II. Zivilabteilung 5P.115/2006
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5P.115/2006 /bnm Urteil vom 12. April 2006 II. Zivilabteilung Bundesrichter Raselli, Pr sident, Bundesrichterin Escher, Bundesrichter Meyer, Gerichtsschreiberin Scholl. X. ________ (Ehefrau), Beschwerdef hrerin, vertreten durch Rechtsanw ltin Dr. Heidi Affolter-Eijsten, gegen Y.________ (Ehemann), Beschwerdegegner, vertreten durch Rechtsanwalt Stefano Cocchi, Obergericht des Kantons Luzern, II. Kammer als Revisionsinstanz nach ZPO, Hirschengraben 16, Postfach, 6002 Luzern. Art. 9 BV etc. (Revision eines kantonalen Kindesr ckf hrungsentscheids), Staatsrechtliche Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons Luzern, II. Kammer als Revisionsinstanz nach ZPO, vom 15. Februar 2006. Sachverhalt: A. Aus der Ehe von X.________ (Ehefrau) und Y.________ (Ehemann) stammt der gemeinsame Sohn Z.________, geb. 1999. Die Ehegatten hatten ihren gemeinsamen Haushalt urspr nglich in Italien. Im Juni 2002 reiste X.________ mit Z.________ in die Schweiz und weigerte sich, den Sohn wieder an den ehelichen Wohnsitz zur ckzubringen. In einem (ersten) Verfahren nach dem Haager bereinkommen ber die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentf hrung (HEntf ; SR 0.211.230.02) wurde X.________ daraufhin vom Obergericht des Kantons Luzern verpflichtet, Z.________ nach Italien zur ck zu f hren. Eine gegen diesen Entscheid erhobene staatsrechtliche Beschwerde wies das Bundesgericht am 23. April 2003 ab, soweit es darauf eintrat (Verfahren 5P.128/2003). In der Folge kehrte X.________ mit Z.________ nach Italien zur ck. Im Dezember 2003 entf hrte X.________ Z.________ wiederum in die Schweiz, worauf Y.________ erneut ein Gesuch um R ckf hrung von Z.________ nach Italien gest tzt auf das Haager bereinkommen einreichte. Mit Entscheid vom 12. Juli 2004 setzte das Obergericht des Kantons Luzern X.________ eine Frist bis zum 31. Juli 2004, um Z.________ in die Obhut von Y.________ nach Italien zur ckzuf hren. Die gegen diesen Entscheid gef hrte staatsrechtliche Beschwerde wies das Bundesgericht mit Urteil vom 15. Oktober 2004 ab, soweit es darauf eintrat (Verfahren 5P.354/2004). X.________ kam der Verpflichtung zur R ckf hrung von Z.________ nach Italien nicht nach. Ihr Aufenthaltsort ist unbekannt. B. Am 24. Januar 2006 stellte X.________ beim Obergericht des Kantons Luzern ein Revisionsgesuch. Sie beantragte im Wesentlichen, der obergerichtliche Entscheid vom 12. Juli 2004 sei aufzuheben und neu dahingehend zu entscheiden, dass Z.________ nicht nach Italien zur ckzuf hren sei. Zudem stellte sie ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeist ndung. Mit Entscheid vom 15. Februar 2006 wies das Obergericht das Revisionsgesuch ab, soweit es darauf eintrat, und verweigerte X.________ die unentgeltliche Rechtspflege. C. X. ________ gelangt mit staatsrechtlicher Beschwerde an das Bundesgericht. Sie verlangt die Aufhebung des obergerichtlichen Entscheids vom 15. Februar 2006. Weiter stellt sie auch f r das bundesgerichtliche Verfahren ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege einschliesslich Verbeist ndung. Es sind keine Vernehmlassungen eingeholt worden. Das Bundesgericht zieht in Erw gung: 1. Das Bundesgericht pr ft von Amtes wegen und mit freier Kognition, ob und in welchem Umfang auf eine staatsrechtliche Beschwerde einzutreten ist (BGE 131 I 153 E. 1 S. 156). 1.1 Im Rahmen einer staatsrechtlichen Beschwerde berpr ft das Bundesgericht die Verletzung von Staatsvertragsrecht frei (BGE 126 III 438 E. 3 S. 439; 130 III 489 E. 1.4 S. 492). Hingegen beschr nkt sich die Kognition hinsichtlich kantonalem Recht und Sachverhaltsfeststellungen auf eine Willk rpr fung (BGE 127 I 202 E. 3a S. 204 f.; 129 I 110 E. 1.3 S. 111 f.). Unzul ssig im Verfahren der staatsrechtlichen Beschwerde ist das Vorbringen von Noven (BGE 128 I 354 E. 6c S. 357; 129 I 49 E. 3 S. 57). Soweit die Beschwerdef hrerin neue Beweise einreicht und die Edition von Akten beantragt, k nnen ihre Begehren demnach nicht geh rt werden. 1.2 Nicht einzutreten ist auf Vorhalte, die sich nicht auf den angefochtenen Entscheid beziehen, sondern in genereller Weise das Verhalten von Beh rden, Gerichten sowie der Zentralstelle r gen. Nicht zu beachten ist weiter die unter dem Titel "Vorbemerkungen" enthaltene allgemeine Kritik an der Verwendung des Begriffs "Entf hrung" durch das Obergericht, da damit keine konkrete entscheidbezogene R ge verbunden ist. Ebenfalls nicht einzutreten ist auf den Vorwurf, aus dem angefochtenen Entscheid ergebe sich der Eindruck, das Obergericht habe sich von Vorurteilen und Befangenheit leiten lassen. Konkrete Ablehnungsgr nde gegen die beteiligten Richter im Sinne von Art. 30 Abs. 1 BV bringt die Beschwerdef hrerin in diesem Punkt nicht vor. 2. Das Obergericht ist zun chst zum Schluss gelangt, auch im Vollstreckungstadium (eines R ckf hrungsentscheids) sei das Kindeswohl zu beachten, doch k nne es nicht in dem Sinn oberste Leitmaxime sein, als der materielle R ckf hrungsentscheid als solcher in Frage gestellt oder gar die ganze Streitsache neu aufgerollt werden d rfe. Gepr ft werden k nne einzig, ob nach dem R ckf hrungsentscheid neue Tatsachen eingetreten sind, die dessen Vollstreckung im Lichte des Haager Entf hrungs bereinkommens als unzumutbar erscheinen liessen. Die Beschwerdef hrerin mache aber keine echten Noven geltend, die eine Vollstreckung des R ckf hrungsentscheids vom 12. Juli 2004 als unzumutbar erscheinen liessen. Das Obergericht hat in diesem Punkt im Wesentlichen auf BGE 130 III 530 abgestellt. Gem ss diesem Entscheid kann im Vollstreckungsverfahren einzig gepr ft werden, ob seit dem R ckf hrungsentscheid neue Tatsachen eingetreten sind, die vor bergehender Natur sind und die dessen Vollstreckung als unzumutbar erscheinen lassen (BGE 130 III 530 E. 2 S. 533 ff.). F r den vorliegenden Fall ist das erw hnte Bundesgerichtsurteil indes nicht einschl gig: Die Beschwerdef hrerin hat im kantonalen Verfahren nicht die Verweigerung der Vollstreckung des R ckf hrungsentscheids verlangt, sondern die Revision des R ckf hrungsentscheids an sich. An der Sache vorbei geht auch die Kritik, welche die Beschwerdef hrerin an den obergerichtlichen Erw gungen bt, sowie ihre Vorw rfe bez glich der Handhabung des Haager bereinkommens durch die schweizerischen Beh rden im Allgemeinen. Soweit sie dem Obergericht in diesem Zusammenhang zudem eine Verletzung des rechtlichen Geh rs vorwirft, weil es ohne Begr ndung ausgef hrt habe, es seien keine echten Noven geltend gemacht worden, weist sie nicht nach, ob und welche echten Noven sie im kantonalen Verfahren berhaupt geltend gemacht hat. Mangels Vorbringen einer gen gend substantiierten R ge kann in diesem Punkt folglich nicht auf die Beschwerde eingetreten werden (Art. 90 Abs. 1 lit. b OG). Ob - abgesehen von der prozessrechtlichen Revision (vgl. E. 3 unten) - auf einen R ckf hrungsentscheid zur ckgekommen werden kann, kann damit offen bleiben. 3. Weiter hat das Obergericht gepr ft, ob sein Entscheid vom 12. Juli 2004 gem ss kantonalem Prozessrecht in Revision gezogen werden k nne: Es hat ausgef hrt, nach 273 ZPO/LU sei die Revision zul ssig gegen Endentscheide, welche nach der Zivilprozessordnung formell und materiell rechtskr ftig seien. Revisionsf hig seien Urteile in der Sache, mit denen ein Recht oder ein Rechtsverh ltnis im Rahmen eines materiell-rechtlichen, kontradiktorischen Verfahrens gepr ft und die Streitsache f r die Parteien verbindlich entschieden worden sei. Wie bei den vollstreckungsrechtlichen Entscheiden nach SchKG liege auch bei den Entscheiden betreffend Kindsr ckf hrung nach Haager Entf hrungs bereinkommen keine Zivilsache vor. Beim Verfahren betreffend R ckf hrung eines Kindes handle es sich nicht um eine Zivilrechtsstreitigkeit, vielmehr stelle es eine Art administrative Rechtshilfe zwischen den Vertragsstaaten zur Verf gung. Damit sei der R ckf hrungsentscheid vom 12. Juli 2004 nicht revisionsf hig im Sinne der 273 ff. ZPO/LU. Mit den Voraussetzungen der kantonalen Revision setzt sich die Beschwerdef hrerin nur ungen gend auseinander. Ihre Ausf hrungen in diesem Punkt ersch pfen sich im Wesentlichen in der generellen Bestreitung der obergerichtlichen Erw gungen sowie im Aufwerfen von rhetorischen Fragen. Dass das Obergericht kantonales Prozessrecht geradezu willk rlich angewendet hat, vermag sie damit nicht darzutun. Im brigen ist ein Entscheid wegen Willk r nur aufzuheben, wenn nicht bloss die Begr ndung, sondern auch das Ergebnis unhaltbar ist (BGE 127 I 54 E. 2b S. 56; 129 I 8 E. 2.1 S. 9). Die Beschwerdef hrerin geht in der staatsrechtlichen Beschwerde mit keinem Wort auf die Voraussetzungen der kantonalen Revision ein und legt auch nicht dar, inwiefern vorliegend ein Revisionsgrund gegeben ist. Auf die R ge kann damit mangels rechtsgen glicher Begr ndung nicht eingetreten werden (Art. 90 Abs. 1 lit. b OG). 4. Schliesslich r gt die Beschwerdef hrerin noch die Verweigerung der unentgeltlichen Rechtspflege durch das Obergericht, indes ohne dieses Vorbringen n her zu begr nden. Damit kann in diesem Punkt nicht auf die Beschwerde eingetreten werden (Art. 90 Abs. 1 lit. b OG). Dementsprechend kann auf die staatsrechtliche Beschwerde insgesamt nicht eingetreten werden. Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird die Beschwerdef hrerin grunds tzlich kostenpflichtig (Art. 156 Abs. 1 OG). Sie schuldet dem Beschwerdegegner allerdings keine Parteientsch digung f r das bundesgerichtliche Verfahren, da keine Vernehmlassung eingeholt worden ist. 5. Die Beschwerdef hrerin beantragt f r das bundesgerichtliche Verfahren unentgeltliche Prozessf hrung und Rechtsverbeist ndung. Sie beruft sich dabei auf Art. 22 und Art. 25 HEntf . Einen selbstst ndigen Anspruch auf Unentgeltlichkeit des Verfahrens nach dem Haager bereinkommen ergibt sich aber wenn schon aus Art. 26 HEntf . Indes ist diese Bestimmung nach konstanter Rechtsprechung des Bundesgerichts f r die staatsrechtliche Beschwerde als ausserordentliches Rechtsmittel nicht anwendbar (Urteil des Bundesgerichts 5P.71/2003 vom 27. M rz 2003, E. 5, publ. in: FamPra.ch 2003 S. 716). Die unentgeltliche Rechtspflege kann der Beschwerdef hrerin damit nur unter den Voraussetzungen von Art. 152 OG gew hrt werden: Demnach ist diese einer Partei zu bewilligen, die bed rftig und deren Sache nicht aussichtslos ist (Art. 152 Abs. 1 OG; BGE 125 II 265 E. 4b S. 275; 129 I 129 E. 2.3.1 S. 135 f.). Im vorliegenden Fall konnte auf die Beschwerde wegen ungen gender Begr ndung (Art. 90 Abs. 1 lit. b OG) berhaupt nicht eingetreten werden. Damit haben die Verlustgefahren von vornherein berwogen, so dass das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wegen Aussichtslosigkeit abzuweisen ist. Demnach erkennt das Bundesgericht: 1. Auf die staatsrechtliche Beschwerde wird nicht eingetreten. 2. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege der Beschwerdef hrerin wird abgewiesen. 3. Die Gerichtsgeb hr von Fr. 2'000.-- wird der Beschwerdef hrerin auferlegt. 4. Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Luzern, II. Kammer als Revisionsinstanz nach ZPO, schriftlich mitgeteilt. Lausanne, 12. April 2006 Im Namen der II. Zivilabteilung des Schweizerischen Bundesgerichts Der Pr sident: Die Gerichtsschreiberin: