Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung 2A.92/2006
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2A.92/2006 /vje

Urteil vom 9. März 2006
II. Öffentlichrechtliche Abteilung

Bundesrichter Merkli, Präsident,
Bundesrichter Hungerbühler, Wurzburger,
Gerichtsschreiber Feller.

Swissmedic, Schweizerisches Heilmittelinstitut, Postfach, 3000 Bern 9,
Beschwerdeführerin,

gegen

X.________ AG,
Beschwerdegegnerin, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Heiner Bernold,
Eidgenössisches Departement des Innern, 3003 Bern.

Rechtsverweigerungs- und Rechtsverzögerung,

Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen die Zwischenverfügung des Eidgenössischen
Departements des Innern vom 5. Oktober 2005.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
1.1 Die X.________ AG reichte am 17. Dezember 2003 bei der Swissmedic,
Schweizerisches Heilmittelinstitut, ein Gesuch um Anerkennung des
Phytoarzneimittels A.________ ein; es handelt sich dabei um ein
Rotklee-Präparat. Nachdem Swissmedic am 7. September 2004 eine Abweisung des
Gesuchs wegen Mängeln im Bereich der Qualität und des Wirksamkeitsnachweises
in Aussicht gestellt hatte, zog die X.________ AG das Zulassungsgesuch
zurück; Swissmedic schrieb das Zulassungsverfahren am 20. Januar 2005 vom
Geschäftsverzeichnis ab.
Bereits am 21. Juli 2004 hatte die X.________ AG Swissmedic mitgeteilt, dass
eine andere Unternehmung ein nicht registriertes Rotklee-Präparat vertreibe.
Am 14. März 2005 wies sie Swissmedic darauf hin, dass weitere nicht
registrierte Rotklee-Präparate auf dem Markt seien. Sie machte geltend, sie
sei benachteiligt, weil sie, anders als Konkurrenten, das
Registrierungsverfahren eingeleitet habe, die nach Auffassung von Swissmedic
fehlenden Daten aber mangels Interesses der Lizenzgeber an der
Datenbeschaffung nicht vorlegen könne. Am 30. Juni 2005 erhob die X.________
AG beim Eidgenössischen Departement des Innern Beschwerde wegen
Rechtsverweigerung und Rechtsverzögerung gegen Swissmedic, weil diese trotz
einer am 27. Oktober 2004 abgegebenen Bestätigung, die sich aufdrängenden
Massnahmen seien eingeleitet worden, nichts unternommen habe. Es wurde
beantragt, Swissmedic sei anzuweisen, sofort dafür zu sorgen, dass keine
nicht registrierten Rotklee-Produkte auf dem schweizerischen Markt angeboten
würden. Das Eidgenössische Departement des Innern trat mit Zwischenverfügung
vom 5. Oktober 2005 auf die Beschwerde betreffend Rechtsverweigerung und
Rechtsverzögerung im Sinne der Erwägungen ein und setzte Swissmedic Frist an,
um ihre Stellungnahme mit den Vorakten einzureichen.

1.2 Gegen diese Zwischenverfügung gelangte Swissmedic entsprechend der
Rechtsmittelbelehrung des Departements am 17. Oktober 2005 mit
Verwaltungsgerichtsbeschwerde ans Eidgenössische Versicherungsgericht. Sie
beantragte, die Zwischenverfügung sei aufzuheben und das Departement
anzuweisen, die Eingabe der X.________ AG vom 30. Juni 2005 als
Aufsichtsbeschwerde nach Art. 71 VwVG zu behandeln, eventuell die Eingabe
betreffend Rechtsverweigerung und Rechtsverzögerung an die Eidgenössische
Rekurskommission für Heilmittel zu überweisen und diese anzuweisen, die
Eingabe als Beschwerde nach Art. 70 VwVG zu behandeln.

Mit Urteil vom 17. Januar 2006 trat das Eidgenössische Versicherungsgericht
mangels Vorliegens einer bundessozialversicherungsrechtlichen Verfügung auf
die Eingabe vom 18. Oktober (richtig: 17. Oktober) 2005 nicht ein und
überwies sie an das Schweizerische Bundesgericht zur weiteren Behandlung.

In seiner bereits dem Eidgenössischen Versicherungsgericht eingereichten
Vernehmlassung beantragt das Eidgenössische Departement des Innern Abweisung
der Beschwerde. Eine Vernehmlassung der X.________ AG ist nicht eingeholt
worden.

1.3 Am 16. November 2005 hat das Eidgenössische Departement des Innern das
bei ihm hängige Aufsichts- bzw. Beschwerdeverfahren sistiert.

2.
2.1 Angefochten ist eine Zwischenverfügung. Zwischenverfügungen sind mit
Verwaltungsgerichtsbeschwerde nur anfechtbar, sofern die
Verwaltungsgerichtsbeschwerde in der Sache selbst gegeben ist (Art. 101 lit.
a OG e contrario) und wenn sie einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil
bewirken können (Art. 97 OG in Verbindung mit Art. 5 und 45 Abs. 1 VwVG). Ob
die Verwaltungsgerichtsbeschwerde in der Sache selbst gegeben wäre und ob ein
nicht wieder gutzumachender Nachteil vorliegt, hängt insbesondere von der
Natur des durch die Rechtsverweigerungs- bzw. Rechtsverzögerungsbeschwerde
veranlassten Verfahrens vor dem Departement ab.

2.2
2.2.1 Das von der X.________ AG anhängig gemachte Zulassungsverfahren für ihr
Rotklee-Präparat ist abgeschlossen; ein neues Verfahren hat sie nicht
eingeleitet. Sodann liegt kein Zulassungsentscheid von Swissmedic für
Rotklee-Präparate zugunsten von Konkurrenten der X.________ AG vor. Nach
Auffassung des Departements muss diese, falls der Vertrieb der fraglichen
Präparate ohne Bewilligungsverfahren faktisch gestattet bleibt, zu einer
Rechtsverweigerungs- bzw. Rechtsverzögerungsbeschwerde berechtigt sein.
Swissmedic geht davon aus, dass die X.________ AG bloss Anzeige bei ihr
erstatten könne und im dadurch (allenfalls) ausgelösten Aufsichtsverfahren
gemäss Art. 71 VwVG keine Parteistellung habe.

2.2.2 Swissmedic ist eine öffentlichrechtliche Anstalt mit eigener
Rechtspersönlichkeit (Art. 68 Abs. 2 des Bundesgesetzes vom 15. Dezember 2000
über Arzneimittel und Medizinalprodukte [Heilmittelgesetz, HMG; SR 812.21]).
Sie ist damit eine Verwaltungseinheit der dezentralen Bundesverwaltung (Art.
6 Abs. 1 lit. f in Verbindung mit Art. 6 Abs. 3 der Regierungs- und
Verwaltungsorganisationsverordnung vom 25. November 1998 [RVOV; SR
172.010.1]). Administrative Aufsichtsbehörde über Swissmedic ist das
Eidgenössische Departement des Innern (Art. 28 lit. c RVOV und Anhang dazu
bzw. Art. 16a der Organisationsverordnung für das Eidgenössische Departement
des Innern [OV-EDI; SR 172.212.1]).

Mit Aufsichtsbeschwerden ist an die Aufsichtsbehörde zu gelangen (Art. 71
Abs. 1 VwVG). Sodann sind an sich auch Rechtsverweigerungs- bzw.
Rechtsverzögerungsbeschwerden bei der Aufsichts-behörde einzureichen (Art. 70
Abs. 1 VwVG), welche nicht notwendigerweise mit der ordentlichen
Rechtsmittelbehörde identisch ist. Steht allerdings die
Verwaltungsgerichtsbeschwerde ans Bundesgericht offen, ist eine Beschwerde
wegen Rechtsverweigerung gegen eine Vorinstanz des Bundesgerichts bei diesem
und nicht etwa bei der Aufsichtsbehörde jener Instanz einzureichen; dies
ergibt sich aus der Fiktion von Art. 97 Abs. 2 OG, wonach auch das
unrechtmässige Verweigern oder Verzögern einer Verfügung als Verfügung gilt
(Fritz Gygi, Bundesverwaltungsrechtspflege, 2. Aufl., Bern 1983, S. 226). Der
Beschwerdeweg ans Bundesgericht ist, sofern er in der Sache gegeben ist, auch
dann offen zu halten, wenn eine eidgenössische Rekurskommission als mittlere
Instanz eingeschaltet ist. Diesfalls hat sich die Beschwerde betreffend
Rechtsverweigerung bzw. Rechtsverzögerung gegen eine Vorinstanz einer
Rekurskommission an diese zu richten; es ist der ordentliche Rechtsmittelweg
zu beschreiten, wie er zur Anfechtung der (verweigerten) Verfügung gegeben
wäre (vgl. VPB 67/2003 Nr. 70 S. 664, E. 1 S. 669; Urteil des Bundesgerichts
2A.94/2006 vom 27. Februar 2006 E. 2.3 mit weiteren Hinweisen).

Art. 70 VwVG beschlägt ausschliesslich das unrechtmässige Verweigern oder
Verzögern einer Verfügung, nicht andere Unterlassungen einer Behörde. Wäre
die Eingabe der X.________ AG nicht als blosse Aufsichtsbeschwerde zu
betrachten, sondern müsste sie als eigentliche Rechtsverweigerungs- bzw.
Rechtsverzögerungsbeschwerde entgegengenommen werden, könnte sich diese
einzig auf das Ausbleiben einer Verfügung über die Zulassung oder
Nichtzulassung von Rotklee-Präparaten von Konkurrenten beziehen. Gegen eine
entsprechende materielle Verfügung von Swissmedic steht grundsätzlich die
Beschwerde an die Eidgenössische Rekurskommission für Heilmittel offen (Art.
85 Abs. 1 HMG), gegen deren Urteil derjenige Verwaltungsgerichtsbeschwerde
ans Bundesgericht erheben kann, der im Sinne von Art. 103 OG dazu legitimiert
ist. Nach dem vorstehend Gesagten wäre damit nicht das Eidgenössische
Departement des Innern als Aufsichtsbehörde, sondern die Eidgenössische
Rekurskommission für Heilmittel zur Behandlung der Rechtsverweigerungs- und
Rechtsverzögerungsbeschwerde zuständig, wobei auch die Rekurskommission die
Frage der Legitimation der X.________ AG zu prüfen hätte. Die Zuständigkeit
des Departements besteht bloss insoweit, als die Eingabe vom 30. Juni 2005
als Anzeige im Sinne von Art. 71 VwVG betrachtet werden kann.

2.2.3 Das Departement hat bisher Swissmedic bloss aufgefordert, ihre
Stellungnahme zur Eingabe vom 30. Juni 2005 sowie die Vorakten einzureichen.
Selbst wenn es entschieden hat, dass auf die Beschwerde betreffend
Rechtsverweigerung und Rechtsverzögerung "im Sinne der Erwägungen"
eingetreten werde, hat es weder das Vorliegen eines entsprechenden Mangels
festgestellt oder sonstwie Swissmedic Fehler vorgeworfen noch diese schon zur
Ergreifung konkreter Massnahmen verpflichtet. Ob solche notwendig sind, wird
es - im aufsichtsrechtlichen Verfahren und ohne Miteinbezug der X.________ AG
als Partei (vgl. Art. 71 Abs. 2 VwVG) - erst noch näher prüfen. Gegen
diesbezügliche administrative Anweisungen wird Swissmedic übrigens nicht ohne
weiteres Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen können. Soweit das Departement
im weiteren Verlauf des Verfahrens definitiv die Auffassung vertreten sollte,
es liege (auch) eine formelle Rechtsverweigerungs- bzw.
Rechtsverzögerungsbeschwerde vor, hätte es die Sache insofern an die
Eidgenössische Rekurskommission für Heilmittel zu überweisen.

Die Beschwerdeführerin legt nicht dar und es ist nicht erkennbar, inwiefern
die angefochtene verfahrensleitende Zwischenverfügung unter diesen Umstände
für sie einen nicht wiedergutzumachenden Nachteil im Sinne der Rechtsprechung
zu Art. 45 Abs. 1 VwVG bewirken könnte (vgl. BGE 127 II 132 E. 2 S. 136 f.;
125 II 613 E. 2-7 S. 619 ff.).
2.3 Nach dem Gesagten ist auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde nicht
einzutreten.

Kosten sind nicht zu erheben (Art. 156 Abs. 2 OG).

Demnach erkennt das Bundesgericht

im Verfahren nach Art. 36a OG:

1.
Auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird nicht eingetreten.

2.
Es werden keine Kosten erhoben.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Eidgenössischen Departement des
Innern, der Eidgenössischen Rekurskommission für Heilmittel sowie dem
Eidgenössischen Versicherungsgericht schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 9. März 2006

Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Der Gerichtsschreiber: