Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung 2A.639/2006
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{T 0/2}
2A.639/2006 /leb

Urteil vom 1. Februar 2007
II. öffentlich-rechtliche Abteilung

Bundesrichter Merkli, Präsident,
Bundesrichter Hungerbühler, Karlen,
Gerichtsschreiberin Dubs.

X. ________,
Beschwerdeführer, vertreten durch
Rechtsanwalt Dr. André Clerc,

gegen

Amt für Bevölkerung und Migration des Kantons Freiburg, route d'Englisberg
9/11, 1763 Granges-Paccot,
Verwaltungsgericht des Kantons Freiburg, I. Verwaltungsgerichtshof, Postfach,
1762 Givisiez.

Ausweisung,

Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des
Kantons Freiburg,
I. Verwaltungsgerichtshof, vom 30. August 2006.

Sachverhalt:

A.
Der aus dem ehemaligen Jugoslawien stammende X.________ (geb. 1960) war
erstmals im Jahre 1981 in der Schweiz als Saisonnier tätig. Im März 1983
heiratete er in seiner Heimat eine Landsfrau (geb. 1962), mit der er vier
Kinder (geb. 1983, 1986,1988 und 1990) hat. In den Jahren 1984, 1985 und 1991
arbeitete er wiederum als Saisonnier in der Schweiz. In der Folge erteilte
ihm das Amt für Bevölkerung und Migration des Kantons Freiburg regelmässig
Kurzaufenthaltsbewilligungen zur ärztlichen Behandlung; die letzte
Bewilligung lief am 15. Januar 2006 ab. Vom 27. Mai 1991 bis zur Kündigung
durch die Arbeitgeberfirma auf den 22. Mai 1992 war er als Aushilfe
beschäftigt. Seither geht X.________ keiner Erwerbstätigkeit mehr nach.

Am 17. Mai 1993 meldete sich X.________ wegen Rückenbeschwerden infolge eines
am 3. August 1991 erlittenen Verhebetraumas bei der Invalidenversicherung
(IV) an. Diese sprach ihm unter Zugrundelegung eines Invaliditätsgrades von
41 % ab dem 3. August 1992 eine ordentliche Viertelsrente nebst einer
Ergänzungsleistung zu. X.________ wird zudem seit 1992 vom Sozialdienst der
Gemeinde Düdingen mit zur Zeit monatlich Fr. 1'076.-- unterstützt. Die bisher
geleisteten Unterstützungsbeiträge belaufen sich auf Fr. 167'000.--. Mehrmals
ersuchte X.________ ohne Erfolg um Erteilung einer Niederlassungsbewilligung
und um Familiennachzug.

B.
Am 11. Januar 2006 verfügte das Amt für Bevölkerung und Migration des Kantons
Freiburg die Ausweisung von X.________ aus der Schweiz mit der Begründung,
der Betroffene beziehe seit 1992 Sozialhilfe und daran werde sich auch
zukünftig nichts ändern. Dagegen beschwerte sich X.________ erfolglos beim
Verwaltungsgericht des Kantons Freiburg.

C.
Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde vom 16. Oktober 2006 beantragt X.________,
den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Freiburg vom 30. August
2006 aufzuheben, ihm die Aufenthaltsbewilligung zu verlängern, ihm keine
Gerichtskosten aufzuerlegen und eine angemessene Entschädigung zuzusprechen
sowie die unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung zu gewähren. Zudem
stellt er das Begehren, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zu erteilen.
Das Bundesgericht hat die Akten des Amtes für Bevölkerung und Migration sowie
des Verwaltungsgerichts des Kantons Freiburg beigezogen, jedoch keine
Vernehmlassungen eingeholt.

D.
Mit Präsidialverfügung vom 27. Oktober 2006 wurde der Beschwerde vorläufig
aufschiebende Wirkung zuerkannt.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
1.1 Zwar ist am 1. Januar 2007 das neue Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über
das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG: RS 173.110) in Kraft getreten.
Gemäss Art. 132 Abs. 1 BGG ist hier allerdings noch das alte Bundesgesetz vom
16. Dezember 1943 über die Organisation der Bundesrechtspflege (OG)
anwendbar, da der angefochtene Entscheid vor Inkrafttreten des
Bundesgerichtsgesetzes ergangen ist.

1.2 Gegen die sich auf Art. 10 des Bundesgesetzes vom 26. März 1931 über
Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer (ANAG; SR 142.20) stützende
Ausweisungsverfügung ist die Verwaltungsgerichtsbeschwerde zulässig (Art. 100
Abs. 1 lit. b Ziff. 4 e contrario; BGE 114 Ib 1 E. 1a S. 2).

1.3 Hat - wie hier - eine richterliche Behörde als Vorinstanz entschieden, so
ist deren Sachverhaltsfeststellung für das Bundesgericht verbindlich, sofern
diese nicht offensichtlich unrichtig, unvollständig oder unter Verletzung
wesentlicher Verfahrensgarantien erfolgt ist (Art. 105 Abs. 2 OG).

2.
2.1 Nach Art. 10 Abs. 1 lit. d ANAG kann ein Ausländer ausgewiesen werden,
wenn er oder eine Person, für die er zu sorgen hat, der öffentlichen
Wohltätigkeit fortgesetzt und in erheblichem Masse zur Last fällt. Die
Ausweisung wegen Bedürftigkeit setzt voraus, dass dem Ausgewiesenen die
Heimkehr in seinen Heimatstaat möglich und zumutbar ist (Art. 10 Abs. 2
ANAG).
Die Ausweisung soll im Weiteren nur verfügt werden, wenn sie nach den
gesamten Umständen "angemessen", d.h. verhältnismässig erscheint (Art. 11
Abs. 3 ANAG; vgl. BGE 125 II 521 E. 2b S. 524). Dabei sind namentlich die
Schwere des Verschuldens, die Dauer der Anwesenheit des Ausländers in der
Schweiz sowie die ihm und seiner Familie drohenden Nachteile zu beachten
(Art. 16 Abs. 3 der Vollziehungsverordnung vom 1. März 1949 zum Bundesgesetz
über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer, ANAV; SR 142.201).

2.2 Ob die Fürsorgeabhängigkeit fortgesetzt im Sinne von Art. 10 Abs. 1 lit.
d ANAG ist, ergibt sich nicht allein daraus, dass im Zeitpunkt des
Beschwerdeentscheides Unterstützungsleistungen bezogen werden; sonst könnte
eine Ausweisung bzw. Heimschaffung dadurch verhindert werden, dass auf
Fürsorgeleistungen vorübergehend verzichtet wird. Es muss vielmehr auf die
wahrscheinliche finanzielle Entwicklung abgestellt werden, geht es bei der
Entfernung wegen Bedürftigkeit doch vorab darum, eine zusätzliche und somit
zukünftige Belastung der öffentlichen Wohlfahrt zu vermeiden. Dabei ist von
den aktuellen Verhältnissen im Zeitpunkt des zu fällenden Entscheides
auszugehen. Erforderlich ist, dass aufgrund sämtlicher Umstände eine
andauernde Unterstützungsbedürftigkeit konkret zu befürchten ist; blosse
Bedenken genügen nicht (vgl. BGE 119 Ib 1 E. 3b S. 6 mit Hinweis; siehe auch
BGE 123 II 529 E. 4 S. 532 f.; 122 II 1 E. 3c S. 8; 119 Ib 81 E. 2d S. 87;
Urteil 2A.495/2005 vom 13. Januar 2005, in: Pra 2005 Nr. 143 S. 968). Der
Begriff der "öffentlichen Wohltätigkeit" im Sinne von Art. 10 Abs. 1 lit. d
ANAG erfasst nur Fürsorgeleistungen im technischen Sinne, nicht aber
Sozialversicherungsleistungen, zu denen auch die Ergänzungsleistungen zählen
(Urteil 2A. 495/2005 vom 13. Januar 2005 E. 2.2 mit Hinweisen, in: Praxis
2005 Nr. 143).

3.
3.1 Der Beschwerdeführer arbeitet seit 14 Jahren nicht mehr. Monatlich verfügt
er lediglich über ein Einkommen in Form einer IV-Rente von Fr. 76.-- und von
Ergänzungsleistungen von Fr. 802.--. Seit 1992 bezieht er daher regelmässig
Sozialhilfe. Nach den Feststellungen im angefochtenen Entscheid wird er
zurzeit mit monatlich Fr. 1'076.-- unterstützt und belaufen sich die
bisherigen Unterstützungsleistungen der Gemeinde auf insgesamt Fr.
167'000.--. Eine massgebliche Änderung der Situation im Sinne einer
verminderten Fürsorgeabhängigkeit ist auch zukünftig nicht zu erwarten. Der
Beschwerdeführer selber macht nicht geltend, er werde sich um eine
Erwerbstätigkeit bemühen, um auf die öffentliche Unterstützung verzichten zu
können beziehungsweise um nicht mehr völlig darauf angewiesen zu sein. Die
Vorinstanz ist zu Recht von einer fortgesetzten und erheblichen
Fürsorgeabhängigkeit des Beschwerdeführers ausgegangen. Der Ausweisungsgrund
von Art. 10 Abs. 1 lit. d ANAG ist somit erfüllt.

3.2 Die Ausweisung erweist sich auch als verhältnismässig:
3.2.1 Die Invalidenversicherung ging von einem Invaliditätsgrad von 41% aus,
weshalb der Beschwerdeführer lediglich Anspruch auf eine ordentliche
Viertelsrente hat. Unter diesen Umständen wäre dem Beschwerdeführer
zuzumuten, seine Restarbeitsfähigkeit auszuschöpfen, um seine Abhängigkeit
von der öffentlichen Fürsorge zu vermeiden oder zumindest zu beschränken. Der
Beschwerdeführer hat sich indessen nie darum bemüht, eine Arbeit zu suchen,
und behauptet auch jetzt nicht, er beabsichtige, zukünftig eine
Erwerbstätigkeit aufzunehmen. Im Gegenteil räumt er selber ein, an seiner
Fürsorgeabhängigkeit habe sich in den letzten vierzehn Jahren nichts geändert
und werde sich auch in Zukunft nichts ändern, da er voll arbeitsunfähig sei.
Der Invaliditätsgrad des Beschwerdeführers ist jedoch nicht Gegenstand des
vorliegenden Verfahrens, weshalb auf die diesbezüglichen Vorbringen, die im
Widerspruch zu den Feststellungen der Invalidenversicherung stehen, nicht
weiter einzugehen ist und sich erübrigt, die Akten der IV-Stelle des Kantons
Freiburg beizuziehen. Unter den vorliegenden Umständen hätte der
Beschwerdeführer einer Teilzeitarbeit nachgehen und so seine finanzielle
Situation verbessern können. Da er diesbezüglich überhaupt nichts unternommen
hat, trifft es entgegen der Behauptung des Beschwerdeführers nicht zu, dass
seine fortgesetzte, erhebliche Fürsorgeabhängigkeit in keiner Weise auf ein
schuldhaftes Verhalten seinerseits zurückzuführen ist.

3.2.2 Der Beschwerdeführer ist in seinem Heimatland aufgewachsen und erst als
Erwachsener in die Schweiz eingereist. Vorerst arbeitete er 1981, 1984 und
1985 als Saisonnier. Obwohl er sich seit 1991 ununterbrochen hier aufhält,
ist er weder sozial noch beruflich in der Schweiz integriert. Von einer
Verwurzelung in der Schweiz kann somit nicht die Rede sein, selbst wenn er
sich in strafrechtlicher Hinsicht klaglos verhalten hat. Ins Gewicht fällt
sodann, dass seine Ehefrau sowie die vier gemeinsamen Kinder im ehemaligen
Jugoslawien leben und dass der Beschwerdeführer mit den dortigen kulturellen
und gesellschaftlichen Gepflogenheiten nach wie vor vertraut ist. Sein
Einwand, nach so langem Getrenntleben sei es ausserordentlich schwierig bzw.
sogar unmöglich, sich wieder in seine Familie zu integrieren, überzeugt
nicht. Mit seinen wiederholten Gesuchen um Nachzug der Familie in die Schweiz
hat er klar bekundet, dass er ein Zusammenleben mit seiner Familie wünscht
und dies auch als möglich erachtet. Gewiss ist die Rückkehr ins Heimatland
nach langer Landesabwesenheit regelmässig mit Schwierigkeiten verbunden. Der
Beschwerdeführer wird diese jedoch nicht allein zu bewältigen haben, sondern
wird mit der Unterstützung seiner Familienangehörigen, insbesondere auch
seiner drei inzwischen erwachsenen Kinder, rechnen können. Wie die Vorinstanz
für das Bundesgericht verbindlich festgestellt hat (E. 1.3), ist eine
angemessene medizinische Betreuung auch in seinem Heimatland möglich. Im
Übrigen ist nicht ausgeschlossen, dass sich eine Rückkehr ins familiäre
Umfeld allenfalls sogar positiv auf das psychische Wohlbefinden des
Beschwerdeführers auswirken könnte. Hinweise darauf, dass die dieser
Würdigung zugrunde liegenden Feststellungen offensichtlich unrichtig wären,
sind nicht ersichtlich und gehen namentlich auch nicht aus den Vorbringen in
der Beschwerdeschrift hervor. Dem Beschwerdeführer ist daher zuzumuten, in
sein Heimatland zurückzukehren. Die geltend gemachte erhöhte Selbstmordgefahr
im Fall einer Rückkehr in den Kosovo vermag kein Absehen von der Ausweisung
zu rechtfertigen; dieser Aspekt wird bei den Modalitäten des Vollzugs zu
berücksichtigen sein.

3.3 Nach dem Gesagten erweist sich die Ausweisung als rechtmässig und das
angefochtene Urteil damit als bundesrechtskonform. Die offensichtlich
unbegründete Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist im vereinfachten Verfahren
nach Art. 36a OG abzuweisen. Ergänzend kann auf die Ausführungen im
angefochtenen Entscheid verwiesen werden (Art. 36a Abs. 3 OG). Dass die
Vorinstanz dem Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wegen
Aussichtslosigkeit des Rechtsmittels nicht entsprochen hat, ist unter den
vorliegenden Umständen nicht zu beanstanden.

3.4 Der Beschwerdeführer hat auch für das bundesgerichtliche Verfahren um
unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung ersucht. Er konnte jedoch
nicht ernsthaft mit einer Gutheissung der Beschwerde rechnen. Das Gesuch ist
daher wegen Aussichtslosigkeit der Rechtsbegehren abzuweisen (Art. 152 OG).
Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend wird der Beschwerdeführer
kostenpflichtig (Art. 156 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 153 OG). Seiner
finanziellen Lage wird bei der Bemessung der Gerichtsgebühr Rechnung getragen
(Art. 153a OG). Die Zusprechung einer Parteientschädigung fällt ausser
Betracht (Art. 159 Abs. 1 OG).

Demnach erkennt das Bundesgericht

im Verfahren nach Art. 36a OG:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.

2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird abgewiesen.

3. Die Gerichtsgebühr von Fr. 500.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt.

4.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Amt für Bevölkerung und
Migration und dem Verwaltungsgericht, I. Verwaltungsgerichtshof, des Kantons
Freiburg sowie dem Bundesamt für Migration schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 1. Februar 2007

Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Die Gerichtsschreiberin: