Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung 2A.79/2006
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{T 0/2}
2A.79/2006 /wim

Urteil vom 15. August 2006
II. Öffentlichrechtliche Abteilung

Bundesrichter Merkli, Präsident,
Bundesrichter Betschart, Bundesrichterin Yersin,
Gerichtsschreiber Uebersax.

X.________,
Y.________,
Beschwerdeführer,
beide vertreten durch Rechtsanwalt Rolf Liniger,

gegen

Steueramt des Kantons Solothurn, Schanzmühle, Werkhofstrasse 29c, 4509
Solothurn,
Kantonales Steuergericht Solothurn, Centralhof, Bielstrasse 9, 4502
Solothurn.

Staats- und Bundessteuer 2002,

Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen das Urteil des Steuergerichts des Kantons
Solothurn
vom 28. November 2005.

Sachverhalt:

A.
Die Ehegatten X.________ und Y.________ wurden am 11. August 2003 für die
direkte Bundessteuer und Staatssteuer der Steuerperiode 2002 definitiv
veranlagt. X.________, an den die Veranlagungen adressiert wurden, lebte
damals zeitweise in Ascona/TI, danach vorübergehend in Cannobio/Italien und
in der Folge wiederum in Ascona, während Y.________ zusammen mit den
schulpflichtigen Kindern ununterbrochen in Olten geblieben war. Nachdem die
Steuerpflichtigen mehrfach gemahnt worden waren, teilte X.________ der
Steuerverwaltung der Einwohnergemeinde Olten am 2. Januar 2004 mit, keine
definitiven Veranlagungen erhalten und seinen Wohnsitz inziwschen nach
Italien verlegt zu haben. Mit Schreiben vom 7. Januar 2004 gab das Steueramt
des Kantons Solothurn X.________ bekannt, von seinem Wegzug ins Ausland
Kenntnis genommen zu haben, und forderte ihn auf, eine Vertreteradresse in
der Schweiz zu bezeichnen. Gleichzeitig wurde ihm mitgeteilt, die
Veranlagungen würden sowohl ihm als auch seiner Ehefrau und die Rechnungen
inskünftig einzig seiner Ehefrau zugestellt.

Am 8. Januar 2004 gab die Veranlagungsbehörde Olten-Gösgen Kopien der
Veranlagungen der direkten Bundessteuer und der Staatssteuer vom 11. August
2003 per Einschreiben (lettre signature) sowohl an Y.________ als auch an
X.________ auf. Y.________ nahm die Veranlagungen am 12. Januar 2004 bei der
Post entgegen. Nach ersten Angaben erhielt X.________ seine Veranlagungen am
14. Januar 2004; gemäss seiner späteren Darstellung gelangte er erst am 16.
Januar 2004 in ihren Besitz.

Mit Schreiben vom 30. Januar 2004 teilte X.________ dem Steueramt des Kantons
Solothurn mit, als seine Vertreteradresse in der Schweiz für
Steuerangelegenheiten bestimme er diejenige seiner Ehefrau.

B.
Am 16. Februar 2004 erhob X.________ namens beider Steuerpflichtigen
Einsprache gegen die Veranlagungen vom 11. August 2003. Mit Verfügung vom 9.
August 2005 trat die Veranlagungsbehörde Olten-Gösgen als Einspracheinstanz
auf die Einsprache wegen verspäteter Einreichung nicht ein. Dagegen erhoben
die Steuerpflichtigen Rekurs und Beschwerde beim Steuergericht des Kantons
Solothurn. Dieses wies die beiden Rechtsmittel am 28. November 2005 ab.

C.
Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde vom 8. Februar 2006 an das Bundesgericht
beantragen X.________ und Y.________, das Urteil des Steuergerichts sei
aufzuheben und die Sache sei zur Neubeurteilung an dieses zurückzuweisen;
eventuell sei festzustellen, dass die Einsprachefrist gewahrt sei und die
Sache sei an die Veranlagungsbehörde zurückzuweisen.

Das Steueramt des Kantons Solothurn und die Eidgenössische Steuerverwaltung
schliessen auf Abweisung der Beschwerde. Das Steuergericht des Kantons
Solothurn stellt Antrag auf Abweisung der Beschwerde, soweit darauf
einzutreten sei.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
1.1 Das Urteil des Steuergerichts kann hinsichtlich der direkten Bundessteuer
mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Bundesgericht angefochten werden (Art.
146 des Bundesgesetzes vom 14. Dezember 1990 über die direkte Bundessteuer,
DBG; SR 642.11; vgl. BGE 131 II 1 E. 2.1 S. 4).

Was die kantonalen Steuern betrifft, so unterliegen gemäss Art. 73 Abs. 1 des
Bundesgesetzes vom 14. Dezember 1990 über die Harmonisierung der direkten
Steuern der Kantone und Gemeinden (StHG; SR 642.14) Entscheide der letzten
kantonalen Instanzen, die eine in den Titeln 2-5 und 6 in Kapitel 1 des
Gesetzes geregelte Materie betreffen, ebenfalls der
Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht. Die Einsprache ist in
Art. 48 StHG und damit im 5. Titel des Steuerharmonisierungsgesetzes
geregelt. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde steht somit auch bezüglich der
kantonalen Steuern offen (vgl. dazu im Übrigen BGE 130 II 65 E. 5 S. 72 ff.,
insb. E. 5.2 S. 74).

1.2 Mit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht kann die
Verletzung von Bundesrecht, einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch
des Ermessens, sowie die unrichtige oder unvollständige Feststellung des
rechtserheblichen Sachverhalts gerügt werden (Art. 104 lit. a und b OG). Hat
jedoch - wie hier - eine richterliche Behörde als Vorinstanz entschieden und
den Sachverhalt nicht offensichtlich unrichtig, unvollständig oder unter
Verletzung wesentlicher Verfahrensvorschriften erhoben, ist das Bundesgericht
an ihre Sachverhaltsfeststellungen gebunden (Art. 105 Abs. 2 OG).

Hinsichtlich der kantonalen Steuern prüft das Bundesgericht frei, ob die
kantonale Regelung den bundesrechtlichen Vorschriften entspricht. Wo das
Bundesrecht den Kantonen einen Gestaltungsspielraum belässt, prüft das
Bundesgericht die Anwendung der diesbezüglichen kantonalen Vorschriften
jedoch lediglich auf Willkür hin.

1.3 Im Verfahren der Verwaltungsgerichtsbeschwerde betreffend die direkte
Bundessteuer wendet das Bundesgericht das massgebende Bundesrecht von Amtes
wegen an, ohne an die Begründung der Parteibegehren gebunden zu sein (Art.
114 Abs. 1 zweiter Halbsatz OG); es kann die Beschwerde auch aus andern als
den geltend gemachten Gründen gutheissen oder abweisen. Hebt das
Bundesgericht das angefochtene Urteil auf, so entscheidet es selbst in der
Sache oder weist diese zu neuer Beurteilung an die Vorinstanz zurück (Art.
114 Abs. 2 erster Satz OG; BGE 131 II 1 E. 2.3 S. 4 f., mit Hinweisen).

Im Unterschied dazu hat die Beschwerde hinsichtlich der kantonalen Steuern
lediglich kassatorische Wirkung. Steht die Verwaltungsgerichtsbeschwerde
offen, kann das Bundesgericht den angefochtenen Entscheid nur aufheben und
die Sache zu neuem Entscheid an die Vorinstanz zurückweisen (BGE 131 II 1 E.
2.3 S. 5, mit Hinweisen).

2.
2.1 Die Beschwerdeführer machen zunächst geltend, die Vorinstanz habe den
Sachverhalt falsch und unvollständig festgestellt, indem sie im angefochtenen
Entscheid auf die Entgegennahme der Veranlagung durch den Ehemann am 16.
Januar 2004 und auf die Einsprachegründe der Beschwerdeführer nicht
eingegangen sei. Wegen der fehlenden Ausführungen zum Zeitpunkt der
Entgegennahme der Veranlagung durch den Ehemann sind die Beschwerdeführer
zusätzlich der Ansicht, die Vorinstanz habe ihre Begründungspflicht nach Art.
29 Abs. 2 BV verletzt. Gleichzeitig liege darin ein Verstoss gegen Art. 6
Ziff. 1 EMRK und Art. 18 Abs. 2 der Verfassung des Kantons Solothurn vom 8.
Juni 1986 (KV).

2.2 Art. 6 EMRK ist auf Steuerverfahren nicht anwendbar (Urteile des
Bundesgerichts 2P.41/2002 vom 10. Juni 2003, E. 5.1, in Pra 2004 Nr. 2 S. 9;
2P.416/1995 vom 19. August 1996, E. 2, in StE 1997 A 26 Nr. 1), und Art. 18
Abs. 2 KV bietet keinen über Art. 29 Abs. 2 BV hinausreichenden Schutz, was
die Beschwerdeführer im Übrigen auch gar nicht behaupten.

2.3 Aus dem in Art. 29 Abs. 2 BV verankerten Grundsatz des rechtlichen Gehörs
ergibt sich nach ständiger Rechtsprechung die Pflicht von Gerichten und
Behörden, ihre Verfügungen und Entscheide zu begründen (grundlegend: BGE 112
Ia 107 E. 2b S. 109 f.; vgl. auch BGE 126 I 97 E. 2b S. 102). Die Begründung
eines Entscheids muss so abgefasst sein, dass der Betroffene ihn
gegebenenfalls sachgerecht anfechten kann. Dies ist nur möglich, wenn sowohl
er wie auch die Rechtsmittelinstanz sich über die Tragweite des Entscheids
ein Bild machen können. In diesem Sinne müssen wenigstens kurz die
Überlegungen genannt werden, von denen sich die Behörde leiten liess und auf
welche sich ihr Entscheid stützt (BGE 126 I 97 E. 2b S. 102 f., mit
Hinweisen).

2.4 Die Vorinstanz brauchte nur den für ihren Entscheid wesentlichen
Sachverhalt festzustellen und sich in der Begründung auch nur insoweit zu
äussern, als dies für die Urteilsfällung massgeblich war. Offenbar hielt sie
den Umstand, dass der Ehemann die ihm zugestellte separate Kopie der
Veranlagungen erst später als die Ehefrau erhalten hatte, als unmassgeblich,
da nach ihrer Auffassung die Einsprachefrist bereits mit der Eröffnung der
Veranlagungen an die Ehefrau zu laufen begonnen hatte. Sofern dies zutreffen
sollte, erwiese sich die Feststellung des Sachverhalts im angefochtenen
Entscheid nicht als offensichtlich unrichtig oder unvollständig (dazu E.
3.5).
2.5 Immerhin hätte sich das Steuergericht durchaus dazu äussern können und
müssen, weshalb es die spätere Mitteilung an den Ehemann nicht als
entscheidwesentlich erachtete. Dies gilt erst recht, weil sich die
Beschwerdeführer ausdrücklich genau auf diesen Umstand berufen hatten. In
diesem Sinne erweist sich der angefochtene Entscheid als jedenfalls sehr
knapp begründet. Es kann aber offen bleiben, ob die Vorinstanz deswegen die
verfassungsrechtlichen Anforderungen missachtet hat oder nicht. Die
Beschwerdeführer vermochten das Urteil des Steuergerichts durchaus
sachgerecht beim Bundesgericht anzufechten. Im Übrigen können allfällige
Verletzungen des rechtlichen Gehörs unter bestimmten Voraussetzungen durch
die Rechtsmittelinstanz geheilt werden (vgl. BGE 126 I 68 E. 2 S. 72 mit
Hinweisen; Urteil des Bundesgerichts 1A.254/2004 vom 7. Februar 2005, E. 3).
Dies trifft im vorliegenden Fall zu, nachdem die Beschwerdeführer ihren
Standpunkt dem Bundesgericht umfassend vortragen konnten, ihre Darstellung
hinsichtlich des späteren Empfangs der Veranlagungen durch den Ehemann
aktenkundig und grundsätzlich unbestritten ist und das Bundesgericht dies
demnach bei seinem Entscheid berücksichtigen kann.

3.
3.1 Hinsichtlich der direkten Bundessteuer gilt zunächst, dass sämtliche
Mitteilungen der Steuerbehörden an verheiratete Steuerpflichtige, die in
rechtlich und tatsächlich ungetrennter Ehe leben, an die Ehegatten gemeinsam
zu richten sind (Art. 113 Abs. 4 DBG). Rechtsmittel und andere Eingaben
gelten als rechtzeitig eingereicht, wenn ein Ehegatte innert Frist handelt
(Art. 113 Abs. 3 DBG). Gemäss Art. 132 Abs. 1 DBG sind Einsprachen gegen die
Veranlagungsverfügung betreffend die direkte Bundessteuer innert 30 Tagen
nach Zustellung der Veranlagungsverfügung zu erheben.

3.2 Das Steuergericht stellte darauf ab, dass die Veranlagungsverfügung der
Ehefrau am 12. Januar 2004 ausgehändigt worden war, weshalb die
Einsprachefrist für beide Ehegatten am 13. Januar 2004 zu laufen begonnen und
am 11. Februar 2004 geendet habe. Die am 16. Februar 2004 erfolgte Einsprache
sei daher verspätet erfolgt. Die Beschwerdeführer stellen sich demgegenüber
auf den Standpunkt, entscheidend sei nicht der Zeitpunkt der Eröffnung an die
Ehefrau, sondern an den Ehemann, zumal die Steuerbehörde beiden je eine
separate Kopie der Veranlagungsverfügung per Einschreiben (lettre signature)
zugestellt habe. Die Beschwerdeführer halten den angefochtenen Entscheid
insoweit als überspitzt formalistisch und sehen darin einen Verstoss gegen
den Grundsatz von Treu und Glauben nach Art. 9 BV.

3.3 In ihrem Rekurs vom 3. September 2005 an die Vorinstanz führten die
Beschwerdeführer aus, der Ehemann habe die fraglichen Veranlagungen am 14.
Januar 2004 in Empfang genommen. Träfe dies zu, hätte die Einsprachefrist
selbst bei Berücksichtigung dieses späteren Eröffnungszeitpunktes am 15.
Januar 2004 zu laufen begonnen und sie hätte am 13. Februar 2004 geendet. Bei
der postalischen Aufgabe der Einsprache am 16. Februar 2004 wäre die
entsprechende Frist somit abgelaufen gewesen. Die Beschwerdeführer änderten
ihre Darstellung allerdings später und gaben vor dem Steuergericht an, der
Ehemann habe die Veranlagung erst am 16. Januar 2004 erhalten. Denselben
Standpunkt nehmen sie nunmehr auch vor dem Bundesgericht ein.

Die Behörden dürfen grundsätzlich auf die Aussagen der Steuerpflichtigen
abstellen, aus denen diese für sich Rechte ableiten wollen. Ändern die
Steuerpflichtigen ihre Darstellung nachträglich, kann erwartet werden, dass
sie von sich aus erklären, weshalb dies der Fall ist, und die Korrekturgründe
- wie etwa einen allfälligen Irrtum - soweit möglich belegen, es sei denn,
die nachträglich als zutreffend behaupteten Umstände ergäben sich
zweifelsfrei aus den Akten. Die Beschwerdeführer geben im vorliegenden Fall
keine Begründung dafür an, weshalb sie ihre Darstellung nachträglich
änderten, und der strittige Zustellungstermin ist gerade nicht aktenkundig.
Die Beschwerdeführer sind daher auf ihrer ersten Version zu behaften. Damit
erweist es sich schon aus diesem Grunde nicht als bundesrechtswidrig, von
einer verspäteten Erhebung der Einsprache auszugehen.

3.4 Selbst wenn die nachträgliche Version der Beschwerdeführer zutreffen
sollte, verstiesse der angefochtene Entscheid nicht gegen Bundesrecht.
Besondere Fragen wirft dabei freilich der Umstand auf, dass der Ehemann die
Anschrift der Ehefrau zwar vor Ablauf der Einsprachefrist, aber erst, nachdem
er die Veranlagungsverfügung erhalten hatte, - also während laufender
Einsprachefrist - als Vertreteradresse bezeichnete.

3.4.1 Nach Art. 116 Abs. 1 DBG werden Verfügungen und Entscheide dem
Steuerpflichtigen schriftlich eröffnet. Haben Ehegatten, welche in rechtlich
und tatsächlich ungetrennter Ehe leben, keinen gemeinsamen Vertreter oder
Zustellungsberechtigten bestellt, so ergehen sämtliche Zustellungen an die
Ehegatten gemeinsam (Art. 117 Abs. 3 DBG). Zustellungen an Ehegatten, die in
gerichtlich oder tatsächlich getrennter Ehe leben, erfolgen an jeden
Ehegatten gesondert (Art. 117 Abs. 4 DBG). Sodann kann von einem
Steuerpflichtigen mit Wohnsitz oder Sitz im Ausland verlangt werden, dass er
einen Vertreter in der Schweiz bezeichnet (Art. 118 DBG).

3.4.2 Das Gesetz verlangt nicht, dass bei Ehegatten mit verschiedenen
Wohnsitzen die Zustellung gleich wie bei getrennt lebenden Eheleuten
gesondert an die Ehegatten erfolgen muss (vgl. Art. 117 Abs. 3 DBG; a.M.
Martin Zweifel, in: Zweifel/Athanas [Hrsg.], Kommentar zum Schweizerischen
Steuerrecht, Bd. I/2b, Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer [DBG], Art.
83-222, Basel/Genf/München 2000, Art. 113 N 32). Bei separater und zeitlich
unterschiedlicher Eröffnung des Veranlagungsentscheides an beide Ehegatten
beginnt die Einsprachefrist bei ungetrennter Ehe - auch bei verschiedenen
Wohnsitzen - daher mit der ersten Zustellung für beide Ehegatten zu laufen,
weshalb sich der Ehegatte, dem die Veranlagungsverfügung erst später
zugestellt wird, die früher erfolgte Eröffnung an den anderen anrechnen
lassen muss.

3.4.3 Im vorliegenden Fall ergibt sich aus den Akten, dass der Ehemann mit
Schreiben vom 2. Januar 2004 das Steueramt des Kantons Solothurn darauf
aufmerksam machte, in der Schweiz keinen Wohnsitz mehr zu haben, und darum
bat, ihm alle Post an seinen neuen Wohnsitz in Italien zuzustellen. Nach
schweizerischer Rechtsauffassung ist die briefliche Zustellung einer
Steuerverfügung ins Ausland grundsätzlich völkerrechtswidrig, worauf sich
freilich nur der betroffene Staat und nicht auch der Steuerpflichtige berufen
kann (vgl. BGE 119 Ib 429). Aus diesem Grund forderte das Steueramt den
beschwerdeführenden Ehemann am 7. Januar 2004 auf, bis zum 7. Februar 2004
eine Vertreteradresse in der Schweiz bekannt zu geben. Dieser Aufforderung
kam der Ehegatte mit Schreiben vom 30. Januar 2004 nach, worin er die Adresse
seiner Ehefrau als schweizerische Vertreteradresse in Steuerangelegenheiten
bezeichnete.

Dieses Schreiben des Ehemannes erging zwar erst nach Zustellung der
Veranlagungsverfügungen für die Steuerperiode 2002, aber jedenfalls vor
Ablauf der Einsprachefrist. Da diese aber bereits mit der Zustellung an die
Ehefrau zu laufen begonnen hatte, ergab sich daraus keine Auswirkung für den
Fristenlauf.

3.4.4 Im Übrigen hatte das Steueramt den Ehemann bereits mit Schreiben vom 7.
Januar 2004 darauf hingewiesen, die Veranlagungen würden zugleich seiner Frau
zugestellt. Zwar konnte durch die Zusendung der Veranlagungsverfügung an den
Ehemann in Italien per Einschreiben (lettre signature) der Eindruck
entstehen, die Steuerbehörde gehe von einer separaten Eröffnung der Verfügung
an ihn aus, die mit einem eigenen Fristenlauf verbunden war. Nachdem die
Steuerbehörde vom Ehemann die Mitteilung einer Vertreteradresse in der
Schweiz verlangt hatte, war es auch verwirrlich, dass sie ihm trotzdem
gleichzeitig die Veranlagungsverfügung ins Ausland zusandte. Die briefliche
Zustellung eines Steuerentscheides im Ausland ist jedoch, wie dargelegt,
völkerrechtswidrig, und die Steuerbehörde schickte dem Ehemann nur deshalb
eine Veranlagungsverfügung nach Italien, weil er vorweg in seinem Schreiben
vom 2. Januar 2004 ausdrücklich darum gebeten hatte.
Obwohl der Grundsatz des Vertrauensschutzes über Grundrechtscharakter verfügt
(vgl. Art. 9 BV), bindet er nicht einseitig nur die Behörden, sondern gilt
auch im umgekehrten Verhältnis für das Verhalten der Privaten gegenüber den
staatlichen Organen (vgl. Art. 5 Abs. 3 BV). Schon die von den
Beschwerdeführern geschaffene Ausgangslage mit unterschiedlichen und
teilweise wechselnden Wohnsitzen der Ehegatten und dem offenbar trotzdem
beibehaltenen Steuerdomizil im Kanton Solothurn erscheint undurchsichtig und
liess nicht deutlich erkennen, an welche Adresse die Steuerbehörden amtliche
Unterlagen zu senden hatten. Für die Behörden musste jedenfalls der Anschein
entstehen, die Ehegatten würden nunmehr ausschliesslich durch die Ehefrau
vertreten. Insgesamt schufen damit nicht in erster Linie die Steuerbehörden,
sondern die Beschwerdeführer eine vorrangige Vertrauensgrundlage, welche die
Behörden in der Auffassung bestärken konnte und musste, die Einsprachefrist
habe wie üblich mit der Eröffnung der Veranlagungsverfügung an die Ehefrau zu
laufen begonnen. Die Steuerbehörden haben somit im vorliegenden Fall weder
gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstossen noch überspitzt
formalistisch gehandelt.

3.5 Lief die Einsprachefrist somit vom Zeitpunkt der Eröffnung der
Veranlagungsverfügung an die Ehefrau, hat die Vorinstanz auch nicht den
Sachverhalt offensichtlich falsch oder unvollständig festgestellt, indem sie
den späteren Zeitpunkt der Zustellung an den Ehemann ausser Acht liess (vgl.
E. 2.4).

4.
4.1 Hinsichtlich der kantonalen Steuern enthalten Art. 3 Abs. 3 und Art. 40
StHG Bestimmungen zur Besteuerung und über die verfahrensrechtliche Stellung
von Ehegatten, die in rechtlich und tatsächlich ungetrennter Ehe leben. Diese
stimmen im Wesentlichen mit den Vorschriften zur direkten Bundessteuer
überein.

Dementsprechend legt § 132 Abs. 1 des solothurnischen Gesetzes vom 1.
Dezember 1985 über die Staats- und Gemeindesteuern (Steuergesetz, StG) fest,
dass Ehegatten, die in rechtlich und tatsächlich ungetrennter Ehe leben, die
Verfahrensrechte und -pflichten nach dem Steuergesetz - wie bei der direkten
Bundessteuer - gemeinsam ausüben. Insbesondere gelten gemäss § 132 Abs. 4 StG
sämtliche Mitteilungen der Steuerbehörden an einen der Ehegatten auch als dem
andern Ehegatten rechtsgültig eröffnet. Von einem Steuerpflichtigen mit
Wohnsitz im Ausland kann auch hinsichtlich der Staatssteuer verlangt werden,
einen Vertreter in der Schweiz zu bezeichnen (§ 133 Abs. 4 StG). Und
schliesslich gilt für Einsprachen gegen die Veranlagungsverfügung bei der
Staatssteuer ebenfalls eine Frist von 30 Tagen ab Zustellung der Verfügung (§
149 Abs. 2 StG).

4.2 Das kantonale Recht erfüllt die Anforderungen des
Steuerharmonisierungsgesetzes und stimmt mit diesem sowie mit dem Gesetz über
die direkte Bundessteuer im Wesentlichen überein. Die Behörden haben es
gleichermassen wie das einschlägige Recht bei der direkten Bundessteuer
korrekt angewendet. Der angefochtene Entscheid verstösst somit auch insoweit
nicht gegen Bundesrecht, noch verletzt er den Grundsatz von Treu und Glauben,
noch ist er überspitzt formalistisch.

5.
Die Beschwerde erweist sich als unbegründet und ist abzuweisen.

Bei diesem Verfahrensausgang werden die Beschwerdeführer unter Solidarhaft
kostenpflichtig (Art. 156 Abs. 1 und 7, Art. 153 und 153a OG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 1'500.-- wird den Beschwerdeführern unter
Solidarhaft auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Beschwerdeführern, dem Steueramt und dem Steuergericht
des Kantons Solothurn sowie der Eidgenössischen Steuerverwaltung schriftlich
mitgeteilt.

Lausanne, 15. August 2006

Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Der Gerichtsschreiber: