Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung 2A.650/2006
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2A.650/2006 /bru

Urteil vom 30. Mai 2007
II. öffentlich-rechtliche Abteilung

Bundesrichter Merkli, Präsident,
Bundesrichter Hungerbühler, Müller,
Gerichtsschreiber Matter.

X._______,
Beschwerdeführer,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Julius Effenberger,

gegen

Eidgenössisches Finanzdepartement,
Eidgenössische Personalrekurskommission,
p.A. Bundesverwaltungsgericht.

Auflösung des Arbeitsverhältnisses,

Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Entscheid der Eidgenössischen
Personalrekurskommission vom

27. September 2006.

Sachverhalt:

A.
X. _______, geb. 1952, dipl. math. und lic. oec., war seit dem 1. Oktober
1996 im Bundesamt für Privatversicherungen angestellt, mit Wirkung ab dem 1.
Januar 2002 in einem unbefristeten öffentlich-rechtlichen Arbeitsverhältnis.
Im Sommer 2002 und ab Mai 2003 musste er je während mehrerer Wochen in einer
psychiatrischen Klinik stationär behandelt werden. Mit Vereinbarung vom 23.
Oktober 2003 wurde das Arbeitsverhältnis im gegenseitigen Einvernehmen
aufgelöst. X._______ focht diese Vereinbarung erfolglos beim Eidgenössischen
Finanzdepartement und sodann bei der Eidgenössischen Personalrekurskommission
an. Er machte geltend, die Vereinbarung sei nichtig (da in der
Kündigungssperrfrist zustande gekommen), wegen seiner damaligen
Unzurechnungsfähigkeit ungültig oder zumindest aufgrund einer rechtswidrigen
Furchterregung unverbindlich.

B.
Am 26. Oktober 2006 hat X._______ Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim
Bundesgericht eingereicht. Er beantragt, den Entscheid der Rekurskommission
vom 27. September 2006 aufzuheben. Er sei als ungekündigt bei der
Eidgenossenschaft angestellt zu erklären, unter verzinster Nachzahlung der
Lohnausstände seit September 2004 und verlustfreier Wiederaufnahme in die
Pensionskasse Publica. Daneben stellt er mehrere Eventualbegehren.

Das Eidgenössische Finanzdepartement schliesst sinngemäss auf Abweisung der
Beschwerde. Die Rekurskommission hat auf eine Vernehmlassung verzichtet.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
1.1 Am 1. Januar 2007 ist das Bundesgesetz über das Bundesgericht vom 17.
Juni 2005 (BGG, SR 173.110) in Kraft getreten. Da der angefochtene Entscheid
vor dem 1. Januar 2007 ergangen ist, findet auf das vorliegende Verfahren
noch das Bundesgesetz über die Organisation der Bundesrechtspflege vom 16.
Dezember 1943 (OG) Anwendung (Art. 132 Abs. 1 BGG).

1.2 Gegen Entscheide der Eidgenössischen Personalrekurskommission über die
Auflösung des Arbeitsverhältnisses nach dem Bundespersonalgesetz vom 24. März
2000 (BPG; SR 172.220.1) steht die Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das
Bundesgericht offen (vgl. Art. 5 VwVG i.V.m. Art. 97, 98 lit. e und Art. 100
Abs. 1 lit. e OG [in der Fassung vom 24. März 2000] e contrario). Auf die
frist- und formgerecht eingereichte Beschwerde des durch den angefochtenen
Entscheid in schutzwürdigen eigenen Interessen betroffenen Beschwerdeführers
ist einzutreten.

1.3 Mit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde kann die Verletzung von
Bundesrecht, einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens
gerügt werden (Art. 104 lit. a OG). An die Feststellung des Sachverhalts ist
das Bundesgericht hingegen gebunden, wenn (wie hier) eine richterliche
Behörde als Vorinstanz entschieden und den Sachverhalt nicht offensichtlich
unrichtig, unvollständig oder unter Verletzung wesentlicher
Verfahrensvorschriften festgestellt hat (Art. 105 Abs. 2 OG).

2.
2.1 Nach Art. 10 Abs. 1 BPG können die Vertragsparteien das Arbeitsverhältnis
im gegenseitigen Einvernehmen auf jeden Zeitpunkt auflösen. Gestützt auf
diese Bestimmung haben die Vorinstanzen die Vereinbarung vom 23. Oktober 2003
als rechtsgültig geschützt.

2.2 Dagegen bringt der Beschwerdeführer verschiedene Einwendungen vor:
2.2.1 Zuerst macht er geltend, die Vereinbarung sei in der krankheitsbedingten
Kündigungssperrfrist zustande gekommen und somit nichtig bzw. wegen seiner
damaligen Urteilsunfähigkeit ungültig.

Art. 336c Abs. 1 lit. b OR sieht vor, dass der Arbeitgeber nicht kündigen
darf, während der Arbeitnehmer ohne eigenes Verschulden durch Krankheit oder
durch Unfall ganz oder teilweise an der Arbeitsleistung verhindert ist.
Gemäss Art. 341 Abs. 1 OR kann der Arbeitnehmer während der Dauer des
Arbeitsverhältnisses und eines Monats nach dessen Beendigung auf Forderungen,
die sich aus unabdingbaren Vorschriften des Gesetzes oder aus unabdingbaren
Bestimmungen eines Gesamtarbeitsvertrages ergeben, nicht verzichten. Beide
Bestimmungen sind nach Massgabe der Verweisung von Art. 6 Abs. 2 BPG auf das
vorliegende öffentlich-rechtliche Angestelltenverhältnis anwendbar (vgl. BGE
132 II 161 E. 3.1 S. 163 f. mit Hinweisen). Die relative Unverzichtbarkeit
dieser Vorschriften verbietet jedoch nicht, das Arbeitsverhältnis jederzeit
durch den Abschluss eines auf übereinstimmenden und mängelfreien
Willenserklärungen beruhenden Aufhebungsvertrags aufzulösen, sofern eine
solche Vereinbarung nicht zu einer klaren Umgehung des zwingenden
Kündigungsschutzes führt. Mit anderen Worten müssen beide Parteien auf Rechte
verzichten, so dass es sich um einen echten Vergleich mit gegenseitigem
Nachgeben handelt, der nicht nur dem Arbeitgeber Vorteile bringt (vgl. BGE
119 II 439 E. 2a S. 449 f.; 118 II 58 E. 2a S. 61; 115 V 437 E. 4b S. 443;
110 II 168 E. 3b S. 171; SJ 2003 I 220 E. 2; 1999 I 277 E. 2b; je mit
weiteren Hinweisen).

Mit Blick auf diese Anforderungen hat die Vorinstanz den Aufhebungsvertrag zu
Recht als zulässig beurteilt. Der Beschwerdeführer wurde durch die
Vereinbarung wesentlich besser gestellt, als wenn ihm einseitig gekündigt
worden wäre. So zeigte der Arbeitgeber namentlich in finanzieller Hinsicht
ein beträchtliches Entgegenkommen: Lohnfortzahlung während rund einem Jahr
bei gleichzeitiger Freistellung von der Arbeitsverpflichtung sowie Angebot
der Finanzierung eines Outplacements, das vom Beschwerdeführer zugunsten
einer zusätzlichen Lohnfortzahlung von einem Monat abgelehnt wurde (deutlich
weiter gehend als in dem in SJ 2003 I 220 abgedruckten Fall, wo das
Bundesgericht die Aufhebungsvereinbarung schon als rechtskonform beurteilte,
vgl. dort E. 3b). Ausserdem ist es für das Fortkommen des Arbeitnehmers
besser, wenn er darauf hinweisen kann, dass das Arbeitsverhältnis im
gegenseitigen Einvernehmen aufgelöst worden ist, als wenn er einseitig
entlassen worden wäre.

Dazu kommt, dass der Beschwerdeführer sich nicht auf eine krankheitsbedingte
Sperrfrist berufen kann. Seinen beiden mehrwöchigen stationären Aufenthalten
in einer psychiatrischen Klinik liegt zwar unbestrittenermassen eine
schubweise auftretende schizo-affektive Störung zugrunde. Für das
Bundesgericht verbindlich (vgl. Art. 105 Abs. 2 OG und oben E. 1.3) hat die
Vorinstanz indessen festgehalten, dass diese Störung die Arbeitsfähigkeit des
Beschwerdeführers zwischen den Schüben nicht beeinträchtigt, dass für die
hier massgebliche Zeitspanne zwischen August und Oktober 2003 kein solcher
Schub geltend gemacht und auch keinerlei Arztzeugnis eingereicht worden ist
(vgl. S. 11 u. 13 des angefochtenen Entscheids; zur Bedeutung des
Arztzeugnisses als notwendiges Beweismittel siehe u.a. das Urteil 4C.331/1998
vom 12. März 1999 E. 1b). Dem kommt umso mehr Gewicht zu, als der
Beschwerdeführer schon damals längerfristig über einen juristischen Beistand
verfügte (vgl. S. 5 u. 13 des vorinstanzlichen Entscheids).
Unter diesen Umständen hat die Rekurskommission kein Bundesrecht verletzt,
wenn sie weder eine Verletzung oder Umgehung der Kündigungssperrfrist noch
eine krankheitsbedingte Urteilsunfähigkeit angenommen hat.

2.2.2 Weiter rügt der Beschwerdeführer, er sei zur Auflösungsvereinbarung mit
der widerrechtlichen Drohung genötigt worden, ansonsten werde das
Anstellungsverhältnis gekündigt. Von einer rechtswidrigen Furchterregung
(Art. 29 f. OR) könnte in der vorliegenden Konstellation indessen nur dann
gesprochen werden, wenn der Drohende (hier der Arbeitgeber) übermässige
Vorteile erlangt hätte (vgl. Art. 30 Abs. 2 OR). Dem ist hier nicht so, weil
- wie eben hervorgehoben - die streitige Auflösungsvereinbarung eine
beidseits vorteilhafte Übereinkunft mit gegenseitigem Entgegenkommen
darstellt. Kam zudem die Auflösung des Arbeitsverhältnisses schon in einem
Schreiben vom 14. Juli 2003 zum ersten Mal zur Sprache, wie von der
Vorinstanz verbindlich festgehalten (vgl. S. 12 des angefochtenen
Entscheids), so verfügte der Betroffene über eine ausreichende Bedenkzeit,
inbesondere mit einem rechtskundigen Beistand. Selbst ein Monat (so wie hier
zwischen dem Gespräch vom 19. September und dem 23. Oktober 2003) wäre
allenfalls genügend. Auf diese Fragen ist indessen nicht weiter einzugehen,
weil die in Art. 31 OR vorgesehene Jahresfrist zur Geltendmachung der
behaupteten Furchterregung ohnehin nicht eingehalten worden ist. Dass diese
Frist noch immer laufe, weil die Furcht bis heute weiterbestehe, ist nicht
stichhaltig.

2.2.3 Was der Beschwerdeführer sonst noch gegen den angefochtenen Entscheid
vorbringt, kann ein anderes Ergebnis nicht rechtfertigen. Namentlich geht er
in zahlreichen Einzelpunkten von einer anderen Faktenlage aus als die
Rekurskommission. Er vermag aber weder einzeln noch gesamthaft darzutun, dass
der von der Vorinstanz festgehaltene Sachverhalt offensichtlich unzutreffend
wäre. Ebenso wenig ist dieser unter Verletzung des rechtlichen Gehörs oder
sonstigen Verfahrensverstössen ermittelt worden.

2.2.4 Gesamthaft hat die Rekurskommission somit kein Bundesrecht verletzt,
wenn sie die Auflösungsvereinbarung als rechtsgültig eingestuft hat.

3.
Nach dem Gesagten erweisen sich sämtliche Rechtsbegehren des
Beschwerdeführers als unbegründet. Er wird bei diesem Ausgang des Verfahrens
kostenpflichtig (Art. 156 OG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 4'000.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Eidgenössischen
Finanzdepartement und der Eidgenössischen Personalrekurskommission
schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 30. Mai 2007

Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Der Gerichtsschreiber: