom 10. Dezember 2004 verpflichtete der
Gerichtspräsident des Sensebezirks X.________ zur Zahlung eines monatlichen
Unterhaltsbeitrages an seine beiden mündigen Kinder von je Fr. 1'200.--,
erstmals am 1. März 2005 und bis zum Abschluss der ersten ordentlichen
Ausbildung. Auf Berufung von X.________ bestätigte das Kantonsgericht
Freiburg am 20. Februar 2006 das erstinstanzliche Urteil.

C.
X.________ ist mit staatsrechtlicher Beschwerde an das Bundesgericht gelangt.
Er beantragt die Aufhebung des kantonsgerichtlichen Urteils. Y.________ und
Z.________ schliessen auf Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten
sei. Das Kantonsgericht Freiburg verzichtet auf eine Vernehmlassung.

X. ________ hat in gleicher Sache zudem eine Berufung eingereicht
(5C.107/2006).

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
1.1 Wird ein kantonales Urteil gleichzeitig mit staatsrechtlicher Beschwerde
und mit Berufung angefochten, wird in der Regel der Entscheid über Letztere
bis zur Erledigung der staatsrechtlichen Beschwerde ausgesetzt (Art. 57 Abs.
5 OG). Vorliegend bestehen keine Gründe, von dieser Praxis abzuweichen.

1.2 Die Vorbringen des Beschwerdeführers sind nur zu prüfen, soweit sie den
Begründungsanforderungen des Art. 90 Abs. 1 lit. b OG genügen. Demnach ist
klar dazulegen, welche verfassungsmässigen Rechte und inwiefern sie durch den
angefochtenen Entscheid verletzt worden sind. Im Verfahren der
staatsrechtlichen Beschwerde prüft das Bundesgericht nur klar und einlässlich
erhobene Rügen. Auf bloss appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid
tritt es nicht ein (BGE 130 I 258 E. 1.3). Ebenso wenig setzt sich das
Bundesgericht mit Sachverhaltsvorbringen auseinander, die nicht an eine
konkrete Willkürrüge geknüpft sind. Diese Anforderungen gelten auch für die
Beschwerdeantwort.

2.
Der Beschwerdeführer wirft dem Kantonsgericht vor, bei der Festsetzung des
Unterhaltsbeitrages an seine beiden mündigen Kinder in verschiedener Hinsicht
das Gleichheitsgebot (Art. 8 Abs. 1 BV), das Willkürverbot (Art. 9 BV) sowie
die Verfahrensgarantien von Art. 29 Abs. 1 und 2 BV und Art. 6 Ziff. 1 EMRK
verletzt zu haben.

2.1 Nach Ansicht des Beschwerdeführers ist er im kantonalen Verfahren
rechtsungleich und willkürlich behandelt worden, da das Kantonsgericht zur
Beurteilung des Unterhaltsbedarfs der klagenden Kinder mangels Nachweisen auf
die Empfehlungen zur Bemessung von Unterhaltsbeiträgen für Kinder des Amtes
für Jugend und Berufsberatung des Kantons Zürich vom 1. Januar 2003
(sogenannte "Zürcher Richtlinien") abgestellt habe.

Mit dieser Rüge wird im Wesentlichen die Verletzung der Untersuchungsmaxime
(Art. 280 ZGB) geltend gemacht. Ob und in welchem Ausmass dieser
Prozessgrundsatz bei Unterhaltsklagen mündiger Kinder zur Anwendung gelangt,
beschlägt Bundesrecht und kann daher in berufungsfähigen Fällen
ausschliesslich in der Berufung geprüft werden (Art. 43 Abs. 1 OG). Damit
erweist sich das Vorbringen als unzulässig.

2.2 Das Kantonsgericht ist auf die Berufung des Beschwerdeführers nur
teilweise eingetreten. Dieser habe den Ausführungen des erstinstanzlichen
Richters eigene Berechnungen gegenüber gestellt und eingeräumt, dass eine
gewisse Unterhaltspflicht bestehe, der Anspruch aber rechtsmissbräuchlich
sei. Gemäss Art. 294 Abs. 2 lit. c ZPO/FR sei die Berufung zu begründen,
womit der Berufungskläger aufzuzeigen habe, warum die erstinstanzliche
Begründung in einem bestimmten Punkt falsch sei. Allfällige Aktenstellen
seien zu benennen. Verweise auf andere Eingaben seien nicht zulässig. Neue
Tatsachen und Beweismittel würden nur beschränkt berücksichtigt. Es genüge
nicht, allgemein gehaltene Einwände zu erheben oder Rechtsfragen aufzulisten,
welche zu beantworten wären.

Der Beschwerdeführer führt aus, die Berufung gemäss Art. 294 Abs. 2 lit. b
ZPO/FR müsse Anträge enthalten und insbesondere die verlangte Abänderung des
angefochtenen Urteils umschreiben, welchen Anforderungen er auch nachgekommen
sei. Dieses Vorbringen geht an der Sache vorbei. Aus dem Wortlaut von Art.
294 Abs. 2 lit. c ZPO/FR geht klar hervor, dass die Berufungsschrift eine
Begründung der Anträge und insbesondere der neuen Tatsachen und Beweise
enthalten muss. Der Beschwerdeführer bestreitet, dass die (ältere)
bundesgerichtliche Rechtsprechung zu Art. 55 Abs. 1 lit. c OG für die
Begründungsanforderungen an eine kantonale Berufung massgebend sei. Warum
dies nicht der Fall sein sollte, begründet er nicht. Ebenso wenig wird aus
seinen Vorbringen klar, weshalb bei einem vollen Devolutiveffekt der
kantonalen Berufung diese nicht in der vom Kantonsgericht geforderten Weise
zu begründen ist und inwieweit der Untersuchungsgrundsatz nach Art. 280 Abs.
2 ZGB hier einen Einfluss haben sollte. Eine willkürliche Anwendung
kantonalen Prozessrechts und damit eine Verletzung des Gehörsanspruchs wird
auf jeden Fall nicht rechtsgenüglich begründet.

2.3 Als unverständlich und widersprüchlich kritisiert der Beschwerdeführer
das Kantonsgericht, wenn es ausführe, er habe mit der Bestreitung der
Schlussfolgerung in der Klageantwort zu Art. 14 anerkannt, dass die
Kindsmutter in Ermangelung von Unterhaltszahlungen für den Bedarf der beiden
mündigen Kinder aufkommen müsse. Der erstinstanzliche Richter habe daher die
wirtschaftlichen Verhältnisse der Kindsmutter nicht abklären müssen. Der
Beschwerdeführer legt hier seine eigene Formulierung in der kantonalen
Eingabe aus, ohne darzutun, dass das Kantonsgericht diese in
widersprüchlicher Weise verstanden habe. Es wird auch nicht erkennbar,
inwiefern das angefochtene Urteil nun im Ergebnis willkürlich sein sollte.
Der Beschwerdeführer stellt die kantonsgerichtliche Feststellung, dass er die
hypothekarische Belastung der Liegenschaft der Kindsmutter im kantonalen
Verfahren nicht bestritten habe, nicht in Frage. Ebenso wenig lässt er sich
zum Hinweis auf die Akten vernehmen, wonach diese im Jahre 1998 ein
Jahresgehalt von brutto Fr. 78'000.-- erzielt habe. Seine Vorbringen zur
wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Kindsmutter genügen damit den
Begründungsanforderungen in keiner Weise.

2.4 Schliesslich bringt der Beschwerdeführer vor, er habe in der kantonalen
Berufung verlangt, wenn schon auf die "Zürcher Richtlinien" abgestellt werde,
vom durchschnittlichen Unterhaltsbedarf von Fr. 1'510.-- die Kinderzulagen
von Fr. 180.-- abzuziehen seien, womit ein Bedarf von Fr. 1'330.-- verbleibe.
Entgegen den Ausführungen im angefochtenen Urteil habe der erstinstanzliche
Richter diese erwähnt, aber nicht abgezogen, was sich schon daraus ergebe,
dass der verbleibende Bedarf von Fr. 1'330.-- bei einer Unterhaltszahlung von
Fr. 1'200.-- praktisch gedeckt werde; dies obwohl gemäss dem angefochtenen
Urteil die Kindsmutter für den gewöhnlichen Unterhalt und die Unterkunft der
Kinder aufkommen sollte. Der erstinstanzliche Richter, auf welchen das
Kantonsgericht an dieser Stelle verweist, hat offen gelassen, ob der
Unterhaltsbedarf der Kinder nicht sogar höher als Fr. 1'510.-- sei, da nur
ein Unterhaltsbeitrag von Fr. 1'200.-- geltend gemacht werde. Zudem werde bei
Gutheissung der Klage wesentlich mehr als die Hälfte des Unterhaltsbedarfs,
von dem noch allfällige Kinder- und Ausbildungszulagen abzuziehen seien,
gedeckt. Dass diese Begründung nicht nur einen höheren Unterhaltsbedarf
zulässt, sondern bei der Berechnung von einem höheren Ansatz ausgeht, ficht
der Beschwerdeführer nicht an. Damit kommt es nicht darauf an, ob bei einem
höheren Bedarf die Zulagen in Abzug zu bringen wären. Ein rechtlich
geschütztes Interesse an der Prüfung dieser Frage fehlt.

3.
Nach dem Gesagten ist auf die staatsrechtliche Beschwerde insgesamt nicht
einzutreten. Ausgangsgemäss trägt der Beschwerdeführer die Kosten (Art. 156
Abs. 1 OG) und schuldet den Beschwerdegegnern eine angemessene
Parteientschädigung (Art. 159 Abs. 2 OG). Mit Bezug auf Letztere ist zu
berücksichtigen, dass in der Vernehmlassung vornehmlich den Anforderungen an
eine staatsrechtliche Beschwerde nicht genügende Ausführungen zum Sachverhalt
gemacht werden (E. 1.2 hiervor).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Auf die staatsrechtliche Beschwerde wird nicht eingetreten.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Der Beschwerdeführer hat die Beschwerdegegner für das bundesgerichtliche
Verfahren mit Fr. 1'000.-- zu entschädigen.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht Freiburg,
I. Appellationshof, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 17. Juli 2006

Im Namen der II. Zivilabteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Der Gerichtsschreiber: