Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Zivilabteilung 5P.123/2006
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{T 0/2}
5P.123/2006 /blb

Urteil vom 5. September 2006
II. Zivilabteilung

Bundesrichter Raselli, Präsident,
Bundesrichterinnen Escher, Hohl,
Gerichtsschreiber Möckli.

X. ________,
Beschwerdeführer,
vertreten durch Rechtsanwalt Walter A. Stöckli,

gegen

Y.________,
Beschwerdegegner,
Landgerichtspräsidium Uri, Rathausplatz 2, 6460 Altdorf UR.

Art. 9 BV (Kosten aus Konkursverfahren),

Staatsrechtliche Beschwerde gegen den Beschluss
des Landgerichtspräsidium Uri vom 4. Januar 2006.

Sachverhalt:

A.
X. ________ betrieb Y.________ für Forderungen von rund Fr. 55'000.--. Am 28.
Dezember 2004 reichte er ein Konkursbegehren ein und musste hierfür einen
Gerichtskostenvorschuss von Fr. 2'000.-- zahlen. Am 31. Januar 2005 wurde
über Y.________ der Konkurs eröffnet. Am 1. April 2005 wurde das Verfahren
mangels Aktiven eingestellt. Am 13. April 2005 erhielt X.________ vom
Konkursamt die Kostenrechnung über Fr. 2'272.50.

B.
Mit Klage vom 8. September 2005 verlangte X.________, Y.________ sei zu
verpflichten, ihm Fr. 2'272.50 nebst Zins sowie Fr. 79.-- Betreibungskosten
zu bezahlen. Er führte aus, die Kosten des Konkursverfahrens stellten einen
Schaden gemäss Art. 106 OR dar und seien deshalb vom Schuldner zu tragen.
An seiner Sitzung vom 4. Januar 2006 trat das Landgerichtspräsidium auf die
Klage mangels eines Rechtsschutzinteresses nicht ein.

C.
Gegen diesen Entscheid hat X.________ am 20. März 2006 staatsrechtliche
Beschwerde eingereicht mit dem Begehren um dessen Aufhebung. Y.________ hat
keine Vernehmlassung eingereicht, das Landgerichtspräsidium hat auf eine
solche verzichtet.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Der angefochtene Entscheid ist gemäss Ziff. 3 des Dispositivs
kantonal-rechtlich endgültig. Sodann ist er nicht berufungsfähig (vgl.
Art. 46 und Art. 48 Abs. 1 OG). Folglich unterliegt er der staatsrechtlichen
Beschwerde (Art. 84 Abs. 2 und Art. 86 Abs. 1 OG).

2.
Das Landgerichtspräsidium Uri hat erwogen, der Gläubiger habe die Kosten des
Konkursverfahrens vorzuschiessen. Anschliessend würden diese aus dem
Konkurserlös vorweg bezahlt, wobei sie am Gläubiger hängen blieben, soweit
das Verfahren mangels Aktiven eingestellt werde. Diesfalls könne der
Gläubiger den Schuldner auf Pfändung betreiben. Es sei zwar umstritten, ob
der Schuldner für die Konkurskosten persönlich hafte. So oder anders bringe
aber Art. 68 SchKG, wonach die Betreibungskosten von den Zahlungen des
Schuldners vorab erhoben werden könnten, einen im SchKG allgemeingültigen
Grundsatz zum Ausdruck, dass nämlich letztlich der Schuldner für die Kosten
einzustehen habe, die seinem Gläubiger aus der Zwangsvollstreckung erwachsen.
In analoger Anwendung der Haftung für die Betreibungskosten müsse der
Schuldner deshalb auch für die Verfahrenskosten im Konkurs aufkommen, weshalb
für den Kläger kein Rechtsschutzinteresse bestehe, hierfür eine
Forderungsklage anzuheben.

3.
Der Beschwerdeführer macht geltend, es verstosse gegen das Willkürverbot bzw.
stelle Rechtsverweigerung dar, die Klage nicht an die Hand zu nehmen, da nach
erhobenem Rechtsvorschlag kein Betreibungsbeamter für die im eingestellten
Konkursverfahren entstandenen Kosten auf das Fortsetzungsbegehren hin die
ordentliche Pfändung durchführen würde, ohne dass vorher ein Richter den
Rechtsvorschlag explizit aufgehoben habe. Ferner erhebt er Gehörsrügen.
Wer das Konkursbegehren stellt, haftet für die Kosten, die bis und mit der
Einstellung des Konkurses mangels Aktiven entstehen (Art. 169 Abs. 1 SchKG).
Das Gericht kann vom Gläubiger einen entsprechenden Kostenvorschuss verlangen
(Art. 169 Abs. 2 SchKG), was es im vorliegenden Verfahren auch getan hat.
Wie das Landgerichtspräsidium Uri richtig festgehalten hat, bedeuten Haftung
und Vorschusspflicht für die Konkurskosten, dass der Gläubiger im Prinzip
nicht Endträger der Kosten sein soll, sondern diese aus dem Erlös des
Konkursverfahrens vorab gedeckt werden (Art. 262 Abs. 1 SchKG), dass sie aber
dennoch an ihm hängen bleiben, soweit es keinen Konkurserlös gibt, was
namentlich im Fall der Einstellung mangels Aktiven der Fall ist.
Nach der Einstellung mangels Aktiven kann der Schuldner indes während zweier
Jahre auch auf Pfändung betrieben werden (Art. 230 Abs. 3 SchKG). Im Rahmen
dieser Betreibung gelten die vom Gläubiger bereits bezahlten Konkurskosten
als Betreibungskosten im Sinn von Art. 68 SchKG und können von ihm zur
Hauptforderung hinzugeschlagen werden (Nordmann, in: Kommentar zum
Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, Basel 1998, N. 12 zu Art. 169
SchKG; Jaeger/Walder/Kull/Kottmann, Bundesgesetz über Schuldbetreibung und
Konkurs, 4. Aufl., Zürich 1997, N. 4 zu Art. 169 SchKG).
Dass die Kosten des vorausgegangenen Konkursverfahrens bei einer
anschliessenden Pfändungsbetreibung im Sinn von Art. 230 Abs. 3 SchKG als
Betreibungskosten zur Hauptforderung geschlagen und als solche vom
Pfändungserlös vorweg erhoben werden können (Art. 68 Abs. 2 SchKG), schliesst
jedoch die selbständige, d.h. unabhängig von der Hauptforderung erfolgende,
Geltendmachung der Konkurskosten nicht aus; vielmehr hat der Gläubiger die
Wahl, ob er die Kosten als Akzessorium der Hauptforderung oder aber
selbständig in Betreibung setzen will. Entscheidet er sich für das Letztere
und erhebt der Schuldner Rechtsvorschlag, mangelt es dem Gläubiger an einem
Rechtsöffnungstitel. Demnach bedarf er eines Leistungsurteils, wenn er die
vorgeschossenen Konkurskosten im Rahmen einer hierauf beschränkten Betreibung
auf den Schuldner abwälzen will.
Vor diesem Hintergrund erweist es sich als Rechtsverweigerung, dass das
Landgerichtspräsidium Uri dem Beschwerdeführer jegliches
Rechtsschutzinteresse an einem solchen Urteil abgesprochen und ihn auf die
Möglichkeit, im Sinn von Art. 230 Abs. 3 SchKG die Hauptforderung in
Betreibung zu setzen und dort die Konkurskosten als Betreibungskosten geltend
zu machen, verwiesen hat. Der Nichteintretensentscheid ist demnach
aufzuheben, und das Landgerichtspräsidium wird materiell darüber zu befinden
haben, ob der Schuldner zu den Konkurskosten verurteilt werden kann.
Ist der angefochtene Entscheid bereits wegen Verstosses gegen das
Rechtsverweigerungsverbot aufzuheben, werden die Gehörsrügen gegenstandslos.

4.
Zufolge Gutheissung der staatsrechtlichen Beschwerde wird der
Beschwerdegegner kosten- und entschädigungspflichtig (Art. 156 Abs. 1 und
Art. 159 Abs. 2 OG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
In Gutheissung der staatsrechtlichen Beschwerde wird der Beschluss des
Landgerichtspräsidiums Uri vom 4. Januar 2006 aufgehoben.

2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 1'000.-- wird dem Beschwerdegegner auferlegt.

3.
Der Beschwerdegegner hat den Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche
Verfahren mit Fr. 1'000.-- zu entschädigen.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Landgerichtspräsidium Uri schriftlich
mitgeteilt.

Lausanne, 5. September 2006

Im Namen der II. Zivilabteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Der Gerichtsschreiber: