Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Zivilabteilung 4P.126/2006
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{T 0/2}
4P.126/2006 /bie

Urteil vom 11. September 2006

I. Zivilabteilung

Bundesrichterin Klett, präsidierendes Mitglied,
Bundesrichterin Kiss, Bundesrichter Mathys,
Gerichtsschreiberin Sommer.

X. ________, Beschwerdeführer,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Urs Hess-Odoni,

gegen

Y.________ Ltd., Beschwerdegegnerin,
vertreten durch Rechtsanwalt Bernhard Gübeli,
Obergericht des Kantons Luzern, I. Kammer
als Appellationsinstanz.

Art. 9 und 29 BV
(Zivilprozess; Willkür; faires Verfahren),

Staatsrechtliche Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons
Luzern, I. Kammer als Appellationsinstanz, vom 21. März 2006.

Sachverhalt:

A.
Die Y.________ Ltd. (Beschwerdegegnerin) überwies am 11. März 1988 im
Hinblick auf eine Kapitalerhöhung zur Sanierung der X.________ AG
Fr. 300'000.-- auf ein entsprechendes Sperrkonto bei der Bank B.________. Am
20. Februar 1989 haben die Beschwerdegegnerin und die X.________ AG
vertraglich festgehalten, dass die Beschwerdegegnerin für die Kapitalerhöhung
Fr. 300'000.-- zur Verfügung stelle und dieser Betrag unter allen
Gesichtspunkten als Darlehen an X.________ (Beschwerdeführer) zu verstehen
sei.

In der Folge klagte die Beschwerdegegnerin vor dem Amtsgericht Luzern-Stadt
gegen den Beschwerdeführer und forderte von den Fr. 300'000.-- einen
Teilbetrag über Fr. 50'000.-- unter dem Rechtstitel
Darlehens(teil)rückzahlung. Das Amtsgericht und auf Appellation des
Beschwerdeführers das Obergericht des Kantons Luzern hiessen die Klage mit
Urteil vom 25. Februar 2000 bzw. 22. März 2001 gut.

B.
Am 20. Oktober 2003 reichte die Beschwerdegegnerin beim Amtsgericht
Luzern-Stadt gegen den Beschwerdeführer erneut Klage ein. Sie verlangte die
Zahlung des Restbetrages der Darlehensforderung von Fr. 250'000.-- nebst
Kapital- und Verzugszinsen, wobei sie sich auf das identische Klagefundament
wie im ersten Prozess berief. Der Beschwerdeführer beantragte die Abweisung
der Klage, soweit darauf einzutreten sei. Er machte geltend, es treffe nicht
zu, dass die Beschwerdegegnerin ihm ein Darlehen gewährt habe. Vielmehr habe
sie der X.________ AG Fr. 300'000.-- übergeben, damit er sich treuhänderisch
für sie an der X.________ AG beteilige.

Das Amtsgericht hiess die Klage am 21. April 2005 gut. Es kam erneut zur
Überzeugung, dass die Beschwerdegegnerin dem Beschwerdeführer im Rahmen eines
persönlichen Darlehens Fr. 300'000.-- zur Verfügung gestellt habe, damit er
bei der Kapitalerhöhung die von ihm gewünschten 300 Namenaktien selbst
liberieren konnte.

Dagegen appellierte der Beschwerdeführer an das Obergericht des Kantons
Luzern. Dieses wies die Appellation mit Urteil vom 21. März 2006 ab und
stützte die Auffassung des Amtsgerichts.

C.
Der Beschwerdeführer beantragt mit staatsrechtliche Beschwerde, das
angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur Neubeurteilung an die
Vorinstanz zurückzuweisen.

Das Obergericht und die Beschwerdegegnerin schliessen auf Abweisung der
Beschwerde, soweit darauf einzutreten sei.

D.
Parallel zur staatsrechtlichen Beschwerde hat der Beschwerdeführer in
gleicher Sache eidgenössische Berufung eingelegt.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Erhebt eine Partei gleichzeitig staatsrechtliche Beschwerde und Berufung, so
ist in der Regel zuerst über die staatsrechtliche Beschwerde zu befinden und
der Entscheid über die Berufung wird ausgesetzt (Art. 57 Abs. 5 OG).
Vorliegend besteht kein Anlass, anders zu verfahren.

2.
Das Bundesgericht prüft im Verfahren der staatsrechtlichen Beschwerde nur
klar und detailliert erhobene und, soweit möglich, belegte Rügen. In der
Beschwerdeschrift sind die als verletzt behaupteten Bestimmungen im Einzelnen
zu nennen. Überdies ist darzutun, inwiefern diese verletzt sein sollen (Art.
90 Abs. 1 lit. b OG). Auf ungenügend begründete Rügen und rein
appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid tritt das Bundesgericht
nicht ein (BGE 130 I 26 E. 2.1, 258 E. 1.3). Macht der Beschwerdeführer - wie
hier - eine Verletzung des Willkürverbots geltend, muss er in der
Beschwerdeschrift im Einzelnen aufzeigen, inwiefern der Entscheid an einem
qualifizierten und offensichtlichen Mangel leidet (BGE 130 I 258 E. 1.3 S.
262; 129 I 113 E. 2 S. 120).

Dabei ist zu beachten, dass Willkür im Sinne von Art. 9 BV nach ständiger
Rechtsprechung nicht schon dann vorliegt, wenn eine andere Lösung ebenfalls
vertretbar erscheint oder gar vorzuziehen wäre. Das Bundesgericht hebt einen
kantonalen Entscheid nur auf, wenn er offensichtlich unhaltbar ist, zur
tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht, eine Norm oder einen
unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletzt oder in stossender Weise dem
Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft. Willkür liegt zudem nur vor, wenn nicht
bloss die Begründung eines Entscheides, sondern auch das Ergebnis unhaltbar
ist (BGE 131 I 57 E. 2 S. 61; 129 I 8 E. 2.1 mit Hinweisen).

3.
Der Beschwerdeführer beanstandet, dass das Obergericht den von ihm
beantragten Zeugen A.________ nicht einvernommen hat. Darin liege eine
Verletzung des fairen Verfahrens (Art. 29 BV) und des Willkürverbots (Art. 9
BV).

3.1 Diese Rüge ist kaum rechtsgenüglich begründet. Aus der Beschwerde geht
namentlich nicht deutlich hervor, inwiefern der Grundsatz der
Verfahrensfairness verletzt worden sein soll. Soweit der Beschwerdeführer
eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör nach Art. 29 Abs. 2 BV
geltend machen will, insbesondere des darin enthaltenen Anspruchs auf Abnahme
und Würdigung der angebotenen Beweise, so ist er darauf hinzuweisen, dass
dieser Anspruch in seiner verfassungsrechtlichen Ausgestaltung nicht
unbeschränkt gilt. Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung darf vielmehr
das Beweisverfahren geschlossen werden, wenn die noch offenen Beweisanträge
offensichtlich untauglich sind oder eine rechtsunerhebliche Tatsache
betreffen, oder wenn das Gericht aufgrund der bereits abgenommenen Beweise
seine Überzeugung gebildet hat und willkürfrei davon ausgehen darf, diese
würde durch weitere Beweiserhebungen nicht erschüttert (BGE 131 I 153 E. 3 S.
157; 130 II 425 E. 2.1 S. 429; 129 I 151 E. 4.2; 122 II 464 E. 4a; 119 Ib 492
E. 5b/bb S. 505 f.; antizipierte Beweiswürdigung).

Das Bundesgericht greift in eine antizipierte Beweiswürdigung nur ein, wenn
sie willkürlich und damit offensichtlich unhaltbar ist, namentlich wenn sie
eine prozessuale Vorschrift oder einen unumstrittenen Grundsatz des
Beweisrechts krass verletzt oder sonst wie in stossender Weise dem
Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft (BGE 129 I 8 E. 2.1; 124 I 208 E. 4a, je
mit Hinweisen). Inwiefern dies zutreffen soll, ist in der staatsrechtlichen
Beschwerde klar und detailliert aufzuzeigen (Art. 90 Abs. 1 lit. b OG).

3.2 Das Obergericht hat in antizipierter Beweiswürdigung auf die Einvernahme
von A.________ als Zeugen verzichtet, da seine Aussagen am Prozessausgang
nichts zu ändern vermöchten. Es begründete dies eingehend und führte
insbesondere aus, es sei aufgrund der Würdigung der bereits erhobenen Beweise
zur festen Überzeugung gelangt, der Hauptbeweis sei unumstösslich erbracht.
Falls der Zeuge das behauptete Treuhandverhältnis bestätigen würde, stünde
dies in völligem Widerspruch zu seiner Korrespondenz und den übrigen
Prozessakten. Bei einer Würdigung solcher sich widersprechenden Beweise würde
das Gericht klar auf die im Anschluss an die Kapitalerhöhung erfolgte
Vereinbarung vom 20. Februar 1989 und das anschliessende Verhalten der
Parteien abstellen. Da im Umfeld der Kapitalerhöhung nie von einer
treuhänderischen Aktienzeichnung die Rede gewesen sei, könnte eine 17 Jahre
später erfolgte andere Aussage des Zeugen seine frühere Darstellung in den
Briefen nicht entkräften.

Der Beschwerdeführer zeigt nicht auf, inwiefern diese überzeugenden
Erwägungen des Obergerichts zum Verzicht auf die Anhörung des Zeugen
A.________ im oben dargelegten Sinn willkürlich sein sollen (Art. 90 Abs. 1
lit. b OG). Die diesbezügliche Rüge ist unbegründet, soweit überhaupt darauf
eingetreten werden kann. Damit stösst auch der Vorwurf ins Leere, die
Sachverhaltsermittlung sei wegen des Verzichts auf die Einvernahme des Zeugen
A.________ unvollständig und daher willkürlich.

4.
Dem Beschwerdeführer ist auch nicht zu folgen, soweit er eine Verletzung des
Anspruchs auf Begründung rügt.

Aus dem Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV) folgt unter
anderem die grundsätzliche Pflicht der Behörden, ihren Entscheid zu
begründen. Die Begründung muss so abgefasst sein, dass der Betroffene den
Entscheid gegebenenfalls sachgerecht anfechten kann. Sie muss kurz die
wesentlichen Überlegungen nennen, von denen sich das Gericht hat leiten
lassen und auf die sich sein Entscheid stützt. Nicht erforderlich ist
hingegen, dass sich der Entscheid mit allen Parteistandpunkten einlässlich
auseinander setzt und jedes einzelne Vorbringen ausdrücklich widerlegt (BGE
130 II 530 E. 4.3 S. 540; 129 I 232 E. 3.2; 126 I 97 E. 2b).

Diesen Anforderungen wurde das Obergericht offensichtlich gerecht. Entgegen
der Ansicht des Beschwerdeführers begründete es seinen Entscheid
nachvollziehbar und legte dar, auf welche Gründe sich seine erlangte
Überzeugung gestützt hat. In verfassungsrechtlicher Hinsicht war es nicht
erforderlich, dass sich das Obergericht mit jedem Vorbringen in der
Appellationsbegründung des Beschwerdeführers auseinander setzte.

5.
Weiter rügt der Beschwerdeführer, das Obergericht habe seine Kognition im
Widerspruch zum geltenden Luzerner Zivilprozessrecht auf eine Willkürprüfung
beschränkt.

Darauf kann nicht eingetreten werden, da der Beschwerdeführer nicht
rechtsgenüglich dartut, welche kantonale Verfahrensvorschrift das Obergericht
willkürlich angewendet haben soll (Art. 90 Abs. 1 lit. b OG).

Abgesehen davon, zeigt ein Blick in das angefochtene Urteil, dass das
Obergericht die Streitsache in den angefochtenen Punkten frei überprüft hat.
Dies wird auch durch die Vernehmlassung des Obergerichts bestätigt, in der
ausgeführt wird, in Ziff. 5.3 des angefochtenen Urteils sei nur deshalb von
willkürlicher Beweiswürdigung die Rede, weil der Beschwerdeführer diesen
Vorwurf erhoben habe.

6.
Schliesslich rügt der Beschwerdeführer unter dem Aspekt der Willkür, das
Obergericht habe entgegen Art. 116 IPRG schweizerisches Recht angewendet,
obwohl keine entsprechende Rechtswahl der Parteien vorliege. Auf diese Rüge,
die eine Rechtsfrage betrifft, kann wegen der Subsidiarität der
staatsrechtlichen Beschwerde in der vorliegenden berufungsfähigen Streitsache
nicht eingetreten werden (Art. 84 Abs. 2 OG; BGE 129 I 173 E. 1.1 S. 174; 120
II 384 E. 4a).

7.
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Bei
diesem Ausgang des Verfahrens wird der Beschwerdeführer kosten- und
entschädigungspflichtig (Art. 156 Abs. 1 und Art. 159 Abs. 2 OG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die staatsrechtliche Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten
ist.

2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 6'000.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Der Beschwerdeführer hat die Beschwerdegegnerin für das bundesgerichtliche
Verfahren mit Fr. 7'000.-- zu entschädigen.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Luzern, I.
Kammer als Appellationsinstanz, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 11. September 2006

Im Namen der I. Zivilabteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Das präsidierende Mitglied:  Die Gerichtsschreiberin: